Privatkopie
Als Privatkopie wird die Kopie eines urheberrechtlich geschützten Werkes für die nichtgewerbliche und nichtöffentliche Nutzung durch den Besitzer des Originals oder durch dessen Freundeskreis bezeichnet.
Rechtslage in Deutschland
Allgemeines
Die Privatkopie ist im deutschen Recht in § 53 UrhG geregelt. Sie ist eine so genannte Schrankenbestimmung des Urheberrechts, welche das grundsätzlich ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Urhebers einschränkt. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs wird dahingehend ausgelegt, dass bis zu sieben Kopien für den engen privaten Kreis erlaubt sind. Diese Zahl wird jedoch auch kritisiert und als zu hoch zurückgewiesen. Dies gilt insbesondere im digitalen Bereich.
Gemäß § 15 UrhG steht allein dem Urheber das Recht zu, sein Werk zu verwerten. Dazu zählt auch die Vervielfältigung. Mit dem Aufkommen von Aufzeichnungsgeräten wie Tonbandgerät, Video- oder Cassettenrekorder konnten auch Privatpersonen Werke vervielfältigen. Da eine Kontrolle der Haushalte nicht durchsetzbar war, hat der Gesetzgeber die Privatkopie eingeführt. Zum finanziellen Ausgleich für die Urheber und Verwerter wurden Urheberabgaben eingeführt. Diese Geräte- und Leermedienabgabe beträg derzeit zum Beispiel rund 17 Cent für einen DVD-Rohling und 9,21 Euro für einen DVD-Brenner. Für professionelle Hochleistungskopiergeräte werden bis zu 613,56 Euro abgeführt.
Mittlerweile ist die Privatkopie alltäglich geworden: Mit Videorekordern werden Fernsehsendungen aufgezeichnet und Dateien werden von Webservern auf den heimischen Rechner heruntergeladen.
Vergütungspflicht
Zur Sicherstellung der finanziellen Beteiligung der Urheber und Verwerter (Verlage, Labels, Herausgeber) an der Werkverwertung wurde eine Pauschalabgabe auf Kopiergeräte und Datenträger eingeführt. Verwaltet und verteilt werden die Einnahmen von den Verwertungsgesellschaften, nämlich der GEMA, der VG Wort und der VG Bild-Kunst.
In der geplanten Novellierung (2. Korb) des Urheberrechts ist angedacht, die Pauschalvergütung auf Tonträger etc. zu beschränken, die keinen Kopierschutz einsetzen. Es ist nicht absehbar, ob diese Position tatsächlich umgesetzt wird.
Voraussetzungen der Privatkopie
Private Verwendung
Nach § 53 Abs. 1 UrhG darf die Vervielfältigung nur zum privaten Gebrauch hergestellt werden. Damit ist eine Verwendung für kommerzielle Zwecke ausgeschlossen. Die Weitergabe an Dritte ist zwar zulässig, Voraussetzung ist jedoch, dass die Kopien im privaten Bereich verbleiben, also nicht an nur flüchtig Bekannte weiter gegeben werden. Die Beteiligten müssen durch ein persönliches Band verknüpft sein. Dadurch ist in der Regel das Berufen auf die Privatkopieschranke im Rahmen von Online-Tauschbörsen ausgeschlossen.
Eine berufliche Nutzung der so hergestellten Kopie ist unzulässig. Hierfür stellt das Urheberrechtsgesetz jedoch in § 53 Abs. 2, 3 UrhG weitere Schranken zur Verfügung, die Kopien für den eigenen Gebrauch unter bestimmten Voraussetzungen freistellen.
Eine Privatkopie darf sowohl mit analogen als auch mit digitalen Mitteln angefertigt werden. Nur bei der Herstellung durch Dritte ist zu beachten, dass diese unentgeltlich oder in einem reprografischen Verfahren erfolgen muss.
Nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage
Nach dem Gesetzeswortlaut darf die Vorlage darüber hinaus nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt worden sein. Diese Voraussetzung wird häufig kritisiert, weil die Grenze nicht absehbar sind: Zum einen steht nicht fest, wann überhaupt von einer Offensichtlichkeit auszugehen ist, zum anderen, von welchem Standpunkt aus dies betrachtet werden soll. Darüber hinaus lässt sich z. B. im Internet nicht feststellen, ob die zum Herunterladen angebotene Datei rechtmäßig hergestellt wurde. Daher wird im Rahmen des "Zweiten Korbes" erwogen, die Privatkopie auch dann zu untersagen, wenn die Vorlage offensichtlich rechtswidrig zugänglich gemacht wurde. Damit würde der Anwendungsbereich der Privatkopie weiter eingeschränkt.
