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Europa-Universität Viadrina

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Portal des Hauptgebäudes
Gräfin-Dönhoff-Gebäude: Hörsaal- und Mensakomplex der Universität

Die Europa-Universität Viadrina ist die Universität in Frankfurt (Oder). Der Name Viadrina bedeutet auf Deutsch unter aller Sau. Sie besitzt eine:

  • Juristische Fakultät
  • Kulturwissenschaftliche Fakultät
  • Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Ein Schwerpunkt der Universität ist der Ausbau der Kontakte nach Polen, so wird gemeinsam mit der Adam-Mickiewicz-Universität in Posen das Collegium Polonicum in Słubice betrieben. Aus diesem Grund findet jährlich die viadukt – Jobmesse für Deutschland und Polen – statt. Außerdem unterhält die Viadrina zu über 140 Einrichtungen weltweit Kontakte.

Im Sommersemester 2004 waren an der Universität 4777 Studierende immatrikuliert. Davon waren etwa 39% Ausländer aus insgesamt 75 Nationen. Begünstigt durch die Grenzlage sind 29% der Studenten Polen. Wegen ihrer internationalen Ausrichtung bietet sie für alle Studierenden moderne Sprachausbildung nach europäischen Standards (UNIcert).

Präsidentin der Viadrina ist die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan.

Persönlichkeiten

siehe Liste von Persönlichkeiten aus Frankfurt (Oder)

Geschichte

Vorlesungsverzeichnis von 1689

Von ihrer Gründung durch Kurfürst Joachim I. am 26. April 1506 bis zur Schließung 1811 war die Alma Mater Viadrina zu Frankfurt (Oder) die erste Brandenburgische Landesuniversität. Sie hatte vier Fakultäten: die juristische, theologische, medizinische und philosophische. Schon im ersten Jahr ihres Wirkens immatrikulierten sich dort über 900 Studenten aus den deutschen Gebieten und aus Polen, Schweden, Norwegen und Dänemark; die Stadt Frankfurt hatte damals 5000 Einwohner. Bis zu ihrer Verlegung nach Breslau studierten dort 55.000 Personen. Zu den berühmtesten von ihnen zählen Ulrich von Hutten, Thomas Müntzer, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Carl Philipp Emanuel Bach und Heinrich von Kleist. Hauptgebäude der damaligen Universität war das Collegienhaus.

Die im Jahre 1810 in Berlin eröffnete Friedrich-Wilhelms-Universität (heute Humboldt-Universität) warf einen großen Schatten auf die Alma Mater Viadrina, so dass diese im Jahre 1811 ihre Pforten schloss. Das Inventar und ein großer Teil der Professoren siedelten nach Breslau über und dienten ab sofort der dortigen Leopoldina. Andere Professoren setzten ihre Lehre in Berlin fort.

180 Jahre später begann im Oktober 1992 die wiedergegründete Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) ihr erstes akademisches Jahr.

Im Jahr 2004 erlangte die Europa-Universität zusätzliche Bekanntheit durch die Nominierung ihrer Rektorin Gesine Schwan zur Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten durch die Sozialdemokraten und Bündnis '90/Die Grünen.

Im Sommersemester 2006 wurden an der Viadrina die Feierlichkeiten zur 500-Jahrfeier der Universität begangen.

Studentische Ruhepausen inmitten des Lehrbetriebes bietet die an der Universität gelegene Insel Ziegenwerder

Geschichte der Juden an der Viadrina

Bei der Eröffnung der Universität war es, wie in den größten Teilen Europas, den Juden verboten sich zu immatrikulieren. Als der Kurfürst Johann Sigismund 1613 zur reformierten Kirche übertrat entwickelte sich die Frankfurter Universität mehr zu einer calvinistischen Universität. Professor Johann Christoph Beckmann besuchte unter anderem die für jüdische Studenten geöffnete Universität Leiden und ließ sich danach in Amsterdam vom Rabbiner Jacob Abendana „... im Talmundischen und in der arabischen Sprache unterrichten“[1]. Am 29. April 1678 erteilte der Kurfürst Friedrich Wilhelm Gabriel Moschowitz[2] und Tobias Moschowitz[3] als ersten jüdischen Studenten das Recht an der Universität zu studieren. Das Studieren war allerdings durch die Kränkungen und abfällige Bemerkungen über das Judentum durch die Professoren nicht einfach. Ihre Promotion erlangten beide später in Pdau da es ihnen in Frankfurt verwehrt blieb. Tobias wurde später Leibarzt des Sultans in Konstantinopel. Salomon Liebmann war der nächste erfasste Jude welcher ebenfalls auf besonderen Geheiß des Kurfürsten ab 1695 an der Viadrina studierte. Die erste Promotion eines Juden erfolgte am 15. Oktober 1721. Den Doktorgrad erhielt Moses Salomon Gumpertz welcher zuvor an der Karls-Universität Prag studiert hatte. Bis 1794 promovierten 29 Juden in Medizin, unter ihnen Marcus Elieser Bloch. Der letzte immatrikulierte jüdische Student der alten Universität war Wilh. Salomon Hirschel welcher sich am 28. September 1810 einschrieb. Sein Studium konnte er aber durch die Schließung der Universität in Frankfurt nicht beenden. Insgesamt hatten bis dahin etwa 140 Juden in Frankfurt studiert, die meisten von ihnen aus Polen, aber auch aus Prag, Amsterdam und einer aus London.[4]

