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Der Untergang des Abendlandes

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Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte ist das kulturphilosophische Hauptwerk von Oswald Spengler mit dem er das moderne Bild der Geschichte nachhaltig beeinflusst hat. Der erste Band (Gestalt und Wirklichkeit ) wurde 1918 in Wien herausgegeben, der zweite Band (Welthistorische Perspektiven) 1922 in München.

Spenglers Untersuchungen im Rahmen seiner Dissertation ("Der metaphysische Grundgedanke der Heraklitischen Philosophie") ließen ihn "Analogien" in der Entwicklung der antiken bzw. der abendländischen Kultur sehen. Daraus - und in Verbindung mit einer eigenen Philosophie - entwickelte er ein System, mit dem er die gesamte Kulturgeschichte zu erklären (und die künftige Entwicklung vorherzusagen) suchte. Vorbilder waren insbesondere Goethes Morphologie und Nietzsches Auffassung von Geist und Seele. Aber auch die Krisenzeit vor dem Ersten Weltkrieg weckt in ihm die Einsicht, dass die (=seine) Gegenwart nicht eine Stufe auf dem Weg zu einem immer perfekteren Zustand sei, sondern die dahinsiechende Spätform unserer Kultur.

Mit dem Untertitel des Buches wird die von Spengler zugrunde gelegte These deutlicher zusammengefasst als durch den beunruhigenden Haupttitel: Weltgeschichte als zyklisches Werden und Vergehen von Kulturen und Zivilisationen, unabhängig und isoliert voneinander, folglich ohne Möglichkeit des kulturellen Austauschs – womit Spengler im Widerspruch zur linearen Geschichtstheorie und dem daraus abgeleiteten stetig zunehmenden Entwicklungsstand der Menschheit steht.

Der Haupttitel hingegen verweist mehr auf einen griffigen und publikumswirksamen Teilaspekt des Themas, der sich aus der Morphologie der Weltgeschichte notwendig ergebenden Zukunft des eigenen kulturellen und zivilisatorischen Umfelds. Angeregt zu dem Titel wurde Spengler bereits 1912 durch Otto Seecks Buch Geschichte des Untergangs der antiken Welt, 1895ff.

Die These

Spenglers These ergibt sich aus seinen philosophischen Grundlagen: Es gebe einen wesenhaften Unterschied zwischen der Welt des Raumes und der der Zeit. Es gebe eine Logik des Raumes (Stichwort: Geist), ihr Prinzip sei die Kausalität, ihr Sachgebiet die Naturwissenschaft. Daneben gebe es eine - organische - Logik der Zeit, des Schicksals (Stichwort: Seele). Nur letztere lasse die Welt als Geschichte begreifen. Anstelle einer monoton-linearen Entwicklung sah Spengler "eine Vielzahl mächtiger Kulturen", von denen jede ihre Daseinsberechtigung habe und daher wie ein Individuum zu betrachten sei ("Der beste Menschenkenner Westeuropas irrt sich, wenn er einen Araber oder Japaner zu verstehen sucht, und umgekehrt, da zwischen den Seelen zweier Kulturen eine undurchdringliche Scheidewand liegt."). Der Einteilung in Antike-Mittelalter-Neuzeit liege das arrogante Vorurteil zugrunde, das westliche Europa sei die "Zentralsonne", von der aus alles erleuchtet und verstehbar werde. Im Gegensatz dazu postulierte Spengler "ein System des Relativismus" ähnlich der Wende vom ptolemäischen zum kopernikanischen Weltbild.

Geschichte sei somit kein fortlaufender Prozess, sondern eine Abfolge unabhängiger Kulturen. Jede Kultur habe gleichen Rang und gleiche Lebensdauer und sei von einer eigenen Seele geprägt, die in ihrer geistigen Haltung und im Stil zum Ausdruck komme. Jede Kultur sei ein Organismus für sich, ein beseeltes "Lebewesen höchsten Ranges", das den bei allen ausgebildeteren Organismen vorhandenen Entwicklungsstufen Jugend, Erwachsensein und Alter, oder Blüte, Reife und Verfall unterliege (Morphologie), ein Ablauf, der bei den kulturellen Organismen ebenso zwangsläufig sei wie bei den biologischen, und aus dem es somit kein Entrinnen geben kann (Determinismus).

