Roggen
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Secale cereale | ||||||||||||
L. |


Roggen (Secale cereale), eine der Arten von Roggen (Secale) ist eine in gemäßigten Breiten verbreitete Getreideart. Es gibt Sommer- und Winterroggen, wobei in Mitteleuropa fast ausschließlich Winterroggen angebaut wird. Dieser wird oft als Deckfrucht über Klee zusammen ausgesät.
Roggen ist besser an kühle und trockene Klimate angepasst als Weizen. Männliche Pollen und weibliche Blüte werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten aktiv, daher ist Roggen in aller Regel ein Fremdbefruchter (im Gegensatz zu anderen Getreidearten wie Gerste oder Weizen, bei denen die Selbstbefruchtung die Regel darstellt).
Geschichte
Es ist keines der klassischen Getreide der Antike. Man vermutet seinen Ursprung vor 2000 bis 3000 Jahren als „Unkraut“ in Weizenfeldern Kleinasiens, wo es im Mischanbau verbreitet wurde.
Seit den 1980er Jahren werden neben den klassischen Populationssorten auch Hybridsorten gezüchtet, die eine bessere Krankheitsresistenz, höhere Erträge (Heterosis-Effekt) und eine geringere Auswuchsneigung aufweisen. Aber die Hybridsorten sind wegen der geringeren Pollenausschüttung anfälliger für Mutterkorn.
Verwendung
Roggen wird besonders in Mittel- und Osteuropa als Brotgetreide verwendet (siehe Roggenbrot).
In Deutschland wird Roggen vor allem in der Tierernährung als Futter und als Brotgetreide eingesetzt. Hier wurden im Jahr 2004 von 635.000 ha 3,9 Mio. t Roggen geerntet. Davon wurden u.a. 706.000 t Brotmehl hergestellt. Seit 2004/05 wird Roggen jedoch auch als Grundlage für die Herstellung von Bio-Ethanol angebaut. Roggen wird auch zur Alkoholherstellung verwendet. Beispielsweise werden die besseren Wodka-Sorten aus Roggen hergestellt. Der in Norddeutschland häufig getrunkene „Korn“ wird ebenfalls meistens aus Roggen hergestellt. Schließlich kann Winterroggen als Gründüngung eingesetzt werden.
Aus Mutterkorn, welches durch einen Pilz entsteht, isolierte Albert Hofmann die psychoaktive Substanz Lysergsäure, die im chemischen Laboratorium zu LSD umgesetzt werden kann.
Backeigenschaften
Die Backeigenschaften des Roggenmehls sind grundsätzlich verschieden zu denen des Weizenmehls. Dies liegt hauptsächlich daran, dass im Roggenteig die Glutenmoleküle durch die Anwesenheit von Pentosanen (Schleimstoffe) kein Klebergerüst zur Gashaltung aufbauen können. Diese Schleimstoffe haben beim Roggen etwa die gleiche Funktion wie der Kleber beim Weizen. Sie sind wichtig für das Wasserbindungs- und Wasserhaltungsvermögen der Mehle während der Teigführung und des Backvorgangs (Reiner et al., 1979, Winterroggen aktuell). Roggengebäcke zeichnen sich im Gegensatz zu Weizengebäcken durch einen dunklen, festen und aromatischen Teig aus, dem aber das "luftige" des Weizenteiges fehlt. Ein Roggenbrot besteht hauptsächlich aus verkleisterter Stärke. Daher sind Roggenteige dichter und enthalten weniger "Luftblasen". Oft werden aus Roggenmehl daher Mischbrote und Brote aus Vollkorn hergestellt. In feuchten Erntejahren besteht häufig die Gefahr des "Auswachsens" der Körner auf dem Halm. Dabei werden Amylasen gebildet, die die Stärke abbauen. Um trotzdem zu verkaufsfähigen Produkten zu kommen, müssen die Roggenmehl-Teige auf jeden Fall gesäuert werden, das heißt, sie müssen einer Sauerteig-Führung (siehe auch Physiologie)unterworfen werden. Reines Roggenbrot ist Pumpernickel, das aus Roggenschrot hergestellt und mehr gedämpft als gebacken wird. Pumpernickel ist eine westfälische Brotsorte. Im Kanton Wallis ist das Roggenbrot eine bekannte Spezialität, das Walliser Roggenbrot
Physiologie
Der vergleichsweise hohe Lysinanteil macht Roggen zu einem wichtigen Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Ernährungsphysiologisch und backtechnisch interessant ist Roggen in der menschlichen Ernährung vor allem durch die so genannten Pentosane (vgl. Hemicellulose). Verschiedenen, z. T. widersprüchlichen Untersuchungen zufolge, sollen die Pentosane und die damit längere Verweildauer des Nahrungsbreis im Verdauungsapparat, eine antikarzinogene Wirkung haben.
