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Benzol

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Strukturformel und Kalottenmodell
Strukturformel des Benzols.
Kalottenmodell des Benzols
Kalottenmodell des Benzols
Allgemeines
Name Benzol, Benzen
Summenformel C6H6
CAS-Nummer 71-43-2
Kurzbeschreibung farblose, aromatisch riechende Flüssigkeit
Eigenschaften
Molmasse 78,11 g/mol
Aggregatzustand flüssig
Dichte 0,88 g/l
Schmelzpunkt 5,5 °C
Siedepunkt 80,1 °C
Dampfdruck 110 hPa
Löslichkeit gut löslich in unpolaren Lösungsmitteln
Sicherheitshinweise
R- und S-Sätze R: 45-11-23/24/25
S: 53-45
TRK-Wert 1 ml/m³

Soweit möglich und gebräuchlich, wurden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Normbedingungen.

Benzol (nach der IUPAC Nomenklatur Benzen) ist eine zu den Aromaten gehörende Kohlenwasserstoffverbindung mit der Summenformel C6H6. Es ist der einfachste aromatische Kohlenwasserstoff, der Benzolring ist der Grundbaustein für alle Aromaten. Benzol ist krebserregend und wird deshalb meist durch das weniger gefährliche Toluol ersetzt.

Geschichte

Datei:Dewarbenzol.png
Von James Dewar vorgeschlagene Strukturformel

Benzol wurde 1825 von Michael Faraday im Leuchtgas entdeckt. 1833 wurde es vom deutschen Chemiker Eilhard Mitscherlich über die Benzoesäure und Calciumoxid hergestellt, er nannte die Flüssigkeit Benzin. 1845 isolierte der englische Chemiker Charles Mansfield, während seiner Arbeit unter Leitung von August Wilhelm von Hofmann, Benzol aus Steinkohleteer. Er stellte desweiteren aus dem Benzol Nitrobenzol, Azobenzol und Benzolsulfursäure her. Vier Jahre später begann die industrielle Herstellung des Benzols auf der Basis von Steinkohle.

Das Aufstellen einer richtigen Strukturformel war jedoch lange mit Fehlern und Schwierigkeiten verbunden.

Nach langem Forscherstreit stellte Johann Josef Loschmidt 1861 die erste korrekte Strukturformel des Benzols auf, die der deutsche Chemiker August Kekulé 1865 als Anregung für seine Kekulé-Formel (siehe rechts, untere Abbildung) übernahm. Dass bei dieser Strukturformel kein Atom eine Sonderstellung einnahm, entsprach den Beobachtungen bei Experimenten, sie konnte jdoch nicht erklären, warum Benzol entgegen den Erwartungen nach dieser Strukturformel keine Additionsreaktion mit Bromwasserstoffsäure einging. Erst später konnte dieses Phänomen durch die delokalisierte Elektronenwolke erklärt werden, die dem Benzolmolekül eine besondere Stabilität verleiht.

Vorhergegangen waren Strukturformeln wie die von Prisman und das Dewar-Benzol (von James Dewar), die sich allerdings alle als falsch herausstellten. Bis vor einigen Jahrzehnten war man sich der Gefahren des Benzols nicht bewusst, es wurde sorglos mit Benzol umgegangen, später folgten dann allerdings Aufklärungskampangen über die Gefahren des Benzols.

Strukturformel (Der Benzolring) und Nomenklatur

Molekülgeometrie des Benzols.
Mesomerie des Benzols.

Das Erstellen einer richtigen Strukturformel des Benzols stellte lange Zeit ein Problem dar (siehe Geschichte), was unter anderem an der Vielzahl der theoretisch möglichen Strukturformeln liegt. Ein Computer würde für die Summenformel C6H6 217 Strukturformeln finden.

Jedes Kohlenstoffatom verfügt über vier Valenzelektronen, von denen zwei das Atom mit den benachbarten C-Atomen verbinden. Ein Elektron bindet das zugehörige Wasserstoffatom. Die verbleibenden sechs π-Elektronen ergeben formal drei π-Bindungen, wie sie durch die Doppelbindungen der Strukturformel ausgedrückt werden. In der Realität bilden die sechs π-Elektronen aber vielmehr eine negative delokalisierte Ladungswolke (delokalisiertes 6-π-Elektronensystem) über und unter der Ebene des Kohlenstoffrings. Kekulé drückte diesen Umstand der Mesomerie durch die zwei Strukturformeln aus, die jeweils nur einen Extrempunkt der Ladungswolke symbolisieren. Aufgrund der Mesomerie ist der Kohlenstoffring stabiler als das hypothetische Cyclohexatrien mit stabilisierten Doppelbindungen. In der vereinfachten Schreibweise wird der Kohlenstoffring heute als Sechseck und die Elektronenwolke als einbeschriebener Kreis dargestellt. Benzol ist das einfachste aromatische Molekül.

Aromaten werden heute über das Benzol definiert: Aromaten sind Stoffe, die als Grundbaustein den Benzolring und seine Elektronenverteilung aufweisen.

Da in der systematischen chemischen Nomenklatur die Endung -ol für Alkohole verwendet wird, ist die in Deutschland meist verwendete, historisch bedingte Bezeichnung Benzol irreführend; der Name Benzen gibt den ungesättigten Charakter des Kohlenwasserstoffs besser wieder und ist auch der Name nach der IUPAC Nomenklatur.

Eigenschaften

Benzol ist eine farblose, klare, mit einem Brechungsindex von 1,5011 stark lichtbrechende und leicht flüchtige Flüssigkeit. Die Dichte des Benzols beträgt bei 20 °C 0,88 g/l, Benzol schmilzt bei 5,5 °C und siedet bei 80,1 °C. In Wasser ist es mit 1,7 g/l ziemlich schlecht löslich, auch in anderen polaren Lösungsmittel ist es nur schlecht löslich, in unpolaren Lösungsmitteln, auch Iod und Phosphor, ist es dagegen gut löslich. Der Dampfdruck beträgt bei 20 °C 110 hPa, die Viskosität des Benzols ist geringer als die des Wassers (es ist dünnflüssiger).

Benzol verbrennt mit gelber Flamme zu Wasser und Kohlenstoffdioxid, die stark rußende Flamme weist auf den hohen Kohlenstoffanteil des Benzols hin. Benzol riecht aromatisch und hat mit 1,5 - 900 mg/m³ eine geringe Geruchsschwelle. Es geht keine Additionsreaktion mit Bromwasserstoffsäure ein, dies ist ein wichtiges Merkmal für das Benzol, dies erscheint auf den ersten Blick merkwürdig: Vergleicht man die vier vom Aufbau her ähnlichen Verbindungen Cyclohexan, Cyclohexen, 1,3-Cyclohexadien und Benzol, so würde man denken Benzol wäre am reaktivsten, weil bei den ersten drei Verbindungen eine Zunahme der Reaktivität durch eine höhere Anzahl der C=C-Bindungen festzustellen ist, und Benzol müsste wie die vorherigen Verbindungen die Additionsreaktion eingehen, dies tut sie aufgrund der besonderen Stabilität durch die Delokalisation der Elektronen nicht.

Gefahren und Vorsichtsmaßnahmen

Benzol ist leicht entzündlich.
Datei:Gefahrensymbol T.png
Benzol ist giftig.

Benzol ist giftig und leicht entzündlich. Benzoldämpfe sind beim Einatmen giftig, leichte Benzolvergiftungen äußern sich in Schwindelgefühl, Brechreiz, Benommenheit und Apathie. Bei einer schweren Vergiftung kommt es zu Fieber und Sehstörungen bis hin zu vorübergehender Erblindung und Bewustlosigkeit. Bei der Benzolsucht, einem Rauschzustand, der beim Einatmen von Benzol eintretten kann, kommt es zu Trunkenheits- und Euphoriegefühlen. Benzol kann bei längerer Exposition zum Tod führen.

Längerfristiges Aufnehmen von kleineren Benzolmengen führen vor allem zu Schädigungen des Knochenmarks und der inneren Organe. Die Giftwirkung ebenso wie die cancerogene Wirkung sind auf ein Zwischenprodukt des Benzols zurückzuführen, das durch Oxidation entsteht. Dabei handelt es sich um das hochreaktive Epoxid, welches mit reaktionsfreudigen biologischen Substanzen wie den Nukleotiden reagiert. Es kommt zu einer Abnahme der Zahl der roten Blutkörperchen (Anämie), daraus resultieren Herzklopfen, Augenflimmern, Müdigkeit, Schwindel, Blässe und Kopfschmerzen. Benzol wird im Gehirn, Knochenmark und Fettgewebe gespeichert. Benzol wird nur langsam über die Niere ausgeschieden. Der Abbau erfolgt über verschiedene Umbauprodukte wie das Benzcatechin, Phenol, Hydrochinon und Benzochinon, die über den Harn abgegeben werden. Das Hauptausscheidungspropukt ist allerdings die Phenylmercaptursäure (N-Acetyl-S-phenyl-cystein).

Bei 2% Luftvolumenanteil Benzol in der Atemluft kommt es nach 5-10 Minuten zum Tod. Die letale Dosis (oral) beträgt bei dem Menschen 50 mg/kg. Ab 1,4 bis 8% Luftvolumenanteil bildet Benzol explosive Gemische.

Benzol ist aufgrund dieser Gefahren mit besonderer Vorsicht zu handhaben. Benzol muss bei 15° C bis 25° C gelagert werden. Der TRK-Wert liegt bei 1 ml/m³. Jede Exposition mit Benzol sollte wenn möglich vermieden oder verringert werden, vor dem Gebrauch von Benzol sind besondere Anweisungen einzuholen, bei Unfall oder Unwohlsein sollte sofort ein Arzt zugezogen werden. Orte, an denen Benzol austritt oder austreten könnte, sollten sofort verlassen und nur in Vollschutzanzügen wieder betreten werden.

Vorkommen und Benzolemissionen

Benzol kommt in der Steinkohle und dem Erdöl vor. Beim Rauchen von Zigaretten werden kleine Mengen Benzoldampf (10-100 µg (eine Zigarette)) freigesetzt, auch bei Vulkanausbrüchen und Waldbränden wird Benzol freigesetzt. In der Atmosphäre wird nach 2-5 Tagen die Hälfte von Benzol abgebaut, weil dieses mit Hydroxylradikalen reagiert. Auch bei unvollständigen Verbrennung von organischem Material entsteht Benzol, hauptsächlich wird es jedoch aus dem Benzin durch Autoabgase emittiert, 75% der Emissionen gehen auf Kraftfahrzeuge zurück. Die durchschnittliche Belastung der Bevölkerung beträgt im Mittel zirka 2 µg/m³ Luft, dieser Wert kann je nach Umgebung jedoch wesentlich höher sein (zum Beispiel an Tankstellen, in schlecht belüfteten Garagen, etc.). Um 1980 gab es einen starken Rückgang Benzolemissionen, seitdem sind die Emissionen ungefähr gleichbleibend. Durch niedrigeren Benzinverbrauch in Autos könnten die Benzolemissionen bedeutend verringert werden, 85 bis 90% der Benzolemissionen sind auf Kraftfahrzeuge zurückzuführen.

Herstellung

Beim Cracken von Benzin fällt Benzol an. Hierbei wird meist Hexan zu Cyclohexan und dann zu Benzol dehydriert.

Seit 1940 wird Benzol auf Steinkohlebasis hergestellt, seit 1950 auch aus Erdöl, jährlich werden weltweit trotz der von ihm ausgehenden Gefahren ca. 35 Millionen Tonnen Benzol hergestellt.

Ein weiteres Verfahren zur Benzolherstellung ist die thermische Entalkylierung. Hierbei wird bei 780 °C und einem Druck von 40 bar die CH3-Gruppe des eingesetzten Toluols abgespalten. Trägergas im Reaktor ist hierbei 90 %iger Wasserstoff. Nach Abkühlung und der Gas-Flüssigkeits-Trennung sowie Reinigung wird so Reinstbenzol gewonnen. Auch aus Ethinmolekülen lässt sich bei Anwesenheit eines Katalysators Benzol herstellen.

Bis ungefähr 1960 wurde das meiste Benzol auf der Basis der Steinkohle hergestellt. 1992 wurden in Westeuropa rund 90% des Benzols aus Erdöl gewonnen, (65% aus Pyrolysebenzin, 17% aus Reformatbenzin, 9% durch Entalkylierung) und 10% aus Kohle und Kohlenteer.

Reaktionen

Optimale Verbrennung des Benzols:

  • Mit Sauerstoff reagiert Benzol zu Kohlendioxid und Wasser.

Beispiel für eine Substitutionsreaktion:

  • Mit Salpetersäure reagiert Benzol unter Anwesenheit von Schwefelsäure zu Wasser und Nitrobenzol

Beispiel für eine Radikalische Additionsreaktion

  • Mit Chlor reagiert Benzol zu Lindan.

Anwendungen

Aufgrund der schwerwiegenden Gefahren sind Stoffe mit einer Benzol-Konzentration über 0,1% in Deutschland verboten. Eine Ausnahme bilden hier Treibstoffe. In größeren Mengen darf es nur in geschlossenen Systemen und zu industriellen oder Forschungszwecken verwendet werden. In den USA ist es allerdings auch als Treibstoffzusatz verboten. Als gutes Lösungsmittel kommt es als "Universalreiniger" in vielen Laboratorien trotz Warnhinweisen zum Einsatz, im normalen Haushalt wird es dagegen nicht benutzt.

Benzol wird in der chemischen Industrie als für die Synthese vieler Verbindungen gebraucht, zum Beispiel: Anilin, Styrol, Nylon, Synthesekautschuk, Kunststoffe, waschaktive Stoffe, Insektizide, Farbstoffe, Drogen , Napalm und viele weitere Stoffe, des weiteren werden durch Substitution viele Aromaten wie zum Beispiel Phenol, Nitrobenzol , Anilin, Chlorbenzol, Hydrochinon und Pikrinsäure gewonnen.

Als Lösungsmittel für Kautschuklacke, Wachse, Harze, Öle wird es zunehmend durch weniger giftige Lösungsmittel wie dem Toluol verdrängt. Benzol erhöht die Klopffestigkeit von Benzin, weshalb 1-5 % Benzol dem Benzin beigemischt werden.

Literatur

  • Schimming, Elke;: Die Belastung des Menschen durch Benzol und andere aromatische Kohlenwasserstoffe unter besonderer Berücksichtigung des Beitrages der Innenraumluft . Verlag, Ort 1998, ISBN 3897121956
  • Pfeifer Reichelt: H2O & Co Organische Chemie. Oldenburg, München 2003, ISBN 3-486-16032-X
  • Estler CJ: Pharmakologie und Toxikologie, Schattauer Verlag, Stuttgart 1992