Zum Inhalt springen

Gottesbeweis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. Oktober 2004 um 15:04 Uhr durch 141.76.1.122 (Diskussion) (Der kausale Gottesbeweis). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Gottesbeweise werden Versuche bezeichnet, die Existenz Gottes zu beweisen (oder zumindest Indizien dafür zu finden).

Die eigentliche Zeit der Gottesbeweise war die Frühe Neuzeit und die deutsche Aufklärung. Für deistische Aufklärer sollten die Gottesbeweise eine auf der Vernunft basierende Religion etablieren, welche ohne jegliche Offenbarungselemente auskäme.

Unsere heutige Vorstellung der Gottesbeweise beruht vor allem auf deren vermeintlicher Unmöglichkeit (Kant) und auf dem Einfluss der Natürlichen Theologie der Neuscholastiker. In der vorchristlichen Antike und im christlichen Mittelalter spielten sie für das Leben keine Rolle. Die Existenz eines Gottes wurde nirgends ernsthaft bezweifelt. Die theoretischen Überlegungen sollten lediglich die vorhandene Grundüberzeugung stützen. Erst mit dem Aufkommen aufklärerischen Denkens und einer säkularisierenden und säkularisierten Gesellschaft nahm die Bedeutung der Gottesbeweise zu und wurde auch zu einer eigenständigen philosophischen Disziplin, der Natürlichen Theologie.

Der kausale Gottesbeweis

Der kausale Gottesbeweis geht davon aus, dass allem eine Ursache zu Grunde liegt. Da man aber die Reihe der Ursachen nicht unendlich fortsetzen kann, muss es eine erste Ursache geben. Die Idee der ersten Ursache (auch die "unverursachte Ursache" genannt) geht auf Aristoteles zurück. Thomas von Aquin argumentierte, dass diese erste Ursache gleichbedeutend mit Gott sei. Dieser Gottesbeweis wird auch als "kosmologischer Gottesbeweis" bezeichnet (Achtung, Namenskonflikt mit unten) und steht in engem Zusammenhang mit dem Kontingenzbeweis.

Kritik am kausalen Gottesbeweis:

Die Theorie besagt zunächst nur, dass es eine erste Ursache gibt, aber dass diese Gott ist, sei damit noch nicht klar. Dies läßt sich jedoch laut Vertretern dieses Gottesbeweises bei genauerer Untersuchung zeigen (siehe dazu etwa die Natürliche Theologie). Problematisch ist hier jedenfalls der willkürliche Abbruch der Kausalkette (siehe auch Dogma). Man kann hier auch einfach annehmen, dass Gott von einem weiteren Gott erschaffen wurde, und dieser ebenfalls etc. Und man kann die Kausalkette auch früher abbrechen und mit gleichem Recht behaupten, dass, wenn ein Gott ohne Grund existieren kann, dass das Universum ebenfalls ohne Grund existieren kann.

Überdies ist nicht klar wieso eine Kausalkette nicht unendlich sein kann, und eine erste Ursache überhaupt notwendig sein soll. Nimmt man beispielsweise etwa den "zeitlichen" Kausalitätsbegriff, kann man die aus der Physik bekannte Zeitumkehrinvarianz auch so deuten, dass eine Symmterie zwischen Ursache und Wirkung existiert. Würde also notwendigerweise eine erste Ursache existieren, müsste demnach auch notwendigerweise eine "letzte Wirkung" existieren. D.h. die Zukunft wäre gewissermassen begrenzt, was unserer Anschaung eher widerspricht. Darüber hinaus wären bei bestimmten Raumzeit-Topologien sogar in sich geschlossenen Kausalketten denkbar. Hier zeigt sich besonders, dass die Ansicht von einer notwendigen ersten Ursache vermutlich eher unserer Art, wie wir die Welt wahrnehmen, entspringt als logischer Notwendigkeit. Zwar gibt es auch andere Auffassung von Kausalität als der einer zeitlichen Abfolge von Ursache und Wirkung, aber auch wenn man von dem "zeitlichen" Kausalitätsbegriff abgeht, ist nicht klar wieso eine erste Ursache notwendig sein soll. Zumindest müsste das erst explizit nachgewiesen werden.

Der pantheistische Gottesbeweis

Der Pantheismus sieht das Universum gleichbedeutend mit Gott an. Da das Universum existiert, existiert folglich auch Gott. Hier wird allerdings die "personale" Dimension des Gottesbegriffes aufgegeben.

Insbesondere wird hier von Kritikern wie etwa dem Philosophen J.L.Mackie eingewendet, dass es sich bei der Gleichsetzung des Universums mit dem Begriff "Gott" um einen hinter einer religiösen Sprache versteckten Atheismus handelt.

