Zum Inhalt springen

Wikinger

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. Januar 2007 um 18:45 Uhr durch STBR (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von 84.157.14.199 (Beiträge) rückgängig gemacht und letzte Version von Jackalope wiederhergestellt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Wikinger (auch Nordmänner, Waräger oder Rus) waren keine geschlossene ethnische Gruppe, sondern lebten in verschiedenen Stämmen und Völkern in Skandinavien. Ursprünglich siedelten sie als Bauern in Küstennähe. Als Wikingerzeit wird vornehmlich die Zeit zwischen 793 und 1066 angesehen, in der Wikinger Küsten-, Flussgebiete und Inseln Europas plünderten, aber auch besiedelten und ein weitreichendes Handelsnetz errichteten. Aufgrund ihrer überlegenen Fähigkeiten im Schiffbau waren die Wikingerschiffe gefürchtet, da sie schnell und wendig waren und somit ideal, um auf Raubzügen Angst und Schrecken zu verbreiten.

Heute wird allgemein davon ausgegangen, dass die Wikinger aufgrund widriger Lebensumstände ihre Heimat verließen, um im wohlhabenden und klimatisch angenehmeren Mitteleuropa zu siedeln. Geschichten über leicht zu erbeutende Reichtümer in Zentraleuropa lockten viele der ärmlich lebenden Skandinavier auf Schiffe, um ihr Glück auf Raubzügen in der Ferne zu suchen.

Ein Helm mit Hörnern, wie er in zahlreichen populären Darstellungen der Wikinger auftaucht, wurde von ihnen nicht getragen.

Zeitgenössische Darstellung der Wikinger

Ursprung des Namens

Der Begriff Wikinger leitet sich vermutlich von dem altnordischen Substantiv víkingr ab, der "Rauben, Plündern, auf Beutezug sein" bedeutet. Andere Wortherleitungen gehen von vikva ("von der Stelle rücken, bewegen, sich bewegen") oder norwegisch vige ("weichen") aus. Vík bezeichnet auch eine kleine Bucht, in der das Ufer zurückweicht; u.U. also die ursprünglichen Siedlungsplätze der späteren Wikinger. Eine weitere Theorie leitet Wikinger vom lateinischen Wort vicus ab, das fahrende Männer bezeichnet, die von Hafen zu Hafen ziehen. Das Wort ist älter als die Wikingerzeit und bereits im angelsächsischen Wídsíð belegt. In Frankreich nannte man sie Normanni ("Nordmänner"), in Irland wurden sie Lochlannach genannt, was die gleiche Bedeutung hat. Die grönländischen Inuit (Eskimos) nannten sie Kvadlunak, weil sie immer mit ihren Booten in den knirschenden Sand hinein ruderten, über die Reling sprangen, mit ihren Waffen auf ihre Schilder schlugen und ein lautes Gebrüll anstimmten. Der Geschichtsschreiber Adam von Bremen nannte die Wikinger Ascomanni, "Eschenmänner". Wahrscheinlich erhielten sie den Namen, weil die Wikinger ihre Boote vorwiegend aus Eschenholz bauten.

Überblick

Unternehmungen der Wikinger im 8-10. Jh.

Auch wenn die Wikinger allgemein eher für Raub und Zerstörung bekannt sind, siedelten und handelten sie auch ebenso friedlich und besaßen eine hohe Kultur. Die Wikingerzeit bezeichnet den jüngsten Teil der skandinavischen Eisenzeit, sie endet mit der Eroberung Englands durch Wilhelm und der etwa gleichzeitigen Christianisierung der letzten Nordgermanen.

Eine Neigung der Wikinger zu einer Staatenbildung zeigt sich am Handel, der in dieser Zeit über Handelshäfen wie Birka, Kaupang, Ribe, Ralswiek, Seeburg oder Sigtuna im nördlichen Europa abgewickelt wurde, die auch zum kulturellen Austausch zwischen Skandinaviern, Slawen, Sachsen, Balten und Franken beitrugen. Nach der Zerstörung von Reric (808) war Haithabu (nahe Schleswig) einer der Hauptumschlagsplätze, bis es schließlich 1055 in einer Schlacht zwischen Harald Hardraada und Sven Estridsson zerstört und 1066 von Westslawen endgültig dem Erdboden gleichgemacht wurde. Ein Zentrum für den Handel mit dem Baltikum und Osteuropa war Visby auf der schwedischen Insel Gotland.

