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Ingenieur

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Ingenieur (Abk.: Ing.) ist die Berufsbezeichnung für Hochschulabsolventen der Ingenieurwissenschaften. Sie beschäftigen sich mit den in der Natur vorhandenen Materialen und Kräften, um sie zum Wohle und Fortschritt der Menschheit anzuwenden. Der Begriff geht auf Sebastien le Pestre de Vauban zurück, den Festungsbaumeister von Ludwig XIV., und wird vom lateinischen Titel "ingeniarius" (Festungsbaumeister) abgeleitet, den auch Leonardo da Vinci trug.

Ingenieure zeichnen sich durch analytisches Denkvermögen, gute theoretische und anwendungsorientierte Fachkenntnisse, verbunden mit praxisorientierten und auf kurzfristige Umsetzung bedachte Vorgehensweisen aus; außerdem verfügen sie über eine weitgestreute gute technische Allgemeinbildung. Die Hauptaufgabe des Ingenieurs stellt der Entwurf von Systemen dar. Dabei handelt es sich um einen komplexen Prozess, bei dem sowohl analytische Fähigkeiten als auch Kreativität eine große Rolle spielen. Die Entwurfstätigkeit ist eine schöpferische Tätigkeit, bei der der Ingenieur sein Wissen einsetzt, einem System eine bestimmte Funktion, Form oder Materialeigenschaft zu geben. Ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung eines Systems spielt aus Wettbewerbsgründen die Zeit. So muss sich der Ingenieur in der Praxis häufig mit einer nichtidealen Lösung zufrieden geben, die aber dennoch als gut einstufbar ist.

Ingenieure sind in fast allen Bereichen der Wirtschaft tätig. Die Berufsmöglichkeiten in den Unternehmen sind vorwiegend die Bereiche Beratung, Entwicklung, Planung, Fertigung, Messung (Chemische und Physikalische Untersuchungen), Gutachtenerstellung, Programmierung, Prototyping (Produktentwicklung), Vertrieb, Marketing, Steuerung (Produktions-, Prozess-), Konstruktion, Technische Dokumentation, Controlling und im Management. Ingenieure arbeiten außerdem als selbständige Unternehmer, als Angestellte in Ingenieurbüros oder bei Behörden.

Die Industrie basiert hauptsächlich auf ingenieurmäßiger Umsetzung technischen Wissens wie die Telekommunikation, die KFZ-Industrie, die Computertechnik, die Energieversorgung usw.

Die Ingenieure stellen die Berufsgruppe mit der größten Beteiligung an Erfindungen dar.

Länderspezifische Informationen

Deutschland

Die Ausbildung zum Ingenieur und das Führen der Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur ist landesrechtlich geregelt. Akademisch werden Ingenieure an Hochschulen ausgebildet, nichtakademisch an Berufsakademien.

Seit 1992 verleihen Hochschulen den akademischen Grad zusammen mit der Hochschulbezeichnung Diplomingenieur (Fachhochschule) (Dipl.-Ing. (FH)) bzw. Diplomingenieur (Dipl.-Ing.). Nach einer Promotion in den Ingenieurswissenschaften wird der akademische Grad eines Doktor der Ingenieurwissenschaften (Doktor-Ingenieur, Dr.-Ing.) vergeben.

Absolventen staatlich anerkannter Berufsakademien erhalten eine staatliche Abschlussbezeichnung als Dipl.-Ing. (BA) bzw. Ingenieur (Berufsakademie).

Absolventen früherer Ingenieurschulen bzw. deren Vorgängereinrichtungen können nach landesrechtlicher Regelung die vormals verliehene staatliche Bezeichnung Ing.(grad.) weiterführen oder sich als staatliche Bezeichnung Dipl.-Ing. (FH) nennen. An staatlich anerkannten Bergakademien oder Bergschulen ausgebildete Betriebsführer (Bergbau) führen ebenfalls die Berufsbezeichnung „Ingenieur“.

Absolventen technischer Fachrichtungen von Fach- oder Ingenieurschulen der DDR erhielten generell die Berechtigung die Berufsbezeichnung 'Ingenieur' zu führen. Diese Berechtigung ist durch Einigungsvertrag fortgeltend. Ausbildungen mit wirtschaftlichem oder pädagogischem Schwerpunkt führen die Bezeichnungen Ingenieur-Ökonom oder Ingenieur-Pädagoge.

Die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ ist in der Bundesrepublik Deutschland erst seit Anfang der siebziger Jahre gesetzlich geschützt und wird seither nur an Absolventen entsprechender Einrichtungen verliehen. Zuvor durften (und dürfen weiterhin) auch Personen ohne eine Ingenieurausbildung, aber mit langjähriger einschlägiger Berufspraxis die Standesbezeichnung „Ingenieur“ führen.

Ingenieure sind in den jeweiligen Berufsverbänden oder auch fachübergreifend, beispielsweise im Verein Deutscher Ingenieure (VDI), organisiert.

Ein „Beratender Ingenieur“ muss bestimmte gesetzlich festgeschriebene Vorgaben erfüllen und sich in die „Liste der Beratenden Ingenieure“ der Ingenieurkammer seines jeweiligen Bundeslandes eintragen. Die Berufsbezeichnung Beratender Ingenieur für einen freiberuflich tätigen Ingenieur ist landesrechtlich geschützt.

