Deutsche
Der Begriff des Deutschen wird im unterschiedlichen Zusammenhang verwendet:
- Deutsche im ethnischen Sinne (deutsche Volkszugehörigkeit) sind Personen, die deutscher Abstammung sind. Diese Abstammung kann sich in Sprache, Erziehung oder Kultur zum Ausdruck kommen, siehe auch Deutsche Kulturnation). Sofern Personen deutscher Volkszugehörigkeit ohne deutsche Staatsangehörigkeit ihre angestammte Heimat außerhalb Deutschlands haben, werden sie auch als Volksdeutsche bezeichnet. Auch als es noch keinen deutschen Staat gab, sprach man von Deutschen, und meinte damit Sachsen, Preußen, Bayern, Franken, Pfälzer, Österreicher, Hannoveraner usw.
- Deutsche im rechtlichen Sinne sind Personen, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder als Flüchtlinge oder Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit Aufnahme auf dem Gebiet des Deutschen Reichs in den Grenzen vom 31.12.1937 gefunden haben (Art.166 Abs.1 GG, siehe auch Deutsche Staatsangehörigkeit).
Weitere abgeleitete Bedeutungen
Volksdeutsche, die nach dem 31.12.1992 die ehemalige Sowjetunion verlassen haben, um sich innerhalb eines halben Jahres in Deutschland niederzulassen (Spätaussiedler §4BVFG), besitzen einen gebundenen Anspruch auf Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft. Soweit sie diesen Anspruch nicht eingelöst haben, sind sie trotz ihrer deutschen Volkszugehörigkeit im rechtlichen Sinne keine Deutschen.
Die Staatsangehörigen Österreichs, der Schweiz und anderer deutschsprachiger Länder sind, auch wenn sie die deutsche Sprache als Muttersprache sprechen, rechtlich keine Deutschen [1], sofern sie nicht auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Sie sind im ethnischen Sinne Deutsche, wenn sie über ihre deutsche Muttersprache hinaus sich zum deutschen Volkstum bekennen und sich kulturell mit der deutschen (Kultur)Nation identifizieren. Demgegenüber waren wegen Art.116 Abs.1 Alt.2 GG die Bürger der DDR Deutsche im Sinne westdeutschen Rechts. Es gibt es knapp über 100 Millionen Menschen, welche die deutsche Sprache als Muttersprache sprechen, wobei sich davon weniger als 75 Millionen Menschen als Deutsche verstehen.
Menschen mit deutschen Vorfahren werden häufig als deutschstämmig bezeichnet (z.B. US-Amerikaner deutscher Abstammung), auch wenn sie nicht allein deutsche Vorfahren haben. Deutschstämmige unterscheiden sich von Volksdeutschen dadurch, dass sie ihr deutsches Erbe, die deutsche Sprache und das deutsches Brauchtum nicht notwenderweise bewahrt haben müssen und in der Regel nicht oder nur zum Teil bewahrt haben. Bei der Festlegung über eine volkstümliche Abstammung aus Mitteleuropa liegt die Zahl der Deutschen deutlich höher als bei der Definition über die Staatsangehörigkeit oder über die Muttersprache und wird mit bis zu 150 Millionen Menschen angegeben (einschließlich der etwa 50 Millionen Menschen, die in den Vereinigten Staaten von Amerika leben und die ihre hauptsächliche Herkunft nach eigenen Angaben auf deutsche Zuwanderer zurückführen).
Personen deutscher Staatsangehörigkeit, die ins Ausland gezogen sind, werden oft als Auslandsdeutsche bezeichnet. Auslandsdeutsche haben im Unterschied zu Volksdeutschen die deutsche Staatsangehörigkeit, während das Ausland nicht ihre angestammte, sondern nur gewählte Heimat ist.
Rechtliche Definition
Das deutsche Recht kennt verschiedene Begriffe des „Deutschen“. Im Sprachgebrauch des Grundgesetzes sind nach Vorlage:Zitat Art nicht nur die Deutschen Staatsangehörigen, sondern auch diejenigen, die ihre Abstammung unter bestimmten Umständen von deutschen Vorfahren nachweisen können (Statusdeutsche). Das ist etwa für die Grundrechtsberechtigung bei den Deutschengrundrechten von Bedeutung.
