Kelvin
Vorlage:Infobox Einheit Das Kevin ist die SI-Basiseinheit der thermodynamischen Temperatur und ihrer Skala, der Kevin-Skala. Das Kelvin ist (neben dem Grad Celsius) in Deutschland und Österreich die gesetzlich vorgeschriebene Temperatureinheit.
Die Kevin-Skala ist per Definition seit 1967 nicht mehr in Grad unterteilt. Es heißt deshalb nicht mehr „19 Grad Kelvin“ (oder „19° K“) sondern einfach nur „19 Kelvin“ („19 K“).
Es wurde nach William Thomson, dem späteren Lord Kelvin benannt, der mit 24 Jahren die thermodynamische Temperaturskala einführte.
Definition
Das Kelvin wurde durch die CGPM zum ersten Mal 1954 und in der heute gültigen Form erneut 1968 definiert und als SI-Basiseinheit festgelegt:
- „Das Kelvin, die Einheit der thermodynamischen Temperatur, ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers.“ (amtliche Übersetzung aus dem Englischen)
Gemeint ist reines Wasser, dessen Isotopenzusammensetzung sich an VSMOW orientieren sollte.
Zu einem einfacheren Verständnis des Kelvins gelangt man durch Rückführung auf die Temperatureinheit „Grad Celsius“. Der Nullpunkt der Kelvinskala liegt am absoluten Nullpunkt bei −273,15 °C. Diese Temperatur ist nach dem Nernst'schen Wärmesatz nicht erreichbar, da Teilchen bei 0 K keine Bewegungsenergie hätten (die verbleibende Energie – Nullpunktsenergie – ist ein Ergebnis der Heisenberg'schen Unschärferelation).
Ein Temperaturunterschied von einem Kelvin ist der 273,16te Teil des Temperaturunterschieds zwischen dem absoluten Nullpunkt und der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes von Wasser (0,01 °C). Durch diese Festlegung wurde erreicht, dass die Differenz zwischen zwei Temperaturwerten von einem Kelvin und einem Grad Celsius genau gleich sind und
- , weil ergibt.
Hierbei gilt es zu beachten, dass die Einheit Grad (grd.) nicht mehr gültig ist und durch das Kelvin ersetzt wurde. Das Grad wurde früher benötigt, da es aufgrund der Definition des Grad Celsius mit einem nicht-absoluten Nullpunkt nicht möglich ist, dieses direkt zur Angabe von Temperaturdifferenzen zu verwenden.
Unterschiede zwischen Kelvin-Skala und Celsius-Temperaturen
Der Unterschied zu Grad Celsius ist, dass bei der Celsius-Temperaturskala als Fixpunkte die Temperaturen vom Gefrier- und Siedepunkt des Wassers bei Normaldruck (d. h. einem Luftdruck von 1013,25 hPa) verwendet werden. Bei der Kelvin-Skale wird als 0 K der absolute Nullpunkt (-273,15 °C) herangezogen. In der Celsius-Temperaturskala hingegen können auch Temperaturwerte mit negativen Zahlen auftreten.
Eigenschaften
Das Kelvin wird vor allem in der Thermodynamik, Wärmeübertragung und allgemein den Naturwissenschaften zur Angabe der Temperatur, sowie zur Angabe von Temperaturdifferenzen verwendet. Die Definition des Kelvin macht daher keinen Unterschied zwischen der Anwendung für die Angabe einer absoluten Temperatur und eines Temperaturunterschieds.
Aus der Definition folgt unmittelbar die exakte Festlegung der Temperatur des Tripelpunktes von Wasser (nicht umgekehrt), speziell von VSMOW auf 273,16 K. Der Gefrierpunkt des Wassers bei Normalbedingungen liegt auf der Kelvin-Skala nicht bei 273,16 K, sondern liegt 0,1 K tiefer, bei 273,16 K − 0,01 K = 273,15 K. (Eine genauere Festlegung des Gefrierpunktes ist wegen der Einflüsse von atmosphärischem Druck und Isotopenzusammensetzung nicht sinnvoll.)
Die Temperatur wird durch diese Definition mit der Energie, das heißt dem Energiegehalt eines Körpers oder Systems, verknüpft und heißt daher |Thermodynamische Temperatur. Enthält ein physikalisches Objekt keine Energie, dann hat es die Temperatur 0 K und befindet sich somit am absoluten Nullpunkt. Wenn der Zahlenwert einer Temperatur T1 auf der Kelvin-Skala x-mal größer ist als der einer anderen Temperatur T2, so ist der Energiegehalt bei T1 x-mal so hoch wie der bei T2 (im Gegensatz dazu siehe die Celsius-Skala). In atomistischer Sicht kann man sagen, dass bei der Kelvin-Skala die mittlere kinetische Energie der Teilchen (Atome oder Moleküle) proportional zur Temperatur ist, das heißt eine doppelte kinetische Energie entspricht einer doppelten Temperatur (in Kelvin). Ein weiterer Zusammenhang leitet sich aus der Maxwell-Boltzmann-Verteilung ab: eine Verdopplung der Temperatur auf der Kelvin-Skala führt bei idealen Gasen zu einer Erhöhung der Teilchengeschwindigkeit im quadratischen Mittel um den Faktor .
Anwendung
Die Definition des Kelvin wurde so gewählt, dass man einen leicht zu reproduzierenden, möglichst konstanten Wert erhält. Dafür eignen sich Siede- und Schmelzpunkte nicht so gut, wie sie für die frühere Celsius-Skala verwendet wurden, da diese unter anderem vom Umgebungsdruck abhängen. Der Tripelpunkt einer Substanz ist hingegen eine (überall und immer) gleich bleibende Stoffeigenschaft – das heißt, wenn sich Wasser an seinem Tripelpunkt befindet, hat es stets dieselbe Temperatur (und denselben Druck). Für die Praxis relevant ist, dass der Wassertripelpunkt einer der Temperatur-Fixpunkte ist, die am besten bekannt sind und sich am genauesten darstellen lassen.
