Arminius
Arminius (in den Quellen auch Armenius) (* um 17 v. Chr.; † um 21 n. Chr.) war ein Fürst der Cherusker, der den Römern im Jahre 9 n. Chr. in der Varusschlacht mit der Vernichtung von drei Legionen eine ihrer verheerendsten Niederlagen beibrachte. Die antiken Quellen bieten nur wenige biographische Angaben zu Arminius. Das nachantike Bild des Cheruskerfürsten ist vor allem durch die von Tacitus geprägte Formel „Befreier Germaniens“ bestimmt. Arminius ist wie kaum eine zweite Person der Antike zum Gegenstand von Spekulationen sowie belletristischen und populärwissenschaftlichen Bearbeitungen geworden. Die an Arminius als historische Person angelehnte Gestalt Hermann der Cherusker wurde in Deutschland zu einer nationalen Mythen- und Symbolfigur stilisiert. Erst seit 1945 bewertet die deutschsprachige Forschung Arminius differenzierter. Sein germanischer Name ist unbekannt, weshalb historische Parallelen zum Drachentöter Siegfried aus dem Nibelungenlied abgeleitet worden sind.

Leben bis zur Varusschlacht
Nur sehr wenige biografische Details über Arminius sind bis zur Varusschlacht bekannt. Arminius wurde wahrscheinlich um 17/16 v. Chr. als Sohn des Cherusker-Fürsten Segimer (lat. Segimerus) geboren[1]. Als Kind wurde er zusammen mit seinem Bruder Flavus zur Erziehung und militärischen Ausbildung nach Rom geschickt. Als Anführer germanischer Verbände lernte Arminius im römischen Heer die lateinische Sprache[2]. Ab dem Jahre 4 n. Chr. führte er eine cheruskische Abteilung in römischen Diensten und wurde so mit dem römischen Militärwesen vertraut[3]. Dabei erwarb er sich das römische Bürgerrecht und den Rang eines Ritters[4].
Um das Jahr 7/8 n. Chr. kehrte Arminius in das cheruskische Stammesgebiet zurück. Arminius war zu dieser Zeit innerhalb der cheruskischen Führungsschicht mit Auseinandersetzungen konfrontiert. Vor allem war Segestes, der Vater der Thusnelda, gegen eine Verbindung seiner Tochter mit Arminius.
Aufstand gegen Varus
Als unter der Führung des Statthalters Publius Quinctilius Varus in den eroberten Teilen Germanien eine intensivere Verwaltung und Rechtsprechung eingeführt werden sollte, geriet Arminius in Feindschaft zu Rom. Im Herbst des Jahres 9 n. Chr. wurden Varus, der sich auf dem Weg in sein Winterlager befand, Unruhen gemeldet. Die Warnung des Fürsten Segestes, Arminius plane Verrat an Rom, nahm Varus nicht ernst. Auf dem Weg dorthin mussten die Römer durch ein ihnen unbekanntes Gelände, wo sie in einen Hinterhalt gerieten. Arminius besiegte in einem überraschenden Schlag die römische Besatzungsmacht. Die 17., 18. und 19. Legion sowie sechs Kohorten und drei Alen (Auxilien) [5] fanden ihren Untergang im Saltus Teutoburgiensis. Schon seit Theodor Mommsen vermutet man aufgrund von Fundmünzen, dass die Schlacht im Raum Bramsche-Kalkriese stattfand. Seit 1987 werden in disem Gebiet Ausgrabungen vorgenommen. Nähere Informationen zu den diesbezüglichen Forschungen und Lokalisierung des Ortes finden sich unter: Hauptartikel: Varusschlacht
Unmittelbar nach der Varusniederlage kam es zu einer Offensive der Germanen, bei der sie fast alle römischen Kastelle im rechtsrheinischen Germanien bis auf eines erobern konnten. Man nimmt an, dass es sich bei dem Kastell, das die Römer halten konnten, um Aliso gehandelt haben könnte.
Leben nach der Varusschlacht
Weitere Konflikte mit Rom
In Erwartung weiterer Auseinandersetzungen mit Rom strebte Arminius ein Bündnis mit dem Markomannenkönig Marbod an; der abgetrennte Kopf des Varus wurde an Marbod gesandt. Marbod lehnte das Bündnisangebot des Arminius allerdings ab und schickte den Kopf zu Augustus. Augustus wiederum bestattete das Haupt des Varus im Familiengrab[6].
