Jugendherberge

Der Begriff Jugendherberge beschreibt umgangssprachlich eine vergleichsweise preisgünstige, eher einfache Unterkunft, im engeren Sinne bezeichnet er in Deutschland eine Herberge des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH). International ist die englische Bezeichnung Hostel (Herberge) üblich, die in Deutschland auch zur Abgrenzung vom DJH verwendet wird.
In Deutschland ist die Bezeichnung Jugendherberge als Marke des Deutschen Jugendherbergswerks geschützt. Kommerziell betriebene Unterkünfte, die sich an Rucksackreisende wenden, bezeichnen sich daher auch in Deutschland meist als Hostel, Backpacker Hostel oder einfach Backpacker.
Jugendherbergen in Deutschland
Entstehung

Entstanden sind Jugendherbergen ab Anfang des 20. Jahrhunderts im Zuge der Jugendbewegung als Unterkünfte für junge Menschen, Jugendgruppen und Schulklassen. Im Jahre 1909 wurde in der heutigen Richard-Schirrmann-Schule in Altena durch Richard Schirrmann, einen damaligen Lehrer der Schule, die erste Jugendherberge der Welt eingerichtet. Dieses Provisorium wurde 1912 durch eine Jugendherberge auf der Burg Altena oberhalb der Stadt ersetzt, die heute als Teil des Museums der Burg Altena im Original zu besichtigen ist. Daneben besteht auch heute auf der Burg Altena eine Jugendherberge. 1911 gab es dann schon 17 Jugendherbergen, 1921 etwa 1.300 und 1928 rund 2.200 Jugendherbergen. Jugendherbergen hatten häufig große Schlafsäle und nur wenige kleinere Zimmer für die Betreuer.
Mit der reisenden Jugend überschritt die Idee rasch die nationalen Grenzen Deutschlands: Überall auf der Welt entstanden "Youth Hostels", die heute unter dem Dach des Weltverbandes Hostelling International mit 90 nationalen Verbände aus 80 Ländern und über 4.000 Jugendherbergen global zusammengefasst sind. Ideelle Zielsetzung ist unverändert seit fast einem Jahrhundert neben der Förderung des Jugendreisens auch das gemeinsame Eintreten für Frieden und Völkerverständigung auf empirischer Basis des interkulturellen Austausches und des Gewinnens eigener Erfahrungen im Rahmen des Emanzipationsprozesses junger Menschen.
Nutzergruppen/Altersgrenzen

Auch heute werden Jugendherbergen noch häufig für Gruppenreisen von Jugendlichen wie zum Beispiel Klassenfahrten in Anspruch genommen. Es gibt aber zunehmend auch ältere Gäste, viele Eltern bzw. Alleinerziehende mit Kindern, auch Senioren. In größeren Städten nehmen auch Geschäftsleute wie beispielsweise Messebesucher das Angebot der Jugendherbergen in Anspruch. Gründe dafür sind die günstigen Übernachtungspreise im Vergleich zum Hotel, aber auch der nähere Kontakt zu anderen Gästen und ein geselliger Umgang unter den Gästen. In den meisten Jugendherbergen gibt es daher heute auch kleinere so genannte "Familienzimmer", einige Jugendherbergen haben die großen Schlafräume ganz abgeschafft. Viele Jugendherbergen stellen sich auch sonst auf ein gemischtes Publikum ein.
Seit dem Jahr 2005 dürfen auch in Bayern ältere Alleinreisende ab 27 Jahren in Jugendherbergen übernachten. Allerdings werden Jugendliche sowie Jugend- und Schülergruppen weiterhin vorrangig berücksichtigt. Der bayerische Landesverband des DJH begründet dies mit der Zweckbindung von Investitionszuschüssen der bayerischen Staatsregierung an den Landesverband. Zudem sei eine „direkte Konkurrenz zum kommerziellen Beherbergungsgewerbe ... aufgrund der direkten und indirekten Subventionen nicht zu vertreten“.
