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Opus Dei

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Hl. Josemaría Escrivá 1902-1975. Gründer des Opus Dei

Opus Dei (lateinisch; deutsch: Werk Gottes) oder mit dem vollen Namen Praelatura Sanctae Crucis et Opus Dei (lateinisch; deutsch: Prälatur vom heiligen Kreuz und Werk Gottes) ist eine konservative Organisation innerhalb der römisch-katholischen Kirche, die sich zum Ziel gesetzt hat, bei Laien durch religiöse Bildung und seelsorgerliche Hilfestellung ein heiligmäßiges Leben in Beruf und Familie zu fördern.

Opus Dei wurde 1928 durch den Priester Josemaría Escrivá (1902-1975) in Madrid gegründet und ist seit 1982 eine Personalprälatur (eine vom Zweiten Vatikanum eingeführte Struktur für nicht-territoriale Seelsorge) mit Hauptsitz in Rom. Escrivá wurde 1992 durch Papst Johannes Paul II. selig und zehn Jahre später heilig gesprochen, was allerdings Kritik hervorrief.

Die Organisation wurde 2006 einer breiten Öffentlichkeit bekannt durch die Kinoverfilmung von Dan Browns BestsellerSakrileg“, The Da Vinci Code – Sakrileg. Im Film wird nach Meinung der römisch-katholischen Kirche "ein Zerrbild der real existierenden katholischen Personalprälatur Opus Dei" dargestellt. Die Kontroverse um die Organisation ist aber schon deutlich älter als der Film, auch wenn sie bis dahin nur in kleineren Kreisen geführt wurde. Der Prälatur werden schon länger Unterstützung von rechtsgerichteten Diktaturen, sektenähnliche Kontrollmechanismen und Organisationsformen bzw. undurchsichtige Finanz- und Organisationsstrukturen, eine sehr konservative Theologie (die z. B. eine geistig-moralische Minderwertigkeit von Frauen definiert) und aggressive Rekrutierungs- und Einflussmethoden vorgeworfen. Ihr Fokus auf die „Heiligung des Alltagslebens von Laien“ wird dennoch (oder gerade deswegen) von konservativen katholischen Kreisen, besonders innerhalb der Kurie (Leitungs- und Verwaltungsorgane des Heiligen Stuhls), sowie vom derzeitigen Papst Benedikt XVI. sehr hoch geschätzt.

Mitglieder und Verbreitung

Opus Dei ist in über 60 Ländern tätig (nach anderen Angaben hat es Mitglieder in 90 Ländern), mit einem Schwerpunkt im spanischen Sprachraum und in Italien, wo sich der Hauptsitz befindet.

Gegenwärtig (2005) gehören der Prälatur rund 85.000 Frauen und Männer an, davon etwa ein Fünftel sogenannte Numerarier, die ehelos in Gemeinschaften oder Bildungszentren leben (unter ihnen 2000 Priester) und leitende Funktionen haben. Die meisten Mitglieder sind hingegen verheiratet bzw. dürfen heiraten (sog. Supernumerarier), ferner gibt es ehelose Assoziierte und Unterstützer.

Überwiegend leben und arbeiten die Mitglieder in ihren selbstgewählten Lebensumständen und Berufen. Seitens der Prälatur werden den Mitgliedern, die heiraten dürfen, keine Vorgaben gemacht, welcher Beruf beispielsweise ausgeübt werden soll; wohl aber unverheirateten Numerariern - ähnlich den Ordensgemeinschaften mit Gehorsamsgelübde, wo Obere auf die Art der Berufsausübung Einfluss nehmen können. Manche Numerarier werden außerdem gebeten, einen Beruf aufzugeben, um sich ganz der Bildungs- oder Leitungsarbeit des Opus Dei zu widmen, oder auch weil der Beruf zu viel Zeit in Anspruch nehme, um am geistlichen Leben der anderen Numerarier teilnehmen zu können.

