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Adam Smith

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Adam Smith [smɪθ] (*1723 in Kirkcaldy (Grafschaft Fife, Schottland); † 17. Juli 1790 in Edinburgh) war ein schottischer Moralphilosoph und gilt als Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre.

Adam Smith

Leben

Herkunft

Über Adam Smiths Lebenswerk ist deutlich mehr bekannt als über sein Leben. Sein gleichnamiger Vater, ein Zollbeamter (andere Quelle: Jurist) in Kirkcaldy starb vor seiner Geburt; seine Mutter, Margret Douglas, war die Tochter eines reichen Landbesitzers. Adam Smith und seine Mutter bauten ein sehr inniges Verhältnis auf. Sie war es auch, die ihren Sohn in seiner späteren Ausbildung förderte.

Das genaue Geburtsdatum Adam Smiths ist unbekannt, er wurde jedoch am 5. Juni 1723 in Kirkcaldy getauft.

Im Alter von vier Jahren soll Smith von vorbeiziehenden Zigeunern entführt worden sein. Jedoch hätten ihn die Entführer bei der Verfolgungsjagd verloren, so dass er nach kurzer Zeit wieder nach Hause gebracht werden konnte.

Überliefert ist weiterhin, dass er die Grundschule in Kirkcaldy absolvierte.

Studium

Adam Smith studierte ab seinem 14. Lebensjahr von 1737 bis 1740 an der Glasgow University und besuchte Vorlesungen von Francis Hutcheson, der ihn sowohl in seinen philosophischen als auch ökonomischen Überlegungen beeinflusste. Glasgow zeichnete sich zu dieser Zeit durch einen ökonomischen Aufschwung aus und diente Smith später auch als Objekt seiner ökonomischen Beobachtungen. Sein guter Abschluss im Jahr 1740 brachte ihm ein Stipendium, das ihm ein weiteres Studium ermöglichte.

Von 1740 bis 1746 studierte er Philosophie am Balliol College, Oxford. Sehr wohl fühlte er sich im damals recht beschaulichen Oxford allerdings nicht. Die Atmosphäre empfand er im Vergleich zu Glasgow als rückständig. Unter seinen Kommilitonen hatte er kaum Freunde. Zusätzlich zu den bereits bestehenden antischottischen Vorurteilen verschärfte der Jakobitenaufstand 1745 die Situation. Immer wieder litt er an gesundheitlichen Problemen. So berichtet er in einem Brief an seine Mutter von „einem hartnäckigen Skorbut mit einem Zittern des Kopfes“.

Lehrtätigkeit

1746 kehrte Smith nach Kirkcaldy zurück. Er bemühte sich um eine Anstellung, fand aber keine geeignete. Aufgrund der guten Beziehungen der Familie mütterlicherseits und der Fürsprache des Juristen und Philosophen Lord Kames erhielt er schließlich 1748/49 die Möglichkeit, eine Serie öffentlicher Vorlesungen in Edinburgh zu halten, was damals als Voraussetzung für eine Tätigkeit als Universitätsdozent galt. Seine Themen waren umfassend: Von englischer Literatur und Rhetorik über Philosophie bis zu Jurisprudenz. In akademischen Kreisen konnte Smith eine große Anhängerschaft gewinnen. Seine Zeitgenossen berichten über riesigen Andrang der Studierenden, obwohl diese Vorträge nicht zum offiziellen Lehrprogramm gehörten. Leider ist über den Inhalt der Vorlesungen kaum etwas überliefert, sie konnten nur über Mitschriften der Studenten rekonstruiert werden.

Im Jahre 1751 (andere Quelle: 1750) wurde er im Alter von nur 27 Jahren Professor für Logik an der Universität Glasgow und 1752 Professor für Moralphilosophie, wofür er besser bezahlt wurde und Hutchesons Lehrstuhl somit übernahm. Die Moralphilosophie deckte ein weites Spektrum von Theologie über politische Ökonomie bis hin zu Ethik ab, wobei Smiths Unterrichtsniveau als hoch eingestuft wurde. Seine Studenten waren 14 bis 16 Jahre alt. Unterrichtssprache war Latein, Smith unterrichtete bald jedoch als einer der ersten auf Englisch.

