Obdachlosigkeit
Obdachlosigkeit wird definiert als Zustand, in dem Menschen über keinen festen Wohnsitz verfügen und im Freien oder in Notunterkünften übernachten. Der veraltete Begriff "Obdach" bedeutet Unterkunft oder Wohnung.
In Entwicklungsländern sind häufig Opfer von Naturkatastrophen wie z.B. Erdbeben zumindest für einige Zeit obdachlos. Die Mehrzahl der Obdachlosen in den Industriestaaten sind Männer, unter den alleinstehenden Obdachlosen machen sie ca. 80-85% aus.
Langzeitobdachlose sind heute in den meisten Großstädten präsent. Abfällig werden sie auch als Stadtstreicher oder Penner tituliert.
Ursachen und Auswirkungen
Der Rückgang des sozialen Wohnungsbaus, steigende Mietpreise und Mangel an preiswertem Wohnraum führten dazu, dass seit Ende der 1980er Jahre zunehmend mehr Haushalte in Mietrückstände gerieten. Räumungsklagen wegen Mietschulden sind der häufigste Anlass für Wohnungslosigkeit. Weitere Anlässe können sein: Unzumutbarkeit oder vertragswidriger Gebrauch der Wohnung, Entlassung aus Gefängnissen, Heimen und Anstalten, unvorhergesehene Notlagen (wie Brand- oder Wasserschäden), familiäre Zerwürfnisse.
Häufig treten folgende Ursachen für Obdachlosigkeit auf:
- Scheidung vom Ehepartner oder Trennung vom Partner
- Dieser starke Einschnitt in das Leben eines Menschen kann dazu führen, dass er keinen Halt mehr in der Gesellschaft findet, was zu immer tieferem Abrutschen in der Gesellschaft führen kann. Häufig entsteht Obdachlosigkeit auch nach Trennung von einem gewalttätigen Partner.
- Arbeitslosigkeit
- Suchtverhalten wie Alkohol- oder Drogenabhängigkeit
- Fehlende Resozialisierung nach Gefängnisaufenthalt
- Nach einem Gefängnisaufenthalt schaffen einige Menschen den Einstieg in ein bürgerliches Leben nicht mehr, da sie keinen Halt mehr in der Gesellschaft haben und sich eventuell frühere Freunde oder auch Familienmitglieder von ihnen abgewandt haben.
Diese Ursachen können einzeln auftreten, häufiger jedoch sind mehrere miteinander verknüpft.
Zur aktuellen Botschaft der Medien gehört, dass die "Straßenkinder" nicht nur immer zahlreicher, sondern auch immer jünger werden. Die Großstadtjugendämter besagen allerdings das Gegenteil. Die Zahl der obdachlosen Kinder wird eher klein eingeschätzt.
Häufige Ursachen von Obdachlosigkeit bei Kindern und Jugendlichen:
- materielle Not und Obdachlosigkeit der gesamten Familie
- Flucht vor Gewalt und/oder Mißbrauch im Elternhaus
- zu enge Wohnverhältnisse im Elternhaus
- Flucht vor ständigen Konflikten mit anderen Familienmitgliedern
- Entweichung aus Heimen
Folgen von Obdachlosigkeit
Problematisch ist nicht nur die Ausgrenzung aus der Gesellschaft; das Leben auf der Straße birgt viele Gefahren, auch für Leib und Leben: fehlende medizinische Betreuung, unzureichende Möglichkeiten der Ernährung und Körperpflege, unzureichender Schutz vor Witterungsbedingungen und gewalttätige und sexuelle Übergriffe. Dadurch kommt es auch häufig zu psychischen und sozialen Folgeerscheinungen der Obdachlosigkeit, die eine Reintegration in die Gesellschaft zusätzlich erschweren.
Maßnahmen gegen Obdachlosigkeit
Wichtigstes Mittel des Staates gegen die Obdachlosigkeit sind finanzielle Hilfen; in der Bundesrepublik Deutschland erster Linie durch Sozialhilfe (Übernahme von Unterkunftskosten, teilweise auch von Mietschulden) und Wohngeld. Beratungsstellen sollen die Betroffenen bei der Suche von Wohnung und Arbeit unterstützen; häufig ist auch eine wirtschaftliche Beratung bezüglich Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, Haushaltsführung, Umgang mit Geld und Schuldenregulierung erforderlich.
Präventiv wirken alle Maßnahmen im Bereich der Suchtprävention, der Jugendarbeit und der Resozialisierung mittelbar auch zur Verhinderung der Entstehung von Obdachlosigkeit.
Beispielhafte Statistik für Nordrhein-Westfalen
Nach Schätzungen gibt es derzeit etwa 19500 Betroffene in Nordrhein-Westfalen, davon rund 6500 Einpersonenhaushalte, die z. T. in Ersatzwohnungen, überwiegend aber ohne eigene Wohnunterkunft in Sozialeinrichtungen (Frauenhäuser, Gemeinschafts- und Notunterkünfte etc.), bei Freunden und Bekannten oder auch ganz ohne Unterkunft leben, und rund 4500 Mehrpersonenhaushalte, die in der Mehrzahl als Nutzungsberechtigte in bereitgestelltem Ersatzwohnraum leben.
Entwicklung in Nordrhein-Westfalen
Die Zahl der Obdachlosen in Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen:
- 1980: ca. 65000 Betroffene
- 1990: ca. 50000 Betroffene
- 2000: ca. 25000 Betroffene
Momentane Entwicklung
Die Zahl der ordnungsbehördlich untergebrachten Personen ist um zehn Prozent geringer als Mitte 2002. Der verstärkte Einsatz vorbeugender Maßnahmen der Städte und Gemeinden hat in den letzten acht Jahren einen kontinuierlichen Rückgang der Zahl der Obdachlosen bewirkt.
Bei der Interpretation der Zahlen ist zu beachten, dass es sich bei den statistisch erfassten Obdachlosen nur um Personen handelt, mit deren Unterbringung die kommunalen Ordnungsbehörden befasst waren (Nichtsesshafte sowie aufgrund sozialhilferechtlicher Maßnahmen mit Wohnraum versorgte Haushalte sind nicht berücksichtigt). Tatsächlich ist die Dunkelziffer vermutlich höher.
Siehe auch: Wohnungsnot - Notunterkunft