Der ontologische Gottesbeweis

Der ontologische Gottesbeweis wurde von Anselm von Canterbury (1033-1109) ersonnen. Ontologisch wurde der Beweis von Immanuel Kant bezeichnet; nach dem griechischen Wort für Sein (to on). Verkürzt ausgedrückt, wird der Beweis etwa so definiert: Wir können uns eine absolute Vollkommenheit vorstellen, ergo muss es sie auch geben. Und ist sie existent, so muss es Gott sein.

Die Gedanken von Anselm von Canterbury waren folgende: Gedacht sei ein Wesen, das vollkommener ist, als alle anderen, welche man sich vorstellen kann. Wer nun diesen Satz versteht, der muss einen Begriff für dieses Wesen haben. Ansonsten wäre der Satz unverständlich. Zum Beispiel ist der Satz "Stell Dir einen Yeti vor!" nur dann sinnvoll, wenn man einen Begriff vom Yeti hat.

Anselm von Canterbury war jedoch nicht der Ansicht, dass dieses vorgestellte vollkommene Wesen nur als Idee existiere. Denn wenn diese wahr wäre, so könne man sich ein noch vollkommeneres Wesen vorstellen, nämlich ein solches, welches dazu noch existent wäre. Und genau dies würde der Hypothese widersprechen.

Dieses Wesen ist nach Ansicht Anselm von Canterbury Gott, den er für das vollkommenste Wesen hält.

Wenn man jedoch nach dem vollkommensten Wesen gesucht hätte, welches auch existiert, dann wäre man nicht zum selben Schluss gekommen. Denn man hätte nie beweisen können, dass dies auch Gott ist. Anselm von Canterburys Begriff des Seins stellt sich also als eine Art der Vollkommenheit dar und nicht in einer Erfahrung der Existenz. Oder anders ausgedrückt: Die Vorstellung eines Dinges beruht nicht unbedingt auf der Vorstellung des Seins genausowenig wie die Vorstellung eines Dinges von dessen Existenz abhängig ist.

Erst Immanuel Kant hat über 700 Jahre später (1781) in der Kritik der reinen Vernunft den ontologischen Gottesbeweis widerlegt. Er zeigt nämlich, dass Anselm von Canterbury verschiedene Kategorien vermengt hatte. So wurde der grammatische Begriff sein wie ein ontologischer Begriff verwendet. Weiterhin setzt Anselm von Canterbury in seiner Definition des vollkommenen Wesens dessen Existenz bereits voraus. Und wenn man nun sagt, dass ein Ding ist oder existiert, so fügt man ihm nichts hinzu, sondern gibt ihm Eigenschaften. Man wiederholt nur, dass man erfahren hat, dass dieses Ding existiert. Man könnte nämlich auch sagen, dass das vollkommenste Wesen nicht existiert. Diese Aussage enthält keinen logischen Widerspruch, da ein solches Wesen keine objektive Realität besitzt (es ist ein grammatisches Subjekt) aber man nicht die Vorstellung des Wesens an sich leugnet. Wenn also der Satz "Ein vollkommenes Wesen existiert nicht!" nicht logisch widersprüchlich ist, dann ist der Satz "Ein vollkommenes Wesen existiert!" nicht logisch notwendig.

Nach Kant ist der einzige Beweis für eine Existenz die Erfahrung und Anselm von Canterburys Beweis nichts anderes als eine Tautologie.

Der Kontingenzbeweis

Der Kontingenzbeweis schließt aus der Tatsache, dass es nicht-notwendiges Sein gibt, darauf, dass es das absolut notwendige Sein (das Absolute) geben müsse. Das nicht-notwendige (zufällige) Sein sei nur, weil es das Sein einem anderen Sein verdanke, könnte also auch nicht sein. Letztlich müsse es ein Sein geben, das aus sich heraus (ens a se) ist; dies sei das Absolute, das heißt Gott. Siehe zu einer ausführlicheren Begründung den Artikel: Natürliche Theologie