In dieser Zeit entstand seine Freundschaft mit dem Philosophen David Hume.

Sein erstes großes Werk, Theorie der ethischen Gefühle (1759, engl. „The theory of moral sentiments“), wurde zu einem Erfolg und machten ihn rasch bekannt. Es befasste sich mit der menschlichen Natur und ihrem Verhältnis zur Gesellschaft. Nicht eine höhere Instanz, sondern der Mensch selbst setze sich seine Schranken. Smith hatte demnach ein eher positives Bild vom menschlichen Verhalten und steht damit im Widerspruch etwa zu Thomas Hobbes' Leviathan.

Bildungsreise

1763 legte er seine Professur nieder und nahm den finanziell lukrativen Posten des Tutors des jungen Henry Scott, 3rd Duke of Buccleuch an. Dieser war Stiefsohn von Charles Townshends, der von Smith sehr beeindruckt war, und wurde von Smith von Anfang 1764 bis Ende 1766 bei dessen Bildungsreise auf dem europäischen Kontinent (Frankreich, Schweiz) begleitet. Diese dreijährige Tätigkeit brachte Smith eine lebenslange Rente von 300 Pfund Sterling jährlich ein.

Aus dieser Zeit stammte seine Freundschaft mit dem Nationalökonomen Turgot und François Quesnay, den führenden Köpfen des Physiokratismus. Diese Bekanntschaft stellte sicherlich ein Schlüsselerlebnis dar. Weitere Stationen der Reise waren Besuche bei Voltaire in Genf und mit David Hume in den Pariser Salons.

Während dieser Bildungsreise verbrachte er ein ganzes Jahr in Toulouse. Da sein Französisch eher schlecht war und er nicht sehr sprachbegabt war, empfand er diese Zeit als sehr langweilig. Er begann deshalb im Jahr 1764 ein Buch zu schreiben (Der Wohlstand der Nationen). Die Reise musste 1766 abrupt abgebrochen werden, da der jüngere Bruder des Herzogs, der an dieser Reise teilnahm, plötzlich erkrankte und kurz darauf starb.

Letzte Jahre

James Hutton

Nach seiner Rückkehr nach Großbritannien erschien Der Wohlstand der Nationen (1776) und wurde zu einem überwältigenden Erfolg. Schon bald folgten Übersetzungen etwa ins Deutsche. Smith beschreibt erneut die Auswirkungen von Eigeninteresse auf die Gesellschaft. Der Mensch neige zu Handel und Tausch und möchte seine Lebenssituation verbessern. Reichtum ergebe sich durch menschliche Arbeit. Smith beschreibt die Bedeutung der Arbeitsteilung und Spezialisierung für den Wohlstand.

Smith verbrachte die nächsten elf Jahre die meiste Zeit in seiner Geburtsstadt Kirkcaldy. Mit seiner im Jahre 1778 erfolgten Berufung zum Zollkommissar von Schottland zog er in das benachbarte Edinburgh. Im Kampf gegen militante Tee- und Branntweinschmuggler war Smith als Zollkommissar rigoros. In Briefen ist überliefert, wie er das Militär zu Hilfe rief und zusammen mit seinen Kollegen an der Küste alte Schiffsrümpfe als Truppenstützpunkte stationieren ließ. Es gelang ihm innerhalb von zwei Jahren die Sanierung des schwer maroden schottischen Geldwesens. In dieser Zeit entstanden seine Freundschaften zu dem Chemiker Joseph Black und dem Naturforscher und Geologen James Hutton.

Den Siegeszug der Dampfmaschine des befreundeten Erfinders James Watt erlebte Smith nicht mehr, er starb 1790. Nach seinem Tod wurden auf Smiths testamentarischen Wunsch hin zahlreiche private Aufzeichnungen vernichtet.

Smith muss dem Bild des „zerstreuten Professors“ entsprochen haben. Es existiert eine Vielzahl von Anekdoten, die beschreiben, wie er eine vorwiegend geistige Existenz führte. So soll er zeitlebens Selbstgespräche geführt haben und auch einmal im Morgenrock auf der Straße angetroffen worden sein. Andererseits soll Smith überaus höflich gewesen sein. Sein Freund David Hume beschrieb ihn in einem Brief: „Sie werden in ihm einen wahrhaft verdienstvollen Mann finden, wenngleich seine sesshafte, zurückgezogene Lebensweise sein Auftreten und Erscheinungsbild als Mann von Welt getrübt hat.“ Smith machte mehrere Heiratsanträge, die jedoch alle abgelehnt wurden. Er baute eine ansehnliche Privatbibliothek auf.

