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Kyoto-Protokoll

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Das Kyoto-Protokoll (benannt nach dem Ort der Konferenz Kyōto in Japan) ist ein 1997 beschlossenes Zusatzprotokoll zur Ausgestaltung der Klima-Rahmenkonvention (UNFCCC) der Vereinten Nationen für den Klimaschutz. Das bis zum Jahr 2012 gültige Abkommen schreibt verbindliche Ziele für die Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen fest, die als Auslöser der globalen Erwärmung gelten.

Die Zunahme dieser Treibhausgase wird großteils auf menschliche Aktivitäten zurückgeführt, insbesondere durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe. Die reglementierten Gase sind: Kohlendioxid (CO2, dient als Referenzwert), Methan (CH4), Distickstoffoxid (Lachgas, N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFCs) und Schwefelhexafluorid (SF6).

Ziele

Die Vertragsstaaten haben das Ziel, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahre 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Annex A des Protokolls nennt sechs Treibhausgase (CO2, CH4, HFCs, PFCs, N2O, SF6) auf welche die Verpflichtungen anzuwenden sind. Die einzelnen Länder haben dabei unterschiedliche Vorgaben, die vor allem von ihrer wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Für die EU ist eine Senkung der Emissionen um 8 Prozent vorgesehen, Russland und die Ukraine haben sich dazu verpflichtet, das Emissionsniveau von 1990 nicht zu überschreiten, und für die Volksrepublik China, Indien und für Entwicklungsländer sind keine Beschränkungen vorgesehen.

Stand der Unterzeichnung und Ratifikation im Jahr 2005

Das Protokoll wurde in der japanischen Präfekturhauptstadt Kyoto verhandelt und am 11. Dezember 1997 verabschiedet. Es sollte jedoch erst in Kraft treten, sobald mindestens 55 Staaten, die zusammengerechnet mehr als 55 % der Kohlenstoffdioxid-Emissionen des Jahres 1990 verursachten, das Abkommen ratifiziert haben. Die Zahl von mindestens 55 teilnehmenden Staaten wurde mit Islands Ratifikation am 23. Mai 2002 erreicht. Mit Russlands Ratifikation unter Putin am 5. November 2004 mit etwa 18 % Anteil der CO2-Emissionen wurde auch die zweite Bedingung erfüllt, worauf das Kyoto-Protokoll 90 Tage nach der Ratifizierung durch das Russische Parlament am 16. Februar 2005 in Kraft trat. Zu diesem Zeitpunkt hatten 141 Staaten ratifiziert, die zusammen 85% der Weltbevölkerung und einen CO2-Ausstoß von 62% abdeckten.

Einige Staaten wie die USA, Australien und Kroatien haben das Protokoll zwar unterzeichnet, nun aber angekündigt, es nicht zu ratifizieren. Mehrere OPEC-Staaten haben hingegen ihre Vorbehalte aufgegeben und ratifiziert. Allerdings haben die meisten beigetretenen Staaten ihren Kohlendioxid-Ausstoß seit 1990 drastisch erhöht, sodass das ursprüngliche Ziel der Industrieländer, die Emissionen um durchschnittlich sechs bis acht Prozent zu senken, in weite Ferne gerückt ist.

Inzwischen sind 168 Staaten dem Kyoto-Protokoll entweder beigetreten, haben es ratifiziert oder dem Protokoll zugestimmt.

Flexible Mechanismen

Das Kyoto-Protokoll sieht mehrere flexible Mechanismen vor, mit dem seine Ziele erreicht werden können. Der Handel mit Emissionsrechten (Emissions Trading) ist eines der wesentlichen Instrumente, die im Kyoto-Protokoll verankert sind. Artikel 17 des Kyoto-Protokolls betont, dass der Emissionshandel ein zusätzliches Element neben Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen darstellen soll. Damit soll verhindert werden, dass sich Staaten nur darauf verlassen, ihre Verschmutzungsrechte zu verkaufen. Als Joint Implementation werden kooperative Maßnahmen zweier (oder mehrerer) Industrieländer bezeichnet, die sich beide anrechnen lassen können. Von Clean Development Mechanism spricht man, wenn ein Industrieland Maßnahmen zur CO2-Reduktion in einem Entwicklungsland durchführt. Da der Ort der Emissionsreduktion weitgehend unerheblich ist und man von jeglicher Reduktion positiven Einfluss auf das Klima erwartet, können kostengünstigere und dadurch politisch leichter durchsetzbare Maßnahmen verwirklicht werden.