Dagegen ist „Deutscher“ im Sinne des Staatsangehörigkeitsgesetzes, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (Vorlage:Zitat de §).
Menschen mit deutschen Vorfahren werden häufig als deutschstämmig bezeichnet, auch wenn sie nicht ausschließlich deutsche Vorfahren haben. Deutschstämmige, die ihr deutsches Erbe, ihre deutsche Sprache und deutsches Brauchtum besonders pflegen, bezeichnen sich selbst als Deutsche. Deutsche, die ins Ausland gezogen sind werden oft als Auslandsdeutsche bezeichnet. Geht man von der Abstammung aus, liegt die Zahl der Deutschen deutlich höher als bei der Definition über die Staatsangehörigkeit oder über die Muttersprache und wird mit bis zu 150 Millionen Menschen angegeben (einschließlich der etwa 50 Millionen Menschen, die in den Vereinigten Staaten von Amerika leben und die ihre hauptsächliche Herkunft nach eigenen Angaben auf deutsche Zuwanderer zurückführen).
Die Staatsangehörigen Österreichs, der Schweiz und anderer deutschsprachiger Länder sind, auch wenn sie die deutsche Sprache als Muttersprache sprechen, per Definition keine Deutschen mehr, sofern sie nicht auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder sich aufgrund ihrer Abstammung kulturell mit der Bundesrepublik Deutschland identifizieren. So gibt es knapp über 100 Millionen Menschen, die die deutsche Sprache als Muttersprache sprechen, von denen sich weniger als 75 Millionen Menschen als Deutsche verstehen.
Geschichte und Herkunft
Der Begriff "Deutsch"
Siehe auch: Deutsch (Etymologie)
Der Begriff „deutsch“ geht auf das Althochdeutsche diutisc zurück, das sich ebenso wie das westfränkische Adjektiv theodisk, das aus dem 8. Jahrhundert in der mittellateinischen Form theodiscus belegt ist, aus der althochdeutschen Wurzel diot für Volk oder Stamm herleitet. Das Adjektiv diutisc oder theodisk bedeutete also ursprünglich soviel wie zum Volk gehörig oder die Sprache des Volkes sprechend und wurde seit spätkarolingischer Zeit zur Bezeichnung der nicht-romanischsprechenden Bevölkerung des Frankenreichs aber auch der Angelsachsen benutzt. Es entstand in Abgrenzung zu walhisk, der Bezeichnung für die Romanen, aus der das Wort Welsche entstanden ist.
Erst seit dem 10. Jahrhundert bürgerte sich die Anwendung des Wortes diutisc auf die Bewohner des ostfränkischen Reichs ein, aus dem Deutschland hervorging.
Ursprünge
Die Vorläufer der Deutschen sind in den im Wesentlichen östlich des Rheins angesiedelten Westgermanen (also den Sachsen, Friesen, Thüringern, Franken, Alemannen, Baiern) zu suchen. Doch trugen auch schon die Kelten, Slawen und andere zur Herausbildung der deutschen Stämme bei, die etwa seit dem 9./10. Jahrhundert in sich selbst ein Volk zu erkennen glaubten, als die Ausbildung eines deutschen Staatswesens im Gefolge der karolingischen Teilungen des Frankenreiches begann. Die westgermanischen Stämme zerfielen um 500 n. Chr. in zwei Hauptgruppen, in die Anglofriesen auf der einen und in die Deutschen auf der anderen Seite. Diese Einteilung kann aus sprachlichen Gründen erschlossen werden. Bewusst war sie den Westgermanen jedoch seinerzeit nicht. Erst nachdem um 600 die Übersiedlung der Angelsachsen nach Britannien abgeschlossen war, wurde durch die geographische Zusammengehörigkeit der festländischen Westgermanen ihr politisch näherer Zusammmenschluss vorbereitet.
