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Rudolf von Jhering

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Rudolf von Jhering (* 22. August 1818 in Aurich; † 17. September 1892 in Göttingen) war ein deutscher Jurist.

Leben

Rudolf von Jhering
Rudolf von Jhering, Büste von Carl Ferdinand Hartzer, 1888

Jhering (alte, aber immer noch gebräuchliche Schreibweise: Ihering) stammte aus einer Juristenfamilie, die seit 1522 in Ostfriesland nachweisbar ist. Einer seiner Vorfahren wurde 1772 zum Namensgeber des ostfriesischen Ortes Jheringsfehn. Jhering studierte in Heidelberg, Göttingen, München und Berlin, wo er 1842 auch promoviert wurde. Nach Professuren in Basel, Rostock, Kiel, Gießen kam er 1868 nach Wien. Dort hielt er seinen berühmten Vortrag Der Kampf ums Recht, der in zwei Jahren zwölf Auflagen erlebte und in 26 Sprachen übersetzt wurde. Über das Recht heißt es dort:

„Das Leben des Rechts ist ein Kampf – ein Kampf der Völker, der Staatsmacht, der Klassen und Individuen. In der Tat hat das Recht eine Bedeutung nur als Ausdruck von Konflikten und es stellt die Anstrengungen der Menschheit dar, sich selbst zu zähmen. Aber leider hat das Recht versucht, der Gewalt und dem Unrecht mit Mitteln zu begegnen, die in einer vernünftigen Welt dereinst als ebenso befremdlich wie schändlich gelten werden. Denn das Recht hat niemals wirklich versucht, die Konflikte der Gesellschaft zu lösen, sondern nur sie zu lindern, indem es Regeln niederlegte, nach welchen sie ausgefochten werden sollen.“

In Wien wurde ihm vom österreichischen Kaiser der erbliche Adel verliehen. 1872 nahm er einen Ruf nach Göttingen an. Sein Nachfolger in Wien wurde Adolf Exner. In Göttingen blieb er – Rufe nach Leipzig und Heidelberg ablehnend – bis zu seinem Tode im Jahr 1892.

Als besonderer Umstand in der wissenschaftlichen Entwicklung Jherings wird immer wieder seine rechtstheoretische „Bekehrung“ hervorgehoben. Noch in seinem (unvollendet gebliebenen) Werk „Der Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung“ stellt er gemäß der historischen Rechtsschule ein durch die Begriffsjurisprudenz geprägtes System vor. Hiervon nahm Jhering aber immer mehr (schon im dritten Band dieses Werks) zu Gunsten einer soziologischen Betrachtung des Rechts Abstand, die er (im ebenfalls unvollendet gebliebenen) Werk „Der Zweck im Recht“ näher ausführt. Nach seiner Auffassung dient das Recht dem Schutz der individuellen und gesellschaftlichen Interessen durch deren Koordination und der Minimierung der Gelegenheit für deren Konflikte (vgl. Interessenjurisprudenz). In der Dogmatik des Zivilrechts stellte er schon 1881, also knapp 20 Jahre vor Begründung des Bürgerlichen Gesetzbuches, die noch heute im Vertragsrecht durchgeführte Unterscheidung von Schadensersatzansprüchen auf das sogenannte positive und negative Interesse ein. Als sehr bedeutsam gilt auch seine „Entdeckung“ der vorvertraglichen Haftung (der sog. Culpa in contrahendo), die heute mit § 311 Abs. 2 BGB ihren festen Platz im Gesetz gefunden hat. Das wissenschaftliche Ansehen Jherings in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kommt dem des Friedrich Carl von Savigny in der ersten Hälfte des Jahrhunderts nahe, wenngleich die Methoden der beiden durchaus unterschiedlich waren.

Werke

  • Der Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, 4 Bd. 1852-1865
  • Der Kampf ums Recht, Vortrag, Wien, 1872
  • Der Zweck im Recht, 2 Bd., 1877-1883
  • Scherz und Ernst in der Jurisprudenz, Leipzig 1884
  • Der Besitzwille, 1889
  • Das Trinkgeld, Braunschweig 1882
  • Culpa in contrahendo oder Schadensersatz bei nichtigen oder nicht zur Perfection gelangten Verträgen, in: Gesammelte Aufsätze aus den Jahrbüchern für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts, Bd. 1, Jena 1881, S. 327 ff.
  • Ueber den Grund des Besitzesschutzes, 2. verb. u. verm. Aufl., Jena 1869

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