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Berserker

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Berserker in der Königshalle

Ein Berserker ist ein im Rausch Kämpfender, der keine Schmerzen oder Wunden mehr wahrnimmt.

Das Wort Berserker ist ein Wort des Altnordischen, formal ein Kompositum. Der zweite Teil serkr wird einhellig als 'Gewand, Waffenrock' gedeutet. Bezüglich der Erstkomponente gibt es zwei seriöse Annahmen. Einerseits wird eine Verbindung mit einem Wort für Bär, obwohl dies im Altnordischen bjorn lautet, erwogen (Lloyd, Springer). Andererseits argumentiert McCone, dass es sich bei den Berserkern den Beschreibungen nach um leichtes Fußvolk gehandelt habe und daher ein Vergleich mit bar 'bloß, frei' angebrachter sei. Alexander Jóhannesson[1] schreibt dazu: berserkr ... zum Adjektiv berr nudus, vgl. Andésson 1683: miles, qui sine armis, lorica balea &c. pugnat, auch Bj. Halld. (1814): indusio tantum non lorica indutus. vgl. auch Snorri: fóru brynjulausir.

Das Wort tritt zum ersten Mal in einem Preisgesicht des Skalden Þórbjörn hornklofi (um 872) über die Entscheidungsschlacht Harald Hårfagres am Hafrsfjord auf:

grnjuðu berserkir
guðr vas þeim á sínnum
emjuðu ulfheðnar
ok ísörn dúðu.

(„es brüllten die Berserker, der Kampf kam in Gang, es heulten die Wolfspelze und schüttelten die Eisen.“)

Es ist bislang unbestritten, dass hier ekstatisch schreiende Krieger in Wolfsfellen erwähnt werden. Aus dem Parallelismus schließen viele Forscher, dass es sich bei den Berserkern nicht um nackte, sondern um Krieger des Bärenfells handelt.[2]

Deutung

Snorri Sturluson schilderte in seiner Heimskringla[3] die Berserker so:

„Aber seine [Odins] egenen Mannen gingen ohne Brünnen, und sie waren wild wie Hunde oder Wölfe. Sie bissen in ihre Schilde und waren stark wie Bären oder Stiere. Sie erschlugen das Menschenvolk, und weder Feuer noch Stahl konnte ihnen etwas anhaben. Man nannte dies ‚Berserkergang‘.

Eine Schachfigur, die auf den Hebriden gefunden wurde, zeigt einen Berserker, der in sein Schild beißt. Dass Krieger ohne Brünne in den Kampf zogen, ist auch anderweitig bezeugt.[4] Das Abwerfen der Brünne vor dem Kampf ist noch für Håkon dem Guten (935-961) bezeugt.[5] Parallelen von der Vorstellung göttlicher Besessenheit reichen bis hin zu den Bakchen des Euripides. Während Snorri nur die Form der entblößten Krieger schildert, ist anderweitig auch die Form des Kampfes in Tierverkleidung überliefert. So ist auf einer Bronzeplakette aus dem 6./7. Jahrhundert, die in Torslunda gefunden wurde, ein Krieger mit Tiermaske abgebildet.

Die Berserker kämpften prinzipiell in der ersten Reihe jeder Schlachtordnung und dort auch ohne Rücksicht auf Verluste. Die Tierkrieger traten oft in geschlossenen Gruppen auf, wie in der oben zitierten Schilderung der Schlacht am Hafrsfjord. Die Sagas berichten übereinstimmend, dass die Berserker auf dem Vorderteil des Schiffes, also dem gefährlichsten Platz beim kampf, aufgestellt gewesen seien.[6] Sie galten als königliche Elitetruppe. Ihre Zahl wird in der Regel mit zwölf angegeben. Diese Zahl entspricht der Gruppe verzauberter Wolfskrieger, die Olav den Heiligen in der Schlacht von Stiklestad töteten.

Es wird oft behauptet, dass bei einigen Stämmen es auch Tradition gewesen sei, dass die Berserker sich vor der Schlacht durch den Verzehr von Zauberpilzen oder das Inhalieren von sonstigen drogenähnlichen Substanzen in einen Rauschzustand versetzt hätten, in dem ihr Schmerzempfinden rapide gesenkt worden sei. Speziell wird der Fliegenpilz genannt, der bis heute auf Island Berserkjarsveppur heißt. Das ist aber falsch. 1929 bewies der norwegische Toxikologe Frederik Grøn, dass es da keinen Zusammenhang geben kann. Die Rauschwirkung ist viel schwächer als in den Sagas beschrieben und höchst unsicher, manchmal tödlich. Sie setzt erst bis zu sechs Stunden nach der Einnahme ein. Wenn man noch berücksichtigt, dass man zur Verminderung der Giftwirkung den Pilz Sklaven (bei sibirischen Schamanen Frauen) zu essen gab und dann deren Urin trank (das Gift war abgebaut doch die Rauschwirkung blieb; näheres siehe unter dem Lemma Fliegenpilz), dauerte die Vorbereitung noch länger, so dass bei einem kurzfristigen Auftauchen von Feinden keine Berserkerwut rechtzeitig aufzubauen gewesen wäre.

