Blumenwiese

Als Blumenwiese, also blumenreiche Wiese, werden umgangssprachlich artenreiche Wiesen und teilweise Viehweiden bezeichnet, die viele blühende krautige Pflanzen (Blumen) und blühende Gräser aufweisen. Im Landschaftsbau und bei der Gartengestaltung ist die Blumenwiese ein Gestaltungsziel, dass im Verlaufe der Jahreszeiten verschiedene Aspekte an Farbe, Wuchshöhe und Tierbesatz bietet.
Die Blumenwiese als Lebensraum
Die "Blumenwiese" ist ein Grünland-Biotop, das aufgrund seines Pflegekonzepts, Nutzung und Standortfaktoren neben vielen Wildblumen auch viele Tierarten beheimaten kann, wie zum Beispiel
- Insekten (Wiesenschnake, Schmetterlinge, Schwebfliegen, Hummeln, Schrecken, Laufkäfer);
- viele Spinnen wie (Wolfsspinnen (Lycosidae), Baldachinspinnen (Linyphiidae), Weberknechte (Opiliones));
- Vögel als Brut- und Jagdplatz (komplementäre Habitate);
- je nach Bodenart auch Säugetiere, Amphibien usw.

Blumenwiesen als Grünlandbiotope sind in der Biotopkartierung und Landschaftsökologie häufig unter (artenreichen)
- Trockenwiesen oder seltener Trockenrasen (sehr trockene Grasländer sandiger Böden)
- Magerwiesen (trocken bis frische Grasländer wenig fruchtbarer Böden)
- seltener Fettwiesen (frische bis feuchte Grasländer fruchtbarer Böden), und Feuchtwiesen
- Ruderalfluren, Acker-Wildkrautfluren
zu finden. Dies ist aber nur eine grobe Einteilung, die eher weniger konkrete Aussagen über die Artenzusammensetzung zulässt.
Pflanzensoziologisch werden diese Phytozönosen in Pflanzengesellschaften (Grünlandgesellschaften) wie Glatthaferwiesen eingeteilt. "Anthropogene und zoogene Heiden und Rasen" ist die Oberklasse der Planzensoziologischen Einheiten nach Oberdorfer. Vereinzelt werden auch Aufwüchse der Süßwasser- und Moorvegetation als Blumenwiese bezeichnet.
Diese als umgangssprachlich als Blumenwiese bezeichneten artenreiche Grünlandbiotope sind wegen des Stickstoffeintrages (Eutrophierung durch Regen und Landwirtschaft), und durch intensive landwirtschaftliche Nutzung selten geworden. Einige dieser Grünlandbiotope stehen daher unter Naturschutz. Der Schutzstatus kann sich aber auch aus dem Vorkommen einzelner Arten der Roten Liste ergeben.
Pflegekonzepte
Die Grundidee zur Förderung von Tier- und Pflanzenvielfalt besteht darin, dass man zur klassischen Pflege einer Wiese zurückkehrt, das bedeutet den Verzicht auf Dünger sowie eine geringere Schnitthäufigkeit. Hinzu kommt der Augenmerk auf ökologische Zusammenhänge, um die Artenvielfalt zu fördern.
Anpassen von Nährstoffgehalt und Wasserführung
In der Regel findet man stickstoffreiche Böden aufgrund von Düngung und durch Eintrag durch die Luftverschmutzung vor. Je stickstoffreicher ein Boden ist, desto bessere Wachstumsbedingungen besitzen die einkeimblättrigen Pflanzenarten (insbesondere Gräser) gegenüber den zweikeimblättrigen Arten (Blumen). Nährstoffreiche humose Böden vormaliger landwirtschaftlicher Nutzung neigen, vor allem wenn Gülle ausgebracht wurde, zum Massenauftreten von typischen "Wiesenunkräutern" der Grünlandwirtschaft wie Riesenampfer, Gemeiner Löwenzahn und Quecke.
