Ole Nydahl
Ole Nydahl (* 19. März 1941, nahe Kopenhagen, Dänemark), auch bekannt als Lama Ole, ist ein Lehrer (Lama) des Diamantweg-Buddhismus. Er lehrt in der Tradition der tibetischen Karma-Kagyü-Schule auf eine Weise, die nach seiner Ansicht der westlichen Lebensweise und Kultur entspricht. Die Karma-Kagyü-Schule ist eine Unterschule der Kagyü-Schulrichtung, die zu den vier großen Schulen des tibetischen Buddhismus gehört. Ole Nydahl bereist seit Anfang der 1970er Jahre die ganze Welt, hält Vorträge und Meditationskurse und gründet buddhistische Meditationszentren.
Ausbildung und Begegnung mit dem Buddhismus
Ole Nydahl wuchs in Dänemark auf, studierte von 1960 bis 1969 Englisch, Deutsch und Philosophie in Kopenhagen und auch einige Semester in Tübingen und München. Das Philosophicum bestand er mit Bestnote und begann eine Doktorarbeit über „Aldous Huxley und die Glückbringende Vision“, die er jedoch nicht abschloss.
1961 lernte Ole Nydahl seine zukünftige Frau Hannah kennen. Nach ihrer Heirat führte die Hochzeitsreise das Paar 1968 zum ersten Mal nach Nepal. Dort begegneten sie dem Drukpa-Siddha Lopön Tsechu Rinpoche und auf einer weiteren Himalaya-Tour dem 16. Karmapa Rangjung Rigpe Dorje, ihrem späteren Hauptlehrer.
Buddhistische Ausbildung
Ole Nydahl hat keine traditionelle klösterliche Ausbildung und auch kein 3-Jahres-Retreat durchgeführt, das Lamas der Karma-Kagyü-Linie üblicherweise absolvieren. Er und seine Frau Hannah Nydahl gehörten zu den ersten westlichen Schülern des 16.Karmapa Rangjung Rigpe Dorje, dem Haupt-Linienhalter der Karma-Kagyü-Schule. Sie blieben über drei Jahre und hatten ein enges Verhältnis zu ihm. In dieser Zeit begegneten sie auch weiteren Kagyü-Lehrern wie Kalu Rinpoche, Künzig Shamarpa, Jamgön Kongtrul Rinpoche, Situ Rinpoche und anderen. Beide wurden auch Schüler von Lopön Tsechu Rinpoche und Künzig Sharma Rinpoche.
Diamantweg-Zentren und -Stiftung
Seit den frühen 1970er Jahren hat Ole Nydahl gemeinsam mit seiner Frau Hannah etwa 500 buddhistische Meditationszentren in Mittel- und Osteuropa, Asien, Amerika und Australien gegründet. In Deutschland sind diese Zentren unter dem Namen Diamantweg-Zentren bekannt. Nach eigenen Angaben wurde er vom 16. Karmapa, dem verstorbenen Oberhaupt der Karma-Kagyü-Schule, beauftragt, Zentren der Karma-Kagyü-Linie im Westen aufzubauen. Dem Wunsch ihres Lehrers folgend, unternahmen Hannah und Ole Nydahl ab 1973 ausgedehnte Vortragsreisen. Das erste von ihnen gegründete Meditationszentrum in Kopenhagen wurde im Oktober 1973 vom XIV. Dalai Lama Tenzin Gyatso eingeweiht.
Ole Nydahl ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender der „Buddhismus Stiftung Diamantweg der Karma Kagyü Linie“, einer Stiftung nach deutschem Recht. Sie unterstützt weltweit Projekte wie z.B. eine Bibliothek in Karma Guen (Spanien), in der buddhistische Texte gesammelt und übersetzt werden, eine Retreat-Stelle im Altai (Russland) und ein Zentrum des Diamantweges in Hamburg.[1]
Lehrtätigkeit
Ole Nydahl bereist ständig weite Teile der Welt, um seine Schüler und andere am Buddhismus interessierte Menschen zu unterrichten. Kurse zu verschiedenen Themen, wie zum Mahamudra (Großes Siegel), sollen dem Publikum ein tieferes Verständnis des Diamantweg-Buddhismus vermitteln.