Dieser Beweisversuch setzt zwingend voraus, dass nicht alles Sein notwendig ist, und nicht-notwendiges Sein nicht nur scheinbar aus der begrenzten menschlichen Perspektive resultiert. Diese Voraussetzung ist fragwürdig und muss jedenfalls nicht unbedingt der Fall sein. So sind Weltmodelle vorstellbar in denen alles mögliche Sein notwendig auch existiert, Beobachtern aber prinzipiell nur begrenzte Ausschnitte der Welt zugänglich sind. Dieser zugängliche Auschnitt kann je nach Beobachter unterschiedlich sein. Entitäten in den für einen Beobachter nicht zugänglichen Bereichen würde dieser dann aus seiner Perspektive als nichtexistent betrachten, während es sie in der "Gesamtwelt" trotzdem gibt und ein anderer Beobachter mit anderer Perspektive sie als existent betrachten könnte. Ein Beispiel für ein solches Weltmodells ist etwa Everetts Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik. Sogar aus dem gegenwärtigen Standardmodell der Kosmologie folgt, wie vom Physiker Max Tegmark gezeigt, dass innerhalb einer Entfernung von 1028 Metern alle quantenmechanisch möglichen Welten vorkommen und deswegen alles demnach vorstellbar Mögliche auch existieren muss, obwohl für uns nur ein sehr kleiner Teil davon zugänglich ist, da unser physikalischer Ereignishorizont viel geringer ist. Die Möglichkeit von nicht-notwendigem Sein wäre dann also nur eine scheinbare und würde letztlich daraus resultieren, dass in unserer Auffassung von "Sein" die menschliche Perspektive implizit miteingeht.


Der teleologische Gottesbeweis

Nach dem teleologischen Gottesbeweis ist alles in der Welt zielgerichtet und auf Ordnung, Schönheit und Zweckmäßigkeit hin ausgelegt. Es wird oft argumentiert, dass dies nur den Schluss zu ließe, dass Gott existieren muss und die Welt dergestalt eingerichtet hat. Unausgesprochene Voraussetzung des teleologischen Beweises ist aber, dass komplexe Systeme, welche einen geordneten und zielgerichteten Eindruck machen, nur von einer planerischen Intelligenz geschaffen werden können. Deswegen hat diese Argumentation mit dem Siegeszug speziell der Evolutionstheorie aber auch von Theorien wie der Selbstorganisation sehr stark an Überzeugungskraft verloren. In der Praxis hat sich inzwischen sogar die Begrenztheit planerischen intelligenten Handelns gezeigt. So haben sich etwa menschliche Gesellschaftsysteme, die zentral geplant und geleitet wurden, nicht gegenüber marktwirtschaftlichen Systemen, die mit evolutionären Elementen wie etwa dem Prinzip "Versuch und Irrtum" arbeiten, durchsetzen können. Bei noch komplexeren Systemen, wie zum Beispiel der Biosphäre, sind die Möglichkeiten planerischen Handelns gegenüber evolutionären "Versuch und Irrtums-Strategien" dementsprechend noch begrenzter.

Zudem fällt an dieser Argumentation ein mehr oder weniger versteckt anthropomorphes Element auf, da hier ein Gott mit einer planerischen Intelligenz entsprechend dem Menschen als Vorbild konstruiert wird, auch wenn die Fähigkeiten des so konstruierten Gottes die des Menschen übersteigen sollen.

Die Theodizee (frz. théodicée), von theos (griech. Gott) diké (griech. Gerechtigkeit), fragt danach, wie Gott das Böse in der Welt zulassen kann. Es handelt sich nicht um einen Gottesbeweis, sondern um den einen Beweis für die Nichtexistenz eines allmächtigen und gütigen Gottes.

Der kosmologische Gottesbeweis

Die physikalischen Naturkonstanten haben solche Werte, dass sie Leben, wie wir es kennen, ermöglichen. Wären sie auch nur um wenige Promille anders, gebe es heute kein Leben auf unserem Planeten, also auch keine Menschen. Die Naturkonstanten scheinen also wie von einem Schöpfergott passend gewählt zu sein.

Diesem Gottesbeweis steht jedoch das anthropische Prinzip gegenüber ("Weil es Beobachter des Universums gibt, muss es Eigenschaften besitzen, die die Existenz von Beobachtern zulassen").

Auch verschiedene kosmologische Modelle bieten Erklärungen für diese Beobachtungen, wie vor allem die Theorie des Multiversums, wobei Beobachter nur in den Universen entstehen konnten, die die entsprechenden physikalischen Rahmenbedingungen bieten.

Pascals Wette

Dieses Argument wird Blaise Pascal zugeschrieben und ist kein eigentlicher Gottesbeweis, es wird manchmal von Gläubigen benutzt, um nichtgläubige Menschen von den Vorteilen eines Gottglaubens zu überzeugen. Es basiert auf der Annahme, dass Gott, sofern er existiert, diejenigen belohnt, die an ihn glauben, und diejenigen bestraft, die nicht an ihn glauben. Es gibt also vier Möglichkeiten:

  1. Gott existiert nicht, und ich glaube nicht an Gott (neutral)
  2. Gott existiert nicht, und ich glaube an Gott (neutral)
  3. Gott existiert, und ich glaube nicht an Gott (Bestrafung)
  4. Gott existiert, und ich glaube an Gott (Belohnung)