Organisation

Die Organisationsstruktur ist nach dem Vorbild der Diözesen hierarchisch aufgebaut: An der Spitze steht der Prälat des Opus Dei. Der Prälat wird in seinem Amt vom männlichen Generalrat unterstützt, während die Frauen nur einen "Beirat" (Assessorat) haben.

Die Laien des Opus Dei unterstehen in institutioneller Hinsicht - wie auch andere Katholiken - dem regionalen Bischof. An das Opus Dei bindet sie zusätzlich ein Vertrag, der ihr religiöses Leben betrifft und sich auf säkulare Entscheidungen auswirkt: familiär, beruflich, wirtschaftlich und politisch.

Auf allen Kontinenten existieren Bildungs- und Sozialwerke, die von der Spiritualität des Opus Dei geprägt sind und ihm zuarbeiten: Schulen, Berufsbildungszentren, Universitäten, Hilfswerke, Spitäler usw. Sie arbeiten als zivile, wirtschaftlich eigenständige Privatinitiativen. In einigen von ihnen ist die Prälatur Opus Dei formell verantwortlich für die christliche Orientierung.

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IESE-Business School in Barcelona.

Das Opus Dei ist in zwei Abteilungen gegliedert - eine männliche und eine weibliche.

Die Mitglieder sind größtenteils Laien, aber auch Kleriker. Etwa 50% der Mitglieder sind verheiratet und leben in ihren Familien (Supernumerarier). Unverheiratete Mitglieder leben entweder in den Opus-Dei-Bildungszentren (Numerarier, die im Regelfall Akademiker sind), in eigenen Häusern oder bei ihren Familien (Assoziierte, meist Nichtakademiker).

Alle Mitglieder sind aufgerufen - auch und gerade in den unscheinbaren Dingen des Alltags - nach Heiligkeit zu streben, also nach der christlichen Verheißung eines Lebens in Fülle (vergleiche Zweites Vatikanisches Konzil, Konstitution über die Kirche, Kap. IV und V).

Numerarier

Der Begriff Numerarier stammt aus der französischen Universität. Die Numerarier-Mitglieder arbeiten an den apostolischen Aufgaben der Prälatur Opus Dei mit und leben gewöhnlich in Häusern oder Zentren, die sich um die Bildung der anderen Gläubigen der Prälatur kümmern.

Als Numerarier werden Laien oder Priester der Prälatur Opus Dei bezeichnet, die einem Ruf Gottes zur Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen (Zölibat) gefolgt sind (vgl. Matthäus Kapitel 19, Vers 12) und für die Bildung der Mitglieder hauptverantwortlich sind. Sie können dabei von ausgewählten Supernumerariern unterstützt werden.

Den Numerarier(inn)en erlauben es ihre Lebensumstände, sich ganz für die Betreuung der apostolischen Arbeit und die Bildung der anderen Mitglieder zur Verfügung zu halten. Sie wohnen in der Regel in einem Zentrum des Opus Dei.

Die teils gut verdienenden Numerarier geben ihre Einkünfte an die Leitung der Zentren ab und begnügen sich mit einem Taschengeld. Einzelne Mitglieder (oder mehrere gemeinsam) errichten mit diesem Geld oder Spenden, die oft unter großem persönlichen Einsatz lukriert werden, eigene Ausbildungszentren (etwa für Landwirtschaft), Schulen, Studentenheime, Wirtschaftsschulen (zum Beispiel IESE, Barcelona), Kulturzentren und sogar zwei Universitäten (in Pamplona, Spanien und Piura, Peru). Diese Zentren sind so genannte kooperative Werke und werden auf Veranlassung des Opus Dei von Mitgliedern ins Leben gerufen. Die religiöse Bildung in diesen Zentren ist dem Opus Dei anvertraut. Hier findet auch die weitere religiöse Bildung der Mitglieder und Interessenten in Form von Einkehrabenden und Exerzitien statt. Weitere Initiativen sind im Aufbau begriffen. Außerdem gibt es Stiftungen, über die dem Opus Dei Geld zufließt, deren Verbindung zum Opus Dei aber meist nicht erkennbar ist.