Die aus der Biologie ausgeliehenen Begriffe übersetzt Spengler für seine Zwecke mit

  • Frühzeit als die Zeit des Aufbruchs aus dem Chaos der Vorzeit mit der Gestaltung einer jeder Kultur spezifisch eigenen Religion und Formensprache
  • Kultur als die Hochzeit der schöpferischen Fähigkeiten, und
  • Zivilisation als die Zeit des Erlöschens dieser Kreativität einerseits, andererseits aber auch als die Zeit großer politischer (Cäsarismus) und militärischer Machtentfaltung (Imperialismus), von deren Kraft allein das Hinausschieben des Endes abhänge; die Endzeit des Cäsarismus wiederum sei gekennzeichnet durch ein Absinken des Massen ins Primitive (Fellachen) und die Flucht der Menschen in eine zweite Religiosität.

Dieser immer wieder grundsätzlich gleiche Ablauf (Homologie) lässt es nach Spengler zu, strukturell gleichzeitige Phasen verschiedener Kulturen zu definieren und nebeneinander zu stellen – so zum Beispiel seine abendländische Gegenwart oder jüngere Vergangenheit von Napoleon bis zum Ende der Wilhelminische Epoche und dem Ersten Weltkrieg, in dem der erste Teil des Werks entstand, gegenüber der Spätzeit der griechisch-römischen Antike nach Alexanders Eroberungszügen bis zum Aufkommen des Cäsarismus auf der anderen Seite: ein Vergleich, bei dem sich die Zukunft der abendländischen Kultur – Niedergang, Verfall, Erlöschen – von Anfang an suggestiv aufdrängt.

Nach Spengler gab es bislang acht Kulturen:

  1. die ägyptische (einschließlich der kretisch-minoischen),
  2. die babylonische,
  3. die indische,
  4. die chinesische,
  5. die antike (apollinisch genannte griechisch-römische),
  6. die arabische (magische, inklusive der frühchristlichen und byzantinischen, die ihre Frühzeit unter dem umgestürzten Baum der antiken Kultur verbringen musste, und daher eine Pseudomorphose erlebt, eine Truggestalt annimmt, die irgendwann bewusst abgeworfen wird – in diesem Fall durch die Araber),
  7. die abendländische (faustische, seit etwa 900, die derzeit in das Stadium der Zivilisation übergeht) und
  8. die mexikanische, die von den Conquistadoren brutal geköpft worden sei

sowie mit der russischen eine weitere, im Entstehen begriffene, die das gleiche Problem mit seiner Entfaltung habe wie die arabische, sich aber bereits mit der petrinischen Phase ihrer Geschichte, also mit Peter dem Großen von der Überlagerung durch die abendländische Kultur befreit habe.

Am Ende der determinierten Entwicklung stehe unweigerlich der Verfall: der Übergang von der kreativen Kultur zur "greisenhaften" Zivilisation - während anderswo sich die Geburt einer neuen Kultur (z.B. die russische) vorbereite. Auf Grund seiner Untersuchung der vergangenen sieben Kulturen und der Analyse bestimmter Abläufe in allen Kulturen kam Spengler zu der Überzeugung, dass die abendländische Kultur ihre letzte Stufe erreicht haben müsse. Sie habe bereits den Zenit ihrer geistig-seelischen Leistungsfähigkeit überschritten und gehe unweigerlich ihrem Untergang entgegen.

Daher wird Spengler allenthalben als "Kulturpessimist" bezeichnet. Dabei wird übersehen, dass er sehr wohl ein Interesse hatte, seine Zeitgenossen zu "zeitgemäßem" Handeln zu motivieren: Es gelte zu erkennen, "welche Aufgaben wir aufgrund unserer gealterten Kulturseele nicht (mehr) lösen können, um uns mit ganzer Kraft den [neuen] Aufgaben zuzuwenden, die wir zu bewältigen imstande sind."

Spenglers Hauptwerk stieß sowohl auf begeisterte Zustimmung wie auch auf schroffe Ablehnung. Karl Popper hat seine Schrift "Das Elend des Historizismus" gegen Spengler (und Marx) geschrieben, gegen die Annahme, es gäbe unabänderliche historische Gesetzmäßigkeiten. Auf Grund der eigenwilligen Philosophie, in die er alle seine Überlegungen einbettet, sind viele seiner Schlussfolgerungen schwer nachzuvollziehen. Schwer verdaulich wird der Untergang auch durch sein unentwegtes Einprügeln auf die zeitgenössischen "Fachleute" - die dies auch prompt mit konsequenter Ablehnung quittiert haben. Auch seine konsequente Ablehnung (siehe jedoch weiter unten) jeder Art von Fortschrittsglaube bzw. Evolution missfällt noch heute weiten Kreisen.

