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Benutzer:Mardil/Probearticul

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Bsp. 1, "die sogenannte Teufelsmühle" aus A. M. Fösters Anleitung zum Generalbass, 1805

Der voglersche Tonkreis (nach Georg Joseph Vogler), auch als Teufelsmühle bekannt, ist eine harmonische Sequenz, bei der sich ein chromatisch steigender oder fallender Bass mit Dominantsept-, verminderten Sept- und Mollquartsextakkorden verbindet. Alle Stimmen befinden sich untereinander in Gegen- oder Seitenbewegung: Je eine Oberstimme geht in der Gegenrichtung des Basses, während die anderen liegen bleiben (Beispiel 1).

Bsp. 2, Tonart D moll

Den Grundbaustein der Sequenz bildet eine Folge von drei Akkorden, die gewöhnlich eine unmittelbar bevorstehende Kadenz hinauszögern (Bsp. 2). Man kann die Akkordfolge im Sinne Schenkers als Prolongation eines Septimenakkords (VII7/ V) per Stimmtausch beschreiben (wobei der Quartsextakkord ein zufälliges Durchgangsgebilde ist), oder harmonisch den Quartsextakkord zum dominantischen Kadenzakkord erklären, zu dem die beiden Vierklänge (Verminderter Sept- und übermäßiger Quintsextakkord) als Doppeldominanten, in direkter Beziehung stehen. So verschiedenen siese Erklärungen sind, so verschieden wird auch die enharmonische Schreibweise der einzelnen Klänge gehandhabt.

Bsp. 3, Umdeutung und transponiertes Segment

Die Erweiterung dieser Akkordfolge zur Sequenz gelingt durch Hinzufügung eines vierten Akkords, der die Umkehrung des ersten darstellt und somit wieder zurück zum Quartsextakkord oder, bei aufsteigendem Bass, weiter über die 7. Stufe in die Tonika führen kann. Statt dessen wird dieser Akkord enharmonisch umgedeutet und zum Anfang eines neuen Bausteins gemacht, dessen Tonart im Abstand einer kleinen Terz liegt (Bsp. 3). Harmonisch entsteht durch diese Kleinterzsequenz ein tonaler Schwebezustand, der nur durch das Verlassen des Modells wieder beendet werden kann. Gleichzeitig wird die Melodie durch den Stillstand der Oberstimmen suspendiert (ein Ton kann über acht verschiede Akkorde hinweg festgehalten werden, s. Bsp. 1).

Varianten

Bsp. 4, Variante mit Sekundakkorden

Voglers Radmodell gibt keine bestimmte Richtung vor, daher lässt sich das Modell vorwärts und rückwärts anwenden. Eine weitere, historisch jüngere Variante (Bsp. 4) betont das Moment der Gegenbewegung, indem anstelle des verminderten Septakkords ein Sekund- oder verminderter Terzakkord (je nach Schreib- bzw. Sichtweise) erscheint. Hier bewegen sich die Oberstimmen konsequent in Halbtonschritten, bleiben aber nur für die Dauer von sieben Akkorden liegen. Diese Variante findet man fast ausschließlich mit absteigendem Bass; die englischsprachige Musiktheorie kennt sie als Sequenzierung der sogenannten Omnibus Progression.

Geschichte

Nach Ansätzen bei J. S. Bach findet sich das Satzmodell zum ersten mal deutlich ausgebildet in Haydns Symphonien No. 45 (Fis moll, "Abschied", 1772, 2. Satz) und 65 (A dur, ca. 1769-1772, 1. Satz).

Georg Joseph Vogler, dem diese Symphonien vermutlich nicht bekannt waren, publizierte in seiner Tonwissenschaft und Tonsezkunst (1776) einen "runden Tonkreis", der das komplette Modell in allen drei möglichen Transpositionen enthält. Vogler konnte das Verfahren bei seinen zweijähringen Studien in Italien kennengelernt haben.

Ab Ende der siebziger Jahre bedient sich des Tonkreises auch Carl Philipp Emanuel Bach, der entweder Voglers Traktat kannte oder als dritter Erfinder gelten muss: Eine posthum angefertigte Abschrift seiner Skizzen zeigt verschiedene Experimente mit chromatischer Seitenbewegung, unter denen sich auch der Tonkreis findet.

Ab etwa 1785 gibt es fast keinen deutschen Komponisten, der nicht mindestens einmal oder mehrmals auf den Tonkreis zurückgegriffen hätte: Mozart, Beethoven, Hummel, Knecht, Reichardt und viele mehr.

Aloys Maria Förster spricht 1805 von der "sogenannten Teufelsmühle". Dass er bereits einen Spitznamen zu zitieren weiß, deutet wohl darauf hin, dass auch ein extremes harmonisches Mittel nicht vor der Mode gefeit ist, über altväterisches und Formelhaftes als "Schusterfleck" oder "Albertibass" zu sprechen.