Dolchstoßlegende
Die Dolchstoßlegende war in der Zeit der Weimarer Republik eine politische Propagandalüge deutschnational gesinnter Menschen und der extremen Rechten. Sie besagte, das deutsche Heer sei im Ersten Weltkrieg "im Felde unbesiegt" geblieben, habe aber durch die Novemberrevolution von 1918 einen "Dolchstoß von hinten" erhalten. Die Revolutionäre wurden von den Verbreitern der Dolchstoßlegende als "Novemberverbrecher" bezeichnet, die durch ihren "Verrat" den Sieg verhindert hätten.
Die Dolchstoßlegende wurde von den eigentlichen politischen und militärischen Machthabern im Reich in der Endphase des Krieges von Erich Ludendorff und Paul von Hindenburg vor dem Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung vertreten. Beide "vergaßen" dabei zu erwähnen, dass sie selbst nach der gescheiterten Sommeroffensive von 1918 die Reichsregierung am 29. September 1918 ultimativ aufgefordert hatten, Waffenstillstandsverhandlungen aufzunehmen.
Nach einem Nervenzusammenbuch aufgrund der völlig hoffnungslosen und desolaten Lage an der Westfront hatte Ludendorff seinen Offizieren schon am Abend dieses Tages - also fünf Wochen vor Ausbruch der Revolution - gesagt, er habe "den Kaiser gebeten, jetzt auch diejenigen Kreise an die Regierung zu bringen, denen wir es in der Hauptsache zu danken haben, daß wir so weit gekommen sind. Die sollen nun den Frieden schließen, der jetzt geschlossen werden muß. Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrockt haben."
Die Deutschnationalen, die so genannten Völkischen und die Nationalsozialisten griffen die Dolchstoßlegende begierig auf und nutzten sie propagandistisch für ihre Zwecke aus. So war die Dolchstoßlegende und die damit verbundene Rede von den "Novemberverbrechern" eine schwere Belastung für die junge Weimarer Demokratie und führte in Verbindung mit anderen Gründen zu ihrem Zerfall.
siehe auch: Kriegsschuldlüge, Judenzählung
Literatur
- Volker Ullrich: Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871 - 1918. S.Fischer, Frankfurt/Main 1997 ISBN 3200860012 - Schilderung der Vorgänge am Kriegsende (vgl. S. 559f., Zitat S. 559).