Schaffermahlzeit
Das Bremer Schaffermahl ist das älteste, alljährliche Mahl der Welt und diese Tradition besteht fort als Bewahrerin alter Überlieferung und als Verbindung zwischen Schifffahrt und den Kaufleuten, „damit sie zu ewigen Tagen fest und unverbrüchlich gehalten werde", wie es der Rat der Hansestadt Bremen schon 1545 formulierte.
Ausgerichtet wird es von 6 Kapitänsschaffern und drei neuen Kaufmännischen Mitgliedern, die vom Haus Seefahrt auf der Generalversammlung 2 Jahre vorher gewählt werden. Diese drei kaufmännischen Schaffer bezahlen dabei auch die Feier haben aber dann das Recht zu allen folgenden Veranstaltungen einen Gast einzuladen. An der Feier nehmen 100 Kaufmännische und 100 Seemännische Mitglieder teil, die schaffen oder geschafft haben. Dazu kommen etwa 100 auswärtige Gäste aus Wirtschaft, Kultur, Politik und Verwaltung.
Geschichte
Ursprünglich war das Schaffermahl ein Abschiedsmahl, das Kaufleute und Reeder alljährlich am Ende des Winters ihren auf Fahrt gehenden Kapitänen gaben.
1545 beschloss man sich, Schiffer und Kaufmann, alljährlich zur Abrechnung und zum Brudermahl zu treffen. Schaffermahlzeit wurde dieses Essen dann ab ungefähr 1660 genannt. Dabei hat die Bezeichnung nichts mit "schaffen" zu tun sondern beruht auf dem Eröffnungssatz der vor dem Saal vom Zeremonienmeister ausgerufen wird "Schaffen, schaffen unnen un boven - unnen un boven schaffen" (Essen fassen, auf Deck, unter Deck, Essen fassen). So riefen die Bremer Schiffsköche einst die Besatzungen zu Tisch. Schaffer sind Mitglieder der Stiftung zur Unterstützung alter und armer Schiffer. Diese Mahlzeit, jeweils am 2. Freitag des Februars, galt früher gleichzeitig als Auftakt für das Auslaufen der im Winter durch Sturm und Eis festgehaltenen Schiffe.
Anfangs war das Schafferamt mit dem eines Schatzmeisters verbunden. Doch später wurden alljährlich zwei, ab 1855 drei neue kaufmännische Mitglieder gewählt, die die Verpflichtung übernahmen, nach zwei Jahren die Schaffermahlzeit auf eigene Kosten zu besorgen. Erst vier, dann sechs Kapitäne standen ihnen als Mitschaffer zur Seite. Schaffen zu dürfen, gilt noch immer als hohe, ehrenvolle Auszeichnung in der Hansestadt Bremen.
Die Schafferfeste dauerten in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts mehrere Tage und waren sehr reichhaltig. Es gab im Januar einen Tag für die Schmeckebiermahlzeit, dann folgte im Februar der Tag für die Abrechnung, verbunden mit dem großen Essen, darauf folgte der Tag für die Frauen und Töchter und deren Freundinnen und schließlich die Danksagemahlzeit. In der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts verfügte Bürgermeister Mindemann, die Festessen auf nur eines zu reduzieren.
Die Schaffermahlzeit konnte allerdings nicht ohne Unterbrechung gefeiert werden. Zum ersten Mal musste 1807 das Fest als Folge der wirtschaftlichen Depression durch Napoleons I. Kontinentalsperre ausfallen. Größere Pausen folgten am Anfang des 19. Jahrhunderts. Doch dann ist das traditionelle Essen bis 1914 nur noch einmal unterbrochen worden. Die beiden Weltkriege ließen dann allerdings eine Feier nicht zu. Erst ab 1952 wird wieder zur Schaffermahlzeit geladen.
Das "Mahl"
Aus dem ursprünglichen einfachen Stockfisch-Essen wurde im Lauf der Zeit ein feierliches fünfstündiges Mahl mit festgelegter traditioneller Speisenfolge: Bremer Hühnersuppe, Stockfisch, Grünkohl und Pinkel mit Maronen, Kalbsbraten mit gedämpften Äpfeln, Katharinenpflaumen und Selleriesalat, Rigaer Butt, Zunge, Wurst, Chester-Käse und Sardellen, Früchte und Kaffee. Die Teilnehmer benutzen für alle Gänge eine einzige Garnitur Besteck, die zwischen den Speisen an Löschpapier abgewischt wird.
Wenn die Schiffsglocke „Sechs Glas" (15 Uhr) verkündet, begeben sich die Mitglieder der Stiftung Arme Seefahrt, die Schaffer und Oberalten mit ihren Gästen zum Mahl der Schiffer und Kaufleute, das ursprünglich im Haus Seefahrt, jetzt in der oberen Rathaushalle serviert wird. Die feierliche fünfstündige Mahlzeit hat eine traditionell festgelegte Speisenfolge. Die sechs Gänge werden von zwölf Reden unterbrochen, von denen eine von einem Ehrengast aus Politik, Wirtschaft oder Kultur, der nur einmal im Leben eingeladen werden darf, gehalten wird. Zum Abschluss jeder Mahlzeit trinkt man Mokka und raucht aus langrohrigen Tonpfeifen.
Im Anschluss an die Schaffermahlzeit findet ein Ball statt.
Brauchtum
Getränke und Tabak
Während des Schaffermahls wird ein spezielles Starkbier gereicht, das von der Haake-Beck-Brauerei extra für die Schaffermahlzeit gebraut wird. Der Wein zum Essen wird von den Schaffern in einer Weinprobe bestimmt. Je ein roter Bordeaux, ein weißer Rhein- und ein Moselwein werden dabei als "Schafferwein" ausgesucht. Bei den Bremer Wein- und Tabakhändlern gilt es als Ehre und verkaufsfördernde Auszeichnung, die Schaffermahlzeit beliefern zu dürfen.
Ball
Der Ball im Anschluss an die Schaffermahlzeit wurde traditionell von den Gästen genutzt, um ihre Söhne und Töchter "in die Gesellschaft einzuführen". Auch heute wird der Ball von den "Debütanten" mit einer Polonaise und einem darauf folgenden Wiener Walzer eröffnet.
Spenden
Von den Gästen wird gewünscht, dass sie Geld für das Haus Seefahrt spenden, wobei dieser Vorgang sehr formlos gehandhabt wird, akzeptiert wird z. B. auch, wenn der Spendenbetrag auf eine Serviette geschrieben wird.
Teilnehmer
Nicht-Kapitäne werden zum Mitglied im Haus Seefahrt benannt, es kann sich dabei nicht um eine Mitgliedschaft beworben werden. Dabei müssen diese Bremer sein und in Bremen ein Geschäft besitzen. Zwei Mal dürfen diese dann als Gast am Schaffermahl teilnehmen, beim dritten Mal müssen sie dann die Feier ausrichten und bezahlen.
Kapitäne müssen sich beim Haus Seefahrt bewerben. Allerdings gibt es für sie eine Warteliste, die durch ausscheiden eines anderen Kapitäns abgearbeitet wird.
Die Leitung und die Eröffnung des Schaffersmahl obliegt dem Zeremonienmeister.
Gäste
Früher war die Teilnahme ausschließlich auf die Mitglieder des Haus Seefahrt beschränkt. Erst 1870 wurde diese „Vorschrift zur Person“ aufgehoben. Männliche Persönlichkeiten aus Industrie, Handel und Bankwesen sowie Kaufleute und Kapitäne fremder Flaggen durften von da an eingeladen werden. Dabei lädt das Haus Seefahrt ganz pragmatisch nur solche Ehrengäste ein, von denen es sich einen Nutzen für die Schifffahrt oder den Wirtschaftsstandort Bremen verspricht.
Am heutigen Schaffermahl nehmen Kapitäne, Reeder, Kaufleute und ihre Ehrengäste aus Politik und Wirtschaft teil. Üblicherweise wird kein Ehrengast im gleichen Amt zweimal geladen - nur Theodor Heuss (1952 und 1955) gelang das "Kunststück" auf Einladung von Bürgermeister Wilhelm Kaisen zweimal als Bundespräsident teilzunehmen. Für Bundespräsidenten gibt es nur eine Ausnahme Regelung, wenn diese zuvor in einem anderen Amt am Schaffermahl teilnahmen, so nahm Roman Herzog zum einen als Präsident des Bundesverfassungsgericht und 1999 als Bundespräsident teil und Walter Scheel 1964 als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und 1975 als Bundespräsident zwei mal Regel gerecht teil. Im Jahr 2004 wurde zum ersten mal eine Kapitänin zu dem Mahl eingeladen. Sie war die erste Frau, die am Schaffermahl teilnahm. Am Schaffermahl 2007 nahm das erste Mal ein weibliche Ehrengast, Angela Merkel, am Schaffermahl teil.
Wichtige Ehrengäste
- 1954: Konrad Adenauer
- 1967: Herbert Wehner
- 1970: Gustav Heinemann
- 1984: Helmut Kohl
- 1993: EG-Gesundheitsminister Martin Bangemann
- 1998: US-Botschafter John Kornblum und Otto Rehhagel
- 2001: Edmund Stoiber
- 2002: Sigmar Gabriel
- 2003: Botschafter der Republik Frankreich in Berlin: Claude Martin
- 2004: Johannes Rau, Hans Eichel
- 2005: Georg Milbradt
- 2006: Günter Verheugen, Peter Müller, Theo Zwanziger
- 2007: Angela Merkel, Jan Fedder, Günter Grass