Robert Musil bekannte am Ende einer vernichtenden Kritik, Andere hätten nur deshalb nicht so viele Fehler gemacht, weil sie nicht die beide Ufer berührende Spannweite besäßen, um so viele (Fehler) darauf unterzubringen.

Großen Einfluss hatte Spengler mit seinen Ideen auf Arnold J. Toynbee und – mit einem wesentlich kritischeren Abstand – P. A. Sorokin, während Spengler selbst, wie aus seinem Nachlass ersichtlich, in den letzten Lebensjahren seinen Ansatz soweit überdachte, dass er in seinen Schlussfolgerungen gemäßigter wurde, das (unhaltbare) Leugnen kultureller Kommunikation zwischen den Kulturen aufgab und damit eine Entwicklung der Menschheit als Ganzes, für die er nun ein vierstufiges Konzept von Mutation und Differentiation sah, akzeptierte.

Prognose und Irrtum

Der erste Band des Werkes wurde 1917 fertiggestellt und sollte dem Ziel dienen, dem Deutschen Reich nach dem Sieg im Weltkrieg den Weg in eine große imperiale und imperialistische Zukunft zu zeigen. Aber auch nach der Niederlage noch sieht Spengler in Preußen den Staat, der den Vergleich mit dem Römischen Kaiserreich aushält, wenn es darum geht, die (in diesem Fall abendländische) Kultur nach ihrem Übergang in die Zivilisation in einem Imperium zusammenzuhalten – ein Irrtum, der nicht überraschen kann, angesichts eines preußisch-konservativen Hintergrunds, der in dem Dreiklang Pflicht, Ordnung, Gerechtigkeit Spenglers Beifall findet, und der in völligem Gegensatz zum liberal-parlamentarischen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit steht, den Spengler zeitlebens abgelehnt hat.

Knapp Hundert Jahre nach dem Beginn der Arbeiten an diesem Buch stellt sich die Frage nach der Zukunft der abendländischen Kultur in einem anderen Rahmen. Wenn man Spenglers Ansatz folgen will, kann die Frage, wer in der Lage ist, die abendländische Zivilisation mit einem imperialistischen Ansatz zusammenzuhalten, als beantwortet gelten.

Der nächste Schritt in der von Spengler prognostizierten Entwicklung ist die Herausbildung einer für diese Zivilisation spezifischen Art des Cäsarismus, die sich nach seiner Beschreibung immer dann ankündigt, wenn bei der Auswahl der politischen Führung nicht mehr Programme und Inhalte, sondern nur noch Personen, ihr Charisma und die Wirkung ihrer öffentlichen Auftritte zählen.

Im Grunde genommen ist Spenglers "Geschichtsphilosophie" ebensowenig ein streng wissenschaftliches Werk wie die Farbenlehre Goethes, sondern behandelt eine Metaphysik, die sich nur dem "Gläubigen" erschließt. Der Untergang passt in seine Zeit, da er nichts anderes als eine "Relativitätstheorie" der Geschichtsbetrachtung darstellt - nahezu gleichzeitig entstanden mit derjenigen Einsteins. Nichts Anderes hatte - auf seine verklausulierte Art und Weise - Spengler vorhergesagt.

Synopse

Bei den folgenden Angaben handelt es sich inhaltlich um Zitate aus dem Buch

I. Gleichzeitige Geistesepochen


Frühling: Landschaftlich-intuitiv. Mächtige Schöpfungen einer erwachenden traumschweren Seele. Überpersönliche Einheit und Fülle


1. Geburt eines Mythos großen Stils als Ausdruck eines neuen Gottgefühls. Weltangst und Weltsehnsucht


2. Früheste mystisch-metaphysische Gestaltung des neuen Weltblicks. Hochscholastik


Sommer: Reifende Bewusstheit. Früheste städtisch-bürgerliche und kritische Regungen


3. Reformation: Innerhalb der Religion volksmäßige Auflehnung gegen die großen Formen der Frühzeit


4. Beginn einer rein philosophischen Fassung des Weltgefühls. Gegensatz idealistischer und realistischer Systeme


5. Bildung einer neuen Mathematik. Konzeption der Zahl als Abbild und Inbegriff der Weltform


6. Puritanismus: Rationalistisch-mystische Verarmung des Religiösen


Herbst: Großstädtische Intelligenz. Höhepunkt strenggeistiger Gestaltungskraft


7. Aufklärung: Glaube an die Allmacht des Verstandes. Kultus der Natur. Vernünftige Religion


8. Höhepunkt des mathematischen Denkens. Abklärung der Formenwelt der Zahlen


9. Die großen abschließenden Systeme der Idealismus, der Erkenntnistheorie und der Logik


Winter: Anbruch des weltstädtischen Zivilisation. Erlöschen der seelischen Gestaltungskraft. Das Leben selbst wird problematisch. Ethisch-praktische Tendenzen eines irreligiösen und unmetaphysischen Weltstädtertums