Um einen Boden gegebenenfalls auszumagern, gibt es die Möglichkeiten des vorübergehenden Anbaus stickstoffziehender Pflanzen, des Einpritzens von Sand und des Abräumens des Mahdguts einige Tage nach dem Schnitt. Beim Einritzen (oder "Schlitzen") wird mit einem Gerät ("Schlitzer") mit zwei schrägstehenden Scheiben eine kleine Furche in die Grasnarbe geschnitten, in den grobkörniger Sand eingerieseslt wird. Eine nachgezogene Walze drückt die Grasnarbe wieder an. Mit diesem Verfahren können auch gleichzeitig Kräutersamen in den Sand gemischt werden, um den Wandel der Artenzusammensetzung zu fördern. Das Einritzen von Sand kann auch das Wasserhaltevermögen (Wasserkapazität) stark humoser und lehmiger Böden sowie die Nährstoffhaltefähigkeit herabgesetzt werden.
Selbstverständlich sollte zukünftig auf Dünger und auch Pestizide verzichtet werden.
Mähtermine
Außerhalb der modernen, intensiven Landwirtschaft wird eine Wiese normalerweise zweimal im Jahr gemäht. Die in einer Wiese vorkommenden Pflanzenarten haben sich darauf über die Jahrtausende hinweg eingestellt. Bei häufigerer Mahd werden die Untergräser und Rosettenpflanzen gefördert, während langsamwüchsige Kräuter unterdrückt werden. Seltenere Mahd hingegen fördert die Obergräser und Kräuter zu ungunsten der Untergräser. Die Artenvielfalt ist bei seltenen Mahdterminen in der Regel höher, da die Gräser und Kräuter blühen und Samen bilden können.
Etwa Mitte Juli und im September (je nach Wachstumsbedingungen mal etwas früher oder später) haben die Pflanzen ihre Blüte hinter sich und "warten" auf den Schnitt. Als Faustregel gilt der "Johanni-Schnitt": Vor dem 25. Juni ("Johanni") sollte nicht gemäht werden. Ursprünglich galt dies Landwirten als Garant für eine Schön-Wetter-Periode und reife Futtergräser (Heu). Heute wird dies in Rücksicht auf Bodenbrüter und Kleinstlebewesen angewendet, da sich bis zu diesem Zeitpunkt die verschiedenen Blütenhoritzonte entwickeln können.
Bei Magerwiesen wird ein Schnitt pro Jahr ausreichen, in Ausnahmen sogar nur ein Schnitt alle zwei oder gar drei Jahre, um Verbuschung zu vermeiden. Staudensäume am Rande sollten dabei stehen gelassen werden, und, wenn nötig nur im Spätherbst gemäht werden. Auf diese Weise kann man "Streuwiesen" oder "Hauwiesen" nachahmen. Solche Sondernutzungsformen waren früher häufig auf ertragsschwachen Standorten, auf denen ein später Schnitt zur Erzeugung für Einstreu für Stallungen im Winter produziert wurde.
Die Schnitthöhe sollte dabei etwa bei 5 bis 10 cm liegen, um die Pflanzen nicht zu beschädigen. Die Schnitthöhe sollte so hoch liegen, dass die gemähte Wiese noch grün aussieht: Im unteren Teil verholzen die Gräser und werden braun, so dass in diesen Pflanzenteilen keine Photosynthese mehr betrieben werden kann. Mäht man so tief, dass vorwiegend braune Stoppeln übrigbleiben, müssen die Pflanzen aus den Wurzeln austreiben; die Wiese braucht wesentlich länger zum zweiten Aufwuchs und die Artenzusammensetzung verändert sich zu mehr austriebsfähigen Gräsern.
Das Mahdgut sollte noch bis 14 Tage liegen bleiben, um die Wiese vor der Intensität der Sonnenstrahlung zu schützen, den Samen noch das Ausreifen zu ermöglichen und den Tieren eine Zeit für den "Umzug" zu geben. Partiell absterbende Gräser können auf näjrstoffreichen Böden toleriert werden, da solche Kahlstellen das Keimen von Kräutern ermöglichen, die wegen Konkurrenzdruck sich sonst nicht etablieren können.