Neben zahlreichen Plünderungen konnten sie jedoch auch einige Gebiete in Europa besiedeln, wie die Normandie, die sie vom damaligen fränkischen König erhielten, damit sie nicht Paris ausplünderten. Nach zeitgenössischen Berichten kamen sie mit 700 Langschiffen die Seine hinauf, um Paris mit 40.000 Mann zu plündern. Oder die Hebriden, die bereits 620 durch Skandinavier besiedelt wurden.

Die Wikinger erreichten auf ihren ausgedehnten Fahrten sogar Nordafrika und um die Jahrtausendwende über Island und Grönland die Ostküste Amerikas (Vinland). Die Entdeckung Amerikas wird in der Geschichte des Erzbistums Hamburg von Adam von Bremen, anno 1076, erstmals schriftlich erwähnt.

Wikingerschiff in Osloer Museum

Der erste schriftlich bezeugte Wikingerüberfall wird von Gregor von Tours in seiner Historia Francorum beschrieben: Im Jahr 517 überfiel ein dänischer Kleinkönig mit Namen Chlochilaicus mit seiner Flotte Gallien. Er verwüstete und beraubte das Gebiet des austrasischen Frankenkönigs Theuderich I. und nahm etliche Gefangene. Die Flotte stach in See, der König blieb jedoch am Strand und musste auf die Flut warten. So konnte Theudoricus Sohn Theudobertus, der mit einem starken Heer und Flotte anrückte, den König töten, die Dänen in einem Seegefecht besiegen und die Beute zurückholen. Der zweite Bericht stammt erst wieder aus dem Jahr 793, als das Kloster Lindisfarne auf einer Insel vor der Nordostküste Englands am 8. Juni von fremden Seefahrern geplündert wurde. a furore Normannorum, libera nos domine (Herr, befreie uns von der Raserei der Nordmannen). Dieses Zitat stammt aus einem englischen Gebetbuch des 9. Jahrhundert. Bis spät ins 16. Jahrhundert betete man noch in den Kirchen von Paris dieses Gebet.

Für die nächsten 200 Jahre ist die Europäische Geschichte voll mit Berichten über die Plünderungen der Wikinger. Sie eroberten den größten Teil Finnlands und des Baltikums sowie große Teile Englands und errichteten Stützpunkte in Irland. Raubzüge führten sie jedoch auch flussaufwärts, weit ins Binnenland von Holland nach Dorestad, in Frankreich z.B. nach Paris, in das Landesinnere von Spanien und selbst nach Kiew in Zentralrussland, wo sie die Kontrolle über dortige Gebiete erlangten. Berichte erzählen außerdem von Überfällen im Mittelmeer (siehe Wikingerraubzüge ins Mittelmeer) und im Kaspischen Meer.

Sie besiedelten Island und Grönland und durch archäologische Funde und deren Auswertung ist mittlerweile belegt, dass sie Neufundland, also Nordamerika, erreichten und dort für kurze Zeit (etwa 50 Jahre) siedelten.

Ab etwa 900 n. Chr. kam es zu Reichsgründungen in Skandinavien auf den drei Gebieten, die heute in etwa denen der modernen Staaten Dänemark, Norwegen und Schweden entsprechen.

Die dänischen Wikinger

Siehe auch Hauptartikel: Geschichte Dänemarks, Haithabu

Rekonstruiertes Wikingerhaus in Dänemark

Die Dänen segelten südlich nach Friesland, Frankreich und ab 838 n. Chr. ins südliche England. Ab 866 eroberten sie nach und nach alle angelsächsischen Königreiche, bis auf das von Alfred dem Großen regierte Wessex; bei den Gebieten westlich der Pennines waren jedoch viele Norweger beteiligt. Ab 884 konnte Alfred die Dänen jedoch nach schweren Kämpfen nach Norden abdrängen; dieses Gebiet nördlich der Themse wurde Danelag ("Rechtsgebiet der Dänen") genannt. Das Danelag wurde von den Nachfolgern Alfreds im 10. Jh. zurückerobert, die dänischen Überfälle auf England gingen jedoch weiter und führten 1016 zur Wahl des Dänen Knut des Großen zum König von England (1016). Er wurde später auch König von Dänemark (1019) und Norwegen (1028). Den Grundstein für dieses Großreich hatten bereits sein Vater, Sven Gabelbart und sein Großvater, Harald Blauzahn, gelegt.