Werke

Ökonomie

Smiths Wirken in der Ökonomie war vielseitig. So befasste er sich mit Arbeitsteilung, dem Prinzip des freien Marktes, der Verteilungstheorie, der Außenhandelstheorie und der Rolle des Staates (s. unten).

Smiths Vorlesungen in Moralphilosophie bildeten 1759 die Grundlage für die Veröffentlichung seines philosophischen Hauptwerkes Die Theorie der ethischen Gefühle (Originaltitel The Theory of Moral Sentiments). Darin bezeichnet er die Sympathie für die Mitmenschen als Grundlage der Moral und als Triebfeder der menschlichen Arbeit. Etwas später erschien sein Werk On the origin of languages and of the different genius of those which are original and compounded.

1776 erschien sein berühmtes ökonomisches Hauptwerk Wohlstand der Nationen – Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen (Originaltitel: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations), an dem er zwölf Jahre lang zurückgezogen in Kirkcaldy gearbeitet hatte. Das Erscheinen dieses Buches wird als Geburtsstunde der Nationalökonomie angesehen. Zwischen beiden Werken wird oft ein Widerspruch gesehen, der als Adam-Smith-Problem in der ökonomischen Fachliteratur thematisiert wird.

In Wohlstand der Nationen bezeichnet er die Arbeit (industria, industry, daher die Benennung des smithschen Systems als Industriesystem) als Quelle und Maßstab des Wertes. Im Gegensatz zur Anschauung der Merkantilisten und Physiokraten ist ihm jede nützliche Arbeit produktiv. Mit den letzteren bezeichnet er den nicht durch Staatseingriffe gehinderten freien Wettbewerb als Grundlage einer richtigen Arbeitsteilung. Der freie innere und internationale Verkehr bewirkt nach Smith nicht allein eine zweckmäßige örtliche und zeitliche Verteilung von Kräften und Mitteln sowie den Ausgleich von Preisen und Gewinnen, sondern auch die beste Förderung des Gemeinwohls.

Zu Smiths Zeiten gab es die Ökonomie als Wissenschaft im heutigen Sinn noch nicht. So ist es nicht verwunderlich, dass Smith als Moralphilosoph aus heutiger Sicht auf einem fachfremden Gebiet arbeitete, als er seine Arbeiten zur Ökonomie verfasste. Eine der Kernfragen der Ethik, der sich Smith als Moralphilosoph auch widmete, lautet: „Was ist bedeutsamer: das allgemeine, gesellschaftliche Glück oder das persönliche, individuelle Glück?“. Smith bearbeitete sie im Wohlstand der Nationen indem er mit empirischen Schlussfolgerungen arbeitet. Seine Folgerung: Das allgemeine, gesellschaftliche Glück werde maximiert, indem jedes Individuum im Rahmen seiner ethischen Gefühle versucht, sein persönliches Glück zu erhöhen. Durch die unsichtbare Hand werde gleichzeitig auch das allgemeine, gesellschaftliche Glück erhöht. Diese Schlussfolgerung ist zwar im Sinne der Ethik durchweg „praktisch“ und trifft in so mancher Betrachtung auch zu (zum Beispiel ein funktionierender, freier Markt). Ihre Verallgemeinerung auf ein universales Leitprinzip ist jedoch bis heute umstritten. Gerne vergessen aber sowohl Anhänger als auch Kritiker Smiths die Begrenzung des persönlichen Glückstrebens durch die ethischen Gefühle.

Besonders populär geworden ist der von Adam Smith geprägte Begriff der unsichtbaren Hand: Das eigennützige Streben der Menschen trage zum Wohl der gesamten Gesellschaft bei.

