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Sozialdemokratische Partei Deutschlands

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Parteitag 2001 in Nürnberg
Basisdaten
Gründungsdatum: 23. Mai 1863
Gründungsort: Leipzig
Vorsitzender: Franz Müntefering
stellvertretende Vorsitzende: Kurt Beck, Wolfgang Clement,
Wolfgang Thierse, Ute Vogt,
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Generalsekretär: Klaus Uwe Benneter
Schatzmeisterin: Inge Wettig-Danielmeier
Mitglieder: 628.500 (Stand: 6/04)
Parteigliederung: 20 Bezirke/Landesverbände,
350 Unterbezirke/Kreisverbände,
zirka 12500 Ortsvereine
Anschrift: Willy-Brandt-Haus
Wilhelmstraße 141
10963 Berlin
Website: www.spd.de
E-Mail-Adresse: pressestelle@spd.de

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) beruft sich auf eine mehr als 140-jährige Geschichte.

Gemessen an der Mitgliederzahl ist sie die größte Partei Deutschlands, hat aber aufgrund der Regierungspolitik, die auch in der Mitgliedschaft auf Kritik stieß, in den letzten beiden Jahren überdurchschnittlich viele Mitglieder verloren. Die Partei stellt derzeit den Bundeskanzler, den Bundestagspräsidenten sowie in den Ländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein den Regierungschef beziehungsweise die Regierungschefin. Die Partei ist in allen deutschen Landesparlamenten in Fraktionsstärke vertreten.

Innere Struktur

Mitglieder

Zur Zeit (Stand: Juni 2004) hat die SPD etwa 628.500 Mitglieder. Mitglied kann jeder werden, der sich zu den Zielen der Partei bekennt; das bedeutet auch Ausländer oder Deutsche, die dauerhaft im Ausland leben, können Mitglied werden. Etwa 40 Prozent der SPD-Mitglieder sind älter als 60 Jahre. Knapp drei Viertel der Mitglieder sind männlich. Ungefähr die Hälfte sind Arbeiter oder Angestellte, weitere 12 Prozent Hausfrau oder Hausmann und weitere 11 Prozent sind beamtet. Der Anteil der beamteten Funktionsträger ist überdurchschnittlich hoch.

Mitgliederentwicklung

(Jeweils Ende des Jahres, auf Tausender gerundet)

  • 1976: 1.000.000
  • 1990: 943.000
  • 1994: 849.000
  • 1998: 775.000
  • 2002: 694.000
  • 2003: 651.000

Organisation

Oberstes Entscheidungsgremium der Partei ist der Bundesparteitag. Dieser setzt sich zusammen aus Delegierten, die von den Regionalorganisationen bestimmt werden sowie aus den Mitgliedern des Parteivorstands. Bei der Wahl der Delegierten muss, wie bei allen anderen SPD-Gremien, eine Quotenregel eingehalten werden, die bestimmt, dass beide Geschlechter mit mindestens 40 Prozent in einer Delegation repräsentiert sein müssen.

Der Parteitag wählt unter anderem den Parteivorstand, der in der Zeit zwischen den Parteitagen die Geschäfte führt.

Die SPD gliedert sich in Bezirke, die weitestgehend den Grenzen der Bundesländer entsprechen. Nur in Hessen und Niedersachsen gibt es noch traditionelle Bezirke auf Regionalebene, in diesen Ländern ist der Landesverband ausschließlich für landespolitische Fragen zuständig.

Die SPD besitzt mehrere Arbeitsgemeinschaften:

Als Arbeitskreis haben sich die Lesben und Schwulen in der SPD (Schwusos) organisiert.

Als SPD-nahe Organisationen gelten die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK), der Kinder- und Jugendverband SJD - Die Falken (Sozialistische Jugend Deutschlands), die Naturfreunde, die Arbeiterwohlfahrt (AWo), der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) sowie die Friedrich-Ebert-Stiftung.

Die WebSozis sind eine unabhängige Gemeinschaft aus deutschsprachigen Mitgliedern sozialdemokratischer Parteien (SPD, SP, SPÖ), die für Webmaster dieser Parteien ein Forum betreiben.