Supernumerarier

Die Supernumerarier sind die verheirateten Mitglieder des Opus Dei, die den größten Teil der Mitglieder ausmachen, und stellen etwa 70 Prozent der Gläubigen der Prälatur weltweit, wobei ihre familiäre Verpflichtung gemäß den Ratschlägen des Gründers Josemaria Escrivá vorrangiger Bestandteil ihres christlichen Lebens sein soll. Die formelle Aufnahme in die Prälatur erfolgt mittels eines beiderseitigen Vertrags, der die gegenseitigen Verpflichtungen zwischen der betreffenden Person und der Prälatur festlegt. Dazu ist ein Brief mit der Bitte um Aufnahme an den jeweiligen Regionalvikar des Opus Dei erforderlich.

Assoziierte

Die übrigen Mitglieder der Prälatur sind die Assoziierten, Frauen und Männer, die sich zur Ehelosigkeit verpflichtet haben. Sie leben bei ihrer Familie oder wo immer es ihren beruflichen Umständen am besten entspricht.

Auxiliarnumerarierinnen

Die Auxiliarnumerarierinnen (Auxiliar) übernehmen hauptsächlich die Hauswirtschaft und die Pflege der Zentren der Prälatur.

Die Priester

Die Priester der Prälatur gehen aus den ehelos lebenden Laien des Opus Dei hervor, das heißt aus Numerariern und Assoziierten, die aus freien Stücken zum Priestertum bereit sind und vom Prälaten dazu eingeladen werden, nachdem sie der Prälatur bereits viele Jahre lang angehört und die entsprechenden kirchlichen Studien absolviert haben. Ihre Aufgabe besteht zur Hauptsache in der seelsorglichen Betreuung der anderen Gläubigen der Prälatur und der von ihnen getragenen apostolischen Initiativen.

Leiter und Prälaten des Opus Dei

Geschichte

Der Gründer, Josemaria Escrivá, stammt aus Spanien. Er suchte nach Möglichkeiten, Studenten und Angestellten den christlichen Glauben näherzubringen. Intellektuelle waren nicht die einzige, aber die zeitlich erste Zielgruppe.

Gegründet wurde das „Werk“, wie Opus Dei oft kurz genannt wird, im Jahr 1928, als Escrivá in Madrid Besinnungstage abhielt. Seinen Namen erhielt es aber erst in den 1930er Jahren. Seit 1930 steht es auch Frauen offen, wobei allerdings nach Geschlechtern getrennt wird. Frauen gehören dem Wahlkongress, der den Prälaten wählt, nicht an, dürfen aber vorgängig eine Wahlempfehlung abgeben. Die Frauen, ihre Einrichtungen und Tätigkeiten werden im Opus Dei „Verwaltung“ (lat. administratio) genannt.

1934 erschien Der Weg (ISBN 3920007670), eine Aphorismensammlung von Josemaria Escrivá, welche die Spiritualität des Opus Dei zusammenfasst. Als im Spanischen Bürgerkrieg im republikanischen Teil Kirche und Staat streng getrennt, Kirchen zerstört sowie Priester und Ordensangehörige verfolgt wurden, floh Escrivá 1937 in den von General Franco besetzten Teil Spaniens. Seit den 1950er Jahren waren einige Mitglieder des Opus Dei unter dem nunmehrigen Diktator Franco politisch engagiert. In seinen letzten Regierungsjahren gehörten 10 der 19 Kabinettsmitglieder dem Opus Dei an, auch einige im Übergangskabinett nach Francos Tod. Ebenfalls starken Aufwind erfuhr das Opus Dei in Chile unter Augusto Pinochet; der Organisation wird ein großer Einfluss auf den Entwurf der Verfassung von 1980 nachgesagt.

Der Gründer selbst enthielt sich direkter politischer Einflussnahme, war jedoch ein Bewunderer Francos und zeigt im Werk Der Weg eine ideologische Nähe zum Faschismus, ähnlich der Situation in anderen Staaten Europas. Allerdings forderte er auch, dass alle Mitglieder nach bestem Wissen und Gewissen im christlichen Sinn handeln. Im Alter von 44 Jahren verließ Escrivá Spanien und ging nach Rom.