Anzahl der Kopien
Umstritten ist unter Juristen, wieviele Kopien im Rahmen der Privatkopieschranke hergestellt werden dürfen. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1978[1] wird häufig die Ansicht vertreten, dass jedenfalls sieben Kopien zulässig sein. Allerdings entschied das Gericht nur, dass nicht mehr als sieben Kopien zulässig seien. Zu der konkreten Entscheidung hat auch der Antrag im damaligen Verfahren beigetragen, der bereits diese Formulierung enthielt.
Diese Zahl wird jedoch teilweise kritisiert[2]. Viele Autoren legen sich nicht auf eine ausdrückliche Zahl fest, sondern bevorzugen eine Orientierung am Einzelfall[3]. Gerade im digitalen Umfeld wird die Anzahl der zulässigen Vervielfältigungen häufig unterhalb von sieben angesetzt.
Technische Schutzmaßnahmen
Zu berücksichtigen ist auch, dass der Gesetzgeber in den §§ 95a ff. UrhG die technischen Schutzmaßnahmen geregelt hat. Danach ist es unzulässig, einen wirksamen Kopierschutz zu umgehen. Zwar sieht § 95b UrhG Ausnahmen zu Gunsten verschiedener Schrankenregelungen vor, wovon aber § 53 UrhG nur insoweit erfasst wird, als reprografische Vervielfältigungen hergestellt werden. Damit dürfen wirksam kopiergeschütze Medien nicht kopiert werden. Diese Bestimmungen werden häufig kritisiert.
Für Computerprogramme gelten diese Bestimmungen gem. §69a Abs. 5 UrhG nicht.
Beispiele
Ein Beispiel für die zulässige Herstellung eine Privatkopie ist das Kopieren von Musik auf einen MP3-Player oder die Anfertigung einer Kopie einer CD für das Autoradio. Dies gilt jedoch nur, soweit dabei keine Kopierschutzmaßnahmen umgangen werden. Weitere Beispiele sind das Kopieren von Zeitungsartikeln für ein privates Archiv, Fernsehaufnahmen mit dem Videorecorder oder das Aufnehmen von Radiosendungen mit dem Cassettenrecorder.
Einschränkungen
Bedeutsam ist, dass § 53 Abs. 4-7 UrhG Einschränkungen auch für die Privatkopie enthält.
Musiknoten
Zu erwähnen ist hier zunächst, dass gemäß § 53 Abs. 4 Nr. 1 UrhG Musiknoten nur dann vervielfältigt werden dürfen, wenn dies durch Abschreiben erfolgt. Hintergrund dieser Regelung ist, dass das Herstellen von Notenblättern in der Regel mit erheblichem Aufwand und damit Kosten verbunden ist. Ein übermäßiges Kopieren würde diese Investition wirtschaftlich unsinnig machen, so dass der Gesetzgeber sich zu dieser Einschränkung entschlossen hat. Diese Einschränkung greift jedoch nicht ein, wenn es sich um ein seit zwei Jahren vergriffenes Werk handelt.
Noten gemeinfreier Musik dürfen kopiert werden, siehe Rechtsschutz von Schriftzeichen.
Im Wesentlichen vollständige Kopien von Büchern etc.
Ähnliche Gründe gibt es für die Einschränkung in § 53 Abs. 4 Nr. 2 UrhG. Danach dürfen im Wesentlichen vollständige Kopien von Büchern und Zeitungen ebenfalls nur durch Abschreiben hergestellt werden. Dahinter steht die Erwägung, dass dem Nutzer der käufliche Erwerb je eher zugemutet werden kann, umso mehr er vervielfältigt. Diese Einschränkung greift jedoch nicht ein, wenn es sich um ein seit zwei Jahren vergriffenes Werk handelt.
Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung
Das Angebot von zulässig hergestellten Kopien zum Herunterladen, z. B. im Rahmen von Online-Tauschbörsen oder auch von Webseiten sowie der Vertrieb derartiger Vervielfältigungsstücke ist gemäß § 53 Abs. 6 UrhG verboten. Dadurch soll der Charakter der Schrankenregelung erhalten bleiben und dem Rechtsinhaber die weitere Werkverwertung ermöglicht werden.
Software
Bedeutsam ist, dass die Schrankregelungen des Urheberrechtsgesetzes und damit auch die Privatkopieschranke nicht für Software gelten. Für diesen Bereich enthalten vielmehr die §§ 69a ff. UrhG Sonderregeln, die keine vergleichbare Bestimmung enthalten.