Über die Medienholding deutsche druck- und verlagsgesellschaft (dd_vg) gibt die SPD ihre traditionsreiche Mitgliederzeitung "Vorwärts" heraus und ist an verschiedenen regionalen Verlagshäusern, deren Zeitungen einen knapp zweiprozentigen Marktanteil haben, zumeist mit einem Minderheitsanteil beteiligt. Außerdem hält die dd_vg seit Mai 2004 einen 90-prozentigen Anteil an der "Frankfurter Rundschau". Die Übernahme war umstritten, da Kritiker eine Einflussnahme auf die Berichterstattung fürchten.

Die SPD ist Mitgliedspartei der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) und der Sozialistischen Internationalen (SI).

Geschichte der SPD

1863 bis 1914: Gründung, Sozialistengesetz

Die SPD hat kein exaktes Gründungsdatum. Sie selbst beruft sich zumeist auf die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) durch Ferdinand Lassalle, die am 23. Mai 1863 in Leipzig stattfand. Oftmals wird das Jahr 1875 als das eigentliche Konstituierungsdatum genannt, als sich der ADAV mit der von August Bebel und Wilhelm Liebknecht 1869 in Eisenach gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) in Gotha zur Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) zusammenschloss. Nach dem Außerkraftreten des Sozialistengesetzes im Herbst 1890 änderte die Partei ihren Namen in "Sozialdemokratische Partei Deutschlands".

Die frühe SPD stand den Gewerkschaften nahe und war ideologisch wie die meisten sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien Europas im 19. Jahrhundert am revolutionären Marxismus ausgerichtet. Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts stellte Eduard Bernstein seine Revisionismustheorie dem noch mehrheitlich revolutionär gesinnten Lager der SPD entgegen. Die Revisionismustheorie setzte sich bis spätestens nach dem ersten Weltkrieg in der Partei durch. Im Wesentlichen beinhaltet diese Theorie die angestrebte sozialistische Umwandlung der Gesellschaft durch Reformen nach einer demokratisch legitimierten Regierungsübernahme durch Wahlen.

Die historischen Auseinandersetzungen um die Sozialdemokraten (Verfolgung, Repressionen vor allem unter der Reichskanzlerschaft Otto von Bismarcks - siehe Sozialistengesetz) führten dazu, dass die Parteistruktur der SPD sich am intensivsten entwickelte und hohe Effizienz erlangte. Der riesigen Bevölkerungsgruppe der Arbeiter wohnte durch ihre kritische soziale Lage ein hohes politisches Potenzial inne. Sie machte die SPD bald zur mitgliederstärksten Partei in Deutschland.

Die SPD gewann - unter anderem wegen ihrer Gewerkschaftsnähe - trotz Verfolgung und Unterdrückung während der Bismarck-Ära immer mehr an Einfluss bei den Arbeitern und deshalb auch im Reichstag. Im Jahre 1890 kam die Partei schon auf 27,2 Prozent der Stimmen, und 1912 war sie mit 34,8 Prozent die stärkste Fraktion im Reichstag. Nach den Tode Bebels 1913, der als Integrationsfigur und Vermittler zwischen dem revolutionären und dem reformistischen Flügel der SPD galt, übernahm der deutlich gemäßigte Friedrich Ebert die Führung der Partei.

1914 bis 1919: Erster Weltkrieg, Novemberrevolution, Spaltung der SPD

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, stimmte die SPD-Reichstagsfraktion der Gewährung von Kriegskrediten zu. Einzig Karl Liebknecht (Sohn Wilhelm Liebknechts) und Otto Rühle, die für die SPD mit im Reichstag saßen, stimmten 1915 gegen die Kredite. Nach einer Antikriegsdemonstration wurde Liebknecht 1916 verhaftet und zu Zuchthaus verurteilt, von wo erst unmittelbar vor kriegsende wieder entlassen wurde. Viele Mitglieder der SPD waren im Verlauf des Krieges zunehmend mit der kriegsbilligenden Haltung ihrer Partei, der so genannten Burgfriedenspolitik, nicht einverstanden und gründeten die USPD (Unabhängige SPD).

Der linksrevolutionäre Spartakusbund, der 1916 unter Federführung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg nach dem Ausschluss Liebknechts und anderer aus der SPD als "Gruppe Internationale" gegründet worden war und gegen den Krieg agitiert hatte, schloss sich ebenfalls der USPD an. Die weiterhin existierende SPD bildete bis 1919 die MSPD (Mehrheits-SPD).

Nach dem Krieg kam es zur Novemberrevolution, in deren Folge der Kaiser abdankte und nach Holland floh. Die MSPD unter Friedrich Ebert, der im Zuge der revolutionären Ereignisse die Regierung von Prinz Max von Baden übergeben worden war, wollte zunächst den alten Staat retten und strebte, als dies nicht mehr möglich war, eine parlamentarische und pluralistische Demokratie an. Dafür paktierte Ebert im Geheimen auch mit den gegenrevolutionären alten Militärs, namentlich mit dem Oberbefehlshaber der Reichswehr, General Groener, gegen die Revolution; wohingegen der Spartakusbund und Teile der USPD die Bildung einer Räterepublik verfochten, wie sie ein Jahr zuvor in Russland durchgesetzt worden war. Von den die Revolution tragenden aktiven revolutionären Soldaten- und Arbeiterräten hatte dabei nur eine Minderheit das Vorbild der russischen Oktoberrevolution im Auge. Sie strebten mehrheitlich vor allem ein Ende des Krieges und die Entmachtung der Militärherrschaft an. Mit diesem Ziel stellten sie sich zuerst hinter die SPD-Führung, der sie vertrauten, und forderten die Wiedervereinigung der Mehrheits-SPD mit der unabhängigen SPD. Die SPD-Führung sah sich darauf gezwungen, sich auf die Bildung des Rats der Volksbeauftragten als neue Regierung einzulassen. Dieser Rat war kurzzeitig paritätisch mit Mitgliedern der SPD und der USPD unter Eberts Vorsitz besetzt.

Mit der blutigen Niederschlagung des Spartakusaufstandes und der Münchner Räterepublik durch von Gustav Noske rekrutierten rechtsnationalistischen Freikorps bis Mitte 1919 setzten sich die Mehrheitssozialdemokraten durch. Dabei erhielt der spätere erste Reichswehrminister der Weimarer Republik Gustav Noske den Beinamen "Bluthund", den er sich im Grunde selber gab, als er bei der Anforderung, die Revolution niederzuschlagen, sagte: "Einer muss den Bluthund abgeben". Unter seiner politischen Verantwortung standen zahlreiche Morde, die von den Freikorps an vielen bekannten und unbekannten auch vermeintlichen Revolutionären begangen wurden.

Die Rolle Eberts, Noskes und Scheidemanns während der Monate der Novemberrevolution und ihrer Niederschlagung führte bis in die Gegenwart zum historischen Vorwurf an die SPD, die Revolution und damit zu einem großen Teil gerade auch ihre eigenen Anhänger verraten zu haben.

Aus dem Spartakusbund und weiteren linksrevolutionären Gruppierungen wurde bis zum 1. Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Damit war es zur endgültigen Trennung zwischen dem revolutionären und reformistischen Flügel der Sozialdemokratie gekommen.

1919 bis 1933: Weimarer Republik

Nach der Revolution vom November 1918 bildete die SPD zusammen mit der USPD den Rat der Volksbeauftragten; sie stellte in der jungen Weimarer Republik von 1919 bis 1925 mit Friedrich Ebert den Reichspräsidenten und war bis 1920 in allen Reichsregierungen vertreten. Danach - insbesondere nach dem Linksruck infolge der Wiedervereinigung mit der Rest-USPD 1922 - beteiligte sich die SPD nur noch an wenigen Reichsregierungen, zuletzt 1928-1930 an der Großen Koalition unter Hermann Müller, während sie in Preußen mit Otto Braun von 1920 bis 1932 fast durchgehend den Ministerpräsidenten stellte.

