Dirichlet-Randbedingung
Als Dirichlet-Randbedingung (nach Peter Gustav Lejeune Dirichlet) bezeichnet man im Zusammenhang mit Differentialgleichungen (genauer: Randwertproblemen), Werte, die auf dem jeweiligen Rand des Definitionsbereichs von der Funktion angenommen werden sollen. Weitere Randbedingungen sind bespielsweise Neumann-Randbedingungen oder schiefe Randbedingungen.
Gewöhnliche Differentialgleichung
Das Dirichletproblem
Im Falle einer gewöhnlichen Differentialgleichung ist der Definitionsbereich der Funktion ein abgeschlossenes Intervall. Folglich besteht der Rand des Definitionsbereiches nur aus dem rechten und dem linken Intervallende. Aufgrund der Freiheit in gewöhnlichen Differentialgleichungen machen Dirichletrandbedingungen nur für Gleichungen von zweiter oder höherer Ordnung Sinn. In diesem Fall sieht ein Dirichletproblem, d.h. eine Differentialgleichung mit Dirichlet-Randbedingung folgendermaßen aus:
Hierbei ist die rechte Seite der Differentialgleichung eine vorgeschriebene Funktion, und sind vorgeschriebene reelle Zahlen für die Funktionswerte einer Lösung an den Intervallenden. Schließlich suchen wir eine Lösung aus der angegebenen Regularitätsklasse.
Beispiel für eine gewöhnliche Differentialgleichung
Wir wählen als unser Intervall und betrachten das folgende Dirichletproblem:
Mit der Theorie der linearen gewöhnlichen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten erhalten wir zunächst als allgemeine Lösung der Differentialgleichung:
mit zwei frei wählbaren reellen Konstanten und . Wir benutzen die Randbedingungen, um diese Konstanten zu fixieren. Dabei erhalten wir ein lineares Gleichungssystem in den Unbekannten und :
Bemerkenswerter Weise ist dieses System nicht eindeutig lösbar, aber es ist für beliebiges reelles eine Lösung gegeben durch
Partielle Differentialgleichungen
Das Dirichletproblem
Bei einer partiellen Differentialgleichung ist die alleinige Angabe von Neumann-Randbedingungen nur für elliptische Gleichungen auf einem beschränkten Gebiet sinnvoll, da die anderen Typen auch Vorgaben der Anfangswerte benötigen. Dabei werden Dirichlet-Randbedingungen auf dem Rand des Gebietes vorgeschrieben. Wir definieren hier das Dirichletproblem für eine quasilineare partielle Differentialgleichung:
Hierbei stellt die Funktion die vorgeschriebenen Funktionswerte unserer Lösung dar. Allein die Frage nach der Lösbarkeit eines solchen Problemes ist schon sehr anspruchsvoll und steht im Mittelpunkt der aktuellen Forschung. Es ist auch sehr schwierig, eine allgemeingültige Lösungsmethode anzugeben.
Beispiel für eine partielle Differentialgleichung
Wir betrachten in diesem Beispiel auf dem Gebiet das folgende Randwertproblem:
Hierbei bezeichnet den Laplace-Operator. Zunächst stellen wir fest, dass eine Lösung des Problems ist. Wir wollen noch weitere Lösungen finden. Wir nehmen nun für an und machen den folgenden Produktansatz
Für die Funktionen leiten wir gewöhnliche Differentialgleichungen mit entsprechenden Dirichlet-Randbedingungen her. Es folgt
Wenn nun die dem Randwertproblem
genügen, dann ist die oben definierte Funktion eine Lösung des Dirichlet-Randwertproblems für die partielle Differentialgleichung. Mit dem Beispiel für gewöhnliche Differentialgleichungen erhalten wir
und somit
als Lösung unseres Problems partieller Differentialgleichungen zu Dirichlet-Randbedingungen. Offen bleibt die Frage, ob es noch weitere Lösungen gibt.
Literatur
- D. Gilbarg, N.S. Trudinger: Partial Differential Equations of Second Order, Springer-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-540-41160-7.