Die norwegischen Wikinger

Siehe auch Hauptartikel: Geschichte Norwegens, Wikingerzeit auf den Färöern, Grönlandwikinger

Die Norweger segelten nach Nordwesten und Westen zu den Färöern (um 800, Grímur Kamban ist der erste namentlich erwähnte Siedler), Orkneys (802), Shetlands (ebenfalls 802) und nach Irland (Gründung eines Königtums um Dublin um 820) und Nordengland. Ab 874 besiedelten sie Island, wo sie − wie wahrscheinlich zuvor schon auf den Färöern − unbewohnte Gebiete vorfanden. Interne Auseinandersetzungen in Norwegen führten im Jahre 970 zur Emigration auf die Insel.

Der Erste, der Grönland entdeckte, war Gunnbjörn Úlfsson, der 985 von Norwegen kommend auf dem Wege nach Island vom Sturm nach Süden versetzt nach Grönland kam. Er fand das Land unfruchtbar, hatte kein Interesse und kehrte nach Island um. Erik der Rote musste Island verlassen und segelte Richtung Westen, wo er nach einer beschwerlichen Seefahrt Grönland erreichte und ab 985 besiedelte, Gründung der Siedlung Brattahlíð 986. 986 segelte Bjarni Herjólfsson auf dem Wege nach Grönland von einem Nordoststurm nach Süden versetzt an Grönland vorbei und entdeckte die Küste Amerikas, ging jedoch nicht an Land. Etwa um 1000 versuchte Leif Eriksson, der Sohn Eriks des Roten, mit 35 Gefährten von Grönland aus, Nordamerika zu besiedeln. Er nannte es Vinland. Eine kleine Siedlung wurde auf der nördlichen Halbinsel von Neufundland bei L'Anse aux Meadows angelegt, aber die Gegenwehr der Ureinwohner führte innerhalb einiger Jahre zu ihrem Ende. Die archäologischen Überreste sind nun UNESCO-Weltkulturerbe.

Die schwedischen Wikinger

Siehe auch Hauptartikel: Geschichte Schwedens

Die Schweden richteten ihren Blick mitunter nach Schleswig und auf die südliche Ostseeküste primär aber nach Osten. Schon in der Vendelzeit bestand ein intensiver Austausch über Osteuropa bis ins Schwarze Meer, wovon unter anderem die Übernahme von Helmarten wie dem Spangenhelm und Nasalhelm oder dem später für die Wikinger so charakteristischen Brillenhelm zeugen, die auf byzantinische Vorbilder zurückgehen.

Die Wikinger nutzten das verzweigte Flusssystem, um sich in Osteuropa zu bewegen. So kamen sie übers Schwarze Meer nach Konstantinopel (Byzanz) und trieben selbst mit Bagdad Handel. Mit den Ostslawen tauschten sie Honig, Wachs, Bernstein, Felle, Waffen und Sklaven, und verkauften diese für Silber, Seide, Brokat, Gewürze, Helme und Rüstungen. Die Finnen und Slawen nannten diese Skandinavier Rus oder Warjagi (Waräger), von den Byzantinern wurden sie Rhos und Waragoi genannt, und die Araber bezeichneten sie als Al-Madjus, Ruser oder auch Saqaliba.

Die Warägergarde in der Chronik des Johannes Skylitzes (12. Jahrhundert)

Die wikingischen Händler-Abenteurer kooperierten mit den Slawen, mitunter schwangen sich kampferfahrene Skandinavier zu lokalen Stammesfürsten auf. Manchmal kam es daher auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen. So heißt es in der Nestorchronik, die Slawen hätten die Waräger über das Meer verjagt, sie dann später zurückgerufen, um die Ordnung wiederherzustellen und über sie zu herrschen. Sie erwählten Rurik zu ihrem Fürsten. Viele Nordmänner ließen sich auf Dauer in Russland nieder. Von diesen Rus hat Russland seinen Namen (siehe Kiewer Rus).

Zusammen mit den Slawen überfielen die Rus mit ihren Schiffen ab 860 immer wieder Konstantinopel, so dass sie im Byzantinischen Reich bald gefürchtet waren. Die Byzantiner erkauften sich mit Handelsprivilegien den Frieden und sicherten sich die Dienste der Rus in der kaiserlichen Warägergarde. Ein Häuptlingsbegräbnis mit ritueller Opferung einer Sklavin sowie einer Schiffverbrennung auf dem Lande - und nicht auf dem Wasser wie in vielen Filmen oft fälschlicherweise dargestellt - hat im Jahre 922 der arabische Reisende Ahmad Ibn Fadlān akkurat beschrieben.

