Trampolinturnen

Trampolinturnen heißt die Sportart, bei der auf einem Trampolin oder einem Doppelmini-Trampolin geturnt wird. In Österreich ist der offizielle Name dieser Sportart Trampolinspringen.
Wettkampfverfahren
Allgemeine Bestimmungen
Eine Übung auf dem Trampolin umfasst 10 Sprünge, was 10 Tuchberührungen entspricht. Sie wird aus dem Anspringen mit dem ersten von einem Strecksprung abweichenden Sprung begonnen. Erlaubt sind Landungen auf beiden Füßen, im Sitzen (Sitzlandung), auf dem Rücken (Rückenlandung) oder auf dem Bauch (Bauchlandung). Der letzte Sprung einer Übung muss immer in den Stand geturnt werden. Eine gute Übung zeichnet sich zum Einen durch eine sichere korrekte Ausführung und gestreckte Körperglieder aus, bewertet als Haltung, zum Anderen durch eine hohe Schwierigkeit. Übungen werden einzeln oder in einem Synchronwettkampf zu Zweit auf nebeneinander stehenden Geräten geturnt.
Die Haltungsnoten werden von 5 Kampfrichtern bestimmt. Für 10 perfekte Sprünge kann man pro Kampfrichter 10 Punkte bekommen. Von diesen 10 Punkten werden die Haltungsabzüge subtrahiert. Die höchste und niedrigste Haltungsnote werden gestrichen und die verbleibenden drei Noten ergeben in der Summe die Haltungsnote. Für die Ermittlung des Schwierigkeitswertes sind ein bis zwei Kampfrichter zuständig, die gemeinsam einen Schwierigkeitswert berechnen (siehe Schwierigkeitsberechnung). In Synchronwettkämpfen wird die Haltung jedes der beiden Turner von zwei Kampfrichtern bestimmt, von deren insgesamt vier Noten ebenfalls die höchste und niedrigste Note gestrichen werden. Die Synchronität bewerten 3 Kampfrichter, deren nach den Streichungen verbleibende mittlere Note verdoppelt in das Gesamtergebnis eingeht.
Es wird unterschieden in Pflichtübungen und Kürübungen. Pflichtübungen sind 10-teilige Übungen mit vorgegebenen Elementen. Kürübungen werden aus 10 beliebigen und verschiedenen Sprungelementen kombiniert. In den Kürübungen gilt es, den Schwierigkeitsgrad der Elemente in Kombination mit der Ausführung dieser zu optimieren. Ein Wettkampf hat im Normalfall 3 Durchgänge:
- Pflichtübung (auch: 1. Übung), bei der nur die Ausführung bewertet wird (Ausnahme: Übung M10, hier wird die Schwierigkeit von 2 beliebigen Sprüngen mitbewertet)
- Kürübung (auch: 2. Übung), bei der Ausführung und Schwierigkeit bewertet werden
- Finale, bei dem nur die besten 10 (im Normalfall) TurnerInnen eine zweite Kür springen. Bei internationalen Wettkämpfen starten die jeweils die besten acht im Finale.
Schwierigkeitsberechung
Die Schwierigkeit eines Sprunges wird durch die Anzahl der Rotationen um die Körper-Längsachse (Schrauben) und die Körper-Querachse (Salto) bestimmt.
- Je 1/2-Schraube (Drehung um 180 Grad um die Längsachse des Körpers) gibt es 0,1 Punkte,
- Je 1/4-Salto (Drehung des Oberkörpers um 90 Grad um die Breitenachse des Körpers) gibt es ebenfalls 0,1 Punkte.
- Als Bonus gibt es 0,1 Punkte für jede volle 360 Grad Salto-Rotation.
- Als Bonus gibt es 0,1 Punkte für jeden vollen Salto in gestreckter oder gebückter Ausführung bei Einfachsalti ohne Schrauben bzw. Mehrfachsalti mit und ohne Schrauben.
Ein Sprung vom Stand in die Rückenlandung zählt als 1/4 Salto rückwärts und wird somit mit 0,1 Punkten in der Schwierigkeit bewertet. Ein Sprung vom Stand in den Sitz hat keine Schwierigkeitswertung, da weder eine Schraube noch ein Viertelsalto (keine Oberkörperbewegung) gesprungen wurde.
Hier einige Beispiele:
- Salto vw/rw c: 0,5
- Salto vw/rw a,b: 0,6
- Barani a, b und c: 0,6 (Vorwärtssalto mit 1/2 Schraube)
- Schraubensalto: 0,7 (Rückwärtssalto gestreckt mit 1/1 Schraube)
- Rudolph: 0,8 (Vorwärtssalto mit 1 1/2 Schraube)
- Doppelschraubensalto: 0,9 (Rückwärtssalto gestreckt mit 2/1 Schraube)
- Randolph: 1,0 (Vorwärtssalto mit 2 1/2 Schraube)
- Doppelsalto rw c: 1,0
- Doppelsalto rw b: 1,2
- Fliffis b (Doppelsalto vorwärts gebückt mit halber Schraube im zweiten Salto): 1,3
a = gestreckte Position, b = gebückte Position, c = gehockte Position , rw = rückwärts , vw = vorwärts
Technik
Im Spitzenleistungsbereich werden bei internationalen Wettkämpfen Kürübungen aus Dreifachsaltos und überwiegend Doppelsaltos gezeigt. Die Turnerinnen und Turner führen innerhalb kürzester Zeit zahlreiche schnelle und komplexe Bewegungen aus, und landen dennoch aufrecht, sicher und bereit für den nächsten Absprung. Dabei werden Sprunghöhen von mehr als 4 Metern über dem Trampolinniveau erreicht, die mit Belastungen des mehrfachen Körpergewichts während des Kontakts mit dem Gerät im Wechsel mit der Schwerelosigkeit verbunden sind.
Die größte Schwierigkeit in der Beherrschung solcher Sprunghöhen liegt darin, die bei der Rückfederung des Trampolintuchs freiwerdende Energie zu kontrollieren, exakt in Aufwärtsrichtung zu lenken, und nicht etwa darin, sich kräftig genug abzustoßen. Dies ist nur mit ausgezeichneter Stabilisierung, der sogenannten Spannung, des gesamten Körpers möglich, woran die Muskelgruppen des Schultergürtels und des gesamten Rumpfes wesentliche Anteile haben.
Die Absprungphase ist für die Ausführung eines einzelnen Sprungs entscheidend, denn nur hier kann aufgrund des Kontakts mit dem Gerät die Richtung und der Drehimpuls der Bewegung beeinflusst werden. Die Arme werden möglichst senkrecht nach oben gehalten. Schon eine kleine Abweichung davon führt bei der hohen Beschleunigung zu sehr großen Haltekräften. Daneben werden im Absprung durch schnellkräftiges Beschleunigen der Beine nach vorne oder hinten Saltorotationen in Rückwärts- bzw. Vorwärtsrichtung erzeugt.
Die Flugphase ist unterteilt in die Einleitung, in der Schraubrotationen erzeugt werden sowie ggf. zu von der Streckung abweichenden Körperpositionen wie Bücke, Puck oder Hocke übergegangen wird, sowie die sogenannte Öffnung, innerhalb derer für die Landung wieder eine gestreckte Position eingenommen wird. Durch Veränderungen der Körperhaltung können die Salto- und Schraubrotation beeinflusst werden. Eine asymmetrische Verlagerung der Arme wandelt zwischen Salto- und Schraubrotation, was physikalisch bestätigt ist. Eine engere Beinhaltung wie bei der Puckposition, bei der die Beine in den Knien angewinkelt sind, erhöht die Saltodrehgeschwindigkeit.
Die faszinierende Komplexität der schwierigen Sprünge wie zum Beispiel ein Doppelsalto rückwärts mit eingehender 1/2 Schraube und ausgehenden 1 1/2 Schrauben (im Kurzjargon "1/2 ein - Rudi aus" genannt) ist möglich durch große Anteile an nicht bewusst gesteuerten Bewegungen. Hierzu werden Sprünge im Training sehr oft wiederholt, so dass Bewegungsabläufe als Automatismus programmartig ausführbar sind und bewusst lediglich kurz angestoßen werden müssen. Bei neuen Sprüngen kann auf bereits Erlerntes zurückgegriffen werden. Diese Methode funktioniert nicht nur bei Leistungsturnern, jeder durchschnittlich begabte Sportler ist grundsätzlich fähig, einen einfachen Salto zu erlernen. Die Trainer sind für die Leistungen der Turner bedeutend, denn die richtige Vermittlung und Kontrolle der Sprungtechniken ermöglichen optimale Fortschritte und die stetige Erhaltung der Fähigkeit, Haltung und Schwierigkeit zu steigern.
Terminologie
Verschiedene Sprünge haben Eigennamen bekommen, da dies die Unterhaltung über die Sprünge doch beträchtlich erleichtert.
- Adolf (Adi) - Salto vorwärts mit 3 1/2 Schrauben
- Baby-Fliffis - 5/4 Salto vorwärts mit 1/2 Schraube aus dem Rücken
- Barani - Salto vorwärts mit 1/2 Schraube
- Cody - 5/4 Salto rückwärts aus dem Bauch zum Stand
- Doppelschraube - Salto rückwärts mit doppelter Schraube
- Fliffis - Doppelsalto vorwärts mit 1/2 Schraube im zweiten Salto
- Halb-ein halb-aus - Doppelsalto rückwärts mit 1/2 Schraube im ersten und 1/2 Schraube im zweiten Salto
- Miller - Doppelsalto rückwärts mit dreifacher Schraube (ursprünglich 2-1/2-Ein-Barani-Aus, heute meist Voll-Ein-Doppel-Aus, benannt nach Wayne Miller 1964/5)
- Miller Plus (Killer) - Doppelsalto rückwärts mit vierfacher Schraube
- Randolf (Randi) - Salto vorwärts mit 2 1/2 Schrauben
- Riesen-Baby - 9/4 Salto vorwärts aus dem Rücken mit 1/2 Schraube zum Stand
- Rudolf (Rudi) - Salto vorwärts mit 1 1/2 Schrauben
- Schraubencody - 5/4 Salto rückwärts mit 1 Schraube aus dem Bauch zum Stand
- Schraubensalto (Kurzform "Schraube", wegen Verwechslung mit allgemeiner Bedeutung nur zulässig im Kontext von Saltos) - Salto rückwärts mit ganzer Schraube; allgemein auch jeder Salto mit mindestens 1 Schraube
- Voll-Ein - Doppelsalto rückwärts mit 1 Schraube im ersten Salto
- Voll-Voll-Voll - Dreifachsalto mit je einer Schraube pro Salto
- Triffis - Dreifachsalto mit 1/2 Schraube im letzten Salto (Quadriffis = 4-fach usw., wobei noch niemand einen "Quintiffis" gesprungen ist)
- X-Ein-Y-Aus - Doppelsalto mit X Schrauben im ersten und Y Schrauben im zweiten Salto; bei ganzzahliger Gesamtschraubenrotation handelt es sich um einen Rückwärtssalto (z.B. Halb-Ein-Anderthalb-Aus), sonst um einen Vorwärtssalto (z.B. Voll-Ein-Zweieinhalb-Aus); statt Halb-Aus sagt man auch Barani-Aus, entsprechend für Rudi, usw.
- Full - Salto rückwärts gestreckt mit 1/1 Schrauben
Trampolinturnen in Deutschland
Trampolinturnen ist im Deutschen Turner-Bund (DTB) mit seinen Unterstrukturen eingegliedert. Auf den jährlichen Deutschen Meisterschaften werden die Deutschen Meister auf dem Trampolin in den Disziplinen Einzel, Synchron, Mannschaft und auf dem Doppel-Mini-Trampolin im Einzel ermittelt.
Die Trampolin-Bundesliga existiert seit 1973. Die deutschen Vereinsmeister seitdem sind:
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Olympische Spiele und andere internationale Wettkämpfe
International wird das Trampolinturnen genauso wie Allgemeines Turnen, Gerätturnen, Rhythmische Sportgymnastik, Sportaerobic und Sportakrobatik durch die Fédération Internationale de Gymnastique (FIG, Internationaler Turnverband) und die Union Européenne de Gymnastique (UEG, Europäische Turnunion) vertreten.
Seit 2000 (Sydney) ist Trampolinturnen (Einzel) olympische Disziplin. Die ersten deutschen Trampolinturner bei den Olympischen Spielen waren Anna Dogonadze und Michael Serth.
Für die Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen starteten Anna Dogonadze sowie der Weltmeister von 2003 Henrik Stehlik für die deutsche Mannschaft. Anna Dogonadze errang dabei das erste Trampolin-Gold für Deutschland. Henrik Stehlik erreichte den Bronze-Rang. Damit war Deutschland die erfolgreichste Trampolin-Nation bei den Olympischen Spielen 2004.
Daneben finden regelmäßig Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, sowie große internationale Cups wie z.B. Ostseepokal, Nissen-Cup, Grenzland-Cup etc. statt. Auch eine World-Cup-Serie gibt es. Diese geht über zwei Jahre und es finden in jedem Jahr fünf bis acht Wettkämpfe in verschiedenen Ländern statt. Die World-Cup-Serie endet mit dem World-Cup-Finale.
Weblinks
Verbände
- Deutscher Turner-Bund
- Fédération Internationale de Gymnastique
- Union Européenne de Gymnastique
- Alle Infos zum Trampolinspringen in Österreich
Newsportale
- Deutsche Trampolin-Bundesliga
- Trampolincity.de - bundesweite Infoseite
- Internationale Trampolinseite mit vielen Videos
- Aktuelle Nachrichten aus dem Trampolinturnen
- Trampolinturnen.info - eine Sammlung von Vereinen nach Postleitzahl sortiert die Trampolinturnen betreiben
- Trampolintipps.de - fast alles übers Trampolinspringen, inkl. Videos