Eine wichtige Lehre ist dabei das Phowa, eine Meditation, die der Vorbereitung auf die Sterbestunde dienen soll und daher im Diamantweg auch Meditation des Bewussten Sterbens genannt wird; den ersten Kurs darüber gab Nydahl 1987. Im Jahr 1972 hatte er diese Meditation bei dem Drikung-Kagyü-Lama Ayang Rinpoche erlernt. Die von Ole Nydahl gelehrte Phowa-Variante entstammt der Longchen-Nyingthig-Tradition der Nyingma-Schule.
Die Schüler Ole Nydahls sind ohne Ausnahme Laien, die vorwiegend im westlichen Kulturkreis leben, da eine traditionelle Ausbildung in der zölibatären, klösterlichen Zurückziehung nach Ansicht Ole Nydahls für die westliche Lebensweise wenig geeignet erscheint. Diese Ansicht wird nicht von allen buddhistischen Gemeinschaften und auch nicht von allen Lamas der Karma-Kagyü-Linie geteilt.
Der 16. Karmapa bescheinigt Ole Nydahl in Briefen von 1972 und 1978 die Fähigkeit, die Grundlagen der buddhistischen Lehre zu vermitteln und setzt ihn als Leiter der europäischen Karma-Kagyu Zentren ein. Ole Nydahl erklärt, dass der Sharmapa ihm 1982 den Lama-Titel verliehen habe, auf seiner Internetseite präsentiert er dazu kein Dokument. In aus den Jahren 1983, 1995 und 2006 datierte Briefen gehen die hochrangigen Kagyü-Autoritäten Khenpo Chödrak Thenpel Rinpoche und Shamar Rinpoche auf seine Lehrqualifikation ein. Im Brief von 1983 bestätigt ihn Shamar Rinpoche als Buddhistischen Meister [2] und bescheinigt ihm die Fähigkeit, Meditationen zu leiten und Interessierte in die buddhistischen Lehren einzuführen. In den Briefen von 1995 und 2006 bestätigen ihn Shamar Rinpoche und Khenpo Chödrak Thenpel Rinpoche als Reaktion auf Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Titels als Lama und befinden ihn als zur Weitergabe der buddhistischen Lehre (Dharma) befähigt[3].
Während seiner Vorträge macht Nydahl auch Aussagen zu Politik und Weltgeschehen, insbesondere zu Themen, denen seiner Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Er begründet dies mit der Absicht, zum Nachdenken anzuregen und bei seinen Schülern ein politisches Verantwortungsbewusstsein zu wecken, das seiner Meinung nach mit der Annahme der buddhistischen Philosophie einhergehen sollte[4].
So warnt Nydahl u. a. vor dem zunehmenden globalen Bevölkerungswachstum, denn dieses gehe einher mit allgemeiner Verschlechterung der Lebensbedingungen sowie mit einem Verlust an Menschenwürde. Nydahl verweist außerdem auf Kulturgegensätze zwischen Islam und westlicher Wertegesellschaft, eine sich ausbreitende islamische Parallelgesellschaft und Menschenrechtsverletzungen durch die Scharia. Er kritisiert dabei auch die Unterdrückung der Frau im Islam.
Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit verfasste Ole Nydahl mehrere buddhistische (teils autobiographische) Bücher, die in mehreren Sprachen erschienen.
In der Auseinandersetzung um die Nachfolge des 16. Karmapa, des Linienhalters der Karma-Kagyü-Linie, unterstützt Nydahl Trinle Thaye Dorje.
