Lärm
Als Lärm (von frühneuhochdeutsch: larman = Geschrei; auch Krach) werden Geräusche (Schalle) bezeichnet, die durch ihre Lautstärke und Struktur für den Menschen und die Umwelt gesundheitsschädigend oder störend bzw. belastend wirken. Dabei hängt es von der Verfassung, den Vorlieben und der Stimmung eines Menschen ab, ob Geräusche als Lärm wahrgenommen werden.
Begriffsgeschichte, Wortumfeld
Noch bis in die Mitte das 18. Jahrhunderts hinein war Lärm vor allem ein Begriff aus dem militärischen Bereich, wofür u. a. auch - heute ungebräuchliche - Zusammensetzungen wie "Lärmplatz" (ein Ort, an dem Soldaten unter Waffen traten), "Lärmbläser" und "Lärmschläger" (Trompeter bzw. Tambour, der den Aufruf zum Sammeln gab) zeugen. Beleg hierfür ist Johann Heinrich Zedlers 1732-54 erschienenes Universal-Lexikon. Kaum hundert Jahre später definierte der deutsche Sprachforscher und Lexikograph Johann Christoph Adelung den Begriff Lärm aber bereits als "ein jeder lauter, beschwerlicher Schall". Kurt Tucholsky notierte später einmal: "Lärm ist das Geräusch der anderen."[1]
Der für Lärm umgangssprachlich häufig verwendete Begriff Radau ist bereits für das 19. Jahrhundert in Berlin belegt (in der Studentensprache durch Endbetonung an fremdsprachige Wörter angeglichene, lautnachahmende Bildung), von wo aus er sich in andere Sprachregionen ausbreitete.
Gegenbegriff zum "Lärm" ist die Stille.
Lärmarten
Lärm kann unterschiedlichen Erzeugerquellen zugeordnet werden:
- Fluglärm
- Straßenverkehrslärm
- Rad-Schienenlärm
- Kirchenglockenlärm
- Gewerbelärm
- Baustellenlärm
- Freizeitlärm
- Nachbarschaftslärm
Die Auswirkung von Lärm auf den Menschen hängt zum einen von objektiven Größen ab:
- Lautstärke
- Tonhöhe: Hohe Töne werden anders empfunden als Tiefe, in der Regel unangenehmer und (wenn nicht zu hoch) lauter.
- Spektrum / Geräuschhaltigkeit: Geräusche mit starken Schwerpunkten im Spektrum (Tonal) wie z. B. Quietschgeräusche werden als lauter und unangenehmer empfunden als breitbandige Geräusche mit relativ gleichmässigem Spektrum.
- Impulshaltigkeit (Dynamische Eigenschaften): Geräusche mit starken Änderungen der Lautstärke (z. B. Hämmern) werden ebenfalls unangenehmer empfunden als Geräusche mit gleichmäßiger Lautstärke.
Zum Anderen spielen subjektive Gründe eine Rolle, wenn es um die Stärke der Lärmbelästigung geht:
- Tätigkeit: Während der Schlafenszeit wirkt Lärm extrem störend. Gleiches gilt bei Tätigkeiten, die hohe Konzentration erfordern.
- die persönliche Bewertung: Geräusche, die jemand mag, werden auch bei hohen Lautstärken nicht als störend empfunden, Geräusche, die jemand nicht mag, gelten schon bei kleinen Lautstärken als störend.
- die soziale Bewertung: Kirchenglocken werden von weniger Menschen als störend bezeichnet als z. B. als ein laufender Motor vor dem Haus.
- Erkrankungen: Bestimmte chronische oder akute Erkrankungen gehen mit einer erhöhten Lärmempfindlichkeit einher: Depressionen, Meningitis oder auch das prämenstruelle Syndrom. Besonders bei Epilepsie uns Eklampsie kann Lärm ein Auslösefaktor für einen Anfall sein.
Von Lärmbelästigung wird dann gesprochen, wenn aufgrund eines auftretenden Geräusches eine Aktivität unterbrochen bzw. behindert wird. Besonders lärmempfindlich reagieren Personen:
- wenn die sprachliche Kommunikation gestört wird; z. B. ein lautes Gespräch am Nachbartisch das Zuhören erschwert
- wenn sie Denkleistungen erbringen; z. B. auswendig Lernen von Texten oder lernende Kinder in lauten Klassenräumen
- wenn sie schlafen wollen.