Nur die Friesen des norddeutschen Marschlands, die dieselbe Mundart sprachen, wie ihre angelsächsischen Brüder, hielten sich von den Westgermanen fern, wobei die Moore eine Rolle spielten, die ihr Land von dem der Germanen trennte. Auch die Sachsen nahmen ursprünglich eine gesonderte Stellung ein. Ein Teil von ihnen hatte den Angelsachsen zugehört, als diese noch in Schleswig-Holstein und Dänemark siedelten. Noch lange standen die Niedersachsen den Engländern näher als den Oberdeutschen. Nach der Auswanderung der Angelsachsen bildeten die festländischen Sachsen mit den von ihnen unterworfenen fränkischen und thüringischen Grenzstämmen ein besonderes Volk für sich, mit eigenen staatlichen Einrichtungen. Erst ihre politische und religiöse Zwangseingliederung in das fränkische Reich des Karl den Großen führte sie seit 797 dem späteren deutschen Staatsverband zu.
Die anderen deutschen Stämme − Franken und Hessen einerseits, Thüringer, Alemannen, Bayern und Langobarden andererseits − hatten sich von Hause aus näher gestanden, aber doch auch besondere staatliche Verbände für sich gebildet und fühlten sich als selbständige Völker. Die politische Entstehung Deutschlands beruht auf dem fränkischen Eroberungsdrang und den organisatorischen Fähigkeiten Karls des Großen. Die Hessen hatten sich schon seit alters her den Franken politisch angeschlossen. Die Alemannen wurden zum Teil 496, endgültig 536 unterworfen, die Thüringer 531, die Bayern 788, die Langobarden 774 und 787. Die Friesen mussten sich zwar auch unterwerfen, bewahrten aber eine unabhängigere Stellung als die deutschen Stämme. Auch die gar nicht zu den Westgermanen gehörenden Burgunder an der Rhône, die 534 unterworfen wurden, würden wohl im Laufe der Zeit zu Deutschen geworden sein, wenn sie nicht − wie die Langobarden in Italien − bald romanisiert worden wären.
Karl der Große schmiedete das Frankenreich durch die Verfassung fest zusammen, indem er die fränkische Verwaltung über sein ganzes Reich ausdehnte. Wenn auch die einzelnen deutschen Stämme ihre Eigenart bewahrten, so einte sie doch alle ein politisches Band, und erst jetzt − zumal nach der politischen Einigung des romanischen Frankenreichs (843 und 870) − konnte sich ein deutsch-nationales Bewusstsein ausbilden. Das Wort deutsch kommt erstmals Ende des 8. Jahrhunderts vor, der Volksname Deutsche im 9. Jahrhundert, wird jedoch bis ins 13. Jahrhundert nur selten gebraucht. In diesem Sinne kann man sagen, dass das deutsche Volk erst seit Karl dem Großen besteht, also seit etwa 1200 Jahren.
Zwar war es im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts üblich, auch für die germanischen Vorläufer der Deutschen diesen Begriff zu verwenden (siehe z. B. Kennzeichnung des Cheruskers Arminius als „Deutschen“ oder auch die Bezeichnung „Ludwig der Deutsche“), tatsächlich handelt es sich dabei aber um einen Anachronismus. Die Franken, die ursprünglich aus Norddeutschland kamen, herrschten schon unter den Merowingern in Bayern, Thüringen und im Rheinland.
Mittelalter und frühe Neuzeit
Im Zuge der hochmittelalterlichen Siedlungsbewegung nach Osten gingen große Teile der Westslawen, die ab dem späten 6. und 7. Jahrhundert in die von den Germanen während der Völkerwanderung weitgehend geräumten Gebiete eingewandert waren (in etwa identisch mit den neuen Bundesländern, dem östlichen Holstein, dem niedersächsischen Wendland und Teilen Oberfrankens sowie dem östlichen Österreich - siehe Germania Slavica), in der deutschsprachigen Bevölkerung auf. Letzte nicht-assimilierte Gruppen dieser Slawen sind die heute sämtlich zweisprachigen Sorben (max. 60.000) und in gewisser Weise auch die kärntner Slowenen in Österreich, welche aber - anders als die Sorben - eine direkte Fortsetzung des slowenischen Siedlungsgebiets im heutigen Slowenien darstellen.
Im Heiligen Römischen Reich, das seit etwa 1500 den Zusatz „Deutscher Nation“ trug, bildeten sich unterhalb des Kaisertums zunehmend selbstständige Territorien heraus, deren Untertanen dabei auch eine entsprechende, auf den Kleinstaat bezogene Identität entwickelten: So kämpfte man in Kriegen für seinen Fürsten gegen das Heer des Nachbarfürsten, auch wurde die Art der Religionsausübung im Zeitalter der Reformation nicht von einer gesamtdeutschen Autorität bestimmt (anders als etwa in England oder Frankreich), sondern vom jeweiligen Territorialherren. Daher beschränkte sich eine deutsche Identität naturgemäß mehr auf den sprachlichen und kulturellen Bereich. Dieser wurde allerdings mit der Zeit, vor allem aber auch durch die vermehrte Teilhabe der Bevölkerung an der Schriftkultur, immer wichtiger. Ulrich von Hutten und Martin Luther konnten daher mit ihrem Kampf gegen „welsche“ Kirchenherrschaft auf breite Unterstützung bauen. Auch die Barockdichter setzten sich für die deutsche Sprache und gegen Einflüsse anderer Sprachen ein, auch wenn noch beispielsweise Friedrich der Große der französischen Kultur den Vorzug gab, die in der frühen Neuzeit der deutschen Kultur wichtige Impulse gab (Vorbild Ludwigs XIV., Hugenotten). Die deutsche Kultur erfuhr auch von Zuwanderern wichtige Anregungen, genannt seien hier neben den Hugenotten (unter deren Nachfahren sich auch Theodor Fontane findet) z. B. polnische Gelehrte wie Chodowiecki. Auch die jüdische Minderheit hatten entscheidenden Anteil am deutschen Geistesleben (Moses Mendelssohn, Heinrich Heine, u.a.). Da Deutschland kein Zentralstaat wie England oder Frankreich war, erfolgte auch die Ausbildung einer deutschen Nation mit Verzögerung und erfolgte im bedeutenden Maße erst durch die Auseinandersetzung mit dem napoleonischen Frankreich.
Im Laufe der Zeiten wanderten weitere Bevölkerungsgruppen in den deutschen Sprachraum ein, so in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Polen und Masuren ins Ruhrgebiet, und assimilierten sich im Laufe der Zeit. Auf der anderen Seite wanderten auch deutsche Bevölkerungsgruppen (aus den Niederlanden, der Schweiz, Deutsches Reich, usw.) in fremdsprachige oder überseeische Gebiete aus, gründeten dort eigene Kolonien oder wurden von der dortigen Bevölkerung assimiliert.
Nationalismus
Einen Wechsel brachten erst die nationalen Bewegungen in der ersten Hälfte und der Mitte des 19. Jahrhunderts, die im Kampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft großen Auftrieb erhielten, die die Legitimität der herrschenden Dynastien in Frage stellten und die nationale Einheit mit der Forderung nach politischer Mitbestimmung des Volkes und wirtschaftlicher Liberalisierung verbanden. Die Volkszugehörigkeit, die anstelle der Dynastie die Grundlage des Staates sein sollte, wurde in Mittel- und Osteuropa hauptsächlich von der Muttersprache abgeleitet, da hier Nationalstaaten als Identifikationsobjekte fehlten. Die deutsche Nationalbewegung scheiterte jedoch nach der Märzrevolution von 1848. Erst 1871 wurde mit dem Deutschen Reich der erste deutsche Nationalstaat begründet. Seine Einwohner wurden entsprechend als „Reichsdeutsche“ bezeichnet. Andere Deutsche hatten ihre Siedlungsgebiete meistens in Vielvölkerstaaten und bezeichneten sich beispielsweise als „Banater Schwaben“ oder als „Sudetendeutsche“ usw. Für sie wurde hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus der Sammelbegriff Volksdeutsche verwendet.
Deutschland heute
Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik führten nur diese beiden Staaten noch das Wort „Deutsch“ in ihrem Staatsnamen. Seit der Wiedervereinigung wird im Allgemeinen nur noch von Deutschland gesprochen. Wenn heute von Deutschen die Rede ist, sind meist die Einwohner der Bundesrepublik Deutschland gemeint. Aber auch hier haben sich die Menschen regionale Identitätsbezeichnungen bewahrt und bezeichnen sich je nach Kontext beispielsweise als Bayern oder als Niedersachsen.
Deutscher im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (Artikel 116) ist, vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Einbezogen sind auch ethnische Deutsche, die ihren Wohnsitz in anderen Ländern hatten, etwa in der damaligen Sowjetunion, und dort aufgrund ihrer Nationalität Repressionen oder gar Vertreibungen ausgesetzt waren. Frühere Staatsangehörige des Deutschen Reiches, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist und ihre Abkömmlinge werden auf Antrag in die BRD eingebürgert. Diese Personen gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland oder in der DDR genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben. [1]
zum Begriff „deutsche Stämme“
„Deutsche Stämme“ ist ein veralteter Begriff, der zudem noch irrtümlich ist. Er beschreibt die alten germanischen Stämme im heutigen deutschen Raum („Altstämme“ Baiern, Franken, (Nieder)Sachsen, Schwaben und Thüringer, Später kamen durch die Ostsiedlung die „Neustämme“ Pommern, Schlesier, Obersachsen, Mecklenburger, Brandenburger, Österreicher hinzu). Diese Bezeichnung ist jedoch in mehrerer Hinsicht nicht zutreffend: Zum einen konnte man zur Zeit als diese germanischen Volksgruppen sich in Mitteleuropa niederließen noch überhaupt nicht von Deutschen reden. Dieser Begriff kam erst viel später auf (s.o.). Die germanischen Stämme verstanden sich keineswegs als ein gemeinsames Volk, sie führten sogar Kriege gegeneinander. Zum anderen vermischten sich deren Nachkommen im Laufe der Zeit untereinander. Von Stämmen kann man heute also nicht mehr sprechen, nur noch eventuell von mundartlichen und kulturell-regionalen Unterschieden innerhalb des deutschen Sprachraums.
Länder und Regionen mit deutschsprachiger Bevölkerung
Niederlande
Die Niederländer, (Niederdeutsch-Länder) bewohnen die niederen (flachen) Lande und sind hervorgegangen aus den westgermanischen bzw. deutschen (Teil-)Stämmen der Westfriesen, Niedersachsen und Niederfranken, deren Dialekte sie auch heute noch sprechen. Der Staat ist entstanden nach dem westfälischen Frieden in Münster und Osnabrück. Ihre Sprache und Kultur sind Niederdeutsch und so bezeichneten sie das Niederländische (dütsche taal der nederen landen) bis ins 20. Jahrhundert (Ende des Zweiten Weltkrieges), z. B. neederduitsche kerke. Das mundartliche niederdeutsche Wort Dutch aus den Niederlanden für das hochdeutsche Wort Deutsch wurde ins Englische übernommen und meint die Niederländer, obgleich Niederlande mit (the) Netherlands ins Englische zu übersetzen ist. Ihre hochniederländische Schriftsprache ist hauptsächlich aus dem „Niederfränkischen” - eine niederdeutsche Varietät - entstanden und hat sich von Anfang an gemeinsam mit den niedersächsischen Formen des Niederdeutschen parallel zum Hochdeutschen entwickelt, jedoch keineswegs unabhängig davon.
Als im 18., 19. Jahrhundert homogene Nationalstaaten in Mode kamen, wurde der Begriff „deutsch“ in erster Linie von den unter hochdeutschem Einfluss stehenden Gebieten für sich in Anspruch genommen. Mit den damaligen Vorstellungen eines monozentrischen Nationalstaates vertrug sich das Vorhandensein mehrerer Sprachformen, die automatisch Plurizentrismus bedeuteten, nicht. Dies führte einerseits dazu, dass im deutschen Nationalstaat (Deutsches Reich) unter preußischer Führung die im Westen noch angewandte niederländische Schriftsprache durch Einführung der hochdeutschen Amts- und Schulsprache unterdrückt und schließlich verdrängt wurde, andererseits, dass sich die Niederländer vom Begriff „deutsch“ langsam zu distanzieren begannen, endgültig aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Insbesondere die Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges verstärkten diese Distanz. Besonders die Studien des niederländischen Psychologieprofessors Jan-Pieter van Oudenhoven zeigen, dass das Bild der Deutschen in den Niederlanden heutzutage hingegen kontinuierlich besser wird.