1950 ermöglichte das Opus Dei als erste Einrichtung der katholischen Kirche auch Nichtkatholiken die Mitarbeit, und 1952 wurde die erste Niederlassung in Deutschland eröffnet. Im Jahr 1982 wurde das Opus Dei vom Papst Johannes Paul II. als Personalprälatur errichtet (eine vom Zweiten Vatikanum eingeführte Rechtsform). Nachdem die Entscheidung feststand, wurden über 2000 Bischöfe konsultiert. Längst nicht alle waren einverstanden. Damit sind die Mitglieder nur mehr an die Vorgaben des Prälaten gebunden, doch darf das "Werk" wie alle kirchlichen Gemeinschaften seine Arbeit in keiner Diözese ohne die Zustimmung des dortigen Bischofs aufnehmen. Diese Genehmigung wird jedoch meist erteilt.

Kritik

Das Opus Dei ist einerseits umstritten, andererseits genießt es hohe Wertschätzung und Unterstützung vor allem aus den konservativen Kreisen des Vatikans und von vielen Bischöfen. Die Wertschätzung beruht u. a. auf der Zielsetzung der Organisation, das Alltagsleben von Christen zu heiligen, aber beispielsweise auch auf seiner finanziellen Macht.

Die Kritik am Opus Dei ist sehr vielfältig. Kritiker werfen dem Werk eine starke politische Ausrichtung, Machtstreben und einen sektenhaften Charakter vor, ferner Geheimniskrämerei, extreme Praktiken der Selbstkasteiung und das konservative Frauenbild.

Zum Vorwurf des Machtstrebens

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Mitglieder des Opus Dei und ihre Freunde im Condoray-Zentrum, Peru: Laut Vittorio Messori ist Opus Dei unter dem „campesinos“ Lateinamerikas sehr populär.

Dem Opus Dei wird Machtstreben sowohl im kirchlichen als auch im weltlichen Bereich nachgesagt. In der kirchlichen Hierarchie sind Mitglieder in vatikanischen Schlüsselpositionen; etliche Bischöfe und zwei Kardinäle (Juan Luis Cipriani Thorne aus Lima und Julián Herranz, Rom). Von weiteren Kardinälen wurde die Mitgliedschaft vermutet (u. a. von den 2001 verstorbenen Silvio Oddi und Pietro Palazzini), jedoch durch den schweizerischen Pressesprecher des Opus Dei, Beat Müller, verneint. Mitgliederlisten werden aber u. a. aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht veröffentlicht, die Mitglieder bleiben weitgehend geheim.

Im weltlichen Bereich interessiert sich das Opus Dei unter anderem für einflussreiche Personen und junge Akademiker, die später höhere Positionen in der Gesellschaft einnehmen könnten. In einem vertraulichen Bericht des Opus Dei an den Papst aus dem Jahre 1979, der durch eine Indiskretion öffentlich wurde, berichtet Alvaro Del Portillo stolz, dass Opus Dei bereits in 479 Universitäten und Hochschulen auf fünf Kontintenten und weiterhin in 604 Zeitungen und Zeitschriften, 52 Radio- und TV-Anstalten, in 38 Nachrichten- und Werbeagenturen und in zwölf Filmproduktions- und Vertriebsgesellschaften vertreten sei.

Das Opus Dei betont, es besitze gegenüber seinen Mitgliedern ausschließlich geistliche Kompetenzen und enthalte sich jeder politischen oder wirtschaftlichen Einmischung.