Die SPD versuchte als "konstruktive Opposition" ihren Einfluss auf die Reichspolitik zu wahren, da sie fürchtete, durch häufige Regierungsbeteiligungen noch mehr enttäuschte Arbeiter-Wähler an die KPD zu verlieren. Ihre soziale Basis während der Weimarer Republik stellten vor allem die gewerkschaftlich organisierten Facharbeiter dar.

Während des Aufstiegs der NSDAP konnte die SPD zwar ihren Wählerstamm halten, den Stimmengewinnen der Nationalsozialsten, die zu einem Gutteil auch aus dem Nicht- und Jungwählerreservoir kamen, hatte sie allerdings wenig entgegenzusetzen. Aufgrund ihrer organisatorischen Verkrustung, der Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit mit der KPD, dem Rechtsruck und - mit Ausnahme des Zentrums - der Marginalisierung der bürgerlichen Parteien fand sie für den Widerstand gegen den heraufziehenden Nationalsozialismus auch keine Bündnispartner. Durch den "Preußenschlag" ihrer letzten Bastion beraubt, konnten ihre Nein-Stimmen bei der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz - die SPD-Fraktion stimmte als einzige gegen das Gesetz - nur noch symbolischen Widerstand darstellen. Am 17. Mai 1933 stimmte die SPD-Fraktion im Reichstag mit allen anderen Parteien für die außenpolitische Erklärung Hitlers. Am 7. Juli 1933 wurde die SPD verboten.

1933 bis 1949: Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg, Nachkriegszeit

Auch die Sozialdemokraten wurden während der Zeit des Dritten Reiches verfolgt. Viele Mitglieder, die sich nicht ins Exil flüchten konnten oder wollten, starben in Konzentrationslagern und Zuchthäusern. Die Exilorganisation SoPaDe wurde in Prag gegründet und verlegte ihren Sitz später nach Paris.

Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau der Partei mit der Gründung eines Zentralausschusses am 15. Juni 1945 in der Reichshauptstadt und örtlichen Initiativen in allen Landesteilen. Vorsitzender des Zentralausschusses war Otto Grotewohl, andere prominente Vertreter waren Gustav Dahrendorf, Erich W. Gniffke und Max Fechner. Kurt Schumacher arbeitete von Hannover aus gegen die Anerkennung des Zentralausschusses in Berlin als nationalem Sammelpunkt und strebte eine ausschließlich auf die Westzonen beschränkte SPD an; Kontakte mit Sozialdemokraten in der SBZ hatte sein Büro nicht. Auf der Wennigser Konferenz in Hannover vom 5. bis 8. Oktober 1945 setzte Schumacher durch, daß der Zentralausschuß nur für die Sowjetische Besatzungszone zuständig sein solle, und er als "Beauftragter für die Westzonen" eingesetzt wurde.

Die KPD, deren neue, aus Moskau heimgekehrte Führung zunächst scharf gegen die spontanen Intiativen zur Bildung einer einheitlichen Arbeiterpartei vorgegangen war, änderte gegen Ende 1945 ihre Haltung und drängte die SPD zu einer Vereinigung der beiden Parteien, was durch Repressalien seitens der sowjetischen Besatzungsmacht bestärkt wurde. Otto Grotewohls Bemühen um einen Reichsparteitag der SPD, der über dies Ansinnen einer Vereinigung beraten und entscheiden sollte, wurde von Schumacher entschieden zurückgewiesen. Die Wiedererichtung der Partei im nationalen Rahmen sei erst möglich, nachdem eine gesamtdeutsche Regierung gebildet worden sei, so Schumacher. Stattdessen forderte er den Zentralausschuß auf, die SPD in der Sowjetischen Besatzungszone aufzulösen, und eine separate SPD in den Westsektoren von Berlin zu bilden. Ersteres erreichte er nicht, letzteres organisierte er dann selber zusammen mit einigen Kreisvorsitzenden aus den Westsektoren.

