Posttraumatische Belastungsstörung
Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine emotionale Störung, die als Reaktion auf ein psychisches (Trauma) auftritt, das die individuellen Bewältigungsstrategien der betroffenen Person deutlich überfordert hat. Die PTBS ist nur eine der möglichen Folgereaktionen auf z.B. sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung, Krieg, Katastrophen aller Art und Diagnose von Krankheiten. Im typischen Fall ging das verursachende Trauma mit Todesangst einher.
Charakteristisch für die PTBS sind Alpträume, Schlafstörungen sowie das immer wiederkehrende unwillkürliche Nacherleben der bedrohlichen (oder als bedrohlich erlebten) traumatisierenden Situation in sogenannten Flashbacks. Diese Flashbacks sind typischerweise sehr deutlich, ähnlich einer filmischen Aufzeichnung, sie sind von Gerüchen, Geräuschen und Emotionen begleitet. Da auch Amnesien typisch für PTBS sind, fehlen häufig Teile dieses "Films".
Typisch ist weiters, dass auf bestimmte persönliche Auslöser ("Trigger"), die akustisch oder visuell sein können, starke Gefühle von Angst oder Panik auftreten.
Im Unterschied zur akute Belastungsreaktion verläuft die PTBS chronisch.
Alternativ zum Begriff Posttraumatische Belastungsstörung (engl.: Post-Traumatic Stress Disorder, PTSD) wird auch Posttraumatische Belastungsreaktion verwendet. Damit soll betont werden, dass manche psychischen Reaktionen auf Traumata keine krankmachende Wirkung haben, sondern als das Überleben ermöglichende Reaktion verstanden werden können. Weitere Synonyme sind Posttraumatisches Belastungssyndrom und Posttraumatische Belastungserkrankung.
Diagnoseschemata
Nach dem ICD-10 (International Classification of Diseases) der WHO hat die PTBS den Code F 43.1. Diese psychologisch-psychiatrische Diagnose fand 1980 erstmals Eingang in das auch international bedeutsame amerikanische Diagnose-Manual (DSM, dzt. in der vierten Auflage DSM IV), das von der American psychological association (APA) [1] herausgegeben wird. Dort ist das Syndrom heute unter 309.81 als eine Form der Angststörung gelistet.
Häufigkeit
Ob eine PTBS auftritt, ist stark abhängig von der Art des erlebten Traumas.
- ca. 15 Prozent bei schweren Erkrankungen (z.B. Krebs)
- ca. 20 Prozent bei Kriegs-, Gefangenschafts- und Unfallopfern
- ca. 25 Prozent bei Gewaltverbrechen
- ca. 50 Prozent nach Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch
Symptome
Symptome können sowohl direkt nach Erleben des Traumas, aber auch mit Verzögerung von vielen Jahren auftreten.
Symptome sind z.B.:
- Alpträume
- Flashbacks
- Teilamnesie
- Schlafstörungen
- Schreckhaftigkeit
- Konzentrationsstörungen
- Depressionen
- Dissoziative Störungen
- Persönlichkeitsveränderungen
- Interessensverlust
- Emotionslosigkeit
- Suchtverhalten
- Vermeidungsverhalten (von z.B. Berührungen)
- Selbstverletzung
Bei Kindern
- stark sexualisiertes Verhalten
- nicht altersgemäßes, sexuell geprägtes Spiel
- aggressive Verhaltensmuster
Therapie und Prävention
Eine Psychotherapie ist auf jeden Fall zu empfehlen. Bei schwerer Traumatisierung kann eine stationäre Traumatherapie sinnvoll sein.
Präventiv wird versucht, durch eine frühzeitige Intervention die akute Belastungsreaktion für den Betroffenen handhabbar zu machen und frühzeitig adäquate Bearbeitungsstrategien zu aktivieren. Eine Leistung, die für Einsatzkräfte die SbE-Teams oder PSU-Teams (Psychosoziale Unterstützung für Einsatzkräfte) erbringen. Für Angehörige und sonstige Betroffene ist die Krisenintervention im Rettungsdienst zuständig. Beide stellen auch eine Brückenfunktion dar: Es werden konkrete Hinweise auf weiterbetreuende psycho-soziale Einrichtungen gegeben. Erste Studien zeigen eine positive Auswirkung dieser Arbeit, die unmittelbar in der peritraumatischen Phase beginnt.
Im englischsprachigen Raum erfolgte die Behandlung in den neunziger Jahren häufig im Rahmen des sog. Recovery-Paradigma mittels Regressionshypnose; heute ist dieses Verfahren der Rückerlangung von Erinnerungen an das traumatische Ereignis umstritten.
Auf jeden Fall sollte sichergestellt werden, dass die betroffene Person keinen weiteren Traumaeinwirkungen ausgesetzt ist/wird.
Interne weiterführende Links:
Literatur
- Gottfried Fischer, Peter Riedesser: Lehrbuch der Psychotraumatologie, Ernst Reinhardt-Verlag München/Basel 1998 ISBN 3-8252-8165-5
- Hans Keilson: Sequentielle Traumatisierung bei Kindern. Stuttgart 1979
- Kinzie, David J.; Goetz, Rupert, R. (1996): A. Century of Controversy Surrounding Posttraumatic Stress-Spectrum Syndromes: The Impact on DSM-III and DSM-IV. In: Journal of Traumatic Stress 9(2), S. 159-179.
- Laibow, Rima E.; Laue, Shaffia (1993): Posttraumatic Stress Disorder in Experienced Anomalous Trauma. In: International Handbook of Traumatic Stress Syndroms, Hrsg. John P. Wilson und Beverly Raphael, New York: Plenum Press, S. 93-103.
- Nash, Michael R. (1994): Memory Distortion and Sexual Trauma: The Problem of False Negatives and False Positives. In: International Journal of Clinical and Experimental Hypnosis 42, S. 346-362.
- Streeck-Fischer, Anette; Sachsse, Ulrich; Özkan, Ibrahim (2001): Perspektiven der Traumaforschung. In: Körper, Seele, Trauma. Biologie, Klinik und Praxis, Hrsg. Anette Streeck-Fischer, Ulrich Sachsse und Ibrahim Özkan, , Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 12-22.
- van der Kolk, Bessel A.; Weisaeth, Lars; van der Hart, Onno (2000): Die Geschichte des Traumas in der Psychiatrie. In: Traumatic Stress, Grundlagen und Behandlungsansätze, Hrsg. Bessel A. van der Kolk, Alexander C McFarlane und Lars Weisaeth Paderborn: Junfermann, S.71-93.
- Wilson, John P. (1992): Post-traumatic Stress Disorder (PTSD) and Experiences Anomalous Trauma (EAT): Similarities in Reported UFO Abductions and Exposure to Invisible Toxic Contaminants. In: Anomalous Experience & Trauma. Current Theoretical, Research and Clinical Perspectives, Hrsg. Rima E. Laibow, Robert N. Sollod und John P. Wilson. New York: TREAT, S. 31-45.
- Miller, Alice (2004): Die Revolte des Körpers, Suhrkamp, Frankfurt am Main