Bundeskanzleramt (Deutschland)
Bundeskanzleramt | |
---|---|
![]() | |
Staatliche Ebene | Bund |
Stellung | Bundesoberbehörde |
Aufsichtsbehörde | Der Bundeskanzler |
Gründung | 1949 |
Hauptsitz | Berlin |
Behördenleitung | Thomas de Maizière, Bundesminister für besondere Aufgaben |
Netzauftritt | bundeskanzleramt.de |
Das Bundeskanzleramt (BK) ist eine Behörde, die den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland in seinen Aufgaben unterstützt. Es hat seinen Sitz in Berlin und Bonn.
Aufgaben und Struktur

Das Bundeskanzleramt zählt nach einer Meinung zu den obersten Bundesbehörden; eine andere Meinung sieht es jedoch als obere Bundesbehörde an, da es sich dabei um eine dem Bundeskanzler nachgeordnete Dienststelle handelt. Aufgabe des Bundeskanzleramtes ist es, die für die Arbeit des Bundeskanzlers erforderlichen Informationen zu beschaffen und bereitzuhalten. Dies geschieht vor allem durch engen Kontakt zu den Bundesministerien, die ihrerseits über die ressortspezifischen Informationen verfügen. Die innere Struktur des Bundeskanzleramts entspricht daher auch den jeweiligen Ministerien – man spricht hier auch von Spiegelreferaten. Dem Auswärtigen Amt entspricht beispielsweise die Abteilung II (Außen- und Sicherheitspolitik).
Das Bundeskanzleramt koordiniert die Bundesministerien, zum Beispiel bei Großen Anfragen. Des Weiteren nimmt es die administrativen Aufgaben der Bundesregierung wahr.
Chef des Bundeskanzleramtes
Die Behörde wird vom Chef des Bundeskanzleramtes (abgekürzt ChBK oder ChefBK) geleitet, der entweder den Rang eines (beamteten) Staatssekretärs bekleidet oder Bundesminister für besondere Aufgaben ist – daher auch die inoffizielle, aber in den Medien gebräuchliche Bezeichnung „Kanzleramtsminister“.
Er fungiert als zentrale Koordinierungsstelle für die gesamte Regierungspolitik des Bundes und besitzt dadurch eine herausragende Bedeutung, die jedoch meist im Hintergrund, ohne öffentliche Aufmerksamkeit, stattfindet.
Sofern die Bundeskanzlerin nicht selbst entscheidet, legt der ChefBK die Sitzungstermine des Bundeskabinetts und die jeweilige Tagesordnung fest. Er veranlasst die Einladung zu den Sitzungen. Er leitet außerdem die Runden der beamteten Staatssekretäre aller Bundesministerien, die regelmäßig zwei Tage vor der Kabinettssitzung stattfinden. An der Sitzungen des Bundeskabinetts und aller seiner Ausschüsse nimmt der ChefBK ebenfalls teil – hat er den Rang eines Bundesministers, so besitzt er auch Stimmrecht.
Da dem Bundeskanzleramt auch der Bundesnachrichtendienst direkt untergeordnet ist, sitzt er dem „Staatssekretärsausschuss für das geheime Nachrichtenwesen und Sicherheit“ vor und fungiert gleichzeitig auch als der Beauftragte der Bundesregierung für die Nachrichtendienste – nicht zu verwechseln mit dem ihm unterstellten Geheimdienstkoordinator.