Aus Rücksichtnahme auf die Tierwelt sollte die gesamte Wiese nicht auf ein Mal gemäht werden, sondern in mehreren zeitlichen Abschnitten. Sofern maschinell gemäht wird, sollte von innen nach außen gemäht werden, da viele Wiesenbewohner die Deckung aufsuchen und so vom Mäher weglaufen, statt in ihn hinein. Besonders schädlich sind rotierende Mähwerke (Walzen-, Tellermähwerke, Mulch- oder Häckselmäher, etc.), da sie Tiere mit töten oder gar verstümmeln. Zu empfehlen sind lediglich Balkenmäher, die außerdem Bodenverdichtung vermeiden und das Schnittgut locker und gleichmäßig ablegen. Die Mahd mit der Sense ist jedoch immer noch die schonenste Alternative.
Pflanzenarten
Gräser
Vermutlich wird es so sein, dass am Standort eine kaum naturnahe Zusammensetzung von Süßgräsern und eventuell auch "Sauergräsern" (Binsen, Seggen etc.) vorkommt, weil einst eine Rasenmischung oder Grassorten mit hohem Futterwert für die Viehhaltung neu ausgebracht wurden; v.a. Weidelgräser (Lolium spec.), und Rispengräser (Poa spec.) und Schwingel (Festuca spec.). Nährstoffreiche humose Böden vormaliger landwirtschaftlicher Nutzung neigen zum Massenauftreten von Gemeiner Hunds-Quecke (Agropyron repens ) auf nährstoffreichen sandigen Böden. Zur Massenvermehrung auf ehemaligen Weiden neigen auch das Wollige Honiggras (Holcus lanatus) und Knaulgräser wie Dactylis glomerata.
Das Wollige Honiggras bietet im Hochsommer auch einen Farbaspekt, und Knaulgräser können in stattlichen Horsten auf feuchten Böden bis zu 2 m Höhe erreichen. Das Knaulgras D. glomerata wird jedoch durch Mahd im Sommer verdrängt. Die Vielfalt der zu verwendenden Gräser-Gattungen und -Familien ist schwer zu überschaune. Von Standard-Gebrauchsrasen Mischungen (RSM) oder Dauergrünlandmischungen der Landwirtschaft muß abgeraten werden. Einige Naturschutzfreunde scheuen deshalb keinen Aufwand und säen sogar eine Gräsermischung mit für die Gegend typischen, langsam wachsenden Gräsern neu aus.
Blumen Nährstoffreiche humose Böden vormaliger landwirtschaftlicher Nutzung neigen zum Massenauftreten von Riesenampfer (Rumex acetosa, Verbreitung durch Gülle), Sauerampfer (Rumex acetosella) und Gemeiner Löwenzahn (Taraxacum officinalis).Zum anderen stellt sich natürlich auch die Frage, ob eine spezielle Wiesenblumenmischung aufgebracht werden soll. In Supermärkten erhältliche Mischungen ("Blumenwiese") beinhalten oft Samen von Neophyten (zum Beispiel Goldmohn) und eher für Ackerflächen geeigneten Arten (Kornblume, Klatschmohn). Diese sind eher ein Fall für das Blumenbeet.
Gegen echte Wiesenblumenmischungen spricht: sie sind teuer, das Einsäen ist recht viel Arbeit (die Grasnarbe muss dazu aufgerauht werden), es dauert in der Regel zwei Jahre bis zum ersten Blütenaspekt (Wiesenplanzen blühen selten im ersten Jahr) und sie spiegeln nicht wirklich das natürliche Pflanzenprofil am Ort wieder. In jedem Fall nimmt der Artenreichtum von Jahr zu Jahr auch ohne zusätzliche Unterstützung zu.
Dafür spricht, dass man so auf der Fläche rasch interessante Pflanzen und insbesondere auch einige persönliche Lieblingsblumen (Hornklee, Malve, Schafgarbe, Wilde Möhre, Gemeine Wegwarte ...) etablieren kann. Es gibt auch Naturfreunde, die das Mahdgut anderer naturnaher Wiesen auf der neuen Fläche verteilen, um die Samen der trocknenden Pflanzen dort niedergehen zu lassen, um so der ortsüblichen Vielfalt schnell nahezukommen.