Ausstattung
Jugendherbergen besitzen immer Gemeinschaftseinrichtungen wie Sporteinrichtungen, Aufenthaltsräume und ähnliches und werben manchmal mit besonderen Angeboten und Ausstattungen wie Tagungs- und Seminarräumen, einer besonderen Eignung für Familien oder speziellen Kursangeboten.
Insbesondere bei den Jugendherbergen im ländlichen Raum befinden sich ein großes Gelände mit Spielplatz, Sportmöglichkeiten (Bolzplatz, Tischtennis, Volleyballfeld etc.) und meist auch einem Grill- und Lagerfeuerplatz direkt am Haus, durch Kontakte mit örtlichen Vereinen ergeben sich üblicherweise auch Möglichkeiten, kommunale Sporteinrichtungen zu nutzen.
Ein besonderer Schwerpunkt bei Investitionen in die Gebäude wurde in den letzten Jahrzehnten im Bereich der Sanitärausstattung gesetzt, deshalb gibt es inzwischen in den meisten Jugendherbergen auch sehr gut ausgestattete Zimmer mit Dusche und WC.
Pädagogisches Angebot

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Jugendherbergen und kommerziellen Einrichtungen (wie z.B. Hotels, Hostels oder Campingplätzen) liegt in der pädagogischen Ausrichtung von Jugendherbergen als Partner der Jugendarbeit und der Schulen. Neben der mittelbaren Schiene, also dem Verfügbarmachen von Gemeinschaftseinrichtungen und -unterkünften, unterstützen die Jugendherbergen Lehrer und Jugendgruppenleiter auch unmittelbar mit Hilfe von Programmangeboten bei der Einübung sozialen Lernens in der Schulklasse bzw. Gruppe. Ferner gibt es in jeder Jugendherberge ein so genanntes "Leiterzimmer", in dem sich die Gruppenleiter und Lehrer treffen können, um gemeinsam Ideen und Konzepte auszutauschen.
An einigen Standorten werden außerdem fachliche Schwerpunkte der erlebnis- oder freizeitpädagogischen Jugendarbeit gesetzt in Form von einer Profilierung der Jugendherberge, z.B. Umwelt- oder Kulturstudienplätze, Gut-Drauf-Jugendherbergen, Graslöwen-Freizeit- oder -Klassenfahrt-Jugendherbergen. Auf diese Weise werden Jugendherbergen zu Spiel- und Entfaltungsräumen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Unterstützt wird die sozialpädagogische Arbeit der Jugendherbergen vor Ort auch durch Kooperationen mit lokalen Trägern der Jugendhilfe, der freien und verbandlichen Jugendarbeit und der Schulen sowie durch ehrenamtliche Helfer.
Organisation

In Deutschland sind über 550 Jugendherbergen im Deutschen Jugendherbergswerk (DJH), einem gemeinnützigen eingetragenen Verein, organisiert und arbeiten nach einheitlichen Qualitätsstandards. Dieser "Hauptverband" ist selbst nicht Eigentümer von Jugendherbergen, sondern sorgt für die ideelle Einheit, führt Zertifizierungsverfahren durch (z.B. für Studienplätze), organisiert den internationalen Austausch mit anderen Jugendherbergsverbänden, schult die Jugendherbergsmitarbeiter in Leitungsfunktionen und übernimmt zentrale Verwaltungsaufgaben für die ebenfalls gemeinnützigen Landesverbände.
Betreiber und meist auch Eigentümer der einzelnen Jugendherbergen sind die 14 Landesverbände des DJH, hinzu kommen eine Reihe freier Träger, oftmals Gemeinden, Städte oder Jugendverbände, die ihre Häuser nach den Bedingungen des DJH als Jugendherberge zur Verfügung stellen. Die Mitgliedschaft im Deutschen Jugendherbergswerk ist in Deutschland Voraussetzung für eine Übernachtung in einer Jugendherberge. Diese ist bei Anreise in einer Jugendherberge aber einfach zu bekommen.