Gründe der Expansion

Gebiete und Routen der Wikinger

Den Grund für die Überfälle sehen einige, neben dem erheblichen Vorsprung im Schiffbau und den damit verbundenen Möglichkeiten, in einer Überbevölkerung, die durch die technischen Fortschritte (wie etwa die Verwendung von Eisen), aber auch durch die seit 800 n. Chr. einsetzende mittelalterliche Warmzeit hervorgerufen wurde. Eine Ursache könnten auch Notlagen gewesen sein. So verließen in Frühgeschichtlicher Zeit Kimbern und Teutonen (wahrscheinlich auch Vandalen) Jütland. Etwa zur selben Zeit gingen vermutlich auch die Goten aufs Festland. Jahrhunderte später verließen Angeln, Jüten und Sachsen die Halbinsel.

Ein weiterer Grund war, dass zu dieser Zeit einige Länder (besonders England und Irland) destabilisiert und somit leichte Beute für Überfälle waren. Das Frankenreich hatte besser verteidigte Küsten und befestigte Häfen, was die Wikinger aber nicht von ihren Raubzügen abhielt.

Die Wikingerschiffe und die Nautik

Wikingerschiff im Museum in Roskilde, Dänemark

Der Bau des Wikingerschiffs erfolgte ohne Pläne nur aus dem mündlich überlieferten Gedächtnis der Väter. Es werden zwei Arten von Schiffen unterschieden:

Langschiffe waren die Kriegs- bzw. Kampfschiffe der Wikinger. Sie konnten mit ihnen schnell und unerwartet angreifen - sich aber wieder zurückziehen, bevor ein Vergeltungsschlag organisiert werden konnte. Dieser Schiffstyp war ein ca. 20 m langer Verdränger, deren Holzplanken überlappend in Klinkertechnik verbaut wurden. An den Überlappungen wurden die Planken mit Metallnieten zusammengehalten. Sämtliche hölzernen Schiffsteile aller Schiffstypen wurden mit verschiedenen Beilen bzw. Keilen aus Baumstämmen nach der jeweiligen Maserung gespalten. Auch die Planken wurden nicht gesägt. Daraus ergab sich, trotz der geringen Dicke der Planken, insgesamt eine enorme Festigkeit und Belastbarkeit. Die Langschiffe wurden gerudert und gesegelt; sie hatten einen umlegbaren Segelmast, der in kürzester Zeit (ca. 1,5 Minuten) auf- und abgebaut werden konnte. Das Steuerruder aller Schiffstypen war auf der rechten Seite, davon leitet sich die Richtungsangabe steuerbord in der allgemeinen Schifffahrt her. Der Tiefgang aller Schiffe betrug nicht mehr als 1,5 m und sie erreichten eine Maximalgeschwindigkeit von ca. 20 Knoten (37 km/h). Neben der Möglichkeit von Fahrten über lange Entfernungen konnten die Wikinger daher mit ihren Schiffen nicht nur in flachen Gewässern segeln, sondern zusätzlich entlang der Flüsse, selbst unter Brücken hindurch, tief in das jeweilige Landesinnere vordringen. Zuweilen wurden die Schiffe mittels Baumstämmen über Land gerollt, um beispielsweise auf einem anderen Fluss weiterzurudern.

Nach der Länge unterschied man mehrere Typen:

  • Skuta (Namensgeber für die heutigen Schuten)
  • Skarfi um 20 Meter lang, z. B. Oseberg-Schiff
  • Snekka um 30 Meter lang, z. B. Gokstad-Schiff, auch als Haithabu-Schiff bekannt
  • Skeith oder Skaid über 30 Meter lang und mit bis zu 60 Riemen ausgestattet
  • Dreki oder Drakkar (Drachen), bis zu 50 Meter lang und mit über 60 Riemen ausgestattet. (Der Begriff des Drakkar wird häufig in Sachbüchern verwendet, ist aber grammatisch falsch und existiert im Altnordischen nicht.)

Mit den Handelsschiffen, die breiter und hochbordiger als die Langschiffe waren, brachen die Wikinger z. B. zu ihren Entdeckungsfahrten nach Grönland und zum Handel in das heutige Russland auf.

Häufig mussten Reparaturen auf hoher See oder an entlegenen Stränden durchgeführt werden, so dass der Beruf des Schiffszimmermanns als Besatzungsmitglied erforderlich wurde. Ferner mussten die Schiffe mit Menschenkraft an Land gezogen werden, um häufig erforderliche Arbeiten am Rumpf vornehmen zu können. Die Holzrümpfe zogen sehr schnell Wasser, so dass die Beweglichkeit der Schiffe eingeschränkt wurde. Auf Fahrt wurden sie jede Nacht zum Austrocknen an Land gezogen.