Lärm kann die sprachliche Kommunikation beeinträchtigen, Gedankengänge unterbrechen, Entspannung verhindern sowie das Einschlafen und Durchschlafen erschweren.
Lärmmessung
Schalldruckpegel

Grundlage für die Lärmbewertung sind nach den in Deutschland gültigen Normen die Messung und Berechnung des Schalldruckpegels in dB (Dezibel), wobei über Bewertungskurven der Frequenzgang des Gehörs berücksichtigt werden soll. Mit Hilfe des A-Bewertungsfilters soll auf technischem Wege der Frequenzgang des Gehörs bei leisen Geräuschen nachgebildet werden; das Ergebnis ist der Schalldruckpegel, gemessen in dB(A). Unsere Ohren sind nur empfindlich für den Schalldruck.
Die Skalen dB bzw. dB(A) sind logarithmisch, eine Erhöhung um 10 dB(A) bedeutet annäherungsweise eine Verdopplung der empfundenen Lautstärke, das sind eine Verdreifachung des Schalldrucks (bzw. eine Verzehnfachung der physikalischen Schallintensität).
Da eine Messung in dB(A) die empfundenen Lautstärke und auch die potentielle Schädigung des Gehörs nur unvollkommen wiedergibt, werden für bestimmte Geräuschsituationen noch Zuschläge auf die dB(A)-Pegel vergeben, so z. B. für Tonhaltigkeit ("Quietschen"), Impulshaltigkeit ("Hämmern") usw.
Lautheit
Messverfahren zur Lautheitsmessung können die Lautstärkewahrnehmung des Menschen und die potentiellen Schädigungen durch Lärm relativ genau beschreiben. Die Normen DIN 45631 (siehe DIN) bzw. ISO 532 B (siehe ISO) beschreiben Verfahren zur Lautheitsmessung.
Ergebnis dieser Messungen ist die Lautheit in sone. Sone ist ein lineares Maß, eine Verdoppelung der Lautheit in sone entspricht einer Verdoppelung der wahrgenommenen Lautstärke.
Um vergleichbare Größen zur Pegelmessung zu erhalten, wird das Ergebnis von Lautheitsmessungen oft auch als - ebenfalls logarithmischer - Lautstärkepegel in Phon angegeben.
Ausbreitung von Lärm
Breitet sich Schall durch die Atmosphäre aus (z. B. Verkehrslärm), so wird er von den meteorologischen Bedingungen und den akustischen Eigenschaften (Impedanz) des Bodens beeinflusst.
Luftabsorption
Ein Teil der Schallenergie wird durch molekulare Reibung und andere Moleküleigenschaften auf dem Weg durch die Atmosphäre absorbiert. Der Luftabsorptionskoeffizient (meistens in dB / 100 m angegeben) hängt von der Lufttemperatur und der Luftfeuchtigkeit ab. Höhere Frequenzen werden wesentlich stärker absorbiert als tiefe Frequenzen. Ein anerkanntes Berechnungsverfahren für den frequenzabhängigen Luftabsorptionskoeffizienten ist in der ISO 9613-1 festgelegt.
Brechung (Refraktion)

Nimmt die Temperatur mit der Höhe ab (meistens tagsüber), so wird der Schall nach oben gebrochen und es bildet sich ab einer gewissen Entfernung (bei bodennahen Schallquellen ab ca. 200 m) eine akustische Schattenzone mit vermindeter Hörbarkeit. Umgekehrt führt eine (meistens nächtliche) Temperaturzunahme mit der Höhe (Inversion) zu einer Abwärtsbrechung der Schallwellen und gegebenenfalls einer Mehrfachreflexion am Boden. Die Folge ist eine gute Hörbarkeit über große Distanzen hinweg. In analoger Weise führt eine Schallausbreitung gegen den Wind (Gegenwindausbreitung) zu einer Schattenzone und vermindeter Hörbarkeit, während eine Ausbreitung mit dem Wind (Mitwindausbreitung) eine Abwärtsbrechung und entsprechend großer Hörreichweite zur Folge hat. Ursache ist in beiden Fällen die reibungsbedingte Windzunahme mit der Höhe innerhalb der atmosphärischen Grenzschicht.
Die wetterbedingte Schwankung des Schallpegels in 500 bis 1000 m Entfernung von einer konstanten Schallquelle kann bis zu ca. 20 dB betragen.
Streuung
Ein Teil der Schallenergie wird beim Durchgang durch Turbulenz in der Atmosphäre gestreut. Streuung ist ein Mechanismus, mit dem Schallenergie in Schattenzonen eindringen kann, z. B. bei Aufwärtsbrechung. Gestreut werden Schallwellen vor allem dann, wenn ihre Wellenlänge die Größenordnung der Ausdehnung der Turbulenzelemente
Beugung (Diffraktion)
Beugung ist ein weiterer Mechanismus, mit dem Schallenergie in Schattenzonen eindringen kann, z. B. in abgeschattete Bereiche hinter einem Gebäude bzw. einer Lärmschutzwand. Lange niederfrequente Wellen werden stärker gebeugt als kurze, hochfrequente Wellen.
Reflexion am Boden

Treffen Schallwellen auf den Boden, so werden sie reflektiert. Je nach der akustischen Eigenschaft des Bodens (schallweich = niedrige Impedanz bzw. schallhart = hohe Impedanz) wird dabei mehr bzw. weniger Schallenergie im Boden absorbiert bzw. die reflektierte Welle phasenverschoben, sodass der Boden mehr oder weniger schalldämpfend wirkt. Lockerer, poröser Boden und frisch gefallener Schnee sind schallweich und damit stark dämpfend, während festgetretener Boden, Asphalt oder Beton schallhart und somit wenig dämpfend sind. Eine hohe Bodendämpfung wird vor allem bei schallweichem Boden und flachem Schalleinfall (Quelle und Empfänger in Bodennähe) erzielt, da hierbei die reflektierte Welle um nahezu eine halbe Wellenlänge phasenverschoben wird und somit die am Empfänger eintreffende direkte Welle durch destruktive Interferenz nahezu auslöscht.
Auswirkung von Lärm
Lärm wirkt sich nicht nur auf das Gehör aus, sondern kann in erheblichem Maße die Gesundheit insgesamt gefährden.
Auswirkung von Lärm auf das Gehör
Bereits ab 85 dB(A) ist das menschliche Gehör gefährdet. Wirkt Lärm dieser Stärke über Jahre auf einen Menschen ein, ist mit Schwerhörigkeit (Lärmschwerhörigkeit) zu rechnen. Schon einmalige Lärmereignisse mit hohem Schallpegel (über 120 dB(A)) können direkt das Gehör schädigen und bei extremen Pegeln zur Taubheit führen (akutes Schalltrauma).
Werte und Beschreibungen
AllgemeineBegriffserklärungen / Beschreibungen und Definitionen | |
Dezibel (dB) | Internationale Benennung für den Schalldruckpegel |
Frequenz | Anzahl der Schwingungen pro Sekunde, gemessen in Hertz (Hz) |
Hörbereich | Frequenzbereich, den das Gehör wahrnehmen kann |
Infraschall | Frequenz unter 16 Hertz |
Schall | Schwankung des übertragenen Stoffes (Luft,Flüssigkeit) im Bereich der Hörbarkeit |
Schmerzschwelle | Grenzwert des Schallpegels, bei dem Schall
als Schmerz empfunden wird (etwa 130 dBSPL) |
Ultraschall | Frequenz über 20.000 Hertz |
Ein Hinweis von bösen Folgen:
Eine Anzahl von Menschen ist großen Lärmpegeln ausgesetzt. Dieses entweder freiwillig durch Besuche in der Diskothek; oder aus zwingenderen Gründen am Arbeitsplatz usw. Es kann bei Menschen eine starke Hörschwäche durch Lärm in deren näheren Umgebung / Umwelt zu Hörstörungen verschiedenster Stufen kommen. Der tatsächliche Sinn eines Satzes, der Inhalt eines Gesprächs, die Registrierung von Signalen (Hupe) geht verloren, weil der Sinn / der Zusammenhang nicht mehr wahrgenommen wird. Die toten Haarzellen im Ohr melden keine Informationen / Geräusche mehr an den Hörnerv. Der Hörnerv kann immer weniger Impulse an das Gehirn weiterleiten. Somit wird es dann still um den Betroffenen. Im Extremfall kann er taub werden, und der Besuch einer Sonderschule wird für Kinder und Jugendliche notwendig. In extremeren Fällen wird die Anwendung der Gebärdensprache notwendig. Nur ganz wenige öffentliche Sender - zur Zeit auch Phoenix (Fernsehsender) - können auf dieses Klientel rücksicht in deren Programmen (Nachrichtensendungen) nehmen. Eine medizinische Behandlung wird laufend notwendig. Die Benutzung von Hörgeräten ist eine mögliche Folge, aber nur eine leistungsschwache Hilfe. Wegen des Nichtanwenden von Gehörschützern (an lauten Arbeitsplätzen usw.) hat er sich selbst auf das "soziale Abstellgleis" geführt. Die Kommunikation mit anderen Menschen ist nur noch sehr eingeschränkt. Die soziale Isolation in der Umgebung des Betroffenen ist dann die Konsequenz.