Die Pentosane (Arabinoxylate) stellen auch ein Problem bei der Schweinefütterung dar. Neben ihnen enthält der Roggen weitere relativ hohe Anteile an solchen „Nicht-Stärke-Polysacchariden (NSP)“ wie Zellulose, Beta-Glucan, Pektine usw. Die Pentosane quellen und stören den Nahrungstransport. Erst im Dickdarm werden diese „NSP-Substanzen“ durch dort ansässige Mikroben gespalten, was aber nicht mehr zur Energieversorgung des Schweines beiträgt, sondern zu erhöhtem Gasausstoß führt.
Weiterhin sollen phenolische Stoffe (Alkylresorcine), appetitdämpfende und direkt toxische Effekte bewirken. Sie lösen bei empfindlichen Personen eine Dermatitis aus. Die Alkylresorcine befinden sich vor allem in den Randschichten von Roggen- und Weizenkörnern, werden aber durch Backvorgang und Sauerteigführung fast vollständig abgebaut.
Inhaltsstoffe des Roggens
Wasser 9 % Eiweiß 12 % Fett 2,5 % Kohlenhydrate 65 % Ballaststoffe 9,5 % Mineralstoffe 2 %
Angaben je 100 g
- Brennwert 1400 kJ
Calcium 33 mg Eisen 2,67 mg Magnesium 121 mg Phosphor 374 mg Kalium 264 mg Natrium 6 mg Zink 3,73 mg Kupfer 0,450 mg Mangan 2,680 mg Selen 0,035 mg
Thiamin 0,316 mg Riboflavin 0,251 mg Niacin 4,270 mg Pantothensäure 1,456 mg Vitamin B6 0,294 mg Folsäure 0,060 mg Vitamin E 1,870 mg Alpha-Tocopherol 1,280 mg
Tryptophan 0,154 g Threonin 0,532 g Isoleucin 0,549 g Leucin 0,980 g Lysin 0,605 g Methionin 0,248 g Cystin 0,329 g Phenylalanin 0,674 g Tyrosin 0,339 g Valin 0,747 g Arginin 0,813 g Histidin 0,367 g Alanin 0,711 g Asparagin 1,177 g Glutamin 3,661 g Glycin 0,701 g Prolin 1,491 g Serin 0,681 g
Die Zusammensetzung von Roggen schwankt naturgemäß sowohl in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen (Boden, Klima) als auch von der Anbautechnik (Düngung, Pflanzenschutz).
In diesem Zusammenhang von Interesse ist ein wissenschaftlicher Dauerversuch, der an der Martin-Luther-Universität in Halle an der Saale durchgeführt wird: An der dortigen Landwirtschaftlichen Fakultät wird auf einem Feld seit nunmehr 120 Jahren ununterbrochen nur Roggen angebaut, und zwar ohne Düngung. Seit Jahrzehnten liefert das Feld gleich bleibend etwa eineinhalb Tonnen Roggen je Hektar. Dies entspricht etwa einem Drittel des Ertrags, den ein durchschnittliches Vergleichsfeld mit Düngung erzielt, und dies, obwohl dem Boden Jahr um Jahr zentnerweise Kalium, Phosphor und Stickstoff entzogen werden. Dutzende von wissenschaftlichen Veröffentlichungen sind darüber schon erschienen. Das Ganze läuft unter dem Namen Langzeitdüngungsversuch „Ewiger Roggenbau“. Heute sind Erträge zwischen 7 und 8 t/ha durchaus normal. Dies würde bedeuten, dass im „Ewigen Roggenbau“ nur ca. 20 % der möglichen Menge erzielt werden.
Eine moderne Kreuzung aus Weizen und Roggen, Triticale, vereint Eigenschaften beider Arten.
Die größten Roggenproduzenten
Im Jahr 2005 wurden laut FAO weltweit 15,5 Mio. t Roggen geerntet. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die 15 gößten Produzenten von Roggen weltweit, die zusammen 93,9 % der Gesamtmenge ernteten:
Rang | Land | Menge (in Tsd. t) |
Rang | Land | Menge (in Tsd. t) |
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1 | ![]() |
3.630 | 9 | ![]() |
197 |
2 | ![]() |
3.359 | 10 | ![]() |
191 |
3 | ![]() |
2.794 | 11 | ![]() |
164 |
4 | ![]() |
1.184 | 12 | ![]() |
149 |
5 | ![]() |
1.155 | 13 | ![]() |
132 |
6 | ![]() |
748 | 14 | ![]() |
126 |
7 | ![]() |
367 | 15 | ![]() |
112 |
8 | ![]() |
260 | Welt | 15.515 |
Quelle: FAO, Faostat, 2006[1]
Siehe auch: Die größten Getreideproduzenten, Die größten Weizenproduzenten, Die größten Haferproduzenten, Die größten Gersteproduzenten
Quellen
Literatur
- Elisabeth Schiemann: Weizen, Roggen, Gerste. Systematik, Geschichte und Verwendung. 1948
- L. Reiner et al.: Winterroggen aktuell. DLG Verlag, 1979
- Landwirtschaftskammer NRW : Wieviel Roggen im Schweinefutter?, Münster (Westf.) 2006