Auseinandersetzung mit der DBU und Rezeption in der Religionswissenschaft
Von Ende 1999 bis April 2000 gab es eine öffentliche Auseinandersetzung mit der DBU, die Nydahl in einer offenen Stellungnahme wegen seiner Einstellung zum Islam, seiner politischen Aussagen, seiner Redeweise, seiner Selbsteinschätzung und seines Umgangs mit Frauen kritisiert hatte. Es gab ein Treffen beider Seiten am 04.10.2000 und "obwohl unterschiedliche Sichtweisen deutlich wurden, so zeigten doch beide Seiten Bereitschaft aus der Vergangenheit zu lernen und Gemeinsamkeiten zu bestärken." Das Gespräch wurde als "ein erster Schritt" gesehen "und sollte dazu führen, Missverständnisse auszuräumen, Klarheit zu schaffen und Zusammenarbeit zu fördern.".[5]
Oliver Freiberger sah diese Auseinandersetzung als bedeutend genug an, um sie in einer Studie über interbuddhistische und interreligiöse Verhältnisse im Westen zu erwähnen.“.[6]
Gegenpositionen
Nydahls umfangreiche Reise- und Lehrtätigkeit wird von christlichen Kreisen[7] wie z. B. dem Leiter der Evangelischen Informationsstelle "Kirchen - Sekten - Religionen" Georg Schmid, als aktive Missionsarbeit gewertet.[8] In seinen Vorträgen betont Ole Nydahl hingegen, dass der Buddhismus keine missionierende Religion sei.
Referenzen und Fußnoten
- ↑ Diamantweg-Stiftung
- ↑ Dieser Titel ist nicht mit dem Titel "Lama" identisch.
- ↑ Anerkennungsbriefe zum Lamatitel (Homepage Nydahl)
- ↑ Ole Nydahl über Meditation (Homepage Nydahl)
- ↑ Buddhismus Heute 32, Nr. 1, [2001], S77
- ↑ Freiberger, Oliver. 2001: Inter-Buddhist and Inter-Religious Relations in the West, Journal of Global Buddhism 2: 59-71, S. 65. und Anmerkung Nr. 30.
- ↑ EZW-Publikation (Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen) Nr. 185: "Wenn Eisenvögel fliegen ...". Der tibetische Buddhismus und der Westen, Berlin 2006
- ↑ Leben & Glauben Nr 38/1999, [1], [2]
Werke
- Ole Nydahl: Vom Reichtum des Geistes. Buddhistische Inspirationen, Knaur MensSana (Okt 2006), ISBN 3426665905
- Ole Nydahl: Der Buddha und die Liebe, Knaur (Sep 2005), ISBN 3426666928
- Ole Nydahl: Wie die Dinge sind. Eine zeitgemäße Einführung in die Lehre Buddhas, Joy-Verlag (Okt 2002), ISBN 3928554131, Droemer/Knaur (Apr 2004), ISBN 342687234X
- Ole Nydahl: Das große Siegel. Die Mahamudra-Sichtweise des Diamantweg-Buddhismus, Droemer/Knaur (Jul 2006), ISBN 3426872927, Joy-Verlag (1998), ISBN 3928554301
- Ole Nydahl: Über alle Grenzen. Wie die Buddhas in den Westen kamen, Joy-Verlag (Jul 2002),ISBN 3928554026, Kamphausen (Jul 2005), ISBN 3899010531
- Ole Nydahl: Die Buddhas vom Dach der Welt, Diederichs Eugen (Jun 1986), ISBN 3424006645, Aurum im Kamphausen Verlag (Okt 2003), ISBN 389901023X
- Ole Nydahl: Mahamudra. Freude und Freiheit grenzenlos, Joy Verlag GmbH (1988), ISBN 3980162435
- Ole Nydahl: Die Vier Grundübungen, Joy-Verlag (2000), ISBN 3928554328
- Ole Nydahl: Der buddhistische Weg, Hörkassette, perspectiva GmbH (Mai 1997), ISBN 3037700580
Weblinks
- Commons: Ole Nydahl – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
- Vorlage:PND
- Website von Ole Nydahl
- Der Religionswissenschaftler Georg Schmid über Ole Nydahl und den Diamantweg bei relinfo
- Die Karma Kagyue Tradition und Ole Nydahl. Zusammenfassung verschiedener Links.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Nydahl, Ole |
KURZBESCHREIBUNG | dänischer Buddhist, Lama |
GEBURTSDATUM | 19. März 1941 |
GEBURTSORT | nahe Kopenhagen |