Genregulation
Genregulation ist in der Biologie ein Begriff für die Steuerung der Aktivität von Genen, genauer gesagt für die Steuerung der Genexpression. Sie legt fest, in welcher Anzahl das von dem Gen kodierte Protein in der Zelle vorliegen soll. Dabei gibt es verschiedene Ebenen, auf denen die Regulation stattfinden kann: Als "Genexpression" wird der gesamte Prozess des Umsetzens der im Gen enthaltenen Information in ein Protein bezeichnet, der in mehreren Schritten erfolgt. An jedem dieser Schritte können regulatorische Faktoren einwirken und den Prozess steuern.
Bei Prokaryoten dient die Genregulation zu großen Teilen einer Anpassung an eine wechselnde Umgebung, zum Beispiel an ein vermindertes Sauerstoff- oder ein wechselndes Nährstoffangebot. Eukaryotische Zellen sind bis auf die Protisten weniger stark darauf angewiesen, auf schwankende Umweltbedingungen zu reagieren, haben dafür aber die schwierige Aufgabe, bei mehrzelligen Organismen die Entwicklung zu steuern. Hierfür muss gewährleistet sein, dass zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Gewebe in den richtigen Zellen die notwendigen Gene aktiviert werden. In ausdifferenzierten Zellen jedoch hat das einmal festgelegte Expressionsprogramm teilweise nur noch wenig Regulationsbedarf.
Die grundlegenden Prinzipien der Genregulation sind in allen Zellen gleich, es gibt jedoch sowohl bei Prokaryoten als auch bei Eukaryoten jeweils Besonderheiten. Zum Beispiel sind in Bakterien Gene in Operons organisiert, die in Eurkaryoten nicht vorkommen. Eukaryoten besitzen dagegen Mechanismen zur Prozessierung von Transkripten, die zusätzliche Ansatzpunkte von regulatorischen Faktoren bieten.
Schritte der Genexpression sind:
- Initiation der Transkription
- Termination der Transkription
- Polyadenylierung (bei Eukaryoten)
- Spleißen (bei Eukaryoten)
- Transport ins Cytoplasma (bei Eukaryoten)
- Initiation der Translation
- Stabilität der mRNA im Cytoplasma
Initiation der Transkription
Der allererste Schritt, die Steuerung der Transkriptionsstartes, ist bei den meisten Genen der wichtigste. Hier wird die generelle Entscheidung gefällt, ob das Gen exprimiert (abgelesen) wird oder nicht, und wie viele mRNA-Moleküle entstehen sollen. Diese Entscheidung wird an den regulatorischen Sequenzen des Gens gefällt, die auch als Enhancer bezeichnet werden. Es handelt sich um Bereiche in der DNA, die in unmittelbarer Nähe des Gens oder auch weiter weg liegen können, die jedoch selbst nicht transkribiert werden. An diese regulatorischen Sequenzen können Proteine binden, die die Transkription aktivieren oder hemmen (reprimieren). Diese Schlüsselproteine heißen Transkriptionsfaktoren, und sie ermöglichen der Zelle, Gene durch einen grundlegenden Mechanismus an- oder abzuschalten. Ein aktivierender Transkriptionsfaktor wird Aktivator, ein hemmender Repressor genannt.
Nach der Bindung an den oder die Enhancer ermöglichen die Aktivatoren durch eine Änderung der Konformation des Chromatins eine Bindung von weiteren, allgemeinen Transkriptionsfaktoren, die für jede Transkription benötigt werden, und die Bindung der RNA-Polymerase an die DNA. Ein detaillierte Beschreibung der Abläufe ist unter Initiation (DNA-Transkription) zu finden.
Bindet ein Repressor an die DNA, verhindert er, dass sich weitere Transkriptionsfaktoren anlagern können und behindert so eine Aktivierung des Gens.
Termination der Transkription
Für die Beendigung der Transkription sind bei Pro- und Eukaryoten verschiedene Regulationsmechanismen bekannt. Die Effizienz der Termination ist entscheidend dafür, wie viele mRNA-Moleküle von dem Gen enstehen können, denn wenn die Polymerase nicht schnell genug vom DNA-Strang abfällt, grob gesagt kann das nächste Polymerase-Molekül nicht nachrücken und die Produktion der mRNA-Moleküle wird verlangsamt.
Bei Prokaroyten unterscheidet man die Rho-unabhänginge und die Rho-abhängige Termination. Außerdem gibt es einen Mechanismus, bei dem die Polymerase bald nach Transkriptionsbeginn wieder von der DNA abfällt, die Attenuation.
Einfache Termination
Die Rho-unabhängige oder einfache Termination nutzt Terminationssequenzen am "Ende" des Gens bzw. des Transkripts, die aus einem GC-reichen Abschnitt und einer Folge von Uridinresten bestehen, die zusammen eine Haarnadelstruktur bilden. Man muss sich diese wie eine Schlaufe vorstellen, die dadurch zustande kommt, dass sich Nukleotide eines Stranges mit Nukleotiden desselben Stranges miteinander wie in der Doppelhelix verbinden und dabei eine Schleife beschreiben. Wenn die RNA-Polymerase, die diesen Nukleotidstrang ja gerade erst erzeugt hat, mit der Schleife in Wechselwirkung tritt, hält sie an und fällt vom DNA-Strang ab.
Rho-abhängige Termination
Die Rho-abhängige Termination ist relativ selten und benutzt eine weiteres Protein, den Rho-Faktor. Es handelt sich um ein hexameres Protein, das von 70 bis 80 Nukleotiden des naszierenden (entstehenden) RNA-Stranges umschlungen wird und durch die Wechselwirkung mit der DNA aktiviert wird. Unter Verbrauch von ATP bewegt sich der Rho-Faktor an der DNA entlang, bis er auf die RNA-Polamerase trifft und das DNA-RNA-Hybrid, das die RNA-Polymerase herstellt, auftrennt. Dadurch fällt die RNA-Polamerase ab und die Transkription ist beendet. Der Rho-Faktor muss sich theoretisch also schneller an der DNA entlang bewegen als die Polmerase. Die Polymerase bewegt sich jedoch nicht kontinuierlich schnell an der DNA entlang, sondern verlangsamt sich immer wieder zwischendurch, was dem Rho-Faktor ermöglicht, aufzuholen.
Termination bei Eukaryoten
Die drei verschiedenen eukaryotischen RNA-Polymerasen (I, II und III) nutzen verschiedene Terminationsmechanismen, die noch nicht besonders gut untersucht sind. Es sind jedoch einige Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Termination bei Bakterien bekannt:
- Die RNA-Polymerase I, die rRNA-Gene transkribiert, benötigt einen Rho-ähnlichen Terminationsfaktor, der allerdings nicht an die RNA, sondern stromabwärts an die DNA bindet.
- Die RNA-Polymerase II, die die mRNA transkribiert, beendet die Transkription vermutlich erst, wenn die Polyadenylierung erfolgt (siehe nächster Abschnitt).
- Die RNA-Polymerase III, die die tRNA-Gene transkribiert, beendet die Transkription nach dem Einbau einer Reihe von Uracil-Nukleotiden.