Zu berücksichtigen ist hierbei aber, was Smith unter „Gemeinwohl“ versteht. Im „Wohlstand der Nationen“ definiert er den Reichtum eines Staates über die „Summe aus dem Ertrag von Boden und Arbeit“. Der Wohlstand eines Staates steigt also mit der (arbeitsfähigen) Einwohnerzahl. Um den Faktor Arbeit zu vermehren, muss die Nachfrage nach Arbeit (und damit die Lohnhöhe) so weit steigen, dass die unteren Schichten mehr Kinder aufziehen können. Steigt der Lohn über die zur Aufzucht ausreichender Arbeitskräfte nötige Höhe, so wird ihn die übermäßige Vermehrung bald wieder auf die nötige Höhe herabdrücken. Dies funktioniert auch umgekehrt: Vermehrt sich die „Spezies Mensch“ zu stark, so wird ihr durch Nahrungsmittelknappheit eine Grenze gesetzt. Dies geschieht dadurch, dass die meisten der in den fruchtbaren Familien der unteren Schichten geborenen Kinder sterben. (nachzulesen in Kapitel 8: Der Lohn der Arbeit) Die unsichtbare Hand sorgt also dafür, dass die unteren Schichten immer genau die richtige Menge an Arbeitskraft reproduzieren.

Weitere Veröffentlichungen von Adam Smith sind unter anderen A Dictionary of the English Language by Samuel Johnson, das er 1755 anonym veröffentlichte und mehrere Essays unter dem Titel Essays on Philosopical Subjects, die 1795 nach seinem Tod veröffentlicht wurden.

Smith verbrannte im Beisein seiner Freunde alle Notizen und Manuskripte. Er wollte so verhindern, der Welt etwas Unfertiges zu überlassen.

Das Wirtschaftsystem nach Adam Smith besteht aus vier haupten Säulen/Erkenntnissen:

1. Alle Marktakteure handeln individuell gewinnmaximierend; 2. Angebot und Nachfrage regeln den Preis -> Wettbewerbsprinzip (Regulierung der Produktion); 3. Der Markt wirkt "wie durch eine unsichtbare Hand" als sozialveträglich regulierend; 4. Der Staat wirkt nur indirekt am Markt, indem er für die Bereitsstellung der öffentlichen Güter zuständig ist und die Rahmenbedingungen und Rechtsordnung schafft.

Smith sah den gesellschaftlichen Wohlstand in einem System der natürlichen Freiheit am besten verwirklicht. Er geht als Grundprinzip davon aus, dass durch die Verfolgung privater Interessen immer zugleich auch öffentliche Interessen erfüllt werden.

Logische Konsequenz ist ein bürgerlicher Rechtsstaat, der kein eigenes Interesse wahrnimmt, sondern nur gesellschaftliche Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt. Dem Staat kommen nach Smith vier zentrale Aufgaben zu:

  1. Organisation der Landesverteidigung;
  2. Schutz jedes Mitgliedes der Gesellschaft vor Ungerechtigkeit und/oder Unterdrückung;
  3. Errichtung und Unterhalt von öffentlichen Anstalten, deren Errichtung oder Erhaltung durch Private nicht möglich wären, aber dennoch für die Allgemeinheit bedeutsam sind. Zum Beispiel sind das Unterrichts- und Transportwesen;
  4. Durchsetzung des Privateigentums.

Die allgemeine Bildung durch den Staat zu sichern, war für Smith ein sehr wichtiges Thema, da er sehr wohl die Gefahren der von ihm propagierten Arbeitsteilung sah. Damit ist die Verdummung von Arbeitern gemeint, die nur wenige Handgriffe ausführen. Der Staat soll dem „einfachen Volk“ Schulausbildung zugänglich machen und es sogar, nach seinen Worten, dazu zwingen. Durch diese gebotene Bildung werde dem einfachen Mann ein Aufstieg aus seiner durch Geburt vorgegebenen Situation ermöglicht, welchen er durch eigenen Fleiß erreichen könne.

Die zentrale Funktion des Staates bleibe aber, das Privateigentum vor Übergriffen zu schützen. Aus obigen Gründen ergibt sich, dass Smith kein Vertreter eines reinen Nachtwächterstaates war.

Smith lebte im Zeitalter des britischen Merkantilismus und konnte daher aus politischen Gründen einige seiner Vorstellungen zum Staat nicht klar ausformulieren. Er war wohl ein Befürworter eines parlamentarisch-republikanischen Staates im Gegensatz zu der herrschenden Monarchie.