Qualitätssteigerung

In den letzten Jahren gab es bei der Qualität der Jugendherberge einen enormen Aufstiegs-Trend zu beobachten. Viele Jugendherbergen, vor allem in Großstädten, wurden komplett renoviert oder neu gebaut und zeigen nun einen vorher für Jugendherbergen total unüblichen Komfort und Standard. Besonders in Rheinland-Pfalz und im Saarland entwickelte sich ein Großteil der Häuser in fast hotelartige Unterkünfte. Dieser Trend geht weiter - im Jahr 2006 werden insgesamt 13 komplett modernisierte oder neu gebaute Jugendherbergen ihre Türen öffnen.
Youth Hostels
Youth Hostel ist die englischsprachige Bezeichnung für Jugendherberge. Daher bezeichnet das Wort in englischsprachigen Ländern wie Neuseeland, Australien, Großbritannien oder Südafrika sowohl Herbergen des jeweiligen Jugendherbergsverbandes wie auch private (Jugend-) Herbergen. Heute hat sich der Begriff Hostel als Bezeichnung für Rucksacktouristen-Unterkünfte etabliert, in dem man kein Zimmer, sondern nur ein Bett bucht.
Hostels finden sich hauptsächlich in Metropolen, aber auch viele kleinere, touristisch attraktive Orte wie zum Beispiel Interlaken in der Schweiz oder Brügge in Belgien verfügen über eine ausgezeichnete Hostel-Infrastruktur. Sie richten sich vornehmlich an ein internationales Publikum, und gängige Verkehrssprache ist somit Englisch. Nach den Erfolgen im Ausland finden sie sich auch zunehmend in Deutschland und entwickeln sich als kommerzielle und gewinnorientierte Unternehmen nur an profitablen Standorten zu einer privatwirtschaftlichen Konkurrenz für Jugendherbergen des gemeinnützigen Deutschen Jugendherbergswerks und Hotels im preisgünstigen Marktsegment. Die qualitativ sehr einfache Unterbringung in meist Vier- bis Zehn-Bett-Zimmern (so genannten Dorms = englisch für Schlafsäle) ermöglicht es, günstige Preise auch im Zentrum von Städten und an touristischen Schwerpunkten anzubieten. Hinzu kommt ein Serviceangebot, das unter anderem Gemeinschaftsduschen, Küchen zur Selbstversorgung, Waschmaschinen und Informationen zu individueller Erkundung der jeweiligen Stadt oder Region umfasst und den Geldbeutel schont. Der zur Zeit höchste Standard ist erreicht, wenn es Dusche und Waschbecken auf den Zimmern gibt, wenn jedes Bett über einen lichtdichten Vorhang, einen Punktstrahler und ein Schließfach verfügt, jeder Einzelne im Zimmer über einen eigenen Schlüssel oder Magnetkarte verfügt und wenn Sammelfrühstück, Bettwäsche sowie Bettenmachen zum Service gehören. Auch der Internet-Zugang, im Idealfall als WLAN frei im Zimmer verfügbar, und die 24-Stunden-Rezeption setzen sich zunehmend durch. Mittlerweile haben sich in vielen Städten Deutschlands private Youth Hostels etabliert. Vor allem in Berlin und München können Backpacker unter einer Vielzahl von guten Youth Hostels wählen.
Während das Deutsche Jugendherbergswerk auch jugendliche Gruppenreisende als Zielgruppe sieht und das Ambiente dort eher klassisch ist, setzen die Hostels auf Individualreisende, meist im Alter bis zu 40 Jahren. Überdurchschnittlich ist die Anzahl der Studenten. Gerade amerikanische Studenten nutzen die Zeit vor Eintritt ins Berufsleben häufig zu einer Rundreise durch die europäischen Metropolen. Viele Gäste schätzen die Möglichkeit der Kontaktaufnahme auf den Zimmern und in den Gemeinschaftsräumen mit dem internationalen Publikum, während man in einem Hotel eher abgeschirmt wohnt. Manche Hostels haben sich zu regelrechten Orten für Kontaktaufnahme und Parties entwickelt und bieten auch ein Rahmenprogramm wie beispielsweise Disco oder Livemusik, zu dem bisweilen auch das heimische Publikum Zugang hat. Da in diesen Hostels auch die Nacht laut ist, raten diese dem Ruheliebenden oft von einer Buchung ab. Auch größere Reisegruppen, insbesondere Schulklassen, werden hier eher nicht so gern gesehen oder aber in getrennten Häusern untergebracht.
Es gibt einen Streit zwischen dem Jugendherbergswerk und den privaten Hostelbetreibern. Letzteren fehlt durch den Schutz der Marke „Jugendherberge“ die deutsche Bezeichnung für ein Hostel. Der Streit relativiert sich aber inzwischen durch die unterschiedlichen Zielgruppen und die Verbreitung des Begriffes „Hostel“ auch in Deutschland.
Entstehung
Die Anfänge der modernen "Backpacker Hostels" gehen zurück auf die 60er Jahre mit der Hippie-Bewegung und deren Trips durch die Welt. So entstanden vor allem in Asien und Australien die ersten Herbergen, bewohnt von Aussteigern aus den westlichen Industrienationen gemeinsam mit Extrem-Bergsteigern (Afghanistan, Tibet) und anderen abenteuerorientierten Reisenden. Ihnen folgten bald breitere Ströme von abenteuerlustigen und kulturell interessierten Weltenbummlern.
Mit den Reisenden kam die Idee bald zurück nach Europa. Seit den 1970er Jahren eröffneten die ersten privaten Hostels vor allem in Großbritannien, in Frankreich und den Niederlanden. Nach dem Mauerfall wurde auch Deutschland zunehmend attraktiv. So eröffneten zu Anfang der 1990er Jahre die ersten deutschen Häuser.
Die Marke „Jugendherberge“
Der Schutz des Begriffs „Jugendherberge“ als Wortmarke des Deutsche Jugendherbergswerks (DJH) ist umstritten. Das DJH hat die Marke im Jahr 1998 eintragen lassen und bisher erfolgreich verteidigt.
So hat das Oberlandesgericht München im April 2005 einem Unterlassungs-Anspruch des DJH gegen einen Münchener Hostelier Recht gegeben. Dieser hatte Werbung im Internet mit dem Wort „Jugendherberge“ betrieben. Die Richter waren der Auffassung, dieses Verhalten sei nach dem Markenrecht sittenwidrig, irreführend und fange Kunden ab (AZ. 29 U 5753/04).
Zur Zeit läuft jedoch die Klage eines privaten Hostel-Betreibers mit dem Ziel, die Marke löschen zu lassen.
Das DJH beruft sich darauf, die Bezeichnung in die deutsche Sprache eingeführt zu haben und den Begriff nur für die eigenen Unterkünfte verwenden zu wollen, die hohen Qualitätsanforderungen entsprechen. Der Kläger ist der Meinung, dass der Begriff ein allgemein beschreibender Teil der deutschen Sprache geworden ist. Insbesondere ergebe die Suche im Wörterbuch für den englischen Begriff „youth hostel“ stets die Übersetzung „Jugendherberge“, so dass private Anbieter benachteiligt seien.
Siehe auch
Camping, Fremdenverkehr, Gastgeberdienst, Pension, Rucksacktourismus
Weblinks
Jugendherbergsverbände
- Internetauftritt des DJH mit Übersicht über Jugendherbergen in Deutschland
- Jugendherbergen in Österreich - Österreichischer Jugendherbergsverband
- Schweizer Jugendherbergen
- Stayokay hostels - Jugendherbergen in den Niederlanden
- Internationaler Jugendherbergsverband
Private Hostelverbände
- gomio.com. Hostels in Europa.
- Backpacker Network Germany - das deutsche Hostel-Netzwerk für unabhängige Hostels in Deutschland
- Swiss Backpackers - Unabhängige Backpacker Hostels in der Schweiz
Zur Marke "Jugendherberge"
- http://www.jugendherberge.de/lvb/bayern/downloads/Alleinstellung210704.pdf
- http://www.muepe.de/index.php?itemid=423
- Heute-Online Artikel: Kampf um die Billig-Betten - Private Hostels kratzen am Umsatz von Jugendherbergen