Positionen

Deutschland ratifizierte das Protokoll am 26. April 2002 und hat sich damit verpflichtet, den Ausstoß an den betreffenden Gasen von 2008 bis 2012 um 21 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Alle anderen EU-Staaten folgten bis spätestens zum gemeinsamen Termin am 31. Mai 2002.

Die USA haben unter Clinton das Kyoto-Protokoll zwar unterschrieben, aber nicht ratifiziert. Die gegenwärtige Regierung unter Bush beabsichtigt nicht, das Protokoll zu ratifizieren. Diese Kehrtwende der USA führte beinahe zum Scheitern des Protokolls, da die vorgeschriebenen Anforderungen an Mitgliedsstaaten nicht erfüllt wurden. Erst ab dem Beitritt Russlands stand dem Inkrafttreten des Protokolls nichts mehr im Wege.

Russland hatte, nicht zuletzt aus Rücksicht auf die diplomatischen Beziehungen zu den USA, sehr lange mit einer Entscheidung gezögert. Aus russischer Sicht sprach für eine Ratifizierung der aus dem Emissionsrechtehandel zu erwartende Gewinn: In den Jahren nach dem Bezugsjahr 1990 wurden in Russland zahlreiche umweltverschmutzende Fabriken aus Rentabilitätsgründen stillgelegt. Daher liegen die aktuellen Emissionen unter denen von 1990, sodass Russland, nach Inkrafttreten des Protokolls, „Verschmutzungsrechte“ gegen Devisen an andere Industrieländer verkaufen kann, ohne größere Summen in umweltverträglichere Technologie investieren zu müssen. Die Freigabe zur Ratifikation erfolgte am 22. Oktober 2004 durch das russische Parlament (Duma), nachdem sich Präsident Putin im Vorfeld für eine Umsetzung des Kyoto-Protokolls stark gemacht hatte. Offiziell wurde das Kyoto-Protokoll von Russland am 18. November 2004 ratifiziert. Die EU einigte sich vorab zusammen mit einigen anderen Staaten, darunter Kanada und Japan, auch ohne Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls ihre zugesagten CO2-Minderungsziele bis 2012 zu erreichen.

Kritik

Kritik erntete das Kyoto-Protokoll von vielen Seiten. Insbesondere Umweltschützern gehen die Reduktionsziele des Protokolls nicht weit genug, während Vertreter der Wirtschaft in der Regel zu hohe Kosten durch die Umsetzung des Protokolls befürchten.

Zunächst sei zu bezweifeln, dass das Kyoto-Protokoll insgesamt positive Wirkungen zeigen werde, da sich CO2 in der Atmosphäre akkumulativ ansammelt kann das Kyoto-Protokoll das Erreichen des Maximalwerts an CO2 in der Atmosphäre nicht verhindern sondern bestenfalls verlangsamen. Dieser Maximalwert wird in jedem Fall erreicht werden, nämlich dann wenn alle förderbaren Energieträger verbrannt sind. Der einzig wirksame Klimaschutz wäre ein Förderstopp, was aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht gezogen wird. So soll sich der Temperaturanstieg mit den im Protokoll verankerten Zielen nur um 0,1 °C abschwächen. Zudem werden die Ziele von nahezu keinem Staat konsequent verfolgt: In Deutschland kam es zwar seit 1990 zu Verringerungen der CO2-Emissionen um etwa 20 Prozent. Diese sind aber vor allem auf Desinvestitionen in der extrem schadstoffintensiven ostdeutschen Industrie nach der Wiedervereinigung zurückzuführen. In den meisten anderen Staaten kam es zu teilweise drastischen Erhöhungen der Ausstoßmengen. Das Protokoll beinhaltet nur begrenzte Sanktionsmechanismen für Verstöße gegen die Reduktionsziele.

