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Odessa

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Vorlage:Infobox Stadt in der Ukraine

Odessa (ukrainisch Одеса; russisch Одесса) ist die wichtigste Hafenstadt der Ukraine am Schwarzen Meer.

Geschichte

Vor Gründung Odessas

Im Frühmittelalter war das Gebiet von ostslawischen Stämmen Ulitschen und Duleben bewohnt, die mit der Zeit von türkischen Nomadenvölkern wie Petschenegen und Kumanen verdrängt wurden. Im 14. Jahrhundert lag das Gebiet am Schwarzen Meer zwischen den Flüssen Dnister und Dnepr im Einflussbereich des Großfürstentum Litauens. Um 1764 wurde nahe einer tatarischen Siedlung mit dem Namen Hacıbey (bzw. Hadschi Bai oder Khadzhibei) vom Osmanischen Reich eine Festung, die Yeni Dünya (bzw. Yeni-Dunai) hieß, errichtet. Diese wurde von russischen Truppen unter dem Befehl des neapolitanischen Generalmajor Joseph de Ribas am 14. September 1789 im Russisch-Türkischen Krieg von 1787 bis 1792 eingenommen.

Odessa 1892

Gouvernement Neurussland

Mit dem Frieden von Jassy ging 1792 alles Gebiet östlich des Dnister vom Osmanischen Reich an Russland über. Die Stadt Odessa wurde im Jahre 1794 auf Anweisung von Katharina der Großen bei der 1789 eingenommenen Festung angelegt, um einen leistungsfähigen Militärhafen für den Schwarzmeer- und Mittelmeerraum zu haben.

De Ribas war bis 1797 der erste Statthalter, dem Armand Emmanuel du Plessis, Herzog von Richelieu von 1803 bis 1814 folgte.

Karte Odessa
Karte Odessa

Die neue Stadt wurde ein großer Erfolg. Sein frühes Wachstum verdankt die Stadt dem Herzog von Richelieu der als Gouverneur von 1803 - 1814 regierte. Er war vor der Französischen Revolution geflohen und diente in der Armee Katharina der Großen gegen die Türken. Ihm verdankt die Stadt die Anlagen und die Infrastruktur. Auf ihn gehen die langen unterirdischen Gänge, die Katakomben, zurück. Die tragenden Wände vieler Häuser bestehen aus Kalkstein, der in den Steinbrüchen unterhalb der Stadt heraus gebrochen wurde. Das Wohnhaus des Gouverneurs wurde mit einem kilometerlangen unterirdischen Gang verbunden einerseits mit seinem Arbeitssitz, andererseits als Fluchtweg mit dem Meer. Im Zweiten Weltkrieg fanden Partisanen Unterschlupf in den Katakomben, heute sind sie ein Touristenziel. Auch seinem Nachfolger, Graf Alexandre Langeron verdankt Odessa viel. An Richelieu erinnert seit 1828 eine Bronzestatue, geschaffen von Ivan Martos.

Zwischen 1803 und 1818 bestand eine Kanzlei für die Neurussland-Siedler im Gebiet von Odessa, die 1818 für etwa 15.500 nichtrussische Siedler zuständig war. Es gehörten dazu 4 deutsche Distrikte: Liebenthal, Beresan, Kutchurgan und Glücksthal und verschiedene einzelne deutsche Dörfer, sowie die bulgarischen und griechischen Distrikte: Ternovka, Buyalik und Parkani. Zusätzlich noch vier schwedische, neun jüdische und das serbische Dorf Zetin. Nach 1818 wurde die Kanzlei zu einer regionalen Niederlassung des Fürsorgekomitees für ausländische Siedler in Cherson. Sie wurde 1833 geschlossen.

In Odessa 1821 kam es nach dem Tod des griechisch-orthodoxen Patriarchen von Konstantinopel zum ersten Pogrom, bei dem 14 Juden getötet wurden.

Im Jahr 1811 wurde die Stadt zu einem Freihafen, was sie bis 1857 blieb. Ihren Aufschwung als moderne Hafenstadt nahm Odessa nach 1823 unter dem Generalgouverneur von Neurussland und Bessarabien, Graf Michail Woronzow. Er machte die Stadt zu seinem Verwaltungssitz, engagierte westeuropäische Ingenieure und Ärzte und schob städtebauliche Projekte an. Er gründete ein Theater, eine öffentliche Bibliothek, ein Lyzeum, ein Institut für orientalische Sprachen, verschiedene wissenschaftliche Gesellschaften und protegierte englische und französische Lokalzeitungen. Zwischen 1823 und 1849 verdoppelte sich die Bevölkerung Odessas. Der russische Dichter Alexander Puschkin lobte in der Erzählung Eugen Onegin die Freiheit und Ungezwungenheit in der Stadt.