Nach Angaben des Journalisten und Opus-Dei-Experten Peter Hertel benotet das Opus Dei die Glaubenstreue von Führungsnachwuchs-Kandidaten innerhalb der katholischen Kirche (und selbst die von Päpsten), um gezielt Einfluss im kirchlichen Bereich nehmen können.[1]

Zur Diskussion um den sektenhaften Charakter und blinden Gehorsam

Die Gemeinschaft Opus Dei ist im Selbstverständnis der Katholischen Kirche als Personalprälatur ausdrücklich ein besonders angesehener Teil der Glaubensgemeinschaft, so dass die Definition als Sekte selbstverständlich zurückgewiesen wird. Kritiker sehen jedoch bei Opus Dei durch die eigenwillige ideologische und theologische Ausrichtung und besonders durch die selbstdeklarierte Ausrichtung im Besonderen auf elitäre gesellschaftliche Kreise in Verbindung mit einer besonders auffällig wirkenden extremen Vermeidung von Transparenz (für eine kirchliche Organisation) die Definition einer Sekte, im Sinne einer verschworenen geheimen Glaubensgemeinschaft mit radikaler Ausrichtung (Katholizismus als Unterform des Konservatismus), weitgehend erfüllt und daher die Bezeichnung als Sekte in der Kirche berechtigt.

Im umgangssprachlichen Sinne meint man mit Sekte etwas, was im englischen als Cult bezeichnet wird: Eine Gruppe, die mit manipulativen Methoden versucht, neue Mitglieder anzuwerben, und diese nach einem totalitären Schema zu kontrollieren. Gemäß Kritikern erreiche dies das Opus Dei bei der Mitgliederwerbung vor allem über vorgetäuschte Freundschaften (Deutung als Apostolat der Freundschaft). Das beginne oft mit einer Einladung zum Essen (Apostolat des Mahles, vergleiche unter anderem Der Weg #970). Laut Berichten von Ex-Mitgliedern werden Leute dazu angehalten, Freundschaften zu benutzen, um Mitglieder zu werben. Es gibt wöchentliche Gespräche mit einem geistlichen Leiter, angeblich zur Kontrolle der Mitglieder. Das Opus Dei legt dabei besonderen Wert auf Reinheit, und zwar um auch genügend Ansatzpunkte für schlechtes Gewissen zu haben. Ehemalige Mitglieder berichten von rückhaltloser Gehorsamspflicht gegenüber Vorgesetzten und von gesundheitsgefährdender Leidensbereitschaft und zwanghafter Moral. Gründer Escrivá fordert: "Gehorchen - sicherer Weg. Blind dem Vorgesetzten gehorchen - Weg der Heiligkeit." (Camino Nr.941) Moniert wird weiter, das Opus Dei pflege einen Index von „verbotenen Büchern“. Sollte jemand eines dieser Werke für eine wissenschaftliche Arbeit benötigen, so muss er dazu - laut internem "Vademecum" - die Erlaubnis einholen und kritische Begleitliteratur dazu mit berücksichtigen. Im genannten Index sind nicht nur unliebsame theologische Werke enthalten, sondern auch philosophisch-literarische, wie etwa von Heinrich Böll, Karl Marx, Immanuel Kant oder Umberto Eco.

Die völlige Auslieferung an die geistigen Leiter des Opus Dei wird aus der Sicht dieser Kritiker in den Werken ideologisch vorbereitet. So heißt es unter anderem im Weg:

62: Ein Leiter. - Du brauchst ihn. - Um dich hinzugeben, um dich zu verschenken..., im Gehorsam. ..
617: Gehorcht, wie ein Werkzeug in der Hand des Künstlers gehorcht, das nicht danach fragt, warum es dies oder jenes tut. Seid überzeugt, dass man euch nie etwas auftragen wird, das nicht gut ist und nicht zur Ehre Gottes gereicht.

Allerdings werden die obigen Interpretationen gerade auch von manchen ehemaligen Mitgliedern bestritten, so beziehe sich z. B. der oben genannte Punkt 617 nicht auf den Leiter, sondern auf Gott, was natürlich nichts am Vorwurf ändert, solange sich die Leiter auf Gott berufen und den Mitgliedern erklären, was dieser Gott von ihnen will. Etliche der ehemaligen Mitglieder sagten im Heiligsprechungsprozess des Opus-Dei-Gründers Josemaría Escrivá unter Eid entsprechend aus. Von Seiten des Opus Dei wird erklärt, dass die Freundschaften zwischen Mitgliedern und anderen echt sind und sich keineswegs nur auf „potentielle Mitglieder“ beschränkten; eine Rekrutierung auf Basis falscher Freundschaften hätte im Lauf von bald 8 Jahrzehnten scheitern müssen.

Die geistliche Leitung entspreche dem, was es in der Kirche seit jeher gebe, und diene nicht der „Kontrolle“, sondern der Hilfe für das Weiterkommen im christlichen Leben. Der dabei bewusst und vertraglich angenommene Gehorsam beziehe sich auf rein geistliche Belange und stehe zudem unter der obersten Autorität der Kirche. „Die Moral“ des Opus Dei sei identisch mit jener der katholischen Kirche und gefährde die Gesundheit nicht; sie versuche vielmehr, sich die Bergpredigt Jesu Christi im Alltag zu Eigen zu machen. Bezüglich Escrivás vielzitiertem Buch Der Weg gibt das Opus Dei zu bedenken, dass es sich dabei nicht um interne Handlungsanweisungen für die eigenen Mitglieder handle, sondern um eine Aphorismensammlung, die in über vier Millionen Exemplaren verbreitet ist und sich an alle Menschen mit echtem Interesse für das geistliche Leben wende.

Zur politischen Ausrichtung

Antonio Fontan, spanischer Journalist und Mitglied des Opus Dei, der um die Pressefreiheit und Demokratie unter Franco kämpfte und durch das Regime wiederholt verfolgt wurde. Fontan wurde später der erste Senatspräsident von Spaniens Demokratie.

Das Opus Dei wird bisweilen als politisch rechtsgerichtet und konservativ eingestuft. Diese seit Ende der sechziger Jahre verbreitete Einschätzung beruft sich u. a. darauf, dass verschiedene Mitglieder des Opus Dei im Franco-Regime mitarbeiteten. Auch soll das Opus Dei mit dem chilenischen Diktator Pinochet liiert gewesen sein. Außerdem übe Escrivás Buch Der Weg direkte Kritik an den Ideen der Aufklärung und predige blinden Gehorsam gegenüber vorgesetzten Leitern. Es führe eine inoffizielle Version des Index der verbotenen Bücher weiter, dessen Abschaffung die zuständige Kongregation 1966 offiziell bestätigte, und übe sogar Zensur von Büchern. Dies widerspreche den Prinzipien moderner westlicher Gesellschaften.

Das Opus Dei erwidert dazu, dass es unter seinen Mitgliedern wohl solche gegeben habe, die mit der (späteren) Regierung Francos eng zusammenarbeiteten, aber auch solche, die das Regime vehement abgelehnt hätten und deswegen manche Sanktionen erlitten hätten. Auch habe sich der Gründer Josemaría stets dem Ansinnen der organisierten Franco-Anhänger widersetzt, das Opus Dei in ihr Projekt von einer politisch-religiösen Einheitspartei einzuspannen, was ihm eine jahrzehntelange Feindschaft von vielen einflussreichen Faschisten eingetragen habe. Dies soll belegen, dass das Opus Dei seinen Mitgliedern volle politische Freiheit gelassen und sich auf rein geistliche Aufgaben beschränkt habe. Bekannt ist, dass Escrivá auf Veranlassung des Bischofs von Madrid dem Ehepaar Franco Anfang der 1940er Jahre Exerzitien (religiöse Unterweisung) gab. Auch die Zusammenarbeit mit Pinochet stellt das Opus Dei in Abrede.

Selbstgeißelungen und andere Bußübungen

Cilice - Bußgürtel des Opus Dei

Numerarier und Assoziierte tragen - entsprechend einer Anweisung in der internen Schrift „De spiritu et de piis servandis consuetudinibus“ (Nr.125) - täglich außer an Sonn- und Feiertagen zwei Stunden einen schmerzhaften Bußgürtel (Cilice) und führen wöchentliche Selbstgeißelungen mit einer 5-schwänzigen Geißel durch. So sollen sie „den Körper züchtigen und disziplinieren“. Theologisch ist jedoch höchst umstritten, inwieweit die im Opus Dei gepredigte Verherrlichung von Schmerz mit christlichen Ideen zu vereinbaren sei. Der Gründer predigt in seinem Hauptwerk Der Weg aber, der Schmerz sei heilig. Außerdem bemerkt er, dass Schmerz adle.

Das Opus Dei bestreitet die Existenz von körperlicher Buße nicht. Sie führe in milder Form eine Askese weiter, die von Paulus über unzählige Heilige (z. B. Thomas Morus) bis in unsere Zeit (etwa Papst Paul VI., Hans Urs von Balthasar, Oscar Romero, Pater Pio und Mutter Teresa) hineinreiche und auch in den anderen Religionen bekannt sei. Sie wird verstanden als Teilhabe am Erlösungswerk Jesu, als Mittel, um das Gute auch dann tun zu können, wenn es schwer fällt, und als ein Weg der Aufopferung und Abtötung. Wie ehemals in Mönchsorden betreffen die erwähnten Bußmethoden nur zölibatär Lebende. Für verheiratete Supernumerarier sind Selbstüberwindungen in kleinen Dingen des Alltags maßgeblich.

Diskretion und Verschwörungstheorien

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Romana, das offizielle Organ des Opus Dei. Es informiert über seine Mitglieder, ihre Tätigkeiten, den Prälaten und die Leitungsgremien.

Das Opus Dei wird - ähnlich wie früher die Jesuiten - öfter im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien genannt. Weiter wird dem Opus Dei vorgeworfen, in machiavellistischer Manier kirchliche Machtpositionen anzustreben. Zu dieser Ansicht könnte beitragen, dass wegen der durch das Opus Dei geübten Geheimhaltung gegenüber der Öffentlichkeit nur wenig Konkretes über das Opus bekannt ist und viele Fragen offen bleiben. Escrivás Hauptwerk Der Weg widmet der „Tugend der Diskretion“ ein ganzes Kapitel, jedoch hinsichtlich des zwischenmenschlichen Umgangs. Dennoch werfen Kritiker der Organisation eine geringe Transparenz vor, wodurch ein sehr undeutliches Bild der Funktion und Ausbreitung des Opus Dei entstehe.

Zusammenfassung

Kritiker erklären den Erfolg des Opus Dei auch damit, dass in einer immer komplexer werdenden Welt Menschen oft nach einfachen Rezepten suchen. Eigene Entscheidungen treffen zu müssen, und dabei unsicher zu sein, was richtig und was falsch ist, werde von vielen Menschen als Last empfunden. Das Opus Dei biete hier eine einfache Lösung: sich den Anordnungen des Opus Dei und seiner Leiter unterzuordnen und schon sei man auf dem besten Wege, ein Heiliger oder eine Heilige zu werden. Außerdem sei seine Macht im Vatikan stark gewachsen.

Das Opus Dei hält die Zurückführung seines "Erfolges" auf einfache Rezepte für stereotyp und falsch. Seine Mitglieder lebten in der Welt und müssten sich dort bewähren; außerdem könnten sie in nicht-geistlichen Fragen keinerlei Orientierung vom Opus Dei erwarten. Was sie aber an Religiösem erhielten, sei keine spezifische Lehre des Opus Dei, sondern die der Kirche, die das Ergebnis einer zweitausendjährigen theologischen Reflexion sei.