Kulturell hatte das Schiff für die Wikinger eine enorme Bedeutung, das bezeugen sowohl Schiffssteinsetzungen und Grabanlagen in Schiffsform, sowie Bestattungen in ganzen Schiffen, als auch die Schiffsdarstellungen auf Runensteinen.

Nautik

Die Wikinger waren hervorragende Seefahrer. Ihre Navigationskünste wurden 2002 auf diesem Briefmarkenblock der Färöer gewürdigt.

Wie die Wikinger es geschafft haben auf offener See zu navigieren, ist noch nicht restlos geklärt. Aus der Saga von Riem lässt sich entnehmen, dass die Wikinger schon damals wussten, dass die Erde eine Kugel ist. Ein archäologischer Fund lässt auf die Verwendung einer kompassähnlichen Navigationshilfe schließen. In Grönland tauchte 1948 eine Holzscheibenhälfte auf, darauf befanden sich 17 Markierungen und ein Loch im Zentrum. 2004 entdeckten Archäologen auf der Insel Wollin ein ähnliches Stück. Ob es sich hierbei um einen Kompass, eine Sonnenuhr oder gar eine Kombination aus beidem handelt, ist noch nicht geklärt. Aber auch die Gezeiten waren den Nordmännern vertraut. In der altnordischen Saga von Olaf dem Heiligen wird von einem leuchtenden Stein erzählt, der auch bei schlechter Sicht, bedecktem Himmel und Nebel, im Licht leuchtete. Ein solches Mineral gibt es wirklich, es heißt Cordierit. Je nach Einstrahlrichtung des Lichtes färbt sich der Stein gelb oder blau. Durch unterschiedliche Polarisationsebenen wird der Stand der Sonne angezeigt. Landmarken, Fisch-und Vogelzüge sagten dem Kendtmann (Kundiger) wo es lang ging auch dann wenn die Sterne nicht zu sehen waren, wie in hellen Nächten. Auch verriet die Wasserfärbung die Strömung und mit feiner Nase roch man, wenn Land in der Nähe war. Insgesamt waren die Wikinger in der Navigation und dem Schiffbau nicht nur für ihre Zeit richtungsweisend, vielmehr stammen viele noch heute verwendete Begriffe aus diesem Gebiet letztlich von ihnen.

Um das Jahr 870 entdeckten Wikinger Island. Der Entdecker Flóki Vilgerdarson (auch Rabenflóki genannt) , bediente sich eines ausgefallenen Navigationsinstruments um die weit im Atlantik liegende Insel zu finden, nämlich dreier Raben. Der Bericht darüber befindet sich im Landnámabók dort heißt es: Flóki Vilgerdarson hieß ein Mann; er war ein bedeutender Wikinger er fuhr aus, um Gardarshólm zu suchen und stach dort in See wo es Flókavardi (Ryvarden) heißt, an der Grenze zwischen Hördaland und Rogaland. Er segelte zuerst zu den Shetlands. Flóki nahm drei Raben mit sich auf See, und als er den ersten aufließ, flog der zum Steven zurück, der zweite flog in die Luft auf und dann zum Schiff zurück, der dritte aber strich von Steven in die Richtung ab, in der sie später das Land fanden. In den inselkeltischen Sagen spielt der Bruder des Meeresgottes Manannan mac Lir, Bran, eine bedeutende Rolle. Da Bran Rabe bedeutet und auch in den Sagen die Verbindung zur See gegeben ist könnte hier der Brauch, Raben als wegweisende Vögel zu benutzen, gefunden werden. Ein Rabe mit seinem sehr guten Sehvermögen wird, wenn er aufgelassen wird ein Land aus sehr viel größerer Entfernung erblicken als der Steuermann auf einem damaligen Segelschiff. Die Erweiterung des Gesichtskreises durch den hochfliegenden Vogel ist bedeutend. Beträgt der Radius des Gesichtsfeldes bei einer Augenhöhe von 1 Meter über der Wasseroberfläche nur knapp 4 Kilometer, so vergrößert er sich bei 300 Meter Höhe schon auf 66 Kilometer. Das gilt aber nur für Land in Meereshöhe. Da von zahlreichen Erhebungen auf dem Festland ausgegangen werden kann, erhöht sich dieser Wert noch beträchtlich.