"Pascal's Wager" wendet darauf die Regeln der Spieltheorie an und schlussfolgert, dass es klüger ist, an Gott zu glauben (neutral oder Belohnung), als nicht an Gott zu glauben (neutral oder Bestrafung). Hierbei wird implizit angenommen, dass der Glaubende den 'richtigen' Gott aus der Vielzahl der anbietenden Religionen auswählt. Außerdem scheint die Annahme problematisch, dass das Heil des Gläubigen allein vom Glauben und nicht z.B. von den Taten oder anderen Faktoren abhängt. Damit bricht die Argumentation sofort zusammen, falls Gott zum Beispiel einen aufrechten Atheisten trotzdem gegenüber einem opportunistischen Glaubenden, der sich seinen Vorteil buchstäblich ausgerechnet hat, bevorzugt.

Zitate

  • Albert Einstein sagte 1929 in einem Interview: "Wir befinden uns in der Lage eines kleinen Kindes, das in eine riesige Bibliothek eintritt, die mit vielen Büchern in verschiedenen Sprachen angefüllt ist. Das Kind weiß, dass jemand die Bücher geschrieben hat. Es weiß aber nicht, wie das geschah. Es versteht die Sprachen nicht, in der sie geschrieben wurden. Das Kind erahnt dunkel eine mysteriöse Ordnung in der Zusammenstellung der Bücher, weiß aber nicht, was es ist. Das ist nach meiner Meinung die Einstellung auch des intelligentesten Menschen gegenüber Gott. Wir sehen ein Universum, das wunderbar zusammengesetzt ist und bestimmten Gesetzen gehorcht, aber diese Gesetze verstehen wir nur andeutungsweise. Unser begrenzter Verstand kann die mysteriösen Kräfte, welche die Konstellationen bewegen, nicht fassen." (zitiert nach Brian, D.: Einstein - a life, Wiley 1996, S.186)
  • Der Mathematiker Leonhard Euler wurde von der Russischen Zarin Katharina der Großen zu einer Diskussion mit dem Philosophen Diderot nach St. Petersburg eingeladen. Euler sollte dort einen mathematischen Beweis für die Existenz Gottes liefern. Als der Disput beginnen sollte, stand Euler auf und sagte: "Mein Herr, , also existiert Gott. Antworten Sie mir!" Diderot, der von Mathematik keine Ahnung hatte, musste sich geschlagen geben.

Ludwig Feuerbachs Verdienst war es schließlich, zu beweisen, dass es keinen christlichen Gott gibt. Insbesonders ist das Argument schwerwiegend, dass für Gott als "prima causa" keine Ursache existieren würde. So konnte Nietzsche nicht ohne Trauer feststellen: "Gott ist tot. Gott bleibt tot. Wir haben ihn getötet."

Literatur

  • Brugger, Walter: Philosophisches Wörterbuch, 21. Auflage, Freiburg 1992
  • Brugger, Walter: Summe einer philosophischen Gotteslehre, München 1979
  • Cramer, Wolfgang: Gottesbeweise und ihre Kritik – Prüfung ihrer Beweiskraft, Frankfurt am Main 1967
  • Kälin, Bernhard: Lehrbuch der Philosophie. Band I: Logik, Ontologie, Kosmologie, Psychologie, Kriteriologie und Theodizee, Sarnen 1957
  • Lehmen, Alfons: Lehrbuch der Philosophie auf aristotelisch-scholastischer Grundlage; Band III: Theodizee, fünfte, verbesserte Auflage, Freiburg im Breisgau 1923
  • Schmidt, Josef: Philosophische Theologie; Stuttgart 2003
  • Seidl, Hans (Hrsg. und Übersetzer): Die Gottesbeweise in der „Summe gegen die Heiden" und der „Summe der Theologie", zweite Auflage, Hamburg 1986
  • Thomas von Aquin: Summe der Theologie, deutsch-lateinische Ausgabe, hrsg. vom kath. Akademikerverband, Salz-burg 1934
  • Thomas von Aquin: Summe gegen die Heiden (Summa contra gentiles) Lateinisch – Deutsch, hrsg. und übersetzt von Karl Albert und Paulus Engelhardt unter Mitarbeit von Leo Dümpelmann, Sonderausgabe, Darmstadt 2001
  • Vries, Josef de: Denken und Sein, Ein Aufbau der Erkenntnistheorie, Freiburg 1937
  • John Leslie Mackie: Das Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes. (1985) Reclam

Siehe auch

Gott, Natürliche Theologie, Halteproblem, Theodizee (Theodizee-Problem)