Lkw-Maut in Deutschland
Die LKW-Maut ist eine Gebühr, die ab 2003 für das Befahren der deutschen Autobahnen mit Lastkraftwagen ab 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht erhoben werden soll. Betrieben wird das Mautsystem vom privaten Unternehmen Toll Collect.
Erklärtes Ziel ist es, auch ausländische LKW stärker an der Finanzierung der Verkehrs-Infrastruktur zu beteiligen. Die Maut soll dem Staat jährlich 3,4 Milliarden Euro einbringen. Toll Collect erhält durch die Abgabe zwölf Jahre lang jährliche Einnahmen von ca. 600 Millionen Euro.
Vorgeschichte und Auftragsvergabe
Im November 1995 kündigt der damalige CDU Verkehrsminister Wissmann die Einführung einer streckenbezogenen LKW-Maut an.
Die rot-grüne Bundesregierung beschließt im Oktober 1998 ein durch Maut finanziertes sog. Anti–Stau-Programm.
Im August 2001 kommt es zur Verabschiedung eines Gesetzentwurfes.
Die rechtliche Grundlage für die Einführung der Lkw-Maut ist das Gesetz zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen (BGBl I, Nr. 23, S. 1234). Es trat am 12. April 2002 in Kraft.
Mitte 2002 setzte sich die Toll Collect GmbH in einer Ausschreibung gegen Konsortien um den britischen Mobilfunkkonzern Vodafone und um die schweizerische Fela Management AG durch.
Im September 2002 kam es zur Vertragsunterzeichnung zwischen Bundesverkehrsministerium und Toll Collect. Der vereinbarte Starttermin ist der 31. August 2003.
Technische Umsetzung
Anders als etwa in Frankreich, wo die Péage an Schaltern bezahlt wird, die an Autoroute-Abfahrten stehen und mit Kassierern besetzt sind, soll in Deutschland ein hochtechnisiertes, GPS, also satellitengestütztes System aufgebaut werden. Erklärtes Ziel war es dabei, mit der neuen Technologie auch neue Märkte für die beteiligten Unternehmen zu öffnen.
In die Führerhäuser der LKWs soll ein On-Board-Unit (OBU) genanntes Gerät eingebaut werden. LKW-Fahrern, die über kein solches Gerät verfügen, soll es möglich sein, die Gebühr etwa an Raststätten an Automaten oder direkt über das Internet zu entrichten. Diese Möglichkeit ist vor allem für ausländische LKWs vorgesehen, für die sich der Einbau einer teuren On-Board-Unit nicht lohnen würde. An den Autobahnen werden Messbrücken gebaut, mit denen LKWs entdeckt werden sollen, für die die Gebühr nicht gezahlt worden ist. Spediteure bemängeln, dass diese zu niedrig seien, um sie mit Schwertransportern zu unterqueren. Zudem kam es zu einer Reihe von Auffahrunfällen, da Autofahrer die Messbrücken für Radarfallen hielten und eine Vollbremsung machten.
Aktuelle Situation
Zum festgesetzten Starttermin, dem 31. August 2003 konnte die Erfassung der Gebühr nicht beginnen, da es zu Problemen beim Aufbau des Systems kam:
- Es konnten nicht genug On-Board-Units geliefert und eingebaut werden, da das Telekom Tochterunternehmen T-Systems Schwierigkeiten mit der komplexen Software der Geräte hat.
- Spediteure berichten vom fehlerhaften Arbeiten vieler bereits eingebauter On-Board-Units, auch dies ist eine Folge noch immer fehlerhafter Software.
- Die Messbrücken wurden nicht rechtzeitig fertiggestellt
- Automaten, die u.a. an Tankstellen und Grenzübergängen aufgestellt werden, stürzten aufgrund von Software-Fehlern ab.
- An den Automaten stehen außerdem zu wenig Fremdsprachen für die Bedienung durch ausländische LKW-Fahrer zur Verfügung.
Als neuer Termin wurde von Verkehrsminister Manfred Stolpe der 2. November festgesetzt, bis dann soll eine nicht gebührenpflichtige Testphase stattfinden. Dem Bund entgehen aufgrund der Verschiebung zur Zeit monatliche Einnahmen im Bereich von ca. 200 Mio Euro ohne dass der Betreiber Toll Collect dafür haftbar gemacht werden kann.
Ob das System am 2. November einsatzbereit sein wird, ist fraglich.
Findige Aufbauhersteller stellen Gliederzüge (Lastkraftwagen mit Anhänger) mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 11,99 Tonnen vor, mit denen die Maut umgangen werden kann. Auch mit einem erhöhten Aufkommen von Kleintransportern ist zu rechnen.
Argumente für die LKW-Maut
Um Lagerkapazitäten einzusparen, setzen viele Firmen darauf, Waren bzw. Zwischenprodukte erst dann liefern zu lassen, wenn sie vor Ort benötigt werden (business on demand). Da die Eisenbahn, obwohl preisgünstiger und umweltschonender, die dazu notwendige Flexibilität nicht bieten kann, verlagern sich immer größere Teile des Gütertransports von der Schiene auf die Straße.
Kritisiert wird auch, dass Waren im Verlauf ihrer Produktion oft quer durch die EU gefahren werden. Stattdessen solle etwa ein Supermarkt seine Waren von ortsansässigen Herstellern beziehen.
Auch wird argumentiert, dass Lastwagen die Straßen stärker abnutzen als PKWs und Speditionen deshalb auch entsprechende Abgaben zu zahlen hätten.
Argumente gegen die LKW-Maut
Deutsche Spediteure befürchten einen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren europäischen Konkurrenten. Sie machen auch darauf aufmerksam, dass für Ausbau und Reparatur des Straßennetzes bereits Kfz-Steuern und Mineralölsteuern entrichtet werden.
Denkbar ist auch, dass es zu einer Überlastung des restlichen Straßennetzes kommt, weil LKW-Fahrer auf Bundesstraßen ausweichen könnten.
PKW-Nutzer befürchten, dass auch sie in Zukunft eine Maut zahlen sollen.
Außerdem ist ein allgemeiner Preisanstieg infolge gestiegener Transportkosten zu erwarten.