Siehe auch: Geschichte des Wikingerschiffbaus, Langschiffe, Knorren, Schiffsfriedhof von Skuldelev

Kampftaktiken der Wikinger

Nachgestellte Kampfszenen

Die Seeschlachten der Wikinger fanden immer dicht an der Küste statt und entwickelten sich in drei Phasen. Zunächst klärte der Befehlshaber gegen den Feind auf und befahl die günstigste Ausgangsposition. Dann näherte er sich dem Gegner. Der Kapitän eines jeden Schiffes bediente während der Schlacht das Ruder. Zunächst beschossen sich die Gegner mit Pfeilen, Steinen oder Eisenklumpen. Zum Schluss kam es zum Nahkampf Mann gegen Mann. Die Flotte war die Basis für die Gefechte an Land. Gewöhnlich fuhren die Wikinger mit ihren Schiffen auf einem größeren Fluss stromaufwärts, lebten aus dem Land und plünderten die an den Flussufern gelegenen Klöster und Siedlungen. Wenn sie weit genug landeinwärts gefahren waren, ließen sie die Schiffe an Ufer laufen, schützten sie durch Palisaden und eine Bewachungsmannschaft. Bei ihren ersten Raubzügen wichen sie den Streitkräften ihrer Gegner aus und setzten sich stromabwärts vom Feind ab. Später wurden sie kühner. Da sie nur mit verhältnismäßig schwachen Verbänden landen konnten, legten sie es vor allem darauf an, Beute zu machen, und wichen regelrechten Gefechten aus. Im Lauf der Zeit legten sie Befestigungen an, zu denen sie zurückkehrten. Meist auf Flussinseln die vom Wasser umschlossenen waren, durch Pfähle und Gräben verstärkt ließen sie sich nur sehr schwer einnehmen. Zu Beginn ihrer Angriffsoperationen waren die Wikinger wahrscheinlich noch schlecht bewaffnet, und es kam ihnen unter anderem vor allem darauf an, sich Rüstungen und Waffen zu beschaffen. Im 9. Jahrhundert besaßen ihre Krieger lange Kettenhemden, einen Spitzhelm mit Nasenschutz, die Holzschilde waren rund, später waren sie bunt bemalt. Ihre Hauptangriffswaffe war die Streitaxt, eine schwere, mit breiter Eisenklinge und einem fünf Fuß langen Stiel versehene Axt. Außerdem führten sie lange und kurze Schwerter, Speere, lange Bogen und Pfeile. Im Gegensatz zu anderen Völkern betrachteten sie den Bogen als eine durchaus ehrenhafte und wirkungsvolle Waffe. Die Wikinger kämpften grundsätzlich zu Fuß, da sie selbst keine Pferde mitbringen konnten, es standen ihnen nur Beutepferde zur Verfügung, die sie hauptsächlich als Tragtiere benutzten. Erst später stellten ihre Nachfolger, die Normannen, Reiterheere auf. Gegen feindliche Reiter kämpften sie defensiv hinter einem Schildwall. Am liebsten nahmen sie die Schlacht dicht vor ihrem Lager, hinter einem Flusslauf oder in einer Bergstellung an. Als Berufssoldaten waren sie meist den in aller Eile ausgehobenen Bauernsoldaten ihrer Gegner überlegen. Ein weiterer Vorteil bestand in ihrer Körpergröße und Muskelkraft. Sie verfügten über zwei Klassen von besonders leistungsfähigen Kämpfern. Das waren einmal die Berserker, wahrscheinlich Verrückte, die sie wegen ihrer besonderen Wildheit und Stärke in Sonderverbänden kämpfen ließen. Der zweite Sonderverband waren die Schildmädchen; Frauen, die die Wikingerkrieger begleiteten und sich im Kampf durch ihre Wildheit und Ausdauer auszeichneten.

Die Normandie

Der Wikingerfürst Rollo, dessen genaue Herkunft unklar ist, kommandierte den letzten großen Wikingerüberfall auf Frankreich. Er bekam im Jahr 911 die Normandie als Lehen im Vertrag von Saint-Clair-sur-Epte vom französischen König Karl dem Einfältigen zugesprochen, nachdem sie lange das Seine-Gebiet rund um Paris verwüstet hatten. Sie sollten nun Frankreich vor weiteren Überfallen durch Wikinger schützen.
Aufgrund ihrer Herkunft wurden sie Nordmänner oder Normannen genannt; so erhielt die Normandie ihren Namen. Die Normannen nahmen die französische Sprache an und entwickelten im Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung eine neue kulturelle Identität.

Zur weiteren Geschichte, insbesondere zur Eroberung Englands 1066 durch den normannischen Herzog Wilhelm der Eroberer und zur Ausbreitung der Normannen bis nach Sizilien, siehe Normannen.