In den Jahren 14–15 n. Chr. führte Arminius eine erweiterte Koalition germanischer Stämme in der Abwehr der von Germanicus geführten römischen Strafexpeditionen, und trotz gegenteiliger Darstellungen[7] war der größte Erfolg des römischen Unternehmens lediglich die Gefangennahme von Thusnelda, der Ehefrau des Arminius.[8]

Thusnelda wurde 15 n. Chr. von Germanicus gefangen, als ihr Vater Segestes sie dem Römer auslieferte. Sie war zu dieser Zeit schwanger und brachte in der Gefangenschaft ihren Sohn Thumelicus zur Welt, der in Ravenna aufwuchs. Der von Tacitus[9] angekündigte Bericht über sein weiteres Schicksal ist nicht erhalten. Vielleicht war er 47 n. Chr. bereits tot, als sich die Cherusker von Kaiser Claudius den Italicus zum König erbaten.[10] Sichere Belege gibt es jedoch nicht.
Interne Stammeskonflikte und Tod
Im Jahre 17 n. Chr. kam es zu einer Schlacht gegen Marbod, aus dessen Machtbereich die Semnonen und Langobarden zu Arminius übergelaufen waren. Arminius besiegte Marbod, der sich nach Böhmen zurückziehen musste.[11] Jedoch konnte er seinen militärischen Erfolg nicht weiter ausbauen, da er sich mit innergermanischen Rivalitäten auseinandersetzen musste. Man warf ihm vor, nach der Königsherrschaft zu streben. Ein Angebot des Chattenfürsten Adgandestrius, Arminius mit Gift umzubringen, lehnte Rom ab. Im Jahre 21 wurde Arminius von seinen Verwandten ermordet.
Quellenlage
Das Wissen über Arminius beruht ausschließlich auf römischen Schriftquellen und archäologischen Funden, da die Germanen keine Schriftkultur besaßen. Für die zeitgenössiche Historiographie war ersichtlich, dass Verrat Varus zu Fall gebracht hat, an der Person des Arminius selbst waren sie kaum interessiert. Eine erste, aber nur beiläufige Erwähnung des Arminius findet sich bei Strabon[12]. Bei Velleius Paterculus ist Varus der Hauptverantwortliche für die verlorene Schlacht. Velleius verband die Herabwürdigung des Varus literarisch geschickt mit einer Charakterisierung des Arminius. Erst Tacitus setzte sich intensiv mit ihm auseinander und maß Arminius historische Bedeutung zu. Er kritisierte auch das Schweigen der zeitgenössischen Autoren im Hinblick auf Arminius.
- Die griechische Geschichtsschreibung kennt ihn nicht, und bei den Römern spielte er nicht die ihm gebührende Rolle, da wir die alte Geschichte rühmend hervorheben und der neuen gleichgültig gegenüberstehen [13].
Die Charakterisierung des Arminius bei Tacitus ist nicht so nüchtern wie die des Velleius, da Tacitus anders als Paterculus Arminius für den Untergang der Legionen verantwortlich macht. Tacitus bedient sich bei seiner Arminiusdarstellung einer Vielzahl von Topoi, die für Barbaren üblich waren. Zum einen war dies der Topos des listigen Intriganten, so wenn Arminius sich in der taciteischen Darstellung rühmt, die Römer in einem ehrlichen Kampf besiegt zu haben,[14] wobei in Rom allgemein bekannt war, dass Varus in einem Hinterhalt gelockt worden war. Auch als Adgandestrius in Rom um Gift bittet, um Arminius zu töten, bedient Tacitus sich dieses Topos der Hinterlistigkeit, da man in Rom geantwortet habe, dass man seine Gegner nicht mit Betrug und Heimlichkeiten besiege, sondern in einem offenen Kampfe. Damit stellt Tacitus die Position Roms als vernünftig und ehrenhaft dem Topos der germanischen Hinterhältigkeit vergleichend gegenüber. Zum anderen wurde der Topos der Gehässigkeit verwendet: So verspottet Arminius bei Tacitus seinen romfreundlichen Bruder Flavus bei einem Streitgespräch an der Weser wegen seines verlorenen Auges.[15] Tacitus wiederum verknüpfte seine literarische Darstellung in einer Gegenüberstellung des Arminius mit Segestes, Marbod und Flavus, die zumindest zeitweise eine romfreundliche Position vertraten. Durch diese Gegenüberstellung konnte das Barbarische an der Person des Arminius umso stärker hervorgehoben werden.
Namensherkunft
Es ist bis heute unklar, ob „Arminius“ ein cognomen ist und damit beispielsweise der „Armenische“ bedeuten könnte oder als nomen gentile (des römischen Geschlechts der Armenii) gebraucht wurde. Außerdem könnte „Arminius“ (oder „Armenius“) statt eines genuin lateinischen auch ein germanischer Name in latinisierter Form gewesen sein. Die römische Geschichtsschreibung seit Velleius Paterculus[1] (Historia Romana, um 29/30 n. Chr.) überliefert nur den Namen Arminius, Sohn des Sigimer, ohne weitere Zusätze:
- Damals gab es einen jungen Mann von vornehmer Abstammung, der persönlich tapfer, schnell von Begriff und über das Maß der Barbaren hinaus begabt war; er hieß Arminius, der Sohn Sigimers, eines Fürsten dieses Stammes;...

Gemäß dem üblichen römischen Sprachgebrauch bezeichnete Armenius eigentlich einen Bewohner Armeniens. In der Forschung wurde auch vermutet, dass es auf einen für Armenien zuständigen Feldherrn zu beziehen sei, wofür aber nur sehr vage Indizien sprechen.[16] Ein blaues Mineral aus Armenien ist als ein Hinweis auf namensgebende blaue Augen des Arminius gedeutet worden.[17], unter Verweis auf seinen jüngeren Bruder, der von den Römern den Beinamen Flavus („Der Rotblonde“) aufgrund äußerlicher Merkmale bekam. Weitere Parallelen führen zu Irmin bzw. Irminsul.
Der später weitverbreite Name „Hermann“ für Arminius kam erstmals 1530 im Umfeld Martin Luthers auf, abgeleitet aus „Heer-mann“ für dux belli. Luther bekannte: „Wenn ich ein poet wer, so wollt ich den zelebrieren. Ich hab ihn von hertzen lib“[18].
1837 versuchte der Germanist Adolf Giesebrecht[19] nachzuweisen, dass das Nibelungenlied seinen historischen Ursprung in der Arminiusgeschichte habe und dass Arminius und Siegfried ein und dieselbe Person seien.[20] Diese Überzeugung hatte bereits Karl Ludwig Sand, der Mörder des Schriftstellers August von Kotzebue, kurz vor seiner Hinrichtung vertreten:
- Will uns die deutsche Kunst einen erhabenen Begriff von Freiheit bildlich geben, so soll sie unsern Hermann, den Erretter des Vaterlandes, darstellen, stark und groß, wie ihn das Nibelungenlied unter den Namen Siegfried nennt, der kein anderer als unser Hermann ist[21].
Rezeption
Literarische Bearbeitungen
Die Germania des Tacitus wurde im Jahre 1455 im Kloster Hersfeld wiederentdeckt, die Annalen mit den Kapiteln über Arminius im Jahre 1507 im Kloster Corvey. Beide Werke bildeten seit dem Zeitalter des Humanismus eine der wichtigsten Grundlagen für das um die Person des Arminius entstehende deutsche Nationalbewusstsein. Tacitus würdigte Arminius mit den Worten
- „Er war unbestritten der Befreier Germaniens...[22]
Unter Bezug auf diese Worte wurde Arminius in der deutschen Literatur seit dem 16. Jahrhundert zur nationalen Symbolfigur erhoben.
Bereits 1529 rühmte Ulrich von Hutten den Cherusker Arminius in seinem Arminius-Dialog als „ersten Vaterlandsverteidiger“ in dem Bemühen, den Deutschen seiner Zeit eine gemeinsame kulturelle Identität zu geben und ihnen moralische und militärische Überlegenheit zuzusichern. Ähnliche Behandlungen dieser Thematik stammten unter anderem von Beatus Rhenanus und Melanchthon. Im 16. und 17. Jahrhundert kam es zu einer Vielzahl von Fassungen, bei denen aber die Ausschmückungen immer stärker zunahmen und der historische Arminius in den Hintergrund trat. Die Bearbeitungen der Arminius-Gestalt wollten zunehmend nur noch unterhalten. So traten die menschlichen Bezüge wie die Liebesgeschichte zwischen Arminius und Thusnelda stärker in den Vordergrund. Im 18. Jahrhundert kamen politische Aspekte bei der Umsetzung des Arminiusstoffes hinzu. Vor allem der Kampf des Partikularismus gegen die Zentralgewalt trat nun hervor. Besonders die Idee, dass Arminius von seinen Verwandten an einer dauerhaften Errichtung einer Zentralgewalt gehindert worden sei, wurde hierbei als das tragische und mahnende Beispiel seiner Zeit angesehen. Diesem Darstellungsziel widmete sich vor allem Justus Möser, der damit den politischen Zusammenhalt der deutschen Gebiete nach innen literarisch unterstützen wollte.