In den Niederlanden leben auch heute eine beträchtliche Anzahl von Deutschen. Im Frühjahr 2006 betrug ihre Anzahl 57.000. Hinzu kommen 260.000 Niederländer mit deutschem Migrationshintergrund, d. h. mindestens ein Elternteil wurde im Ausland geboren, wodurch man in den Niederlanden automatisch zu den Allochtonen (Fremdstämmigen) gehört.
Schweiz
Ebenso wie die Niederländer sind die (ober-)deutschsprachigen Schweizer faktisch seit dem Schwabenkrieg, formell seit dem Westfälischen Frieden, politisch vom Binnendeutschen getrennt. Sie bezeichnen sich zwar weiterhin als Deutschschweizer und ihre Dialekte mit dem Sammelbegriff Schweizerdeutsch beziehungsweise „Schwyzerdütsch“, doch betrachten sie sich schon lange nicht mehr als zum deutschen Volk zugehörig. Diese Einstellung wurde durch die Wilhelminische Zeit und dann die Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland gefestigt.
Österreich
Teile des 18. und 19. Jahrhunderts waren gekennzeichnet durch die Zuspitzung des Konflikts zwischen Preußen und Österreichern um den Vorrang innerhalb des deutschen Staatensystems. Seit 1804 existierte das Kaisertum Österreich, ein deutscher Kaiser existierte nach der Niederlegung der Kaiserwürde für einige Jahrzehnte nicht mehr. Als in der Revolution von 1848 die Errichtung eines deutschen Nationalstaats möglich schien, stritt man sich heftig darum, ob Österreich in diesen Staat einbezogen werden könne, da das Kaiserreich Österreich beträchtliche nichtdeutschen Gebiete (v.a. Teile Böhmens und Ungarn) umfasste, die sich nicht in einen deutschen Nationalstaat eingliedern lassen hätten. Die Frage wurde 1866 bzw. 1870/71 dadurch geklärt, dass Preußen zunächst den militärischen Sieg über Österreich erzielte und daraufhin die Lösung eines weitgehend preußisch geprägten Deutschen Reiches ohne Österreich durchsetzte. Dennoch bestanden bündnispolitische Verbindungen weiter fort, hinzu kamen die üblichen kulturellen Verbindungen, wie sie zwischen befreundeten Nachbarstaaten üblich sind.
Nach dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie entstand 1918 die Republik Österreich (die kurzfristig als „Deutschösterreich“ bezeichnet wurde). Es gab viel Skepsis, inwieweit dieser „Rest-“ oder „Rumpfstaat“ – beraubt der ungarischen Agrar- und der böhmischen Industriegebiete – alleine lebensfähig sei. Ein Zusammenschluss mit der Deutschen Republik (später Weimarer Republik) wurde aber durch den Vertrag von Saint-Germain unmöglich. Mit dessen Ratifizierung im Jahr 1919 wurde auch der Name in Republik Österreich geändert.