Ende der Wikingerzeit

Nach Jahrzehnten des Plünderns wurde der Widerstand in allen Teilen Europas wirkungsvoller und die Christianisierung Skandinaviens führte zu einem milderen Verhalten. Es etablierten sich die großen Königreiche Norwegen, Dänemark und später auch Schweden und man kann annehmen, dass ihre Könige friedlichere und vor allem geordnetere Verhältnisse schaffen wollten. Zeitlich wird das Ende der Wikingerzeit mit der Schlacht bei Hastings im Jahre 1066 festgelegt. Weiter könnte die zu hohe Bevölkerungszahl und die damit verbundene Ressourcen- und Bodenknappheit ein Grund für das Ende der Wikinger sein.

Eine weitere Theorie von Forschern ist der Klimawechsel.

Kultur, Sitten und Religion

Mythologie und Literatur

Hauptartikel: Germanische Mythologie

Das Wikinger-Erbe lebt im Bootsbau der Färöer fort

Die germanische Mythologie und die altnordische Literatur berichten uns über ihre heidnische Religion und ihre kühnen Helden. Das bedeutendste Beispiel für die germanische Mythologie stellt wohl die Edda (Ältere Edda und Jüngere Edda) dar. In dieser Sammlung sind die verschiedensten Erzählungen der Wikinger zusammengefasst.

Allgemein war Thor der wichtigste Gott der Wikinger und regional hatte dieser sogar eine wichtigere Position als Odin, der germanische Göttervater. Die Wikinger im Gebiet des heutigen Schwedens verehrten Freyr als einen ihrer wichtigsten Götter, der daher sein Hauptheiligtum im heutigen Uppsala besaß. Außerdem kannten die Wikinger keine Priester.

Die Wikinger sahen in Polarlichtern ein Zeichen für die Anwesenheit von Walküren auf der Erde, und dass irgendwo auf der Welt eine große Schlacht geschlagen worden war: wenn die Frauen über die Schlachtfelder ritten und die Einherjer auswählten, spiegelte sich das Licht des Mondes in ihren goldenen Rüstungen und zauberte das "Nordlicht" an den Himmel.

Der Ursprung der Welt

Laut der nordgermanischen Lehre des Ursprungs der Welt gab es in der Urzeit, also vor der Erschaffung der Welt, nur einen riesigen, leeren Abgrund: das Ginnungagap. Im Süden allerdings entstand Muspelheim, das als „strahlend hell und heiß“ bezeichnet wird, in dieser Feuerwelt herrscht der Feuerriese Surtur. Als Gegenpol dazu entstand im Norden Niflheim, wo es sehr kalt war. In der Mitte Niflheims gibt es eine Quelle mit Namen Hvergelmir aus der 12 Flüsse entsprangen und ins Ginnungagap flossen. Einer dieser Eisflüsse floß zu nah an Muspelheim heran und die Funken aus dem Süden tauten den Fluss wieder auf. Hierbei entstand der Urriese Ymir. Während Ymir schlief, schwitzte er und unter seinem linken Arm wuchsen ein Mann und eine Frau.

Er ernährte sich von der Urkuh Audhumbla, die ebenfalls aus dem auftauenden Eis entstand. Die Kuh leckte den salzigen Reif, der die Steine überzog. Nach drei Tagen hatte sie einen Mann freigeleckt, Búri. Dessen Sohn, Börr, heiratete Bestla, eine Nachfahre Ymirs und hatte mit ihr drei Söhne: Odin, und Vili, die ersten Götter.

Diese Drei töteten Ymir und in dem Blut ertranken alle anderen Riesen, bis auf Bergelmir und seine Frau, die entkamen mit einem Floß und gründeten die Riesenrasse. Nun schleppten Odin, Vé und Vili Ymir in das Ginnungagap und machten aus seinem Blut das Meer und die anderen Gewässer, aus seinem Fleisch die Erde, aus seinen Knochen und Zähnen machten sie die Steine, aus seinen Haaren machten sie Bäume und aus seiner Schädeldecke machten sie den Himmel und platzierten unter jeder Ecke einen Zwerg mit den Namen: Nordri, Austri, Sudri und Westri. Ymirs Gehirn warfen sie an den Himmel und es entstanden Wolken. Aus Funken aus Muspelheim machten sie die Sterne und bestimmten für jeden einen Weg. Aus den Augenbrauen Ymirs machten sie eine Burg namens Midgard. Eines Tages laufen Odin, Vé und Vili am Strand entlang und sehen zwei Baumstämme aus denen sie zwei Menschen schnitzten. Odin gab ihnen Atem, Leben und Geist, Vili Verstand, Gefühle und Bewegung und von Vé erhielten sie Aussehen, Gesicht, Gehör und die Sprache. Sie nannten den Mann Ask und die Frau Embla und sie gaben ihnen Midgard zur Wohnung, damit sie dort das Geschlecht der Menschen begründeten.