Rechtliche Situation in Österreich
Die Privatkopie findet im österreichischen Recht ihre Entsprechung im § 42 UrhG:
(4) Jede natürliche Person darf von einem Werk einzelne Vervielfältigungsstücke auf anderen als den in Abs. 1 genannten Trägern zum privaten Gebrauch und weder für unmittelbare noch mittelbare kommerzielle Zwecke herstellen.
Im Gegensatz zum deutschen Recht gibt es hier keinen Ausschluss von offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlagen.
Gemäß § 40d gilt dieses Recht auf Privatkopie nicht für Computerprogramme, jedoch ist die Anfertigung von Sicherheitskopien erlaubt, "soweit dies für die Benutzung des Computerprogramms notwendig ist".
Qualität einer Kopie
Privatkopien konnten vor dem Aufkommen der Digitaltechnik nur verlustbehaftet hergestellt werden. Analoge Tondaten wie auf Musikkassetten verlieren zum Beispiel durch mehrmaliges Kopieren an Qualität, bis sie nicht mehr akzeptabel sind. Weiterhin altern die Aufzeichnungen und büßen so ihre Qualität beim Abspielen ein. Der Verbreitungsumfang einer solchen analogen Kopie war somit relativ stark durch die technischen Randbedingungen beschränkt.
Digitale Kopien sind jedoch in der Regel bitgleich mit dem Original und erlauben so eine unbegrenzt lange Vervielfältigungskette. Jedes Kopieren setzt dabei die ohnehin schon geringe Alterung der Medien zurück. Weiterhin ist es denkbar, bei Vorliegen mehrer, leicht beschädigter Kopien aus unterschiedlichen Verbreitungspfaden noch in Jahrzehnten durch Vergleich ein vollständiges Werkexemplar zu rekonstruieren.
Der §53 wurde an diese Entwicklung dahingehend angepasst, dass Privatkopien "auf beliebigen Trägern" erlaubt sind; also auch in digitaler Form.
Wasserzeichen
Hauptartikel: Digitales Wasserzeichen
Durch die Einbringung von personalisierten Wasserzeichen in digitale Medien kann der rechtmäßige Eigentümer einer Kopie ermittelt werden. Dadurch kann dem Nutzer das Konvertieren der Mediendatei in andere Dateiformate erlaubt werden. Die Qualität der Anwendung ist dabei nicht, wie teilweise bei DRM-geschützten Werken, beeinträchtigt. Robuste Wasserzeichen werden durch MP3-Konvertierung nicht zerstört. Es gibt auch Wasserzeichen, die speziell für MP3-Dateien entwickelt worden sind. Auch bei der Rückführung in den unkomprimierten Zustand und bei Aufzeichnung der Analogsignale der Soundkarte bleiben die Wasserzeichen erhalten.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ BGH GRUR 1978, 474 - Vervielfältigungsstücke.
- ↑ Fromm/Nordemann/Nordemann, § 53 Rn. 3; Schack, ZUM 2002, 497.
- ↑ Wandtke/Bullinger/Lüft, § 53 Rn. 12.
Literatur
- Thomas Dreier, Gernot Schulze: Urheberrechtsgesetz, Urheberrechtswahrnehmungsgesetz, Kunsturhebergesetz, Kommentar. 2. Auflage, Beck, München 2006, ISBN 3-406-54195-X
- Friedrich Karl Fromm/Wilhelm Nordemann/Paul Hertin/Kai Vinck: "Urheberrecht - Kommentar zum Urheberrecht und zum Urheberrechtswahrnehmungsgesetz", 9. Auflage Stuttgart 1998, Kohlhammer Verlag, ISBN 3-17-015018-9
- Gerhard Schricker: Urheberrecht. 3. Auflage, Beck, München 2006, ISBN 3-406-53783-9
- Artur-Axel Wandtke, Winfried Bullinger: Praxiskommentar zum Urheberrecht. Beck, 2. Auflage 2006, München, ISBN 3-406-53423-6 - Rezension hier im Volltext auf www.digitalrecht.de
Weblinks
- kopien-brauchen-originale.de (Bundesministerium der Justiz)
- Initiative Privatkopie
- FAQs zum Europäischen Urheberrecht
- Stellungnahme zum Zweiten Korb Urheberrecht: Kompensation ohne Kontrolle
- Übersicht über die Entwicklung der Privatkopie unter besonderer Berücksichtigung des Einsatzes bei digitalen Medien (Christina Sontheim)
- Artikel auf Heise Online Aufgezeichnete Privatkopie verstösst nach Ansicht des Gerichts gegen das Urheberrecht
- Rechtsanwalt Jürgen Weinknecht: Privat kopierte DVDs sind erlaubt
- Das neue Urheberrecht - FAQ zu Fragen der Privatkopie und des Kopierschutzes
- irights.info: Die Geräte- und Leermedienabgabe