Am 21. April 1946 traten dann Delegierte der SPD aus der SBZ und Delegierte der KPD aus ganz Deutschland zu einem Vereinigungsparteitag zusammen und gründeten die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands), die allerdings gemäß den Anordnungen der Besatzungsmächte in den Westzonen nicht unter ihrem Namen, sondern als KPD auftreten mußte. Wenige Wochen danach, vom 9. bis 11.5.1945, trat auf Einladung Schumachers in Hannnover ein Parteitag der SPD zusammen, der eine auf die Westzonen beschränkte Partei gründete, lange bevor zonenübergreifende staatliche Organe entstanden waren.

Im Zuge der Umwandlung der SED in eine "Partei neuen Typs", bei der die nicht im Statut des SED vorgesehenen "Parteikonferenzen" eine entscheidende Rolle spielten, wurden die Sozialdemokraten innerhalb der SED immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Viele fielen den von Josef W. Stalin angeordneten Säuberungen zu Opfer. Beim Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 sollen jedoch alte Sozialdemokraten eine führende Rolle gespielt haben.

1949 bis 1990: Opposition im Bundestag, Bundeskanzler Brandt, Deutsche Einheit

Bei den ersten Bundestagswahlen 1949 in der westdeutschen Bundesrepublik Deutschland lag die SPD unter Führung Kurt Schumachers nur knapp hinter der CDU/CSU unter der Führung Konrad Adenauers, ging jedoch als Konsequenz aus diesem Ergebnis in die Opposition.

In Westdeutschland stand die SPD der von der Bundesregierung entworfenen sozialen Marktwirtschaft zunächst äußerst kritisch gegenüber und forderte die Verstaatlichung aller Grundstoffindustrien. Im Gegensatz zu Adenauers Politik der Westbindung stellte die SPD das Ziel der Wiedervereinigung über eine zu enge Anlehnung an die USA und Westeuropa. SPD-Konzeptionen zur Deutschlandpolitik aus dieser Zeit halten eine politische Neutralität Deutschlands für möglich und sprechen sich strikt gegen eine Wiederbewaffnung des Landes aus.

Nach für die Sozialdemokraten enttäuschenden Wahlergebnissen bei den Bundestagswahlen 1953 und 1957, bei welchen Erich Ollenhauer beide Male als Kanzlerkandidat Bundeskanzler Adenauer unterlag, deutete sich ein Politikwechsel an. Die SPD akzeptierte und befürwortete schließlich die Westbindung. Das Godesberger Programm von 1959 markierte auch programmatisch den praktisch längst vollzogenen Wandel von einer marxistischen Arbeiterpartei zur Volkspartei.

Diese Öffnung wirkte sich bei den Bundestagswahlen 1961 und 1965 positiv auf die Ergebnisse aus, wobei es sich auch positiv auswirkte, dass mit Berlins Regierendem Bürgermeister Willy Brandt ein neuer Kanzlerkandidat aufgestellt wurde.

Im Rahmen der großen Koalition von 1966-1969 stellte die SPD erstmals in der Nachkriegszeit Regierungsmitglieder, sie war unter Bundeskanzler Kiesinger Juniorpartner mit Willy Brandt als Außenminister. Mit aufgrund einer fehlenden beziehungsweise nur der aüßerst schwachen FDP-Opposition im Bundestag, entwickelte sich die zunehmend sozialistisch-revolutionär gesinnte außerparlamentarische Opposition der Studentenbewegung (auch 68er-Bewegung und APO genannt), die organisatorisch vor allem vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) getragen wurde. Vor allem in den Jahren 1967 und 1968 kam es im Zuge der studentischen Proteste unter anderem gegen die geplante Notstandsgesetzgebung zu massiven Demonstrationen und teilweise auch militanten Krawallen gegen die Regierung der großen Koalition.

Auf Grund des Ergebnisses der Bundestagswahl 1969 war die SPD zum ersten mal soweit, dass sie den Bundeskanzler stellen konnte. Willy Brandt bildete unter dem Motto "Mehr Demokratie wagen" eine sozialliberale Koalition mit der FDP und wurde daraufhin zum Bundeskanzler gewählt. Unter Willy Brandt und, nach dessen Rücktritt 1974 in Folge der Guillaume-Affäre, unter Helmut Schmidt folgte im Rahmen der Ostverträge eine Entspannungspolitik mit den Staaten des Warschauer Paktes sowie ein umfangreiches Reformprogramm in der Rechtspolitik, der Bildungspolitik und der Familienpolitik.

Der Versuch der Opposition, Willy Brandt 1972 durch ein konstruktives Misstrauensvotum zu stürzen, misslang. Bei den darauf folgenden Neuwahlen errang die SPD den größten Erfolg ihrer Geschichte und wurde erstmals stärkste Bundestagsfraktion.

Auf Grund der Guillaume-Affäre, in der der enge Brandt-Mitarbeiter Günther Guillaume als DDR-Spion im Kanzleramt enttarnt wurde, trat Willy Brandt 1974 als Kanzler zugunsten Helmut Schmidts zurück, blieb aber Parteivorsitzender.

Schmidt setzte sich bei den Bundestagswahlen 1976 gegen Helmut Kohl und 1980 gegen Franz-Josef Strauß durch.

Aufgrund einer wirtschaftlichen Krise in der Bundesrepublik, steigenden Arbeitslosenzahlen und weil Helmut Schmidt seine eigene Fraktion nicht mehr geschlossen hinter sich bringen konnte (zum Beispiel beim NATO-Doppelbeschluss), kündigte die FDP jedoch 1982 die Koalition auf.

Mit Hilfe eines konstruktiven Misstrauensvotums wählten große Teile der FDP zusammen mit der CDU/CSU Helmut Kohl zum neuen Bundeskanzler.

Die folgenden Jahre verbrachte die SPD in innerer Zerstrittenheit und dem Versuch, sich inhaltlich an die neue Zeit anzupassen.

Bei den Bundestagswahlen 1983 und 1987 unterlagen ihre Kanzlerkandidaten Hans-Jochen Vogel und Johannes Rau gegen Helmut Kohl.

Am 7. Oktober 1989 wurde in Schwante bei Berlin eine Sozialdemokratische Partei der DDR (SDP) gegründet, die am Vereinigungsparteitag am 26./27. September 1990, also noch vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, in der SPD aufging. So konnte sich die SPD leichter im Osten etablieren. Zu den Gründungsmitgliedern der SDP gehörten Angelika Barbe, Martin Gutzeit, Markus Meckel, Stephan Hilsberg und Ibrahim Böhme. Bei den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 erhielt sie entgegen den Prognosen jedoch nur 21,7 Prozent der Stimmen.

1990 bis heute: Erste gesamtdeutsche Wahl, Rot-grün

Auf Grund ihrer uneinheitlichen Linie in Bezug auf die deutsche Einheit unterlag Oskar Lafontaine bei der Bundestagswahl 1990 deutlich. Insbesondere Lafontaines skeptische wirtschaftliche Prognosen und Einschätzungen zur Notwendigkeit von Steuererhöhungen fanden beim Wähler keinen Anklang, obwohl sich selbige nach der Wahl als richtig erweisen sollten.

Auch 1994 schaffte es Kanzlerkandidat Rudolf Scharping trotz deutlicher Stimmengewinne nicht, Helmut Kohl abzulösen.

Erst bei der Bundestagswahl 1998 gelang der SPD mit dem Ministerpräsident Niedersachsens, Gerhard Schröder, als Kanzlerkandidat die Rückkehr an die Regierung, diesmal in einer Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen.

Bei der Bundestagswahl 2002 konnte sich Bundeskanzler Schröder gegen Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) durchsetzen. Die Koalition gewann mit nur noch 1,2 Prozentpunkten Vorsprung gegenüber der Union und der FDP, die SPD stellt auf Grund von Überhangmandaten knapp die stärkste Bundestagsfraktion.

Nach einer Reihe von massiven Niederlagen bei Landtagswahlen erhielt die SPD bei der Europawahl am 13. Juni 2004 mit 21,5 Prozent das niedrigste Ergebnis in einer bundesweiten Wahl seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Viele Stammwähler fühlten sich durch die Politik der "Agenda 2010" verprellt und blieben der Wahl fern, während viele andere den Kurs der SPD als richtungslos und die Partei als zerstritten wahrnahmen. Da SPD und Grüne zusammen nur noch 33,4 Prozent erreichten, sprechen viele Beobachter bereits vom Anfang vom Ende der Regierung Schröder.

Personen

Die Vorsitzenden der SPD

1892 bis 1911 August Bebel / Paul Singer
1911 bis 1913 August Bebel / Hugo Haase
1913 bis 1916 Friedrich Ebert / Hugo Haase
1916 bis 1917 Friedrich Ebert
1917 bis 1919 Friedrich Ebert / Philipp Scheidemann
1919 bis 1922 Hermann Müller / Otto Wels
1922 bis 1928 Arthur Crispien / Hermann Müller / Otto Wels
1928 bis 1931 Arthur Crispien / Otto Wels
1931 bis 1933 Arthur Crispien / Otto Wels / Hans Vogel
1933 bis 1939 Hans Vogel / Otto Wels Exilvorsitzende
1939 bis 1945 Hans Vogel Exilvorsitzender
1946 bis 1952 Kurt Schumacher
1952 bis 1963 Erich Ollenhauer
1963 bis 1987 Willy Brandt
1987 bis 1991 Hans-Jochen Vogel
1991 bis 1993 Björn Engholm
1993 Johannes Rau kommissarisch
1993 bis 1995 Rudolf Scharping
1995 bis 1999 Oskar Lafontaine
1999 bis 2004 Gerhard Schröder
seit 2004 Franz Müntefering

Die Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion

1949 bis 1952 Kurt Schumacher
1952 bis 1963 Erich Ollenhauer
1963 bis 1967 Fritz Erler
1967 bis 1969 Helmut Schmidt
1969 bis 1983 Herbert Wehner
1983 bis 1991 Hans-Jochen Vogel
1991 bis 1994 Hans-Ulrich Klose
1994 bis 1998 Rudolf Scharping
1998 bis 2002 Peter Struck
2002 Ludwig Stiegler
seit 2002 Franz Müntefering

Die Bundeskanzlerkandidaten der SPD

1949 Kurt Schumacher
1953 Erich Ollenhauer
1957 Erich Ollenhauer
1961 Regierender Bürgermeister Willy Brandt
1965 Regierender Bürgermeister Willy Brandt
1969 Bundesaußenminister Willy Brandt
1972 Bundeskanzler Willy Brandt
1976 Bundeskanzler Helmut Schmidt
1980 Bundeskanzler Helmut Schmidt
1983 Bundesminister a.D.Hans-Jochen Vogel
1987 Ministerpräsident Johannes Rau
1990 Ministerpräsident Oskar Lafontaine
1994 Ministerpräsident Rudolf Scharping
1998 Ministerpräsident Gerhard Schröder
2002 Bundeskanzler Gerhard Schröder

Die SPD-Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten

1949 Kurt Schumacher
1954 Unterstützung von Prof Dr. Theodor Heuss (FDP)
1959 Prof. Dr. Carlo Schmid
1965 Unterstützung von Heinrich Lübke (CDU)
1969 Dr. Gustav Heinemann
1974 Unterstützung von Walter Scheel (FDP)
1979 Annemarie Renger
1984 Unterstützung von Dr. Richard von Weizsäcker (CDU)
1989 Unterstützung von Dr. Richard von Weizsäcker (CDU)
1994 Johannes Rau
1999 Johannes Rau
2004 Prof. Dr. Gesine Schwan

Aktuelle Regierungsmitglieder der SPD

EU-Kommissar der SPD

  • Günter Verheugen, Vizepräsident der EU-Kommission und Kommissar für Industrie und Unternehmen (seit 2004), zuvor Erweiterungskommissar (1999-2004)

Weitere prominente Sozialdemokraten der Gegenwart

Weitere prominente Sozialdemokraten der Vergangenheit


Siehe auch: Bekannte Mitglieder der SPD, Politische Parteien in Deutschland

Literatur