In der Zeit des austrofaschistischen Ständestaats (1933 bis 1938) – der mit der Ausschaltung des Parlaments und der Eliminierung demokratischer Strukturen durch den Bundeskanzler Engelbert Dollfuß begann – war es der offizielle Standpunkt der Regierenden, Österreich als „zweiten“ – und wegen des katholischen Fundaments – „besseren deutschen Staat“ anzusehen. Ein eigenes Nationalbewusstsein war nur in Ansätzen vorhanden, man empfand sich als Österreicher, grenzte sich jedoch gegenüber den Deutschen nur unscharf ab. Als Bundeskanzler Kurt Schuschnigg immer stärker unter deutschen Druck geriet und eine Volksabstimmung ansetzte, ob Österreich Teil von Deutschland werden solle, und dafür sogar auf die Unterstützung der bis dato verfolgten Sozialdemokraten zurückzugreifen gedachte, verlangte die deutsche Führung ultimativ, die Abstimmung abzusetzen. Schließlich marschierte die deutsche Wehrmacht in Österreich ein. Der „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich am 13. März 1938 wurde von zahlreichen Menschen begrüßt, andere wiederum mussten fliehen oder wurden verhaftet. Führende Vertreter der österreichischen Sozialdemokratie wie auch der Vaterländischen Front, darunter auch Schuschnigg, wurden in Konzentrationslager verbracht. Die ursprünglich von Schuschnigg initiierte Volksabstimmung fand schließlich unter pseudo-demokratischen Umständen statt – ohne Wahlgeheimnis – und führte zu der von der neuen Autoritäten angestrebten Zustimmung. Der Name Österreich wurde rasch verboten und auch aus Regionalbezeichnungen getilgt (so wurde Niederösterreich zu Niederdonau). Die darauffolgenden Ereignisse, der Zweite Weltkrieg und die nationalsozialistische Diktatur, führten dann zu einer verstärkten Wunsch nach der Rückkehr zum österreichischen Nationalstaat. Viele Österreicher betätigten sich als Widerstandskämpfer gegen das nationalsozialistische Regime – z. B. Carl Szokoll – oder mussten wegen ihrer oppositionellen Haltung – wie etwa Franz Jägerstätter, der bereits 1938 den Anschluss Österreichs an das Nachbarland abgelehnt hatte – mit ihrem Leben büßen.
Mit der Befreiung Österreichs und der Wiederrichtung der unabhängigen Republik Österreich im Jahr 1945 und unterstützt durch die erfolgreiche Geschichte der Zweiten Republik ging auch eine eindeutige Abgrenzung gegenüber den Deutschen einher. Wesentliche österreichische Politiker hatten unter dem nationalsozialistischen Regime gelitten – wie Leopold Figl und Adolf Schärf – oder emigrieren müssen (etwa Bruno Kreisky). So bezeichnen sich die Österreicher heute nahezu einhellig (mit Ausnahme betont deutschnationaler Kreise, die empirischen Untersuchungen zufolge weniger als fünf Prozent ausmachen) trotz der gemeinsamen Sprache – wo allerdings Unterschiede in Grammatik, Stil und besonders den Dialekten festzustellen sind – nicht als „Deutsche“; eine eigene österreichische nationale Identität ist mittlerweile längst unverkennbar. In der Republik Österreich wird unterschieden zwischen deutsch-, slowenisch- und kroatischsprachigen Österreichern, entsprechend sind auch die Amtssprachen geregelt.
Italien
Südtirol wurde 1919 von Österreich an Italien abgetreten; die deutsche Sprache und Kultur wurde dort zunächst unterdrückt (s. Italianisierung). Auch nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland sollte Südtirol bei Italien verbleiben. Die deutschsprachigen Einwohner (damals 80% der Bevölkerung) wurden bei der so genannten „Option“ vor die Wahl gestellt zwischen einem zukünftigen Leben in ihrer zu Italien gehörenden Heimat, allerdings unter Aufgabe der deutschen Sprache und Kultur, und einer Umsiedlung in damals von Deutschland besetzte Gebiete in Polen oder Galizien. Zwar stimmten 86% der Wahlberechtigten für die Umsiedlung, tatsächlich umgesiedelt wurden jedoch nur wenige. 1946 wurde Südtirol formal eine Autonomie zugestanden, die jedoch erst mit dem 2. Autonomiestatut von 1972 vollständig umgesetzt wurde. Heute sind etwa 69% der Bevölkerung deutschsprachig. In letzter Zeit (2005) ist in Südtirol eine Diskussion aufgekommen, ob die deutschen Südtiroler eine deutsche oder österreichische Minderheit in Italien sind. Für Österreich spricht die Tatsache, dass Südtirol lange zu Österreich gehört hat und die österreichische Regierung sie immer im Bestreben unterstützt hat, eine weitgehende Autonomie zu erreichen. In Bezug auf die Sprache gilt in Südtirol im Zweifelsfalle das Österreichische Wörterbuch vor dem Duden. Für die Einordnung als deutsche Minderheit spricht, dass die Sammelpartei der Minderheit, die Südtiroler Volkspartei, in ihrem Programm ausdrücklich von einer deutschen (und einer ladinischen) Minderheit spricht.
Liechtenstein
Siehe auch: Liechtenstein
Das Fürstentum Liechtenstein war im 19. Jahrhundert Mitglied des Deutschen Bundes und hat als einziges Land im deutschen Sprachraum ausschließlich Deutsch als Amts- und Schulsprache.
Belgien
Deutsch ist eine der drei Amtssprachen Belgiens und wird im Osten des Landes, in den Kantonen Eupen und Sankt Vith gesprochen.
Siehe auch: Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Flandern, Ostbelgien
weitere
Deutschsprachige Minderheiten leben unter anderem in Belgien, Dänemark, in Frankreich (Elsass, Lothringen, Französisch-Flandern), in Italien (Südtirol), in Polen (Oberschlesien), Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Rumänien, wie auch in Israel, Namibia, Brasilien (siehe auch Deutschbrasilianer) und in den USA (siehe auch Deutsche in den USA).
In den Auswanderergruppen erfolgte die Assimilation in unterschiedlichem Maß: viele Einwanderer haben sich völlig an die Kultur des Gastlandes angepasst und zum Teil auch ihre Namen entsprechend geändert (z. B. Schmidt in Smith), andere halten, in mehr oder weniger intensiver Form, kulturelle und folkloristische Traditionen aufrecht. Insbesondere der Zweite Weltkrieg trug dazu bei, dass viele Deutsche sich vom deutschen Mutterland eher distanzierten. Traditionsgebunden blieben dagegen vor allem die Hutterer, Alt-Mennoniten und Amische in den USA.
In die USA gab es unterschiedliche Auswanderungswellen. Im 18. Jahrhundert siedelten sich viele Deutsche in New York und Pennsylvania an, darunter insbesonders in Germantown sowie die Gegend um Lancaster (Pennsylvania). Mitte des 19. Jahrhunderts war der Mittlere Westen als Ziel besonders beliebt. Unter den Städten waren Cincinnati, St. Louis, Chicago und Milwaukee die bevorzugten Orte, aber auch viele ländliche Gegenden von Ohio über Illinois bis nach North Dakota wurden von den eher landwirtschaftlich interessierten Auswanderern bevorzugt.
Die vor fast 400 Jahren nach Osteuropa ausgewanderten Deutschen hatten sich ihre kulturelle Identität teils bewahrt, sich aber zum großen Teil auch mit der jeweiligen einheimischen Bevölkerung vermischt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden sie fast zur Gänze vertrieben, flohen oder emigrierten in der folgenden Zeit. Nur noch in Polen, Russland, Kasachstan, Ungarn und in schnell abnehmender Zahl in Rumänien gibt es (nach eigenem Selbstverständnis) noch Minderheiten, die zum Teil von mittelalterlichen oder neuzeitlichen deutschen Auswanderern abstammen.
Die um den Zweiten Weltkrieg ausgewanderten deutschen Gemeinschaften haben sich ihre Identität vor allem in Brasilien (Gebiet um Blumenau sowie um Novo Hamburgo in Rio Grande do Sul), Argentinien (Misiones), Chile (beispielsweise Gebiete um Valdivia oder Puerto Montt), Paraguay (unter anderem Mennoniten im Chaco und Schwaben in Itapúa) und in Namibia erhalten. Dort gibt es jeweils auch deutschsprachige Zeitungen (z. B. die Allgemeine Zeitung in Namibia), Schulen und ein mehr oder weniger reges Kulturleben.
Siehe auch: Deutschstämmige, Russlanddeutsche
Quellenangaben
- ↑ Das österreichische Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz vom 10.7.1945 (STBl Nr.59) machte die Sammeleinbürgerungen österreichischer Staatsbürger im Zuge des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich rückgängig
Siehe auch
Literatur
- Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer, Dietrich Hakelberg (Hrsg.): Zur Geschichte der Gleichung „germanisch - deutsch“. Sprache und Namen, Geschichte und Institutionen. Ergänzungsbände zum Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Bd 34. Berlin 2004. ISBN 3110175363
(Inhaltsverzeichnis des Bandes; Rezension von Gregor Hufenreuter in: Historische Literatur. Rezensionszeitschrift von H-Soz-u-Kult. Steiner, Stuttgart 22.07.2004. ISSN 1611-9509)