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Gewinn- und Verlustrechnung

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Die Gewinn- und Verlustrechnung (auch Gewinn-und-Verlust-Rechnung, abgekürzt jeweils GuV oder GVR) ist neben der Bilanz ein wesentlicher Teil des Jahresabschlusses, also der externen Rechnungslegung eines Unternehmens. Sie stellt Erträge und Aufwendungen eines bestimmten Zeitraumes, insbesondere eines Geschäftsjahres, dar und weist dadurch Art, die Höhe und die Quellen des unternehmerischen Erfolges aus. Überwiegen die Erträge, ist der Erfolg ein Gewinn, andernfalls ein Verlust.

Die GuV wird nach den gesetzlichen Vorgaben des Handelsgesetzbuches und der Steuergesetze sowie nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS, US-GAAP) aufgestellt. Unabhängig von der gesetzlich vorgeschriebenen GuV ist die Erfolgsermittlung des internen Rechnungswesens (Kosten- und Leistungsrechnung) zu sehen, die den Gewinn oder Verlust anhand betriebswirtschaftlicher Kennzahlen erarbeitet.

Erfolgsermittlung in GuV und Bilanz

In der GuV wird der Erfolg durch eine Zeitraumrechnung ermittelt; sie berücksichtigt alle erfolgsrelevanten Daten einer Rechnungsperiode. Aus der Zeitpunktrechnung der Bilanz lässt sich der Periodenerfolg ebenfalls ablesen, indem der Stand des Vermögens an zwei aufeinanderfolgenden Stichtagen verglichen wird (Vermögensvergleich). Während im HGB-Jahresabschluss die Gewinngrößen in Bilanz und GuV üblicherweise gleich sind, unterscheiden sie sich in der internationalen Rechnungslegung. Hier hat die GuV als Instrument zur Darstellung der Ertragslage eine größere Bedeutung.

Gesamt- und Umsatzkostenverfahren

Die Gewinn- und Verlustrechnung kann nach zwei Methoden aufgestellt werden, dem

  • Gesamtkostenverfahren (GKV), § 275 Abs. 2 HGB, oder dem
  • Umsatzkostenverfahren (UKV), § 275 Abs. 3 HGB.

Während sich das Gesamtkostenverfahren an der Finanzbuchhaltung orientiert, ist das Umsatzkostenverfahren am Controlling ausgerichtet und setzt eine Kostenstellenrechnung voraus. Der wesentliche Unterschied besteht in der Behandlung der Lagerbestände und der Eigenleistungen.

Nach HGB und IFRS sind grundsätzlich beide Methoden anwendbar. US-GAAP schreibt dagegen zwingend das Umsatzkostenverfahren vor.

Unterschiede in der Berechnung

Das Gesamtkostenverfahren geht von den gesamten Aufwendungen aus, die in der betrachteten Rechnungsperiode bei der betrieblichen Leistungserstellung entstanden sind. Ihnen werden sämtliche erzielten Erträge gegenübergestellt. Da Aufwand und Ertrag bei der Herstellung wirtschaftlicher Güter nicht zwangsläufig in die gleiche Periode fallen (das heißt die Güter werden nicht unbedingt in der gleichen Periode verkauft, in der sie hergestellt worden sind), müssen bei diesem Verfahren die Bestandsveränderungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen (Lagerbestände) herausgerechnet werden, um vergleichbare Größen für die Ermittlung des Betriebsergebnisses zu erhalten. Das gleiche gilt für die Eigenleistungen, also Leistungen, die nicht verkauft, sondern im eigenen Betrieb verbraucht werden.

Beim Umsatzkostenverfahren wird dagegen von den gesamten Umsatzerlösen einer Periode ausgegangen. Ihnen werden nur die Aufwendungen gegenübergestellt, die für die tatsächlich verkauften Produkte angefallen sind (Umsatzaufwendungen).

Unterschiede in der Gliederung

Während beim Gesamtkostenverfahren die Aufwendungen nach Aufwandsarten (Materialkosten, Personalkosten, Abschreibungen) gegliedert werden, geschieht dies beim Umsatzkostenverfahren nach Funktionsbereichen (z.B. Vertrieb, Verwaltung). Für eine kurzfristige Erfolgsrechnung ist die Funktionsgliederung aussagefähiger. Das Betriebsergebnis für einzelne Produkte oder Produktgruppen lässt sich so einfacher ermitteln. Die Aufgliederung nach Aufwandsarten ist hier jedoch nur nach Umrechnung möglich.