10. Materialistische Weltanschauung: Kultus der Wissenschaft, des Nutzens, des Glücks


11. Ethisch-gesellschaftliche Lebensideale: Epoche der Philosophie ohne Mathematik. Skepsis


12. Innere Vollendung der mathematischen Formenwelt. Die abschließenden Gedanken


13. Sinken des abstrakten Denkertums zu einer fachwissenschaftlichen Katheder-Philosophie. Kompendienliteratur


14. Ausbreitung einer letzten Weltstimmung

  • Indische Kultur: Der indische Buddhismus seit 500
  • Antike Kultur: Der hellenistisch-römische Stoizismus seit 200
  • Arabische Kultur: Der praktische Fatalismus des Islam seit 1000
  • Abendländische Kultur: Der ethische Sozialismus seit 1900 sich verbreitend

II. Gleichzeitige Kunstepochen

Vorzeit: Chaos urmenschlicher Ausdrucksformen. Mystische Symbolik und naive Imitation


Kultur: Lebensgeschichte eines das gesamte äußere Sein formenden Stils. Formensprache von tiefster symbolischer Notwendigkeit


I. Frühzeit: Ornament und Architektur als elementarer Ausdruck des jungen Weltgefühls: „Die Primitiven“


1. Geburt und Aufschwung. Aus dem Geiste der Landschaft erwachsende, nicht bewusst geschaffene Formen


2. Vollendung der frühen Formensprache. Erschöpfung der Möglichkeiten und Widerspruch


II. Spätzeit: Bildung einer Gruppe städtisch-bewusster, gewählter, von Einzelnen getragener Künste: „Die großen Meister“


3. Ausbildung eines reifen Künstlertums


4. Äußerste Vollendung einer durchgeistigten Formensprache


5. Ermatten der strengen Gestaltungskraft. Auflösung der großen Form. Ende des Stils „Klassizismus und Romantik“


Zivilisation: Das Dasein ohne innere Form. Weltstadtkunst als Gewohnheit, Luxus, Sport, Nervenreiz. Schnellwechselnde Stilmoden (Wiederbelebungen, willkürliche Erfindungen, Entlehnungen) ohne symbolischen Gehalt


1. „Moderne Kunst“. Kunst-„Probleme“. Versuche, das Weltstadtbewusstsein zu gestalten und zu reizen. Verwandlung von Musik, Baukunst und Malerei in bloßes Kunstgewerbe



2. Ende der Formentwicklung überhaupt. Sinnlose, leere, erkünstelte, gehäufte Architektur und Ornamentik. Nachahmung archaischer und exotischer Motive


3. Ausgang. Ausbildung eines starren Formenschatzes. Prunken der Cäsaren mit Material und Massenwirkung. Provinziales Kunstgewerbe

  • Ägyptische Kultur: 19. Dynastie 1328 v. Chr. – 1195 v. Chr., Riesenbauten von Luxor, Karnak und Abydos, Kleinkunst (Tierplastik, Gewebe, Waffen).
  • Antike Kultur: Von Trajan bis Aurelian, Riesenfora, Thermen, Säulenstraßen, Triumphsäulen, römische Provinzkunst (Keramik, Statuen, Waffen).
  • Arabische Kultur: Mongolenzeit seit 1250, Riesenbauten zum Beispiel in Indien, Orientalisches Kunstgewerbe (Teppiche, Waffen, Geräte).
  • Abendländische Kultur.

III. Gleichzeitige politische Epochen

Vorzeit: Primitiver Völkertypus. Stämme und Häuptlinge. Noch keine „Politik“. Kein „Staat“


Kultur: Völkergruppe von ausgeprägtem Stil und einheitlichem Weltgefühl: „Nationen“. Wirkung einer immanenten Staatsidee


I. Frühzeit: Organische Gliederung des politischen Daseins. Die beiden frühen Stände: Adel und Priestertum. Feudalwirtschaft der reinen Bodenwerte


1. Lehnswesen. Geist des bäuerlichen Landes. Die „Stadt“ nur Markt oder Burg. Wechselnde Pfalzen der Herrscher. Ritterlich-religiöse Ideale. Kämpfe der Vasallen untereinander und gegen den Fürsten