Sitten und Gebräuche

Sehr oft wurden bei den Wikingern weibliche Säuglinge kurz nach der Geburt getötet. Das hatte einerseits den Zweck, dass die Frauen bald wieder schwanger werden konnten, damit einen erhofften Knaben zu gebären, andererseits erhöhte sich der "Marktwert" der jungen Frauen dadurch erheblich und sicherte ihnen eine gute Heirat zu. Für ihre kriegerischen Raubzüge waren die Wikinger besonders auf männlichen Nachwuchs angewiesen.

Auf ihren Raubzügen nahmen sie Gefangene jeden Alters und Geschlechts mit nach Hause und hielten sie als Sklaven. Mit diesen wurde auch regelrechter Handel betrieben bis in den vorderen Orient. Dort waren besonders blonde Kinder und Frauen begehrt. Das Vikinge Center in Ribe zeigt Charakteristisches aus der Wikingerzeit.

Siehe auch

Literatur

Deutsch

  • Régis Boyer: Die Piraten des Nordens. Leben und Sterben als Wikinger. Klett-Cotta, Stuttgart 1997, ISBN 3-608-91744-6
  • Régis Boyer: Die Wikinger. Klett-Cotta, Stuttgart 1995, ISBN 3-608-93191-0
  • Jared Diamond: Kollaps. Warum Gesellschaften überleben oder untergehen. Fischer, Frankfurt/M. 2005, ISBN 3-596-16730-2.
  • Ian Heath u.a.: Wikinger und Normannen. Siegler-Verlag, St. Augustin 2003, ISBN 3-87748-630-4.
  • Dirk Husemann: Reformstau im Drachenboot. In: Abenteuer Archäologie. Kulturen, Menschen, Monumente. Spektrum der Wissenschaft VG, Heidelberg 3. Jg. (2006) Heft 1, S. 78 ff. ISSN 1612-9954
  • Angus Konstam: Atlas der Wikinger. Geschichte, Eroberungen und Kultur der Wikinger. Tosa, Wien 2002, ISBN 3-85492-555-7.
  • Magnus Magnusson: Die Wikinger. Artemis & Winkler, Düsseldorf 2003, ISBN 3-5380-7152-7.
  • Peter H. Sawyer (Hrsg.): Die Wikinger. Geschichte und Kultur eines Seefahrervolkes. Theis, Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1688-6.

Englisch

  • Johannes Brønsted: The Vikings. Penguin Books, Harmondsworth 1960.
  • Charles H. Haskins: The Normans in European History. Norton Books, New York 1976, ISBN 0-393-00342-6.
  • John Haywood: Encyclopedia of the viking age. Thames & Hudson, London 2000, ISBN 0-500-01982-7
  • Benjamin Hudson: Viking pirates and Christian princes. Dynasty, religion, and empire in the North Atlantic. OUP, Oxford 2005, ISBN 0-19516-237-4.
  • Henry R. Loyn: Anglo-Saxon England and The Norman Conquest. Longman, London 1991, ISBN 0-582-07297-2.
  • Dagfinn Skre, Frans-Arne Stylegar: Kaupang the Viking Town. The Kaupang exhibition at UKM. University of Oslo 2004. ISBN 82-8084-018-4.

Französisch

  • Régis Boyer: Les Vikings, premiers Européens VIIIe - XIe siècle. Les nouvelles découvertes de l'archéologie. Éditions Autrement, Paris 2005, ISBN 2-7467-0736-5.
  • Régis Boyer: Vikings. Histoire et civilisation. Perrin, Paris 2002, ISBN 2-262-01954-1.
  • Régis Boyer: Vikings (800-1050). Hachette, Paris 2003, ISBN 2-0123-5690-7.
  • John Haywood: Atlas des Vikings. Éditions Autrement, Paris 1995, ISBN 2-86260-569-7 (Übers. aus d. Engl.)
  • Jean Mabire, Pierre Vial. Les Vikings à travers le monde. Édition l’Ancre de marine, Saint-Malo 1992, ISBN 2-905970-49-9.
  • Joël Supéry: Le Secret des Vikings. Édition des Équateurs, Paris 2005, ISBN 2-84990-015-X.
Wiktionary: Wikinger – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen