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Osteopathie (Alternativmedizin)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Osteopathie (engl. Osteopathy) ist eine von dem amerikanischen Arzt A. T. Still begründete manuelle Behandlungsmethode ohne Medikamente oder Hilfsmittel. Sie beruht auf den Prinzipien: - Einheit des Menschen - Selbstheilungskräfte des Organismus - wechselseitige Beeinflußung von Struktur und Funktion.

Eine Behandlung, die unter Berücksichtigung dieser Prinzipien stattfindet wird Osteopathie genannt.

Heute wird unter Osteopathie oft eine komplementärmedizinische, rein manuelle Behandlungsform verstanden, die Verbesserungen bei Leiden vor allem im Bereich der Bewegung erreichen will.

Dabei versucht der Osteopath Veränderungen in der physiologischen Beweglichkeit von Gelenken, Organen und Geweben des Körpers mit den Händen zu erfühlen und bei Bedarf zu verbessern.


Geschichte der Osteopathie[1]

Das Konzept der Osteopathie wurde durch den Arzt Andrew Taylor Still (1828-1917) Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt. Erst 1874 bekam das Projekt den Namen „Osteopathy“. 1892 gründete Dr. A. T. Still seine erste Schule, die spätere American School of Osteopathy in Kirksville, USA.

Um die offizielle Anerkennung als medizinische Universitäten behalten zu können, wurde ab 1910 (Flexner Report), an den meisten osteopathischen Colleges in den USA, der schulmedizinischen Ausbildung in Pharmakologie und Chirurgie größere Bedeutung beigemessen und die ursprüngliche Idee des Gründers, Osteopathie als manuelle Behandlungsform bis heute immer weiter aufgegeben.


Nach Europa kam die Osteopathie über John Martin Littlejohn, einen Schüler von A. T. Still, der 1917 in London die British school of osteopathy (BSO) gründete. Die Bezeichnung D. O. wurde traditionell auch in England den Osteopathen zugeteilt. Seit der staatlichen Anerkennung der Osteopathie in England werden nur noch Bachelor B. Sc. Zertifikate verliehen. Anfang des 20. Jahrhunderts erreichte Osteopathie als klassisch manuelles Behandlungskonzept England und in den fünfziger Jahren auch Frankreich.

Behandlung in der Osteopathie

In Europa ist Osteopathie eine primär manuelle Heilkunde. Osteopathie ist laut Auskunft des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit und deutscher Rechtsprechung eine Heilkunde und keine Heilmaßnahme. Die Ausübung der Heilkunde darf in Deutschland nur praktiziert werden von Heilberufen. Heilberufe sind rechtlich der Arzt und der Heilpraktiker. Physiotherapeuten bieten verordnungsfähige Heilmaßnahmen an. Osteopathie ist keine verordnungsfähige Heilmaßnahme und daher als Heilkunde nur unter der direkten Fachaufsicht eines Arztes oder Heilpraktikers an Mitglieder der Heilhilfsberufe delegierbar. Es ist Physiotherapeuten erlaubt, einzelne Techniken der Osteopathie bei direkter Überwachung durch einen Arzt oder Heilpraktiker auszuüben. Dies ist möglich, wenn Physiotherapeuten die Heilkunde Osteopathie in Praxen von Ärzten und Heilpraktikern oder in Krankenhäusern und Kliniken unter direkter Aufsicht ausüben oder selbst zusätzlich Heilpraktiker sind.

Da es in Deutschland keine staatliche Regelung für die Ausbildung in Osteopathie gibt, kann jeder Heilberuf Osteopathie anbieten, ohne überhaupt eine Prüfung oder Mindeststundenzahl absolviert zu haben. Deshalb ist es sinnvoll, sich vor einer Behandlung über Ausbildungszeit, Qualifikation/Prüfung, Behandlungszeit und die zu erwartenden Kosten vor Ort zu informieren. Physiotherapeuten dürfen auch unter direkter Aufsicht eines Heilberufs keine interne Weichteilbehandlung im Bereich des kleinen Beckens ausüben und keine Techniken der Manipulation mit Impuls (sogenanntes Einrenken). Physiotherapiepraxen, die die Heilkunde Osteopathie ohne direkte Überwachung eines Heilberufs in ihren Räumlichkeiten anbieten, werden von den Leistungsträgern/Krankenkassen in Regress genommen und laufen Gefahr, ihre Lizenz zu verlieren. Ein Heilberuf kann nur dann delegieren, wenn er das Delegierte selbst beherrscht und so die direkte Fachaufsicht gewährleistet.