Die römischen Berichte über Krieger, die auch mit drei Speeren im Leib noch weiterkämpften, gründen sich auf Begegnungen mit Berserkern, wenn sie auch anders genannt wurden.

Im altnordischen Volksglauben wurde der Berserker ursprünglich als ein Mensch verstanden, welcher sich zu seiner menschlichen Gestalt auch nach Belieben in einen Bären verwandeln konnte.

Später bezeichnete der Begriff „Berserker“ Männer, die im Kampf der sogenannten „Schlachtenraserei“ anheim fielen, was auch als Blutrausch beschrieben werden kann. Derartige Krieger galten als geliebte Söhne der Götter, vor allem Odins. Eine Gruppe von Berserkern galt als fähig das Schlachtenglück zu wenden. Durch ihr rücksichtloses Vorgehen und das den Überlieferungen zu Folge stark reduzierte bis vollkommen neutralisierte Schmerzempfinden konnten sie entscheidende, aber auch für beide Seiten blutige, Manöver durchführen. Die Bezeichnung „Berserker“ hatte spätnordischen Quellen zu Folge auch eine negative Konnotation: Es handelt sich um Männer, die streitsüchtig waren und sich nicht an Gesetz und Gefolgschaftsregeln hielten. Die Anwendung von „Berserk“ für Auseinandersetzungen in Friedenszeiten scheint untersagt gewesen zu sein.

Aus diesen unbändigen Männern wurde einige in einen Kriegerverband (Männerbund) ausgewählt mit eigenen Initiationsriten, bei denen ein „Ungeheuer“ rituell getötet wurde. In der Fornaldarsaga (Märchen) über Rolf Krake wird ein solcher Ritus beschrieben. Saxo Grammaticus, der die Geschichte ebenfalls wiedergibt, meint, es habe sich um einen Bären gehandelt.[7] Der Held trinkt dessen Blut und verspeist dessen Herz und gewinnt dadurch seine besondere Kraft. Da war die Herkunft des Wortes längst in Vergessenheit geraten. Auch dass Sigurd nach dem Sieg über den Drachen Fafnir dessen Herz verspeist, gehört in diesen Zusammenhang.

Fußnoten

  1. Isländisches etymologisches Wörterbuch, Bern 1956 S. 787
  2. Otto Höfler S. 299 mit weiteren Nachweisen.
  3. Kap. 6 am Ende
  4. Tacitus, Historien 2, 22: „Die Othonianer schleuderten von oben und daher mit umso schwungvollerem und treffsicherer gezieltem Wurf ihre Spieße gegen die verwegen andringenden Kohorten der Germanen, die unter Trutzgesang und nach ihrer Väter Art mit nacktem Körper (more patrio nudis corporibus) kämpfend die Schilde über den Schultern schüttelten.
  5. Heimskringla, Geschichte von Håkon dem Guten, Kap. 30: „König Håkon hatte nun sein Heer in Schlachtordnung aufgestellt, und es heißt, dass der König die Brünne abwarf, ehe man in die Schlacht ging.
  6. Egils saga 9, 3; Vatnsdœla saga 9, 1.
  7. Saxo Grammaticus: Danmarks krønike (Gesta Danorum), 2. Buch Kap. 6, 11.

Literatur

  • Otto Höfler: Berserker. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd. 2. Berlin 1976. S. 298-304.
  • Nils Lid: Berserk. In: Kulturhistorisk leksikon for nordisk middelalder. Bd. 1. Kopenhagen 1956. Spalte 501-503.
  • Albert L. Lloyd und Otto Springer: Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd 1, A-B. Göttingen/Zürich 1988.
  • Alexander Johannesson: Isländisches Etymologisches Wörterbuch. Bern 1956
  • Kim R. McCone: Hund, Wolf und Krieger bei den Indogermanen. In: Wolfgang Meid (Hg.): Studien zum indogermanischen Wortschatz. Innsbruck 1987. S. 101-154.

Siehe auch: Wikinger, Männerbund