Organisationen und Institutionen unter Einfluss des Opus Dei

Veröffentlichungen

Quellen

  1. Peter Hertel: Das Opus Dei will den nächsten Papst bestimmen. In: imprimatur 02/2001, März 2001

Literatur

Literatur vom Gründer und von Mitgliedern des Opus Dei

  • Josemaría Escrivá: Der Weg. 12. Auflage, Adamas, Köln 1982, ISBN 3-920007-67-0
  • Ders.: Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer. (Interviewband) 4. Auflage, Adamas, Köln 1991, ISBN 3-925746-00-5
  • Ders.: Christus begegnen. 6. Auflage, Adamas, Köln 2006, ISBN 3925746641
  • Ders.: Freunde Gottes. 2. Auflage, Adamas, Köln 1980, ISBN 3-920007-56-5
  • Peter Berglar: Opus Dei - Leben und Werk des Gründers Josemaria Escriva. 4. Auflage, Adamas, Köln 2005, ISBN 3-925746-67-6
  • César Ortiz (Hrsg.): Josemaria Escriva - Profile einer Gründergestalt. Adamas, Köln 2002, ISBN 3-925746-89-7
  • Andrés Vázquez de Prada: Der Gründer des Opus Dei, Band 1 Die frühen Jahre; Band 2 Die mittleren Jahre; Band 3 (in Vorbereitung). Adamas, Köln 2001 bzw. 2004, ISBN 3-925746-90-0
  • Dominique Le Tourneau: Das Opus Dei. Christiana-Verlag, Stein am Rhein 1988, ISBN 3-7171-0900-6. (Dominique Le Tourneau ist Priester des Opus Dei)
  • Amadeo de Fuenmayor, u. a.: Die Prälatur Opus Dei. Zur Rechtsgeschichte eines Charismas. Darstellung, Dokumente, Statuten. Ludgerus Verlag, Essen 1994, ISBN 3-8749-7198-8. (Amadeo de Fuenmayor ist Priester des Opus Dei)
  • Beat L. Müller: Die Personalprälatur Opus Dei im Überblick. Zürich 1998. (Beat L. Müller ist Medienbeauftragter der Prälatur Opus Dei in der Schweiz)

Opus-Dei-kritische Literatur

  • Joseph J. M. Garvey, Willibald Feinig: Elternführer durch das Opus Dei. In: Javier Ropero: Im Bann des Opus Dei - Familien in der Zerreißprobe. S. 265-344. Benziger, Düsseldorf 1995, ISBN 3-54521100-2
  • Discepoli di Verita (Hrsg.): "Ihr habt getötet". Der Machtkampf der Logen im Vatikan. Aufbau, Berlin 2004, ISBN 3-7466-8122-7
  • Peter Hertel: "Ich verspreche Euch den Himmel." Geistlicher Anspruch, gesellschaftliche Ziele und kirchliche Bedeutung des Opus Dei. 4. Auflage. Patmos Verlag, Düsseldorf 1991, ISBN 3-491-77804-2
  • Peter Hertel: Schleichende Übernahme. Josemaría Escrivá, sein Opus Dei und die Macht im Vatikan. Publik-Forum, Oberursel 2003, ISBN 3-88095-130-6
  • Peter Hertel: Benedikts Stoßtrupp. Das Opus Dei und der deutsche Papst. Hörbuch-CD. Hoerscheiben, Karlsruhe 2005
  • Maria del Carmen Tapia: Hinter der Schwelle - Ein Leben im Opus Dei. Goldmann, München. ISBN 3442126576
  • Klaus Steigleder: Das Opus Dei, eine Innenansicht. Zürich 1983, München 1996, ISBN 3-545-21040-5

Vom Opus Dei empfohlene Literatur

  • Basilius Streithofen: Die Divisionen des Papstes. Vom Wertewandel in den Klöstern. Langen Müller (F. A. Herbig), München 1988, ISBN 3-7844-2189-X.
  • Vittorio Messori: Der „Fall“ Opus Dei. MM-Verlag, Aachen 1995, ISBN 3-928272-42-X.
  • Martin Rhonheimer: Verwandlung der Welt. Zur Aktualität des Opus Dei. Adamas Verlag, Köln 2006, ISBN 3-937626-04-2
  • Pedro Rodriguez; Fernando Ocariz; Jose Luis Illanes: Das Opus Dei in der Kirche. Ekklesiologische Einführung in das Leben und das Apostolat des Opus Dei. Bonifatius-Verlag, Paderborn 1997, ISBN 3-87088-998-5.
  • John L. Allen: Opus Dei: Mythos und Realität - Ein Blick hinter die Kulissen. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2006, ISBN 3-579-06936-5.

Selbstdarstellungen

Neutrale Darstellungen

Kritische Darstellungen