Aufgrund des Bologna-Prozesses haben bereits heute die meisten Fachhochschulen und Universitäten auch ihre Ingenieurstudiengänge auf den Abschluss Bachelor oder/und Master umgestellt. Hierbei blieb die Anzahl der theoretischen Studiensemester für den Bachelor-Abschluss zumeist gleich. Der akademische Grad lautet „Bachelor of Engineering“ (B.Eng.) oder „Bachelor of Science“ (B.Sc.), oder „Master of Engineering“ (M.Eng.), „Master of Science“ (M.Sc.).

Österreich

Die Ausbildung zum Ingenieur und die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur ist bundeseinheitlich geregelt. In Österreich werden Ingenieure mit wissenschaftlich fundierter Ausrichtung traditionell an technischen Universitäten und Ingenieure mit fachpraktisch fundierter Ausrichtung and Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) im nichtuniversitärem Postsekundärbereich ausgebildet. Im Rahmen des EU-Beitrittes wurden im Jahr 1994 die Fachhochschulen gegründet, akademisch ausgebildete Ingenieure mit fachpraktischem Schwerpunkt und wissenschaftlicher Orientierung werden seitdem an Fachhochschulen ausgebildet.

In Österreich ist der Titel Ingenieur eine Standesbezeichnung, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit verliehen wird. Voraussetzung hierfür ist die Reife- und Diplomprüfung einer österreichischen Höheren Technischen Lehranstalt oder einer Höheren Land- und Forstwirtschaftlichen Lehranstalt, sowie der Nachweis einer mindestens dreijährigen ingenieurmäßigen Tätigkeit. Ohne Reife- und Diplomprüfung, aber mit nachgewiesenen gleichwertigen Fachkenntnissen kann der Ingenieurtitel auch nach sechs Jahren Praxis verliehen werden. Es ist hierzu eine kommissionelle Ingenieurprüfung abzulegen, die Gleichwertigkeit der Kenntnisse als Prüfungsvoraussetzung wird vom Ministerium für Wirtschaft- und Arbeit streng geprüft nach Maßgabe der Dinge. Zusätzlich gibt es auch den Diplom-HTL-Ingenieur, der sechs Jahre Praxis, sowie eine Diplomarbeit auf FH-Niveau und eine kommissionelle Diplomprüfung ablegen muss. Diese Möglichkeit der akademischen Nachqualifizierung für HTL-Ingenieure war für die Übergangsphase nach Einführung der Fachhochschulen gedacht und läuft mit 31. Dezember 2006 aus (Ingenieurgesetznovelle 2006). Den Absolventen der technischen Diplom- bzw. Magisterstudien der Technischen (und anderer) Universitäten und der Universität für Bodenkultur Wien wird der akademische Grad Diplom-Ingenieur (Abk.: Dipl.-Ing. oder DI), den Fachhochschulen der akademische Titel Dipl.-Ing. (FH) auf Master-Niveau verliehen. Die Absolventen beider Studienformen werden für ein anschließendes Doktoratsstudium zugelassen, wobei sich die Mindeststudiendauer der FH-Absolventen gegenüber den TU-Absolventen um 2 Semester verlängert.

Der reglementierte Beruf beratender Ingenieur bzw. die Zugangsvoraussetzung zum Betreiben eines Ingenieurbüros wird geregelt in der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über das BGBL. II 89/2003 (Zugangsvoraussetzungs-Verordnung für reglementierte Gewerbe Technische Büros - Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure).

Die Berufsvoraussetzung ist gegeben für Personen die a) eine technische Hochschule oder Fachhochschule und eine mindestens 3-jährige fachliche Tätigkeit im betreffenden Fachgebiet, oder b) eine dem Fachgebiet entsprechende HTL (Höhere techniche Lehranstalt bzw. entsprechende Sonderform HFL) und eine mindestens 6-jährige fachliche Tätigkeit im betreffenen Fachgebiet, und c) eine Befähigungsprüfung gemäß Gewerbeordnung 1994, BGBL. Nr. 111/2002, nachweisen. (Quelle: www.ingenieurbueros.at)

Personen die für das reglementierte Gewerbe Ingenieurbüro/beratende Ingenieure in Österreich zugelassen sind dürfen dieses auch in den anderen EU Ländern ausüben (EU Diplomanerkennungsrichtline für reglementierte Berufe).

Als Ingenieurvereine haben sich in Österreich der VÖI (Verein österr. Ingenieure) und ÖIAV (Österr. Ingenieur- und Architektenverein) seit vielen Jahren erfolgreich etabliert. Das österreichische Ingenieurregister wird vom Ministerium für Wirtschaft und Arbeit geführt.

Fachrichtungen

Bekannte ingenieurwissenschaftliche Fachrichtungen sind:

Zitate

  • "Ich war der oberste Leiter jedes Werkes, und alle Werkstätten standen unter meinem Befehl. Ich war groß über alle Begriffe, immer machtvoll und hatte keine Unglücke. Ich war der Aufseher aller Aufseher und irrte mich nie." Grabinschrift eines Ingenieurs, der beim Pyramidenbau in Ägypten beteiligt war.
  • "Dem Ingenieur ist nichts zu schwer" aus dem Ingenieurslied (1871) von Heinrich Seidel; Variante: "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör" von Dr. Erika Fuchs, Übersetzerin des Daniel Düsentrieb (Gyro Gearloose)
  • "Die Zeichnung ist die Sprache des Ingenieurs" (Ursprung möglicherweise: Karl Culmann)

Literatur

  • Walter Kaiser, Wolfgang König (Hrsg.): Geschichte des Ingenieurs. Ein Beruf in sechs Jahrtausenden, Carl Hanser Verlag, München, Wien, 2006, ISBN 3446404848

Siehe auch

Wiktionary: Ingenieur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen