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Adolf Eichmann

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Adolf Eichmann beim Prozess in Israel

Adolf Eichmann (* 19. März 1906 in Solingen; † 1. Juni 1962 in Ramleh bei Tel Aviv, Israel), SS-Obersturmbannführer, war als Leiter des Referats Auswanderung und Räumung zentral verantwortlich für die Deportation und Vernichtung von mehr als 4 Millionen Juden.

Leben

Karl Adolf Eichmann zog 1914 als Kind mit seiner Familie von Solingen nach Linz (Österreich). Ab 1919 studierte er Maschinenbau an der Höheren Bundeslehranstalt für Elektrotechnik, Maschinenbau und Hochbau in Linz. Er verließ die Bundeslehranstalt 1921 ohne Abschluss. Von 1923-1932 war er zunächst als Arbeiter in der Untersberger Bergbaugesellschaft seines Vaters tätig, dann als Verkäufer für eine Elektrofirma und als Vertreter für eine Mineralölfirma.

Eichmann trat 1927 dem deutsch-österreichischem Frontkämpferbund bei, 1932 wird er Mitglied der österreichischen NSDAP und der SS. Als die NSDAP in Österreich zunächst verboten wurde, ging er nach Bayern, wo er eine vierzehnmonatige militärische Ausbildung durch die SS absolvierte. Hier wurde er auch Mitglied des Sicherheitsdienstes (SD). Im Jahre 1934 wurde Eichmann Referent im Referat II 112 (Referat Juden) des Sicherheitsdiensthauptamtes in Berlin. 1938 wird Eichmann als SD-Führer zum SS-Oberabschnitt Donau versetzt, er baut in Wien die Zentralstelle für jüdische Auswanderung auf, durch welche die zwangsweise Ausreise der jüdischen Bevölkerung betrieben wird. Im Oktober 1939 übernimmt Eichmann die Leitung der zuvor von Reinhard Heydrich eingerichteten Reichszentrale für jüdische Auswanderung in Berlin. Im Dezember wird er Leiter des Referats IV B 4 (Auswanderung und Räumung) beim Reichssicherheitshauptamt in Berlin. Er ist hier zuständig und verantwortlich für die Enteignung und Deportation von über 4 Millionen Juden in Ghettos und Konzentrationslager. Bei der Wannsee-Konferenz 1942, auf der die Endlösung der Judenfrage beschlossen wurde, war Eichmann Protokollführer. Schon ein Jahr zuvor hat er das Vernichtungslager in Auschwitz-Birkenau besucht. Eichmann leitete auch selbst Deportationen von Juden in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. So war er nach der deutschen Besetzung Ungarns im Frühling und Frühsommer 1944 Hauptverantwortlicher für die in Ungarn erst jetzt einsetzenden Massendeportationen in die Vernichtungslager. Eichmann hatte Überblick über die industrielle Vernichtung von Menschen nach 1941; er soll alle größeren Vernichtungslager persönlich besucht und Ermordungen persönlich in Augenschein genommen haben, um (horrible dictu) die Vernichtungsmethodik vom Schreibtisch aus zu rationalisieren. Die Politologin Hannah Arendt, die den Verfolgern knapp über Frankreich nach New York entkommen konnte, beschrieb Eichmann als jemanden, dem es banal an Phantasie mangele, sich in seine Opfer hineinzuversetzen und als einen Hanswurst[1].

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kann er 1945 aus einem amerikanischem Internierungslager fliehen, er lebt mit gefälschten Papieren in Deutschland, um 1950 über Italien mit Hilfe deutsch-katholischer Kreise im Vatikan nach Argentinien auszuwandern. Im Mai 1960 wird er von Agenten des Mossad aufgespürt. Da zwischen Argentinien und Israel kein Auslieferungsabkommen besteht, wird Eichmann wenige Tage später völkerrechtswidrig nach Israel entführt, um dort wegen Verbrechen gegen das israelische Volk angeklagt zu werden.

Eichmann wird in der ersten und auch in der zweiten Instanz zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wird am 1. Juni 1962 im Gefängnis von Ramleh vollstreckt. Hannah Arendt hat über den Prozess das Buch "Eichmann in Jerusalem" ursprünglich im Auftrag der Zeitschrift "The New Yorker" geschrieben. Von ihr stammt in diesem Zusammenhang der Begriff "Banalität des Bösen", der eine große Kontroverse unter Intellektuellen auslöste.

Literatur

  • Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen, Piper Verlag, München 1986, ISBN 349220308.
  • Avner W. Less (Hg.): Schuldig. Das Urteil gegen Adolf Eichmann, Athenäum Verlag, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3610.
  • Harry Mulisch: Strafsache 40/61. Eine Reportage über den Eichmann-Prozess, Edition Tiamat, Berlin 1987, ISBN 39231118317.
  • Hans Safrian: Eichmann und seine Gehilfen, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3596120764.
  • Irmtrud Wojak: Eichmanns Memoiren. Ein kritischer Essay, Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2001, ISBN 359336381X.

Siehe auch

Film

The Specialist