Von 1878 bis 1895 stand Grigory Grigorevich Marazli an der Spitze der Stadt. Er war der Sohn eines in Odessa zu Wohlstand gekommenen griechischen Getreidehändlers und Förderers des in Odessa 1814 gegründeten griechischen Geheimbundes Philiki Etaireia. Marazli finanzierte mit Teilen seines ererbten Vermögens eine Vielzahl von öffentlichen Bauten in Odessa.

Auf dem russischen Linienschiff Fürst Potjomkin von Tauris (rus. Knjas Potjomkin Tawritscheski) der Schwarzmeerflotte kam es am 27. Juni 1905 zur Meuterei. Das von den Meuterer übernommene Schiff lief in den Hafen von Odessa ein, aber die Matrosen unterstützten nicht einen zu dieser Zeit stattfindenden Generalstreik in der Stadt, der Teil der Russischen Revolution von 1905 war. Das Ereignis war Grundlage für den Film Panzerkreuzer Potemkin.

Ukrainische Volksrepublik

Die Ukrainische Volksrepublik (Ukrajinska Narodna Respublika) gründete sich im Verlauf des Russischen Bürgerkriegs, doch war sie dem Angriff der Roten Armee nicht gewachsen. So war Odessa von Januar bis März 1918 sowjetisch. Durch den Friedensvertrag von Brest-Litowsk wurde die Volksrepublik, einschließlich der Stadt Odessa, offiziell unabhängig, doch tatsächlich war sie abhängig vom Deutschen Kaiserreich und seinen Verbündeten.

Von Marz bis Dezember 1918 waren Truppen der Mittelmächte in der Ukrainischen Volksrepublik. Der südliche Teil des Landes und damit auch Odessa wurde von Österreichern bis zum Ende von Österreich-Ungarn kontrolliert. Die Verantwortlichen waren nacheinander Eduard von Böhm-Ermolli und Alfred Krauss.

Nach deren Rückzug eroberte die Entente Odessa. Das Ziel war unter anderem die Unterstützung von Anton Iwanowitsch Denikin, General der Weißen Armee. Französische, griechische und einige wenige polnische, rumänische und freiwillige russische Truppen landeten in Odessa an und blieben dort vom 18. Dezember 1918 bis zum 8. April 1919. General Borius war Militärgouverneur von Odessa. Nach einer schweren Niederlage der Alliierten in Cherson, weil ein Hungeraufstand in der Stadt drohte und es auf den französischen Kriegsschiffen France und Jean Bart im Schwarzen Meer unter der Führung von André Marty zur Meuterei gekommen war, zogen sich die Franzosen zurück[1] und Denikin übernahm die Stadt. Die griechische Bevölkerung Odessas wurde mit Schiffen evakuiert und Lucjan Żeligowski führte seine Division, die im Gebiet um den Fluss Kuban operierte ebenfalls aus Russland via Odessa heraus.

Ukrainische SSR

Ab 1920 war Odessa sowjetisch und Teil der Ukrainischen SSR.

Die ukrainischen Hungersnot von 1932/34, dem Holodomor, fielen auch in Odessa viele Menschen zum Opfer. So soll im ersten Halbjahr 1933 im Oblast Odessa tägliche nur 830 kcal[2] pro Person zur Verfügung gestanden haben, was etwa die Hälfte des heute als notwendig betrachteten Grundumsatzes war.

Zweiter Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkrieges war Odessa von 1941 bis 1944 von rumänischen und deutschen Truppen besetzt. Die Stadt war ab Dezember 1941 Sitz des rumänischen Hauptquartiers von ganz Transnistria. Während der Besatzungszeit wurden etwa 60.000 Einwohner, die meisten Juden, ermordet oder deportiert. Besonders die Massaker vom 23. bis zum 25. Oktober 1941 bleiben in Erinnerung. Bei einer Explosion im rumänischen Hauptquartier in Odessa starben insgesamt 61 Personen, einschließlich des rumänischen Generals Glogojeanu. Ministerpräsident Ion Antonescu gab daraufhin den Befehl als Vergeltung für jeden getöteten Offizier 200 und für jeden Soldaten 100 Juden oder Kommunisten zu töten. Daraus entwickelte sich ein Massaker, bei dem etwa 30.000 Juden getötet wurden. (siehe auch: en:Odessa massacre)

Republik Ukraine

Bevölkerung

Die Geschichte der Stadt ist traditionell von vielen Völkern und Konfessionsgruppen geprägt, die alle in der Stadt ihre Heimat hatten. So wohnten hier neben Ukrainer die mit 57 % die Merheit der Einwohner ausmachen auch Russen (34 %) Juden, Ukrainer, Griechen, Deutsche, Franzosen, Rumänen, Araber, Türken, Armenier, Georgier und viele andere Bevölkerungsgruppen. Der Anteil der Juden betrug vor der deutschen Eroberung der Stadt im Sommer 1941 etwa 20 Prozent. Als gemeinsame Bezeichnung nennen sich alle Einwohner Odessiten. Im Selbstbild finden sich als stärkste Motive die Weltoffenheit, eine Möglichkeit, die sich aus der traditionellen Hafenlage an der Nahtstelle zwischen Orient und Okzident ergibt. Odessa ist eines der ukrainischen Gebiete in denen Russisch noch sehr weit verbreitet ist. Ingesamt sprechen 63 % der Einwohner Russisch.

Religion

Odessa ist Bischofssitz der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche der Ukraine.

Bahnhof von Odessa

Wirtschaft, Verkehr und Bildung

Neben Mykolajiw, Cherson und Sewastopol ist Odessa einer der wichtigsten Häfen der Ukraine. Von hier aus bestehen Straßen- und Eisenbahnverbindungen ins Hinterland, vor allem nach Galizien, Podolien und Moldawien, aber auch in die Hauptstadt Kiew. Die Stadt verfügt über einen im Südwesten liegenden Flughafen mit nationalen und internationalen Flugverbindungen.

Hochschulen

Die Neurussische Universität wurde am 13. Mai 1865[3] eröffnet, 1945 wurde sie nach dem ukrainischen Träger des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin Ilja Iljitsch Metschnikow in Staatliche I.I. Metschnikow Universität Odessa umbenannt. Weitere Universitäten in Odessa sind die am 18. September 1918 gegründete Staatliche Polytechnische Universität Odessa, die Staatliche Marine Universität Odessa, die um 1900 gegründete Staatliche Medizinische Universität Odessa, die Südukrainische Staatliche Pädagogische K. D. Uschinski-Universität Odessa (nach dem russischen Pädagogen Konstantin Dmitrijewitsch Uschinski (* 1824 - † 1870)) und die Staatliche Wirtschafts Universität Odessa. Darüberhinaus gibt es noch einige Akademien in Odessa. [4]

Sehenswürdigkeiten

Datei:Odessa Opernhaus.jpg
Opernhaus
  • Wahrzeichen Odessas ist die Potemkinsche Treppe von der Altstadt zum Hafen. Dort steht auch die Kanone des englischen Schiffs Tigris, welches im Zusammenhang mit dem Krimkrieg gesunken war.
  • Im Opernhaus (Teatr operi ta baletu) finden Opern- und Ballettaufführungen statt. Es wurde 1884-1887 vom damals im mitteleuropäischen Theaterbau führenden Wiener Büro Fellner & Helmer erbaut.
  • Die auf dem Hochufer über der Hafenbucht errichteten Denkmäler des Dichters Alexander Sergejewitsch Puschkin und - am oberen Ende der Potemkinschen Leiter (Treppe) - des Herzogs von Richelieu.
  • Kathedral-Platz (Soborka) mit der orthodoxen Kathedrale und dem Denkmal des Generalgouverneurs von Noworossia und Bessarabien Michail Semjonowitsch Woronzow.
  • Flaniermeile Deribasovskaja, nach dem Gründer der Stadt, Generalmajor Joseph de Ribas, benannt.
  • Palais Kinsky, hier übernachteten Winston Churchill und seine Gefolgsleute vor dem Treffen auf Jalta.
  • Zahlreiche Museen und Galerien
  • In Odessa wird zur Zeit ein 300 Meter hoher Fernsehturm mit einer Aussichtsplattform gebaut.
  • In den Odessaer "Katakomben", einem Netz unterirdischer Gänge und Labyrinthe versteckten sich während des 2.Weltkrieges Partisanen. Heute sind sie für Besucher geöffnet.

Städtepartnerschaften

Söhne und Töchter der Stadt

Potemkinsche Treppe, Blick vom Hafen auf die Stadt

In Odessa wurden geboren:

Wissenschaftler:

Sportler:

Künstler, Musiker und Schriftsteller:

Weitere Personen:


Auf andere Weise mit Odessa verbunden waren:

Bildergalerie


Quellen

  1. Mark Plant: Fortified Odessa – März 1919
  2. The Great Famine-Genocide in Soviet Ukraine (Holodomor)
  3. ukrweekly.com: Geschichte der Neurussischen Universität
  4. Staatliche Hochschulen in Odessa

Literatur

  • Baumann, Joachim/Moosburger, Uwe: Odessa, Facetten einer Stadt im Wandel, Regensburg: Pustet, 2003. ISBN 3-79171-848-7
  • Bond, Anatole: Deutsche Siedlung am Schwarzen Meer, Lustdorf bei Odessa; [geschichtl. u. sprachl. Studien]. Series (Deutsche Dialektographie; Bd. 104). Marburg/L. : Elwert, 1978. ISBN 3770805763
  • Helling Nadja / Schulze Brigitte: Einladung nach Odessa - ein Wegweiser, Verlag IMPULSE, ISBN Nr. 3-9810467-0-6, 14,80 € im Buchhandel erhältlich
  • Reski, Petra: Odessa — eine Stadt erwacht zu neuem Leben, in: Geo Saison, Heft 2-2006 (online)
Commons: Odessa – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien



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