Arminius als nationaler Mythos im 19. Jahrhundert
Vor allem im 19. Jahrhundert wurde die Person des Arminius als „Hermann der Cherusker” zunehmend von deutschnationalen Chauvinisten vereinnahmt. Beginnend mit den Befreiungskriegen gegen die französische Besatzung war wieder die Abgrenzung nach außen die zentrale Thematik des Arminius-Stoffes. Der Maler Caspar David Friedrich, ein Anhänger der patriotischen Bewegung der Deutschen Burschenschaft, spielte mit seinem Werk Grab des Arminius durch seine symbolische Bildsprache auf die politischen Ereignisse an. Während der Kriege gegen Napoleon wurde die als „Hermannsschlacht“ interpretierte Varuskatastrophe für die Deutschen zum Symbol der Selbstbehauptung und der Befreiung von den Franzosen. Die bekannteste Bearbeitung des Arminius-Motivs dieser Zeit ist die Hermannsschlacht Heinrich von Kleists, die er unter dem Eindruck der napoleonischen Besetzung eines Teils Deutschlands im Jahre 1808 schrieb: Die Römer symbolisieren die napoleonischen Besatzer und werden subtil beschrieben, während auf der Gegenseite bei den uneinigen deutschen Stammesfürsten nur der „Preuße“ Arminius die Notwendigkeit eines germanischen Widerstandes erkennt. Die Hermannsschlacht wurde erst 1840 uraufgeführt. Ab den deutsch-französischen Kriegen und der deutschen Reichsgründung wurde das Werk häufiger inszeniert. Noch zu Beginn des Ersten Weltkriegs verkündeten Boten im Berliner Schillertheater zwischen den Akten dieses Dramas Siegesmeldungen von der französischen Front.
Bereits 1768 forderte Cornelius von Ayrenhoff alle Fürsten Deutschlands auf, Arminius ein Denkmal zu setzen, um so „die Nation mit den größten ihrer Helden bekannter zu machen und durch die Thaten ihrer Voreltern das Feuer der Tapferkeit und des erloschenen Patriotismus in ihr zu entflammen“[23]. In der Folge kam es zu zahlreichen Denkmalvorschlägen, die jedoch alle nicht realisiert wurden. Eine Ausnahme bildete der Vorschlag des Bildhauers Ernst von Bandel, der wegen seiner patriotischen Gesinnung Arminius ehren wollte. Bandel ging davon aus, dass die Schlacht im Teutoburger Wald stattgefunden habe. Die Entscheidung, das Denkmal auf der Grotenburg zu erbauen, wurde jedoch aus praktisch-ästhetischen Überlegungen getroffen. 1838 wurde mit dem Bau des Hermannsdenkmals begonnen. Die Reaktionsphase und das mangelnde finanzielle Interesse brachten den Bau des Denkmals nach der Revolution von 1848/49 bis 1863 zum Stillstand. Erst durch die Gründung des Deutschen Reiches nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870–1871) und das damit wiederaufkommende Nationalgefühl wurde das Denkmalsprojekt wieder populär. Sowohl der neue deutsche Reichstag als auch Kaiser Wilhelm I. ermöglichten mittels Großspenden 1875 die feierliche Einweihung des Denkmals. Das sieben Meter lange Schwert auf dem Hermannsdenkmal trägt die Inschrift: Deutsche Einigkeit meine Stärke – meine Stärke Deutschlands Macht. (siehe auch: Hauptartikel: Hermannsdenkmal)
Kurz nach dem Baubeginn des Hermannsdenkmals erschien 1844 Heinrich Heines Werk Deutschland. Ein Wintermärchen, in dem er die nationale Begeisterung für den Arminius-Mythos ins Lächerliche zog:
- Wenn Hermann nicht die Schlacht gewann / mit seinen blonden Horden / so gäb' es die deutsche Freiheit nicht mehr / wir wären römisch geworden! (Deutschland. Ein Wintermärchen, cap. 11)
Die tiefergehende ironische Bedeutung dieses Zitats war allerdings den wenigsten Zeitgenossen bewusst. Indes steigerte sich der Arminius-Kult in dieser Zeit zu nationalen Überlegenheitsansprüchen gegenüber anderen Nationen. So sprach 1872 Felix Dahn in seinem Siegesgesang nach der Varusschlacht: Heil dem Helden Armin. Auf den Schild hebet ihn. Zeigt ihn den unsterblichen Ahnen: Solche Führer wie den gib uns, Wodan, mehr – und die Welt, sie gehört den Germanen![24]
Arminiusbild bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts
In der Weimarer Republik diente der Hermannslauf der Deutschen Turnerschaft dagegen eher der Bekundung der staatlichen Einheit als dem Verlangen nach militärischer Souveränität. Somit traten 1925 insgesamt 120 000 Turner aus allen Teilen des Deutschen Reiches zu einem Stern- und Staffellauf an.
