Zeit
In der Physik ist Zeit als Distanz zwischen Ereignissen definiert. Zeit kann wie jede andere physikalische Dimension gemessen werden. Nach SI wird Zeit in Sekunden gemessen, wovon die Einheiten Minute, Stunde, Tag, Woche, Monat, Jahr, Jahrzehnt, Jahrhundert und Jahrtausend abgeleitet werden können.
Die Zeitdimension hat eine Reihe von Eigenschaften mit den Raumdimensionen gemeinsam, was insbesondere durch die Relativitätstheorie von Albert Einstein verdeutlicht wird. Die Zeit beginnt mit dem Urknall und der damit beginnenden Ausdehnung des Raumes. Die Relativitätstheorie sagt aus, dass es es keine absolute Zeit gibt. Objekte, die sich verschieden schnell bewegen, haben eine eigene 'Auffassung' der Zeit, Eigenzeit genannt, und zwar unabhängig von einer (eigentlich nicht existierenden) absoluten Geschwindigkeit.
Jeder Beobachter würde eine Uhr eines vorbeifliegenden Raumschiffes langsamer ticken hören als seine eigene, der Beobachter im vorbeifliegenden Raumschiff würde interessanterweise die Uhr des Beobachters schneller ticken hören.
Dazu ist die Gravitation eng verwoben mit dem Begriff der Zeit: Exakte Atomuhren zeigen, dass das Gravitationsfeld die Zeit 'verlangsamt'.
Heute wird in der Regel von einer kontinuierlich ablaufenden Zeit ausgegangen. Demnach könnte man jedes Zeitintervall beliebig weiter unterteilen. Es gibt in vereinheitlichenden physikalischen Theorien (z.B. Quantengravitation, Große Vereinheitlichte Theorie, M-Theorie) Überlegungen, dass es eine so genannte Planckzeit geben könnte, unterhalb derer man keine zeitliche Auflösung von Ereignissen finden würde. Demnach würde die Zeit in (sehr kleinen) diskreten Sprüngen fortschreiten.
Ein weiteres eigentlich bislang nicht verstandenes Phänomen ist die Unumkehrbarkeit der Zeit: Während man den Raum in beliebiger Richtung durchqueren kann, erlaubt die Zeit nur eine Richtung, nämlich die von der Vergangenheit durch die Gegenwart in die Zukunft. Es wird vermutet, dass es einen tieferen Zusammenhang zwischen der Unumkehrbarkeit der Zeit und dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik gibt, wonach die Entropie in einem abgeschlossenen System im Verlauf der Zeit immer zunimmt.
Hier muss dazu gesagt werden, dass ein Phänomen stets in der menschlichen Betrachtungsweise liegt. Die Unumkehrbarkeit der Zeit darf so als falsche Auffassung der Linearität von Zeit betrachtet werden. Denn erstens gibt es keine Zeit losgelöst von einer Raumvorstellung und zweitens, der philosophische Ansatz, wie soll eine reine Anschauungsform umgekehrt werden? Welchen Sinn soll das haben? Es wäre dies vergleichbar mit der Forderung, die Laufrollen des Zuges aufzupumpen.
In der Astronomie ist die Zeitmessung eine der ältesten Zweige. (Siehe Uhr.) Dort wird zwischen einem Sonnentag und einem Sterntag unterschieden (die sich im Jahr um einen Tag unterscheiden, je nach Referenz). Der Sonnentag entspricht leider nicht exakt den Sekunden nach SI, was zu Schaltsekunden führt. Diese Probleme führten zur Einführung von verschiedenen Zeitskalen:
- TCB ist die Eigenzeit des Schwerkraftzentrums des Sonnensystems.
- TCG gibt die Eigenzeit im Mittelpunkt der Erde an
- siehe auch: Zeitdimension, Uhr, GMT, MESZ (Mitteleuropäische Sommerzeit)
In der Literatur, besonders der Science-Fiction werden Abweichungen vom Fluss der Zeit behandelt. Wie auch in der Physik ist Zeit Distanz zwischen Ereignissen, allerdings hier die subjektiv empfundene Distanz. Die Zeit wird allerdings nicht als kontinuierlich in einer Richtung fließend gesehen und behandelt. Das klassische und bekannteste Werk der Science-Fiction-Literatur ist H.G. Wells Zeitmaschine, in dem durch entsprechende, nicht näher beschriebene Techniken der kontinuierliche Fluss der Zeit manipuliert werden kann. Literatur dieser Art thematisiert auf diese Weise auch das Kausalitätsprinzip.
Ein weiteres Stilmittel ist die rückwärtige Erzählung einer Geschichte. Pfeil der Zeit von Martin Amis ist hierfür ein gutes Beispiel. Im Film wurde dies Stilmittel u.a. in Memento verwendet. Diese Erzählweise dient der Aufbrechung der Seh- und Denkgewohnheiten und problematisiert ebenfalls die deterministische Sichtweise.
In der Umgangssprache werden meist unbewusst viele philosophische Implikationen des Zeitbegriffs ausgedrückt.
- (keine) Zeit haben
- Zeit vergeht (nicht)
- sich (keine) Zeit nehmen
- Zeit gewinnen / verlieren
- Zeit totschlagen.
Diese Formulierungen drücken das subjektive Zeitempfinden aus und den Bezug zu den Ereignissen, die den Fluss der Zeit bestimmen. Gleichzeitig kommt im jeweiligen Gebrauch dieser Formulierungen eine Wertung von Ereignissen, Zuständen und der eigenen Person zum Ausdruck. Die Zeit wird durch die Verwendung von Uhren zu einem auch zwischenmenschlichen Bezugssystem. Als vermeintlich neutrales Bezugssystem hat Zeit einen ähnlichen Charakter wie Geld, indem die eigene Interessenlage und relative Wertung die scheinbar objektive und neutrale Funktion fast völllig überlagert.
Zur Bedeutung der Einführung von Uhren und ihrem Verhältnis zu Werkzeugen vgl. Joseph Weizenbaum Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft.
Externe Links:
- Astronomische Zeitmessung: www.maa.mhn.de
- Seiten der PTB zum Thema Zeit: www.ptb.de
- Artikel des EvergreenJournal zum Thema Zeit und Kalender: www.spsbe.jhu.edu
Literatur:
- John D. Barrow: Der Ursprung des Universums. Wie Raum, Zeit und Materie entstanden. ISBN 3442150612
- Stephen W. Hawking: Die illustrierte Kurze Geschichte der Zeit. ISBN 3499614871