Julikrise
Als Julikrise bezeichnet man allgemein die Ereignisse im Juli 1914, die auf das Attentat von Sarajevo folgten und schließlich zum Ersten Weltkrieg führten. Ihre Erklärung und Deutung war seit Kriegsbeginn ein immer wieder heftig umstrittenes Thema in den öffentlichen und fachhistorischen Diskursen der kriegsbeteiligten Staaten.
Verlauf
Die Ermordung des Österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Frau am 28. Juni 1914 in Sarajevo lösten eine unheilvolle Aneinanderreihung von Missverständnissen, Fehlurteilen und Überreaktionen aus. Die Hintergründe der Tat sind bis heute nicht vollständig ermittelt. Zwar wurden die Attentäter gefasst, es handelte sich um Mitglieder der pro-serbischen bosnischen Jugendbewegung Mlada Bosna, nur die Hintermänner konnten nicht eindeutig bestimmt werden. In Österreich ging man davon aus, dass es sich um die Geheimorganisation Schwarze Hand handelte, deren Aktivitäten von dem serbischen Ministerpräsidenten gedeckt und toleriert wurden.
Infolge dessen stellte die k.u.k. Monarchie(Österreich-Ungarn) ein Ultimatum an Serbien, dessen Erfüllung als unmöglich, da ehrabschneidend, betrachtet wurde, um so einen Kriegsgrund gegen den südöstlichen Nachbarn zu haben. Mit einer "Blankovollmacht" vom Deutschen Reich gedeckt, welches auf einen Grund für einen Präventivschlag gegen Frankreich und Russland hoffte, ging Österreich in die Auseinandersetzung.
Kontroverse nach 1918
Die Julikrise und die damit verbundene Frage nach dem eigentlichen Kriegsverursacher diente den Siegermächten nach Kriegsende zur Festschreibung der deutschen Alleinschuld in § 231 des Versailler Vertrags. Dies lehnten fast alle Weimarer Parteien ab und leiteten daraus ihren Vertragsrevisionismus ab (siehe Kriegsschuldfrage). Die republikfeindlichen Parteien, vor allem DNVP und NSDAP, benutzten die „Kriegsschuldlüsge“ zur Propaganda gegen die Weimarer Verfassung und Erneuerung militaristischer und imperialistischer Ziele.
Kontroverse nach 1945
Zwischen 1960 und 1985 war das Thema Julikrise erneut Anlass für einen heftigen lang anhaltenden Historikerstreit in der Bundesrepublik Deutschland. Ausgelöst wurde dieser von Veröffentlichungen des Hamburger Historikers Fritz Fischer zum Griff des Kaiserreichs nach der Weltmacht(1961). Seine Kontrahenten waren vor allem Gerhard Ritter, Egmont Zechlin, Karl Dietrich Erdmann und Andreas Hillgruber (siehe „Fischer-Kontroverse“).
Literatur
- Fritz Fischer: Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschlands 1914/1918, Droste, Düsseldorf, 1994, ISBN 3-7700-0902-9
- David Fromkin: Europas letzter Sommer. Die scheinbar friedlichen Wochen vor dem Ersten Weltkrieg, Blessing, München, 2005, ISBN 3-89667-183-9
- James Joll: Die Ursprünge des Ersten Weltkriegs, München, 1988, ISBN 3471778705
- Lüder Meyer-Arndt: Die Julikrise 1914. Wie Deutschland in den Ersten Weltkrieg stolperte, Böhlau, Köln, 2006, ISBN 3-412-26405-9