Chefs des Bundeskanzleramtes
- 1949-1950 Franz-Josef Wuermeling (CDU), als Staatssekretär
- 1951–1953 Otto Lenz (CDU), als (beamteter) Staatssekretär
- 1953–1963 Hans Globke (CDU), als (beamteter) Staatssekretär
- 1963–1966 Ludger Westrick (CDU), erst als (beamteter) Staatssekretär, ab 1964 als Bundesminister für Sonderaufgaben und den Verteidigungsrat
- 1966–1967 Werner Knieper, als (beamteter) Staatssekretär
- 1967–1969 Karl Carstens (CDU), als (beamteter) Staatssekretär
- 1969–1972 Horst Ehmke (SPD), als Bundesminister für besondere Aufgaben
- 1972–1974 Horst Grabert (SPD), als (beamteter) Staatssekretär
- 1974–1980 Manfred Schüler(SPD), als (beamteter) Staatssekretär
- 1980–1982 Manfred Lahnstein (SPD), als (beamteter) Staatssekretär
- 1982 (27. April–4. Oktober) Gerhard Konow (parteilos), als (beamteter) Staatssekretär
- 1982–1984 Waldemar Schreckenberger (CDU), als (beamteter) Staatssekretär
- 1984–1989 Wolfgang Schäuble (CDU), als Bundesminister für besondere Aufgaben
- 1989–1991 Rudolf Seiters (CDU), als Bundesminister für besondere Aufgaben
- 1991–1998 Friedrich Bohl (CDU), als Bundesminister für besondere Aufgaben
- 1998–1999 Bodo Hombach (SPD), als Bundesminister für besondere Aufgaben
- 1999–2005 Frank-Walter Steinmeier (SPD), als (beamteter) Staatssekretär
- seit 2005 Thomas de Maizière (CDU), als Bundesminister für besondere Aufgaben
Parlamentarische Staatssekretäre beim Bundeskanzler
- 1967–1969 Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (CSU)
- 1969–1972 Katharina Focke (SPD)
- 1972–1974 Karl Ravens (SPD)
- 1974–1976 Marie Schlei (SPD)
- 1998 Otto Hauser (CDU)
Staatsminister beim Bundeskanzler
- 1976–1979 Hans-Jürgen Wischnewski (SPD), Bevollmächtigter der Bundesregierung in Berlin
- 1979–1982 Gunter Huonker (SPD)
- 1982 Hans-Jürgen Wischnewski (SPD), Bevollmächtigter der Bundesregierung in Berlin
- 1982–1984 Philipp Jenninger (CDU)
- 1982–1987 Friedrich Vogel (CDU)
- 1982–1987 Peter Lorenz (CDU), Bevollmächtigter der Bundesregierung in Berlin
- 1987–1991 Lutz Stavenhagen (CDU)
- 1987–1989 Lieselotte Berger (CDU), Bevollmächtigte der Bundesregierung in Berlin
- 1989–1990 Günter Straßmeir (CDU), Bevollmächtigter der Bundesregierung in Berlin
- 1990–1998 Anton Pfeifer (CDU)
- 1991–1998 Bernd Schmidbauer (CDU), Koordinator der Nachrichtendienste des Bundes
- 1998–2005 Rolf Schwanitz (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Neuen Länder
- 1998–2002 Hans Martin Bury (SPD), Koordinator der Bund-Länder-Angelegenheiten
- 1998–2001 Michael Naumann (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien
- 2001–2002 Julian Nida-Rümelin (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien
- 2002–2005 Christina Weiss (parteilos), Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
- seit 2005 Bernd Neumann (CDU), Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien
- seit 2005 Maria Böhmer (CDU), Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
- seit 2005 Hildegard Müller (CDU), Koordinatorin der Bundesregierung für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung und Koordinatorin der Bund-Länder-Angelegenheiten
Beamtete Staatssekretäre im Bundeskanzleramt
- 1949–1951 Franz-Josef Wuermeling (CDU) kommissarisch
- 1958–1965 Felix von Eckardt (CDU), ab 1962 Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland in Berlin
- 1965–1969 Carl Krautwig, Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland in Berlin
- 1969–1972 Egon Bahr (SPD), Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland in Berlin
- 1974–1982 Dietrich Spangenberg (SPD), Bevollmächtigter der Bundesregierung in Berlin
- 1973–1981 Günter Gaus (SPD), ab 1974 Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR
- 1981–1982 Klaus Bölling, Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR
- 1982–1989 Hans-Otto Bräutigam, Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR
- 1984–1989 Waldemar Schreckenberger
- 1989–1990 Franz Bertele, Leiter der ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR
- 1998–1999 Frank-Walter Steinmeier (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für die Nachrichtendienste
- seit 2006 Hans Bernhard Beus, Stellvertreter der Koordinatorin der Bundesregierung für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung und Koordinatorin der Bund-Länder-Angelegenheiten
Die Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung bzw. Sprecher der Bundesregierung waren bzw. sind als Staatssekretäre eigenständige Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, und nicht dem Bundeskanzleramt zugeordnet.
Gebäude

Bonn
- Hauptartikel: Bundeskanzleramt (Bonn)
Als erstes Kanzleramt der Bundesrepublik diente ab 1949 zunächst das Palais Schaumburg in Bonn. Der spätklassizistische Bau wurde von Hans Schwippert für die neue Nutzung umgebaut.
Nachdem das Gebäude den gewachsenen Anforderungen an eine moderne Regierungszentrale nicht mehr entsprach, beschloss das Bundeskabinett im Dezember 1969, in direkter Nähe zum Palais Schaumburg ein neues Kanzleramtsgebäude zu errichten. 1974 begannen die Bauarbeiten, 1976 wurde der architektonisch schlichte Neubau der Planungsgruppe Stieldorf eingeweiht. Das Palais Schaumburg wurde aber weiterhin, vorwiegend zu Represäntationszwecken, genutzt. Nach dem Regierungsumzug nach Berlin wurde in dem Schloss der zweite Dienstsitz des Bundeskanzler(amt)s belassen.
Berlin
- Hauptartikel: Bundeskanzleramt (Berlin)
Durch den Regierungsumzug nach Berlin wurde 1999 wieder ein neuer Amtssitz nötig. Als Übergangslösung diente vorerst das ehemalige Staatsratsgebäude der DDR am Berliner Schloßplatz.
2001 wurde dann der Neubau des Bundeskanzleramtsgebäudes in Berlin eingeweiht, der von Axel Schultes geplant wurde. Er ist Teil der „Band des Bundes“ genannten Gebäudegruppe am Spreebogenpark.
Literatur
- Volker Busse: Bundeskanzleramt und Bundesregierung Heidelberg 2005 ISBN 3-8114-5343-2
- Joannah Caborn (2006) Die Staatsarchitektur in Bonn und Berlin. In: Carborn: Schleichende Wende. Diskurse von Nation und Erinnerung bei der Konstituierung der Berliner Republik. ISBN 389771-739-5
- Jürgen Gros: Das Kanzleramt im Machtgeflecht von Bundesregierung, Regierungsparteien und Mehrheitsfraktion. In: Karl-Rudolf Korte/Gerhard Hirscher (Hrsg.): Darstellungspolitik oder Entscheidungspolitik. Über den Wandel von Politikstilen in westlichen Demokratien. München 2000
- Peter Haungs: Kanzlerprinzip und Regierungstechnik im Vergleich: Adenauers Nachfolger. APuZ 39, 1989, B 1-2, S. 28–39
- Thomas Knoll: Das Bundeskanzleramt. Organisation und Funktion von 1949-1999. Wiesbaden 2004
- Karl-Rudolf Korte: Kommt es auf die Person des Kanzlers an? Zum Regierungsstil von Helmut Kohl in der „Kanzlerdemokratie“ des deutschen „Parteienstaates“. ZParl 29, 1998, S. 387–401
- Katja Schlesinger: Ausbau der Hausmacht im Bundeskanzleramt. Die Systeme Schmidt, Kohl und Schröder. Köln 2000, (unver.MA, Fundstelle: http://www.karl-rudolf-korte.de/data/mag_schlesinger.pdf, 3. Mai 2006)