Nach 1933 gab es zwar weiterhin zahlreiche Bearbeitungen des Arminiusstoffes, vor allem unter dem Aspekt der populären Geschichtsvermittlung. Jedoch distanzierten sich die Nationalsozialisten von der Figur des Arminius, da die konsolidierte nationalsozialistische Herrschaft im „Führer“ selbst ihre Leitfigur fand. In der nationalsozialistischen Ideologie leitete der Führer die Legitimation seines politischen und militärischen Handelns nicht aus der Geschichte, sondern aus dem eigenen Wollen ab. Neben ideologischen Aspekten spielten auch außenpolitische Aspekte bei der Distanzierung zu Arminius eine Rolle, vor allem wollte man Rücksicht auf den italienischen Verbündeten nehmen. Im Jahr 1936 wurde bei einem Staatsbesuch Benito Mussolinis auf Anweisung der Reichskanzlei das Hermannsdenkmal aus dem Programm genommen, da man befürchtete, es könne ihn beleidigen. Eine Ausnahme waren die Gobelinentwürfe von Werner Peiner. Hitler hatte 1940 acht Gobelins, die für die Marmorgalerie der neuen Reichskanzlei bestimmt sein sollten, in Auftrag gegeben. Hiermit plante man die acht großen Schlachten, beginnend mit der Hermannschlacht, darzustellen.
Nach 1945 diskreditierten die nationale Hybris, die Verbrechen der Nazis und der Nationalsozialismus an sich jegliche Form des Nationalismus in Deutschland.
Arminius in der Forschung
Eine neue Phase der sachbezogenen Forschung leitete 1970 Dieter Timpe mit der Veröffentlichung der Arminius-Studien ein. Nach Timpes Darstellung war Arminius ein unter Eid stehender römischer Befehlshaber, der Aufstand damit eine Meuterei der germanischen Auxiliareinheiten gegen die Legionen des Rheinheeres und nicht dem Volksgeist entsprungen. Der römische Kaiser Augustus soll dies verschwiegen haben, um davon abzulenken, dass die Rebellion aus der Mitte des eigenen Heeres kam. Denn damit wäre eine der Grundstützen der militärischen Strategie in Frage gestellt worden, nämlich die Verwendung größerer germanischer Auxiliartruppen.[25]. Diese Hypothese sorgte besonders außerhalb der Wissenschaft für heftige Diskussion und stößt in der heutigen Geschichtswissenschaft auf geteilte Zustimmung. Doch das sorgfältige Quellenstudium Timpes hat dazu beigetragen, dass auch bei den Ausgrabungen von Kalkriese keine nationalen Überschwenglichkeiten aufkamen. Die Studien Timpes legen auch heute noch den Grundstein für die weitere aktuelle Forschung.
Ferner hielt Timpe aufgrund des Abzugs der Leibwache durch Augustus nach der Varusniederlage Verbindungen zwischen Arminius und der Leibwache in Rom für wahrscheinlich, die Augustus dazu veranlasst hätten, diese zu entlassen. Allerdings widerspricht dieser These die Rückführung der germanischen Leibwache nach Rom wenige Jahre später, die von Tacitus bezeugt wird[26].
Siehe auch
Antike Quellen
- Cornelius Tacitus, Erich Heller (Hrsg.): Annalen. Darmstadt, 1992, lat.-deut., 2. durchgesehene und erweiterte Auflage
- Hans-Werner Goetz und Karl-Wilhelm Welwei: Altes Germanien. Auszüge aus antiken Quellen über die Germanen und ihre Beziehungen zum Römischen Reich (Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe Bd. Ia) Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995.