Es gibt Studien, dass Samen im Boden bis zu 70 Jahre überdauern. Es können auf diese Weise Pflanzenarten wieder spontan aufkeimen, die sogar als lokal ausgestorben galten. Darüberhinaus verbreiten nicht nur Vögel, sondern auch andere Tiere wie zum Beispiel Ameisen Samen über längere Strecken.
Im ersten Jahr der Umstellung eines Pflegekonzepts ist meistens der Löwenzahn dominierend, der in den folgenden Jahren dann im Anteil zurückgeht. Aus Langzeitbeobachtungen weiß man übrigens auch, dass es etwa 100 Jahre dauern kann, bis sich das Artenspektrum einer Wiese konstant eingestellt hat.
Tierarten fördern
Als Biotop lassen sich die Fläche bereichern, indem man folgende Elemente zulässt (als Ausweichquartier bei Wetterschwankungen, als Versteck- und Überwinterungmöglichkeiten und nicht zuletzt auch als Futtermöglichkeit):
- Mulden, Pfützen
- Erhebungen, Maulwurfshügel, Steine
- Laubhaufen
- Totholzhaufen
- Lesesteinhaufen
- Trockenmauern
- Hecken als Windschutz
- heimische Gehölzarten
Günstig ist es auch, auf betonierte oder asphaltierte Wege (sie wirken als Hindernisse) und auf Leuchtkörper (sie irritieren nachtaktive Insekten massiv) zu verzichten.
Vor und Nachteile von Blumenwiesen
Es hat sowohl Vor- als auch Nachteile, öffentliche Grünflächen und Wiesen in Privatbesitz naturnah zu pflegen:
Vorteile
Der Hauptvorteil besteht darin, dass Ziele des Umwelt- und Naturschutzes umgesetzt werden können, in dem Pflanzen- und Tierarten ein Lebensraum geschaffen bzw. erhalten wird.
Der Verzicht auf Dünger wirkt sich vorteilhaft auf die Grundwasserbelastung mit Nitraten aus.
Klimatisch führt eine Wiese im Sommer ein um einige Grad kühleres Klima als ein Rasen herbei.
In der Regel entstehen langfristig geringere Kosten.
Nachteile
Bestimmte Rasenmähertypen sind für hohes Gras nicht mehr geeignet. Der Privateigentümer muss sich also umstellen. Für die Gartenbaufirmen ist die Umstellung langfristig nicht ganz so schwierig, aus Unternehmersicht ist fast nur wichtig, dass man sein Geld erhält.
Es gibt häufig Akzeptanzprobleme bei den Nachbarn. Hohes Gras gilt je nach Wertesystem als faul und unordentlich. Einige Nachbar fühlen sich ferner durch "Unkrauteintrag" bedroht. Eine gesetzliche Handhabe haben diese jedoch nicht. In Schrebergartenanlagen gibt es jedoch fast immer Regularien durch den Trägerverein, die zu beachten sind.
Ein anderes häufiges Gegenargument ist, dass in Blumenwiesen der Unrat schlechter zu entfernen sei und deshalb Ungeziefer und Ratten anziehe. Gleichwohl hat eine eventuelle Vermüllung kaum etwas mit dem Pflegekonzept und mehr mit den Zuständigkeiten zu tun.
Aus der Sicht der meisten Allergiker ist es ziemlich gleich, ob eine Wiese blüht oder ob ein Rasen häufig gemäht wird. Übrigens ist insbesondere Englisches Raygras, das man in Rasenmischungen kennt, für viele Allergiker eine Problempflanze.
Es gibt Menschen mit einer Arachnophobie, die mit einem Anstieg der Spinnenpopulation rechnen. Allerdings verbleiben die Tiere sehr in ihrem echten Lebensraum, weil sie dort die besseren Lebensbedingungen vorfinden.
Im landwirtschaftlichen Bereich ist der Ertrag an Futtergras sicher geringer.
Literatur
- Reinhard Witt, Bernd Dietrich, Blumenwiesen: Anlage, Pflege, Praxisbeispiele; mit Wiesenpflanzenlexikon, BLV Verlagsgesellschaft, 1996, ISBN 3-405-14867-7
- Gotthard Wolf: Die Blumenwiese als Lebensgemeinschaft; Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten AID; Bonn </nowiki>