Die großzügige Anrechnung von CO2-Senken in Form von Wäldern lasse es zudem fragwürdig erscheinen, ob die von den Staaten angegebenen Reduktionsziele in der Realität auch erreicht oder nur statistisch herbeigerechnet wurden.

Großverursacher wie beispielsweise Energieerzeuger in Japan oder Kanada umgehen die Regelung bereits, beispielsweise durch den Kauf von Emissionsrechten durch die Verbrennung von Methanemissionen aus der Schweinezucht in Chile.

Ein neues Schlupfloch aus dem Zertifikatshandel ist es, Altanlagen neben einer neu gebauten Anlage mit minimaler Leistung weiter zu betreiben, und die für die Nennleistung der Altanlage weiterhin zugeteilten Emmissionsrechte gewinnbringend zu verkaufen.

Schließlich wird das Vertragswerk oftmals als ungerecht gegenüber den Entwicklungsländern betrachtet. So erhalten Länder, die Waldflächen aufforsten und so den Netto-Kohlendioxid-Ausstoß verringern, nur die Kosten für die Anpflanzungen der Waldstücke ersetzt, nicht jedoch die weit höheren Zertifikatspreise für die tatsächlichen CO2-Einsparungen, die die Regeln zum Emissionshandel vorsehen.

Auch bei der Klimakonferenz in Montreal 2005 mehrten sich die Kritiker am Kyoto-Protokoll. Denn die geplanten Maßnahmen können - selbst wenn sich sämtliche Länder (auch die USA) daran hielten - die prognostizierte Erderwärmung bis zum Jahr 2100 um lediglich 6 Jahre aufschieben. Die dafür aufzuwendenden Ressourcen wären wesentlich besser im Kampf gegen Hunger, Krankheiten und für alternative Energieprojekte investiert, betont etwa der dänische Statistik-Professor Björn Lomborg.

Lastenverteilung innerhalb der EU

Bei der Erfüllung des im Kyoto-Protokoll beschlossenen Klimaschutzziels, nämlich die weltweite Emission sogenannter Treibhausgase zu reduzieren, wendet Europa das nach Artikel 4 des Protokolls mögliche Prinzip der Lastenverteilung (burden sharing) an. Die EU hat gemäß einer EU-internen Lastenverteilung im Juni 1998 die Reduktionsverpflichtungen und Emissionsobergrenzen der EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich aufgeteilt (jeweils bezogen auf die entsprechenden 1990er Emissionen):

Stand der Reduktionen

Im Gegensatz zu den Forderungen der Wissenschaft und den Ansprüchen der Politik steigt die Emission von Treibhausgasen weltweit an. Die Vereinten Nationen erwarten für das Jahr 2010 11% höhere Emissionen als im Referenzjahr 1990. Die Staaten des Ostblocks konnten vor allem wegen des Zusammenbruchs ihrer Industrien die Emissionen von 1990–2003 um 40% senken, bis 2010 wird der Ausstoß aber wieder steigen und nur noch um 18% geringer sein als 1990. Die westlichen Industriestaaten erhöhen bis 2010 ihre Emissionen voraussichtlich um 20% zu 1990. Die größten 2004 gemessenen Zuwachsraten in den Industrieländern haben: Türkei (+ 72,6 Prozent von 1990 bis 2004), Spanien (+ 49%), Portugal (+ 41%), Kanada und Griechenland (beide + 26,6%), Australien (+ 25,1%), Irland (+ 23,1%), Neuseeland (+ 21,3%), Liechtenstein (+ 18,5%), USA (+ 15,6%), Österreich (+ 15,7%), Finnland (+ 14,5%), Italien (+ 12,1%), Norwegen (+ 10,3%) und Japan (+ 6,5%). Deutschland konnte seine Emissionen um 17,2% senken (Ziel bis 2010: –21%), Großbritannien –14,3%, Schweden –3,5%. Die Schweiz liegt 2004 auf dem gleichen Niveau wie 1990 (+ 0.4 %).[1]

Siehe auch

Quellen

  1. UNFCC (2006):GHG Data 2006, siehe online (PDF)