- Joachim Herrmann (Hrsg.), Griechische und lateinische Quellen zur Frühgeschichte Mitteleuropas bis zur Mitte des 1. Jahrhunderts u. Z. Teil 1. Von Homer bis Plutarch (8. Jh. v. u. Z. bis 1. Jh. u. Z.), Berlin 1988. Teil 3. Von Tacitus bis Ausonius (2. bis 4 Jh. u. Z.), Berlin 1991.
Literatur
Der historische Arminius
- Alexander Demandt: Arminius und die frühgermanische Staatenbildung. In: Rainer Wiegels und Winfried Woesler (Hrsg.): Arminius und die Varusschlacht. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 1995, S. 185–196, ISBN 3-506-79751-4.
- Ernst Hohl: Zur Lebensgeschichte des Siegers im Teutoburger Wald. In: Historische Zeitschrift 167, 1943, S. 457-475.
- Ralf G. Jahn: Der Römisch-Germanische Krieg (9–16 n. Chr.). Diss. Bonn 2001.
- Dieter Timpe: Arminius-Studien. Winter, Heidelberg 1970.
Rezeption der Arminius-Gestalt
- Klaus Bemmann: Arminius und die Deutschen. Essen: Magnus Verlag 2002. 228 S., ISBN 3-88400-011-X
- Otto Höfler: Siegfried, Arminius und der Nibelungenhort. Wien 1978, ISBN 3-7001-0234-8
- Stefan Mischer und Ullrich Müller (Co-Produzent): DVD -Spielfilm, Dokumentation und Interviews: „Die Hermannsschlacht“, Hamburg 2005
- Georg Spalatin: Von dem thewrern Deudschen Fürsten Arminio: ein kurtzer auszug aus glaubwirdigen latinischen Historien: durch Georgium Spalatinum zusammen getragen und verdeutscht, Georg Rau, Wittenberg 1535
Belletristik
Arminius ist in unzähligen Dramen und historischen Romanen (siehe Weblinks) dargestellt worden, z. B. der fünfbändigen Germanen-Saga von Jörg Kastner.
Weblinks
- Kalkriese - Die Örtlichkeit der Varusschlacht
- Novaesium, alias Neuss - Arminius
- Arminius und die Varusschlacht
- Namensherkunft Arminius u.a.
- Historische Romane über Arminius
Anmerkungen
- ↑ a b Velleius Paterculus 2, 118, 2.
- ↑ Tacitus, ann. 2, 10.
- ↑ Tacitus, ann. 2, 10.
- ↑ Velleius 2, 118.
- ↑ Vell. 2, 117, 1.
- ↑ Vell. 2, 119, 5.
- ↑ Tac. ann. 2, 18–22.
- ↑ Tac. ann. 1, 55.
- ↑ Tac. ann. 1, 58, 6.
- ↑ Tac. ann. 11, 16.
- ↑ Tac. ann. 2, 46.
- ↑ Strab. 7,1,4.
- ↑ Tac. ann. 2,88,3.
- ↑ Tac. ann. 1,59,3.
- ↑ Tac. ann. 2,9,3.
- ↑ Der später Lucius Verus und Mark Aurel verliehene Beiname für einen Sieg über Armenien lautete Armeniacus.
- ↑ [1]
- ↑ Tischreden 5,415.
- ↑ Adolf Giesebrecht, Über den Ursprung der Siegfriedsage, in: Germania 2/1837, S. 203ff.; dazu auch: Otto Höfler, Siegfried, Arminius und die Symbolik, Heidelberg 1961, S. 22ff.
- ↑ [2].
- ↑ C. Courtin, Carl Ludwig Sands letzte Lebenstage und Hinrichtung. Frankenthal 1821, S. 21 (zitiert nach Schulte-Wülwer, a. a. O., S. 74).
- ↑ Tac. ann. 2,88,2.
- ↑ Hubert Schrade, Das deutsche Nationaldenkmal, München 1934, S. 95.
- ↑ Zitiert nach Reinhard Wolters, Die Römer in Germanien, München 2004, S. 115.
- ↑ Dieter Timpe: Arminiusstudien, S. 49.
- ↑ Tac. ann. 1,24,2.
Personendaten | |
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NAME | Arminius |
ALTERNATIVNAMEN | Armenius, Armin, Irmin, Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | Fürst der Cherusker, besiegte 9 n. Chr. die Römer |
GEBURTSDATUM | um 17/16 v. Chr. |
STERBEDATUM | um 21 n. Chr. |