2. Krisis und Auflösung der patriarchalischen Formen: vom Lehnsverband zum Ständestaat


II. Spätzeit: Verwirklichung der gereiften Staatsidee. Die Stadt gegen das Land: Entstehung des Dritten Standes (Bürgertum). Sieg des Geldes über die Güter


3. Bildung einer Staatenwelt von strenger Form. Fronde


4. Höchste Vollendung der Staatsform („Absolutismus“). Einheit von Stadt und Land („Staat und Gesellschaft“, die „drei Stände“)


5. Sprengung der Staatsform (Revolution und Napoleonismus). Sieg der Stadt über das Land (des „Volkes“ über die Privilegierten, der Intelligenz über die Tradition, des Geldes über die Politik)


Zivilisation: Auflösung der jetzt wesentlich großstädtisch veranlagten Volkskörper zu formlosen Massen. Weltstadt und Provinz: Der Vierte Stand (Masse), anorganisch, kosmopolitisch


1. Herrschaft des Geldes (der „Demokratie“). Wirtschaftsmächte die politischen Formen und Gewalten durchdringend.


2. Ausbildung des Cäsarismus. Sieg der Gewaltpolitik über das Geld. Zunehmend primitiver Charakter der politischen Formen. Innerer Zerfall der Nationen in eine formlose Bevölkerung. Deren Zusammenfassung in ein Imperium von allmählich wieder primitiv-despotischem Charakter.


3. Heranreifen der endgültigen Form: Privat- und Familienpolitik von Einzelherrschern. Die Welt als Beute. Ägyptizismus, Mandarinentum, Byzantinismus. Geschichtsloses Erstarren und Ohnmacht auch des imperialen Mechanismus gegenüber der Beutelust junger Völker oder fremder Eroberer. Langsames Heraufdringen urmenschlischer Zustände in eine hochzivilisierte Lebenshaltung.

Ausgaben

  • Wien 1918 (Band 1: Gestalt und Wirklichkeit)
  • München 1922 (Band 2: Welthistorische Perspektiven)
  • München 1960, Hg. H. Werner (gekürzt)
  • München 1972 (dtv, 2 Bände)
  • München 1980
  • München 1989 (2 Bände)

Literatur

  • G. Briefs: Untergang des Abendlandes, Christentum und Sozialismus. Eine Auseinandersetzung mit Oswald Spengler, Freiburg im Breisgau 1921
  • Robert Musil: Geist und Erfahrung. Anmerkungen für Leser, welche dem Untergang des Abendlandes entronnen sind (1921). In: Musil: Gesammelte Werke, Bd. 8: Essays und Reden, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1978
  • L. Th. Haering: Die Struktur der Weltgeschichte, Philosophische Grundlegungen zu einer jeden Geschichtsphilosophie in Form einer Kritik Oswald Spenglers, Tübingen 1921
  • F. Köhler: Untergang oder Aufstieg der abendländischen Kultur, München 1921
  • Benedetto Croce: Randbemerkungen eines Philosophen zum Weltkrieg, Zürich 1922
  • Friedrich Meinecke: Über Spenglers Geschichtsbetrachtung (in: Wissen und Leben, 16, 1922, Heft 1)
  • Alois Dempf: Die ewige Wiederkehr, Ibn Chaldun und Oswald Spengler (in: Hochland, 20, 1922/23, Heft 1)
  • A. Fauconnet: Oswald Spengler, le prophète du déclin de l’occident, Paris 1925
  • Eduard Meyer: Spenglers „Untergang des Abendlandes“, Berlin 1925
  • A. Aliotta: Il nuovo storicisma in Germania e gli universi formali di Spengler, Rom 1936
  • Arnold J. Toynbee: Wie ich zu Oswald Spengler kam (in: Hamburger Akademische Rs,3, 1949, Seite 309-313)
  • Theodor W. Adorno: Spengler nach dem Untergang (in: Der Monat, 2.5.1950, auch in: Th.W. Adorno: Prismen, Kulturkritik und Gesellschaft, Frankfurt am Main 1969)
  • Erich Rothacker: Toynbee und Spengler (in: DVLG, 24, 1950, Heft 13)
  • F. Rauhut: Die Geschichtsphilosophie Vicos, Spenglers und Toynbees in ihrer Zusammengehörigkeit (in: Der Vergleich. Literatur- und sprachwissenschaftliche Interpretationen. Festschrift H. Petriconi, Hg. H. Grossmann, Hamburg 1955)
  • H. J. Schoeps: Vorläufer Spenglers Studien zum Geschichtspessimismus im 19. Jahrhunderts, Leiden 1955

Ausführliche Darstellung von Leben und Werk