Auswirkung von Lärm im allgemeinen
Häufige Lärmereignisse (z. B. durch Fluglärm) können bereits bei weitaus niedrigeren Schallpegeln die Gesundheit gefährden. Schon 1910 hat Robert Koch prophezeit: "Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen, wie die Cholera und die Pest" Angriffspunkt des Lärms ist dabei nicht das Ohr, sondern die Störung des Haushalts von Stresshormonen, insbesondere Cortisol und andere Kortikosteroide.
So führt nächtlicher Lärm bereits bei Einzelpegeln von unter 45 dB(A) zu Gesundheitsgefährdungen, wenn sich die Einzelpegel um mehr als 3 dB(A) vom Lärmhintergrund unterscheiden.
Bereits bei einem Schalldruckpegel ab 55 dB(A) kann ein Geräusch als Lärmbelästigung empfunden werden. Hält dieses über einen längeren Zeitraum an, werden die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden verringert. Schon Geräusche von 65 bis 75 dB(A) bewirken im Körper Stress. Dieses kann zu Hypertonie (hohem Blutdruck), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Myokardinfarkt (Herzinfarkt) führen. Lärm kann auch für eine Verminderung der Magensekretbildung sorgen und Ursache von Magengeschwüren sein.
Weitere Folgen durch Lärmeinwirkung sind:
- Beeinträchtigung des Befindens, da er als lästig, nervend oder störend empfunden wird
- Erhöhtes Herzinfarkt-Risiko
- Erhöhtes Unfallrisiko durch Verdecken von Warnsignalen
- Verminderung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens
Tag gegen Lärm
Am 25. April findet der Tag gegen Lärm deutschlandweit statt. Es ist die deutsche Variante des internationalen Noise Awareness Day, was ungefähr "Tag, dem Lärm Beachtung zu schenken" oder "Tag des Lärmbewusstseins" bedeutet. Der Tag gegen Lärm wird von der Deutschen Gesellschaft für Akustik organisiert.
Siehe auch
- Ruhestörung, Zimmerlautstärke
- Lärmschutz, Hörfläche, Schmerzschwelle, Hörschwelle
- Schalldruck, Schalldruckpegel, Lautheit, Umweltbundesamt
- Messgeräte, Noise (Musik)
- Lärminstrumente
Literatur
- Jürgen H. Maue, Heinz Hoffmann, Arndt von Lüpke: 0 Dezibel plus 0 Dezibel gleich 3 Dezibel. Schmidt, Berlin 2003, ISBN 3503074708
- Stephan Marks: Es ist zu laut! Ein Sachbuch über Lärm und Stille. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3596139937
- Gerald Fleischer: Lärm - der tägliche Terror. Verstehen - Bewerten - Bekämpfen. Trias, Stuttgart 1990, 224 S.
Weblinks
- Lärm und Gesundheit: Zentrum für Umwelt und Gesundheit
- Lärmorama: Interaktiver Lernpfad zum Thema Lärm
- Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Lärm und Akustik
- Lärmwirkungen und Anhaltswerte
- Arbeitsring für Lärmbekämpfung
- Vereinigung gegen Fluglärm
- Vereinigung gegen Schienenlärm
- Tag gegen Lärm
- Countdown zum Tag gegen Lärm
- Lärmbekämpfung in der Schweiz
- Lärmschutz bei Kirchenglocken
- Lärmbewertungsberechnung für A- und C-Bewertungskurve
- Forschungsverbund "Leiser Verkehr"
- Lärm - Beschreibung - Warnung
- Forschungsarbeiten zur Lärmausbreitung
- Lärm durch krähende Hähne, donnernde Motoren und tödliche Skybeamer
- Lärm-Report - Teil 1
- Lärm-Report - Teil 2
Quellen
- ↑ Peter Payer: Vom Geräusch zum Lärm. Zur Geschichte des Hörens im 19. und frühen 20. Jahrhundert. In: Wolfram Aichinger, Fanz X. Eder, Claudia Leitner (Hg): Sinne und Erfahrung in der Geschichte. Querschnitte 13, StudienVerlag, Innsbruck 2003, S. 173 – 192