Wenn die Bewertung der Bestände nach den gleichen Kriterien erfolgt, führt die Berechnung des Jahresüberschusses bei beiden Verfahren zum gleichen Ergebnis.

Gliederung nach HGB

Die Gewinn- und Verlustrechnung kann in Konto- oder in Staffelform aufgebaut sein. Für Kapitalgesellschaften ist in § 275 HGB die Staffelform vorgeschrieben; die GuV muss die unten aufgeführten nummerierten Positionen enthalten (Unterpunkte sind hier nicht aufgenommen). Hierbei handelt es sich um die Mindestgliederung. Eine tiefere Untergliederung ist zulässig, wenn sie die Klarheit und Übersichtlichkeit nicht beeinträchtigt; weitere Posten können aufgenommen werden, wenn sie nicht von den Pflichtposten abbgedeckt werden.

Eine Saldierung, also die Verrechnung der Erträge und Aufwendungen im Vorwege, sodaß sie nicht mehr als Positionen in der GuV auftauchen, ist grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen bestehen für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften: Diese dürfen, um sich vor Konkurrenzeinblick zu schützen, die Positionen 1. bis 5. (GKV) beziehungsweise 1. bis 3. und 6. (UKV) unter der Bezeichnung Rohergebnis zusammenfassen.

Aktiengesellschaften haben nach dem Posten "Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag" Veränderungen der Kapital- und Gewinnrücklagen zu ergänzen (§ 158 AktG). Diese Angaben können auch im Anhang gemacht werden.

Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB
Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren
1. Umsatzerlöse 1. Umsatzerlöse
2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen 2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen
3. andere aktivierte Eigenleistungen
4. sonstige betriebliche Erträge (aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit, soweit anderen Positionen nicht zuzuordnen) 3. Bruttoergebnis vom Umsatz
5. Materialaufwand (Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe, bezogene Waren und Leistungen) 4. Vertriebskosten
6. Personalaufwand (Löhne und Gehälter, Sozialabgaben, Altersvorsorge und Unterstützung) 5. allgemeine Verwaltungskosten
7. Abschreibungen (Anlagevermögen (außer Finanzanlagen), unübliche Abschreibungen auf Umlaufvermögen) 6. sonstige betriebliche Erträge
8. sonstige betrieblichen Aufwendungen (aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit, soweit anderen Positionen nicht zuzuordnen) 7. sonstige betrieblichen Aufwendungen (nur Aufwendungen, die nicht den Herstellungs-, Verwaltungs- oder Vertriebskosten zugeordnet werden können)
= (Betriebsergebnis) = (Betriebsergebnis)
9. Erträge aus Beteiligungen (nur laufende Erträge) 8. Erträge aus Beteiligungen (nur laufende Erträge)
10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens 9. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens
11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 10. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge
12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und übliche Abschreibungen auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 11. Abschreibungen auf Finanzanlagen und Abschreibungen auf alle Wertpapiere des Umlaufvermögens
13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen 12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen
= (Finanzergebnis) = (Finanzergebnis)
14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Betriebs- und Finanzergebnis) 13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Betriebs- und Finanzergebnis)
15. außerordentliche Erträge 14. außerordentliche Erträge
16. außerordentliche Aufwendungen 15. außerordentliche Aufwendungen
17. außerordentliches Ergebnis 16. außerordentliches Ergebnis
18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 17. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
19. sonstige Steuern (alle anderen erfolgswirksamen Steuern) 18. sonstige Steuern (alle anderen erfolgswirksamen Steuern)
20. Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag (letzter Posten der GuV) 19. Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag (letzter Posten der GuV)
Ergänzende Angaben für Aktiengesellschaften
Gewinnvortrag / Verlustvortrag aus dem Vorjahr Gewinnvortrag / Verlustvortrag aus dem Vorjahr
Entnahmen aus der Kapitalrücklage Entnahmen aus der Kapitalrücklage
Entnahmen aus Gewinnrücklagen Entnahmen aus Gewinnrücklagen
Einstellungen in Gewinnrücklagen Einstellungen in Gewinnrücklagen
Bilanzgewinn/Bilanzverlust Bilanzgewinn/Bilanzverlust

Gliederung nach IFRS

IFRS stellt im Vergleich mit den HGB-Vorschriften geringere Anforderungen an die formale Gestaltung der Gewinn- und Verlustrechnung. Wird sie nach dem Umsatzkostenverfahren aufgestellt, sind Zusatzangaben über Personalaufwendungen und planmäßige Abschreibungen im Anhang notwendig. Ferner müssen nicht nur die regelmäßigen, sondern alle wesentlichen Erträge und Aufwendungen aus der GuV oder dem Anhang ersichtlich sein; es sind also insbesondere wichtige unregelmäßige Erfolgsbestandteile (beispielsweise außerplanmäßige Abschreibungen auf Vorräte) gesondert auszuweisen.

Mindestgliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach IFRS
Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren
Umsatzerlöse (Revenue) Umsatzerlöse (Revenue)
Sonstige betriebliche Erträge (Other operating income) Kosten der umgesetzten Leistung (Cost of Sales)
Bestandsveränderungen (Changes in inventories of finished goods and work in progress) Bruttoergebnis vom Umsatz (Gross profit)
Materialaufwand (Raw materials and consumables used) Sonstige betriebliche Erträge (Other operating income)
Personalaufwand (Employee benefits costs) Vertriebskosten (Distribution costs)
Abschreibungen (Depreciation and amortisation expense) Sonstige Verwaltungskosten (Administrative expenses)
Sonstige betriebliche Aufwendungen (Other operating expenses) Sonstige betriebliche Aufwendungen (Other operating expenses)
Finanzaufwendungen ohne Equity-Gesellschaften (Finance costs) Finanzaufwendungen ohne Equity-Gesellschaften (Finance costs)
Finanzerträge ohne Equity-Gesellschaften (Finance revenues) Finanzerträge ohne Equity-Gesellschaften (Finance revenues)
Ergebnisbeiträge aus der nach Equity-Methode bilanzierten Beteiligungen (Income from associates and joint ventures accounted for using the equity method) Ergebnisbeiträge aus der nach Equity-Methode bilanzierten Beteiligungen (Income from associates and joint ventures accounted for using the equity method)
Ergebnis vor Steuern (Profit or loss before tax) Ergebnis vor Steuern (Profit or loss before tax)
Ertragssteuern (Tax expenses) Ertragssteuern (Tax expenses)
Ergebnis aus fortgeführten Geschäftsbereichen (Net profit or loss for the period from continuing operations) Ergebnis aus fortgeführten Geschäftsbereichen (Net profit or loss for the period from continuing operations)
Ergebnis aus der Aufgabe von Geschäftsbereichen (Profit or loss of discontinued operations) Ergebnis aus der Aufgabe von Geschäftsbereichen (Profit or loss of discontinued operations)
Ergebnis der Periode (Net profit or loss for the period) Ergebnis der Periode (Net profit or loss for the period)
Gewinnanteil der Minderheitsgesellschafter (Profit or loss attributable to minority interest) Gewinnanteil der Minderheitsgesellschafter (Profit or loss attributable to minority interest)
Gewinnanteil der Eigenkapitalgeber (Profit or loss attributable to equity holders of the parent) Gewinnanteil der Eigenkapitalgeber (Profit or loss attributable to equity holders of the parent)
Ergebnis je Aktie (Earnings per share) Ergebnis je Aktie (Earnings per share)

Vorgehen beim Jahresabschluss

Der Gewinn- und Verlustrechnung ist im Kontenrahmen ein eigenes Konto zugeordnet, das GuV-Konto.

Beim Jahresabschluss werden die Salden eines jeden Aufwands- und Ertragskontos – man nennt diese Konten auch Erfolgskonten – auf das GuV-Konto umgebucht. Das Gesamtergebnis dieser Umbuchungen, der Saldo des GuV-Kontos, muss bei korrekter Buchführung den gleichen Betrag ergeben wie in dem oben dargestellten Rechenschema (Verprobung).

Quellen

  • Coenenberg, A.G. u.a.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. Aufl., Landsberg am Lech 2005, ISBN 3-7910-2378-0
  • Kaufmännische Betriebslehre. (ISBN 3-8085-9014-9)
  • Siegfried Schmolke: Kaufmännische Buchführung für Wirtschaftsschulen. Winklers Verlag, 1979 (ohne ISBN)
  • IAS 1 Ziff. 88 ff.
Wiktionary: Gewinn-und-Verlust-Rechnung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen