Georg Friedrich Händel

Georg Friedrich Händel (* 23. Februar 1685 in Halle (Saale); † 14. April 1759 in London) war ein deutscher Komponist des Barock, der vor allem durch seine zahlreichen Opern zu großer Bekanntheit gelangte. Zu seinem Hauptwerk zählen rund 40 Opern und 25 Oratorien, darunter Messiah. Händel hat in allen musikalischen Gattungen seiner Zeit Kompositionen hinterlassen.
Herkunft und Jugend

Händels Vater Georg (1622-1697) war Barbier und Wundarzt lutherischer Konfession und hielt eine Stelle als Hofchirurg beim Herzog von Sachsen-Weißenfels, so dass die Familie Kontakt mit dem ca. 30 km entfernt residierenden Hof hatte. Als Georg Händels erste Frau 1682 starb, heiratete er kurze Zeit später die 32-jährige Dorothea Taust (1651-1730), Tochter eines Pfarrers. Das erste Kind aus dieser zweiten Ehe starb 1684 bei der Geburt, nach Georg Friedrich folgten noch zwei Schwestern, Johanna Christina (1690-1709) und Dorothea Sophia (1697-1718), mit denen und mit deren Kindern Händel zeitlebens Kontakt hielt.

Die einzige Quelle für die Jugend des Komponisten ist John Mainwarings 1760 veröffentlichte Biographie, die auf Mitteilungen von Händels langjährigem Assistenten John Christopher Smith jun. basiert. Ihm zufolge nahm Georg Händel seinen Sohn, noch bevor dieser acht Jahre alt war, mit nach Weißenfels. So lernte der Kleine die Hofmusiker kennen und spielte in Anwesenheit des Herzogs auf der Orgel. Dieser erkannte sofort das Talent des Knaben und sprach ernsthaft mit dem Vater, der seinen Argumenten nachgab, obwohl er sich selbst nicht für Musik interessierte.
Nach der Rückkehr wurde Händel ein Schüler von Friedrich Wilhelm Zachow (oder Zachau), dem Organisten der Liebfrauenkirche. Von ihm bekam er Unterricht in Komposition, auf Tasteninstrumenten sowie Oboe und Violine. Sein Lehrer ließ ihn auch viel Vokalmusik schreiben. Jede Woche war auch eine Motette zu komponieren. Gemäß Mainwaring wurde Händel mit zwölf an den Hof in Berlin geschickt, wo er großen Eindruck hinterlassen haben soll. Der brandenburgische Kurfürst (später König Friedrich I. in Preußen) soll angeboten haben, den Jungen nach Italien zu schicken und anschließend am Hof in Berlin anzustellen.
Verschiedene Fakten in dieser Geschichte sind jedoch nachweislich falsch, so dass dieser Besuch in Berlin möglicherweise erst einige Jahre später stattgefunden hat, nachdem Händels Vater 1697 gestorben war. Händel führte jedenfalls seine Schul- und musikalische Ausbildung bis zum Ende fort und besuchte ab 1702 die neu gegründete Universität in Halle, um Rechtswissenschaft zu studieren. Im gleichen Jahr übernahm er jedoch den Organistenposten am Hallenser Dom.
Hamburg
Erste Jahre in London

Im Oktober 1712 kehrte Händel nach London zurück, wo er – abgesehen von Reisen – den Rest seines Lebens verbrachte. Er wohnte zunächst ein Jahr bei einem reichen Musikliebhaber in Barn Elms, Surrey. Drei weitere Jahre lebte er beim Earl of Burlington in der Nähe von London. Die Hauptwerke dieser Periode sind zwei italienische Opern und das Utrechter Te Deum im Auftrag von Queen Anne, nach dessen Aufführung sie ihm eine lebenslange Pension von £ 200 gewährte.
Obwohl Händel seine Abwesenheit vom Hof in Hannover weit überdehnte, ist kein Versuch des Kurfürsten Georg dokumentiert, ihn an seine Verpflichtung zu erinnern. Im September 1714 kam der Kurfürst als König George I. von England nach London. Für ihn schrieb Händel die Wassermusik, die bei einem Fest auf der Themse wahrscheinlich erstmals 1717 aufgeführt wurde. Der König verdoppelte Händels Gehalt, und später wurde Händel Musiklehrer der Prinzessinnen und bekam weitere £ 200 von Prinzessin Caroline. 1716 folgte er dem König nach Deutschland, wo er eine zweite deutschsprachige Passion nach der beliebten Dichtung von Barthold Heinrich Brockes schrieb. Dies war Händels letztes Werk auf einen deutschen Text.
Nach seiner Rückkehr nach England trat er in die Dienste des Earl of Carnavon (später Duke of Chandos) und leitete dessen Konzerte. Händels Musik, die er für die Herzogsresidenz Cannons in Edgware schrieb, umfasst die ersten Fassungen von Esther und Acis and Galatea sowie die zwölf Chandos Anthems. Für das Cembalo schrieb er die 1720 veröffentlichten Suites de Pièces pour le Clavecin, die u.a. den bekannten Variationenzyklus enthalten, der später den Namen The Harmonious Blacksmith erhielt.
Blüte der Oper
Opern
Händels 46 Opern folgen dem Typus des Dramma per musica, der aus einer Folge von Secco-Rezitativen und Da-capo-Arien besteht. Im Laufe der Zeit entwickelte er die Oper weiter, ohne mit der etablierten Form zu brechen. So setzt er Accompagnato-Rezitative (etwa im Orlando) ein, um besonders intensive Gefühlzustände einer Figur darzustellen. Gelegentlich bricht er Arien nach dem B-Teil ab und fügt Rezitative ein, bevor das Dacapo einsetzt.
Neben Soloarien gibt es Duette, seltener Terzette, und ein einziges Quartett. Chöre schrieb Händel anfangs nur für die Finals, wo sie von den Protagonisten gesungen werden, erst ab 1735 scheint er über einen eigenständigen Chor verfügt zu haben. Im gleichen Jahr schrieb er für die in Covent Garden gespielten Opern Alcina und Ariodante Ballettnummern, weil ihm dort eine Ballettgruppe zur Verfügung stand.
Die Ouvertüren folgen dem von Lully geprägten französischen Typus. Die Libretti sind oftmals aus venezianischen Vorlagen abgeleitet, entgegen der allgemeinen Popularität von Metastasio-Texten benutzte Händel nur dreimal Libretti dieses Dichters.
Orchestermusik
Entsprechend den Gepflogenheiten der Zeit ist der Großteil von Händels Orchesterwerken für Opern- und Oratorienaufführungen entstanden, d.h. als Ouvertüren und Zwischenaktmusiken. Zu den separat herausgegebenen Konzerten gehörten die 6 sog. Oboenkonzerte op. 3, die 1734 veröffentlicht, aber wesentlich früher zu verschiedenen Gelegenheiten geschrieben wurden, sowie die 12 Concerti grossi op.6 von 1739. Diese entsprechen der von Corelli benutzten Form. Die Satzabfolge ist die der Kirchensonate, aber Händel geht vor allem in der Wechselwirkung zwischen Concertino und Tutti eigene Wege.
Händels Orgelkonzerte sind seine eigene Erfindung und stehen zusammen mit Bachs Cembalokonzerten am Anfang der Entwicklung des Konzerts für Tasteninstrument. Händel spielte den Solopart auf dem Orgelpositiv des Theaters, in der veröffentlichten Fassung wurde auch das Cembalo als mögliches Soloinstrument angegeben. Gegenüber den 6 Konzerten op. 4 (veröffentlicht 1738) zeichnen sich die beiden aus der "Second Series" (veröffentlicht 1740, das erste mit dem Beinamen "The Cuckoo and the Nightingale") und die 6 posthum veröffentlichten Konzerte op.7 dadurch aus, dass viele Stellen und ganze Sätze als "ad libitum" gekennzeichnet wurden, die Händel also während der Aufführungen improvisierte. Wahrscheinlich wurden in op. 7 verschiedene Konzerte und Sätze aus seinem letztem Jahrzehnt vom Verleger zusammengestellt.
In den Jahren 1747-1748 schrieb Händel drei Concerti a due cori, in denen das Orchester in zwei Bläserchöre (Oboen, Fagott, Hörner) und das Streichensemble aufgeteilt ist. Das musikalische Material für diese Konzerte stammt im wesentlichen aus Chorsätzen, z.B. aus dem Messiah.
Als Freiluftmusik konzipiert und Gelegenheitskompositionen sind die Wassermusik für Bootsfahrten auf der Themse, die nach heutiger Kenntnis in mehreren Schüben in den 1710er und 1720er Jahren entstanden ist, und die Feuerwerksmusik von 1749, die anlässlich des am 7. Oktober 1748 geschlossenen Aachener Friedens von König Georg II bestellt wurde und 1749 in London uraufgeführt wurde. Bei der Hauptveranstaltung versagte allerdings das Feuerwerk - das entsprechende Gebäude ging in Brand auf. Die Orchesterbesetzung war vom König ausdrücklich so gewünscht worden, als "Ouvertüre für Militärinstrumente". Beide sind breit angelegte Suiten, in denen sich lebhafte Tanzsätze, Airs und konzertante Sätze abwechseln.
Arbeitsstil

Händel berichtet zwar in seinen überlieferten Briefen wenig von seiner Kompositionsarbeit, aber seine Arbeitsweise lässt sich in etwa an seinen späteren Autographen nachvollziehen. Er begann die Niederschrift einer Partitur mit einer Datierung, arbeitete dann die Grundgedanken wie Melodien und Begleitungen aus und schloss wiederum mit einer Datierung ab. Dann erst schrieb er Rezitative, Mittelstimmen und andere weniger wichtige Partien nieder. Den Abschluss bildete stets die Formel SDG ("Soli Deo Gloria", Allein Gott die Ehre). Es sind nur wenige Skizzen überliefert, in denen zumeist kürzere Melodien und Themen festgehalten sind; offenbar dienten sie nicht der Ausarbeitung von Kompositionen. Insgesamt war sein Arbeitstempo recht hoch. Für den Messias benötigte er rund drei Wochen.
Wie zu seiner Zeit üblich, übernahm Händel Arien aus älteren Werken in neuere, teilweise mit dem gleichen Text – soweit er passte – oder mit Anpassungen an den neuen Zusammenhang. Insbesondere geschah dies, wenn das ältere Werk als ganzes nicht mehr gebraucht wurde. So hatte er etwa in England keine Verwendung mehr für die deutschsprachige Brockes-Passion, und die Trauerode hatte nach dem Anlass, für den sie komponiert wurde, keine Hoffnung auf eine erneute Aufführung.
Für Händel charakteristisch ist, dass er nicht davor zurückscheute, neben eigener Musik auch Kompositionen anderer Musiker zu verwenden, darunter Gottlieb Muffats Componimenti Musicali für die Cäcilienode, Habermanns Messen für Jephtha und Werke von Telemann, Mattheson und Keiser. Das Finden von Händels Inspirationsquellen ist noch heute Teil der Händelforschung. Die Entlehnungen gehen von Motiven über Fugenthemen bis hin zu ganzen Sätzen.
Als moralisches Problem wurden diese Entlehnungen insbesondere im England des 19. Jahrhunderts gesehen, als das original schaffende Genie das Kunstideal darstellte. Zu Händels Zeiten galten offenbar andere Maßstäbe. Zwar konnte sein Zeitgenosse Bononcini in Ungnade fallen, als er ein komplettes Madrigal Antonio Lottis als sein eigenes ausgab. Der Wert eines Themas oder Motivs lag jedoch nicht in der Erfindung an sich, sondern in der Ausarbeitung des Themas, in der Einbettung in einen Zusammenhang und im Ausdruck eines gewünschten Affekts. Händel arbeitete das bestehende Material immer so um, dass es sich nahtlos in seine Werke einfügt und man es von selbst erfundenen Ideen nicht unterscheiden kann.