Teilgebiete des Fachbereichs manuelle Behandlung in der Osteopathie

Die Fachrichtung der manuellen Behandlung in der Medizin der Osteopathie kennt verschiedene Methoden, die sich mit der Chiropraktik oder der manuellen Medizin überschneiden. Einige solcher Behandlungsmethoden sind:

  • Strain/Conterstrain – positional release
  • HVLA-Techniken („high velocity, low amplitude“, also kleine schnelle Bewegungen; sie entsprechen dem „Einrenken“ in Chirotherapie und Chiropraktik)
  • Techniken zur Behandlung von Gleitbewegungen innerer Organe, auch "viszerale Osteopathie" genannt.
  • Osteopathie im kranialen Bereich (Cranial Osteopathy). Diese Methode geht zurück auf Dr. A. T. Still. Sie wird aber aufgrund der Erklärungshypothesen, welche sich durchgesetzt hatten, oft fälschlicherweise deren Erfinder W. G. Sutherland zugeschrieben. Die Ausbildungsrichtlinien hierin und die offiziellen Arbeitshypothesen hierzu werden innerhalb der American Osteopathic Association AOA durch die Sutherland Cranial Teaching Foundation SCTF (gegründet von W. G. Sutherland 1953) definiert.

Die Fachrichtung manuelle Behandlung in der Osteopathie behandelt den Mensch als Einheit. In der täglichen Praxis gehen die verschiedenen Behandlungstechniken eines manuell gut arbeitenden Therapeuten ineinander über, da sie individuell dem Behandlungsverlauf folgen. Deshalb ist es nicht sinnvoll, einzelne Behandlungstechniken als separate Techniken oder Marketingkonzepte anzubieten.

Quellen

  1. American Osteopathic Association (Hrsg.): Osteopathic History. In: Foundations of Osteopathic Medicine. Baltimore, London, Paris 1997, Seite 15 ff

Literatur

  • Andrew Taylor Still: Das große Still-Kompendium. (enthät vier Titel), Jolandos, 2005
  • Andrew Taylor Still: The Philosophy and Mechanical Principles of Osteopathy. Kansas City 1902
  • Andrew Taylor Still: Osteopathy, Research and Practice. Kirksville 1910
  • William Garner Sutherland: Das große Sutherland-Kompendium. (enthät vier Titel), Jolandos, 2004
  • William Garner Sutherland: The Cranial Bowl. 1939
  • William Garner Sutherland: Contributions of Thought. The collected Writings of William Garner Sutherland. 1971
  • William Garner Sutherland, Editor: Ann Wales: Teachings in the Science of Osteopathy. 1990
  • Rebecca Lippincott Conrow, Howard A. Lippincott: A Manual of Cranial Technique. 1943
  • J. M. Littlejohn: The Fundamentals of Osteopathic Technique. Maidstone
  • J. M. Littlejohn: The Pathology of the Osteopathic Lesion. Maidstone
  • J. M. Littlejohn: Principles. Maidstone
  • J. M. Littlejohn: Lesionology. Maidstone
  • Harold Ives Magoun: Osteopathy in the Cranial Field. Denver 1951
  • Charles Owens: An Endocrine Interpretation of Chapman Reflexes. Newark, Ohio 1963
  • Irvin M. Korr: The Neurobiologic Mechanisms in Manipulative Therapy. Michigan State University, 1977
  • Irvin M. Korr, Editor: Barbara Peterson: The Collected Papers of Irvin M Korr. Indianapolis 1979