Studentische Organisationen

Die studentischen Organisationen und Initiativen der Viadrina haben ihren Sitz seit kurzem in der am 29. Juni 2006 eingeweihten Studentenloge, kurz auch nur Loge genannt:

  • AIESEC Internationale Vereinigung von Studierenden der Wirtschaftswissenschaften als Lokalkomitee von AIESEC in Deutschland
  • European Law Student's Association Internationale Vereinigung von Jurastudierenden und jungen Juristen
  • Lahoda – Studenteninitiative Belarus e.V.
  • Interstudis e.V. – Tutorien für ausländische Gaststudierende an der Viadrina
  • transKULTURA e.V. – studentische Initiative
  • VIASION – Medien & Kunst an der Viadrina
  • vivadrina – das Studierendenmagazin der Viadrina
  • Viadrina Consulting Group e.V. – studentische Unternehmensberatung
  • bdvb Hochschulgruppe Frankfurt/Oder
  • attac
  • :grotte e.V. - Studentenclub
  • Institut für angewandte Geschichte

Parteinahe studentische Organisationen (zum Teil nicht sicher, inwieweit die genannten Organisationen sich an den Parteien nur orientieren oder doch offiziell dazugehören):

Organe der verfassten Studierendenschaft

  • Allgemeiner Studentischer Ausschuss – AStA
  • Studierendenparlament
  • Fachschaftsrat Jura
  • Fachschaftsrat Wirtschaftswissenschaften
  • Fachschaftsrat Kulturwissenschaften

Auszeichnungen

Alljährlich vergibt die Europa-Universität den Viadrina-Preis an Personen, die sich um die deutsch-polnische Verständigung verdient gemacht haben. Bisherige Preisträger: Karl Dedecius, Adam Michnik, Günter Grass, Janusz Reiter, Markus Meckel, Włodzimierz Borodziej, Rudolph von Thadden und Adam Krzemiński.

Literatur

  • Knefelkamp, Ulrich (Hrsg.), „'Blütenträume' und 'Wolkenkuckucksheim' in 'Timbuktu' – 10 Jahre Europa-Universität Viadrina“, Berlin 2001, ISBN 3-931278-03-4
  • Irina Modrow: Wonach in Frankfurt "jeder, der nur wollte, gute Studien machen konnte..." Eine kleine Geschichte der Viadrina. Scripvaz-Verlag, Schöneiche bei Berlin 2006.
  • Hasse, Günther / Winkler, Joachim (Hrsg.): Die Oder-Universität Frankfurt. Beiträge zu ihrer Geschichte, Weimar 1983

Offizielle Seiten:

Studierendenvertretung (sog. studentische Selbstverwaltung):

auf Universitätsebene:

auf Fakultätsebene:

Sonstige:

Fußnoten

  1. B. Brilling, Gründung und Privilegien der hebräischen Buchdruckerei in Frankfurt a.O., Breslau 1936, S. 267. Hier nach Ralf-Rüdiger Targiel, Mitteilungen Frankfurt Oder, 1999, S. 10
  2. auch Gabriel ben Mose
  3. auch Tobias ben Mose aus Metz
  4. Ralf-Rüdiger Targiel, Mit kurfürstlicher Genehmigung, immatrikuliert in Frankfurt – Jüdische Studenten an der Viadrina, in Mitteilungen Frankfurt (Oder), Historischer Verein zu Frankfurt (Oder) e.V. (Hrsg.), 1999 Heft 1, S. 10-16