Die Schriften von Smith bildeten neben anderen das theoretische Fundament des späteren Manchesterliberalismus.

Kritik

Der Großteil der vorgefundenen Kritik an Smiths Theorien beruht auf einem grundlegenden Missverständnis von Smiths Werken. Will man Smiths Theorien gerecht kritisieren, so muss man seine Werke in ihrer Gesamtheit betrachten. Das heißt, der Wohlstand der Nationen steht nicht für sich allein, sondern ist unter anderem gemeinsam mit Smiths erstem Hauptwerk Die Theorie der ethischen Gefühle zu betrachten. Erst durch eine sorgfältige Betrachtung lässt sich eine Kritik einbringen, die Smith auch gerecht wird.


Eine besondere Rolle spielt die Kritik von Karl Marx an Adam Smith, die sich im Band II des "Kapital", (MEW 24), Seite 370 ff. und im Band I der "Theorien über dem Mehrwert" (MEW 26.1), Seite 69 ff. findet, sowie ihm folgend bei Rosa Luxemburg in ihrer Schrift "Die Akkumulation des Kapitals" (Gesammelte Werke Band V) Seite 27 – 30, bei Nikolai Bucharin in "Der Imperialismus und die Akkumulation des Kapitals" Seite 59 und bei Henryk Grossmann in "Das Akkumulations- und Zusammenbruchsgesetz des kapitalistischen Systems" Seite 102 Fußnote 56 (neuere Belege sind mir nicht bekannt). Sie alle werfen Adam Smith vor, er habe bei der Analyse des Warenwertes bzw. Preises den übertragenen Wert des konstanten Kapitals übersehen. Sie beziehen sich dabei auf den ersten Band seines Werkes "Wealth of Nations" [= Der Reichtum der Nationen], wo er im sechsten Kapitel auf Seite 42 schrieb:

"In dem Preis des Korns z.B. zahlt ein Teil die Rente des Grundbesitzers. Ein anderer Teil zahlt den Lohn und Unterhalt der Arbeiter und des Arbeitsviehs, die in seiner Produktion beschäftigt waren, und der dritte Teil zahlt den Profit des Pächters. Diese drei Teile scheinen entweder unmittelbar- oder in letzter Instanz den ganzen Preis des Korns auszumachen" (zitiert nach: Karl Marx "Das Kapital" Band II, MEW 24, Seite 373, Text von mir redigiert, Hervorhebung von mir).

Und am selben Ort sagt Smith auf Seite 43:

"Arbeitslohn, Profit und Bodenrente sind die drei Urquellen sowohl alles Einkommens als <auch> alles Tauschwertes. Jedes andere Einkommen ist in letzter Instanz von einer derselben abgeleitet" (zitiert nach Karl Marx "Das Kapital" Band II, MEW 24, Seite 372, Text von mir redigiert).

Diese Kritik an ihm ist aber ebenso völlig unberechtigt wie übrigens auch die Kritik an ihm in Marx: "Theorien über den Mehrwert" Band I, MEW 26.1, Seite 96f., 112f., 131ff. Allein die Redewendung "scheinen ... den ganzen Preis des Korns auszumachen" in dem ersten Zitat zeigt ziemlich deutlich, dass Smith hier selbst auf etwas hinweist, was zu fehlen "scheint", nämlich das konstante Kapital. Das dieses gemeint ist, zeigt die Fortführung des Zitates (siehe weiter unten) eindeutig. Außerdem führt Adam Smith hier die Bodenrente vor dem Arbeitslohn und Profit an, während sie doch eigentlich ein Teil des Profits ist und von diesem abgezogen werden muß, wie noch sein Nachfolger David Ricardo beklagte. Das läßt sich im Zusammenhang mit seiner merkwürdigen Formulierung nur so erklären, daß er die Bodenrente hier als Teil des angewandten Kapitals auffaßte, nämlich konkret als Teil des (zirkulierenden) konstanten Kapitals, zu dem das Rohmaterial und die Hilfsstoffe gehören. Er faßte die Grundrente also als ideellen, d.h. vorgestellten (weil nicht stofflichen) Hilfsstoff auf, etwa vergleichbar mit der Elektrizität. Der "Arbeitslohn" (den er in Anlehnung an die Physiokraten aber im Gegensatz zu Marx völlig korrekt auch auf den Unterhalt des Viehs ausdehnte) bezeichnet das (zirkulierende) variable Kapital und der "Profit" den Mehrwert. Zusammen also Tauschwert = konstantes Kapital + variables Kapital + Mehrwert.

Aber selbst wenn diese Deutung falsch sein sollte (was unwahrscheinlich ist, denn von Adam Smith hatte es offenbar auch J.B. Say übernommen und daraus seine "Produktionsfaktorentheorie" entwickelt), dann zeigt die Fortsetzung des obigen ersten Zitates, daß Smith sehr wohl um die Rolle- und Bedeutung des konstanten Kapitals wußte, denn er schreibt weiter:

"Ein vierter Teil scheint notwendig zu sein, um das Kapital des Pächters zu ersetzen oder um den Verschleiß seines Arbeitsviehs- und seiner anderen Ackergeräte zu ersetzen" (zitiert nach: Karl Marx: "Das Kapital" Band II, MEW 24, Seite 373, Text von mir redigiert).

Das "Kapital des Pächters" meint hier das Saatgut, also das (zirkulierende) konstante Kapital, der "Verschleiß seines Arbeitsviehs und seiner anderen Ackergeräte" bezeichnet das (fixe) konstante Kapital (zu dem Bauten, Maschinen und Werkzeuge gehören). Adam Smith hatte also den Preis, - den er mit dem Wert gleichsetzte - ,sehr wohl korrekt als aus konstantem + variablem Kapital + Mehrwert bestehend erfaßt und beschrieben. Daß er die Miteinbeziehung des konstanten Kapitals an der obigen Stelle ablehnte, geschah allein, weil er dort auf die grundlegenden Teile Bezug nahm und das konstante Kapital selbst aus den von ihm vorher genannten drei Teilen zusammengesetzt ist. Daß diese Auffassung richtig ist, ergibt sich zum einen aus seiner späteren Aussage an der zitierten Stelle:

"Obwohl der Preis des Korns daher sowohl den Preis als <auch> den Unterhalt des Pferdes ersetzen mag ..."

Dies zeigt deutlich, daß er das konstante Kapital (genauer: das fixe konstante Kapital, zu dem der Anschaffungspreis des Pferdes rechnet; den Unterhalt des Pferdes rechnet er dem zirkulierenden variablen Kapital, nicht dem zirkulierenden konstanten Kapital zu, siehe oben das Zitat von ihm) sehr wohl in die Berechnung des Preises einbezog. Zum anderen ergibt sich die Berechtigung der obigen Deutung auch aus Seite 222 von Band II seines zitierten Werkes, wo er schreibt:

"Das ganze Jahresprodukt des Bodens- und der Arbeit jedes Landes ... teilt sich natürlich {oder: von Natur aus, wörtlich: "naturally"} in zwei Teile. Einer derselben, - und oft der größte - ,ist zunächst <dazu> bestimmt, ein Kapital zu ersetzen und die Lebensmittel, Rohstoffe und fertigen Produkte zu erneuern, die aus einem Kapital entnommen wurden; der andere ist <dazu> bestimmt, sei es für den Eigentümer dieses Kapitals als sein Kapitalprofit, sei es für jemand anderes als Rente seines Grundbesitzes Einkommen zu bilden" (zitiert nach: Karl Marx: "Das Kapital" Band II, MEW 24, Seite 370, Text von mir redigiert, Einfügung in geschweiften- und spitzen Klammern- und Hervorhebung von mir).

Das "zu ersetzende Kapital" besteht also

  1. aus "Lebensmitteln", die hier den Arbeitslohn bezeichnen, der zum (zirkulierenden) variablen Kapital gehört,
  2. aus "Rohstoffen", die das (zirkulierende) konstante Kapital-
  3. und aus "fertigen Produkten", die das (fixe) konstante Kapital (Landbesitz, Bauten, Maschinen) beschreiben,
  4. während der "Profit" und die "Rente" hier als ein Teil behandelt werden und mit dem Mehrwert gleichzusetzen sind.

Insgesamt ist also auch hier der Gesamttauschwert als aus konstantem (genauer: zirkulierendem konstantem + fixem konstantem) + variablem Kapital (genauer: zirkulierendem variablem Kapital) + Mehrwert (genauer: Profit und/oder Rente) zusammengesetzt korrekt beschrieben.

Doch am deutlichsten wird die Kenntnis der korrekten Zusammensetzung des Tauschwertes durch Adam Smith im 6. Kapitel von Band I seines zitierten Werkes, wo er schreibt:

"Sobald sich Kapital" [englisch wörtlich: "stock"] "in den Händen einzelner angehäuft hat, werden es einige von diesen natürlicher Weise anwenden, um fleißige Leute an die Arbeit zu setzen und diesen Rohstoffe- und Lebensmittel zu liefern, um durch den Verkauf der Ergebnisse von deren Arbeit oder: durch das, was deren Arbeit dem Wert jener Rohstoffe hinzugefügt hat, einen Profit zu machen" (zitiert nach: Karl Marx: "Das Kapital" Band II, MEW 24, Seite 16, Text von mir redigiert).

Auch hier ist der Tauschwert also mit "Rohstoffen" = (zirkulierendem) konstantem Kapital, "Lebensmitteln" = (zirkulierendem) variablem Kapital und "Profit" = Mehrwert richtig zusammengesetzt beschrieben. Für die Kritik von Karl Marx, Rosa Luxemburg, Nikolai Bucharin und Henryk Grossmann gibt es daher keinerlei sachliche Grundlage, sie beruht allein auf dem Mißverständnis der Smith’schen Begriffe durch Marx. Die Aussage von Grossmann, Marx habe

"… im "Kapital" den 'närrischen Schnitzer' A.Smiths, daß die ganze Neubildung von Kapital zur Bezahlung von Arbeitslöhnen verwendet wird, aufgedeckt und mit der ganzen Schärfe seiner Kritik widerlegt …" (Henryk Grossmann: "Das Akkumulations- und Zusammenbruchsgesetz des kapitalistischen Systems" Seite 102 Fußnote 56, Text von mir redigiert),

ist daher ebenso schlicht Humbug wie die Aussage Bucharins, Marx habe

"… in die Frage der Reproduktion des gesellschaftlichen Kapitals vor allem dadurch Klarheit gebracht, daß er das seit den Zeiten Adam Smiths herrschende Dogma von der Zerlegung des Wertes der Waren in Einkommen, und nur in Einkommen, aufs genaueste zerpflückte und zerstörte. Die Analyse von Marx <habe> gezeigt, daß dieses 'Dogma' das konstante Kapital außer acht läßt" (N.Bucharin "Der Imperialismus und die Akkumulation des Kapitals" Seite 59, Text von mir redigiert, in spitzen Klammern Einfügung von mir).



Heute wird Smith als so bedeutender Wirtschaftstheoretiker angesehen, dass er die am 30. Oktober 2006 vorgestellte, neue 20-Pfund-Sterling-Banknote ziert.[1]

Quellen

  1. Allen, Vannessa: "Why not Winston: Anger as little known Scot gets on new note." Daily Mirror, 31. Oktober 2006, S. 17.

Werke

Literatur

  • Thomas Rommel & Helen Winter, Adam Smith: Der Wohlstand der Nationen München: dtv, 3. Auflage 2006, ISBN 3-423-30708-0
  • Thomas Rommel, Das Selbstinteresse von Mandeville bis Smith Heidelberg: Winter, 2006, ISBN 3-8253-5239-0
  • Karl Ballestrem, Adam Smith Frankfurt: Beck, 2003 ISBN 3593372932
  • Peter Bendixen, Der Traum vom Wohlstand der Nationen. Kritik der ökonomischen Vernunft Wien: Universitätsverlag, 2005 ISBN 3851148878
  • Gerhard Streminger, Adam Smith. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten Reinbek: Rowohlt TB, 1989, 2. Aufl. 1999, 158 Seiten ISBN 3499504405
  • Gerhard Streminger, Der natürliche Lauf der Dinge. Essays zu Adam Smith und David Hume Marburg: Metropolis, 1995 (256 Seiten)

Siehe auch

Wikisource: Adam Smith (englisch) – Quellen und Volltexte