Da es unhandlich ist, die Definition des Kelvins zum Kalibrieren von Messinstrumenten für vom Tripelpunkt des Wassers weit entfernte Temperaturen zu verwenden, existiert die „International Temperature Scale of 1990“ (ITS-90), die über einen großen Temperaturbereich verteilte Referenzwerte festlegt, zum Beispiel Schmelzpunkte, aber insbesondere auch den Tripelpunkt des Wassers.
Geschichte
Die Teilungen der von William Thomson vorgeschlagenen absoluten Temperaturskala trugen zunächst die Bezeichnung °A (für absolute). Im SI galt von 1948 bis 1968 das °K (Grad Kelvin, bis 1954 auch Grad Absolut) als Temperatureinheit. Außerdem wurden im genannten Zeitraum Temperaturdifferenzen – abweichend von Temperaturangaben – in deg (Grad) angegeben. Die Verwendung dieser alten Einheiten ist heute in Deutschland nicht mehr zulässig.
Bereits 1948 wurde durch die CGPM eine absolute thermodynamische Skala mit dem Tripelpunkt des Wassers als einzigem fundamentalen Fixpunkt festgelegt, aber noch nicht mit der Temperatur verknüpft.
Die stetig verringerten Unsicherheiten bei der Messung des Wassertripelpunktes machten es im 21. Jahrhundert möglich, den Einfluss der Isotopenzusammensetzung auf den Tripelpunkt des Wassers zu bestimmen (Größenordnung von etwa 1/10000 K). Die notwendige Präzisierung der Definition des Kelvins erfolgte 2005 beim 94. Treffen des CIPM, wonach als Bezugspunkt gereinigtes Standardozeanwasser verwendet werden sollte.
Zukünftige Entwicklungen
Wie alle SI-Einheiten soll auch das Kelvin zukünftig unabhängig von Materialien werden, also auf Naturkonstanten zurückgeführt werden, wie das zum Beispiel beim Meter schon der Fall ist. Daher wird an einer Neudefinition des Kelvin gearbeitet, die auf der Festlegung der Boltzmann-Konstante beruht. Diese ist ab etwa 2011 zu erwarten.
Farbtemperatur
In Kelvin wird außerdem die Farbtemperatur gemessen, die besonders in der Fotografie wichtig ist.
Temperatur und Energie
Häufig ist es wichtig zu wissen, ob eine energetische Barriere allein aufgrund von thermischen Fluktuationen überwunden werden kann. Die Wahrscheinlichkeit zur Überwindung der Barriere gibt die Boltzmannverteilung an:
wobei kB die Boltzmannkonstante ist. Eine Barriere wird faktisch nie überwunden, bei wird sie leicht überwunden und bei wird die Barriere quasi nicht wahrgenommen.
Der Einfachheit halber gibt man Energien deshalb oft in Kelvin an oder Temperaturen in energetischen Einheiten wie Joule oder Elektronenvolt (eV). Die Umrechnungsfaktoren sind dann:
Dies soll am Beispiel des Wasserstoffmoleküls verdeutlicht werden:
- Ab welcher Temperatur rotiert das Wasserstoffmolekül?
- Die Rotationsenergie für Wasserstoff ist , wobei B die Rotationskonstante und J die Rotationsquantenzahl ist. Um das Molekül vom nichtrotierenden Zustand () in den langsamst rotierenden Zustand () zu überführen, braucht man die Energie . Dies entspricht 175 K. Wasserstoff rotiert also bei Raumtemperatur schon ganz beträchtlich.
- Ab welcher Temperatur schwingen die Wasserstoffatome gegeneinander?
- Die Energie, die benötigt wird, um Wasserstoff in den ersten Schwingungszustand zu befördern, ist: . Wasserstoffmoleküle beginnen also erst bei sehr hohen Temperaturen von 5980 K Schwingungen auszuführen.
siehe auch: Arrhenius-Gleichung
Tabellen
Einheit | Einheitenzeichen | unterer Fixpunkt F1 | oberer Fixpunkt F2 | Wert der Einheit | Erfinder | Jahr der Entstehung | Verbreitungsgebiet |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Kelvin | K | Absoluter Nullpunkt, T0 = 0 K |
ohne Fixpunkt | 2019 | weltweit (SI-Einheit) | ||
TTri(H2O) = 273,16 K[Anm 1] | 1948 | ||||||
William Thomson Baron Kelvin | 1848 | ||||||
Grad Celsius | °C | 0 °C = 273,15 K | Kopplung an Kelvin | 1948 | weltweit (abgeleitete SI-Einheit) | ||
TSchm(H2O) = 0 °C | TSied(H2O) = 100 °C | Anders Celsius | 1742 | ||||
Grad Fahrenheit | °F | 32 °F = 273,15 K | Kopplung an Kelvin | 1948 | USA | ||
TSchm(H2O) = 32 °F | TSied(H2O) = 212 °F | 1893 | |||||
TKältem. = 0 °F, |
TMensch = 96 °F,[Anm 2] | Daniel Fahrenheit | 1714 | ||||
Grad Rankine | °Ra, °R | T0 = 0 °Ra | Jetzt Kopplung an Kelvin | William Rankine | 1859 | USA | |
Grad Delisle | °De, °D | TSchm(H2O) = 150 °De | TSied(H2O) = 0 °De | Joseph-Nicolas Delisle | 1732 | Russland (19. Jhd.) | |
Grad Réaumur | °Ré, °Re, °R | TSchm(H2O) = 0 °Ré | TSied(H2O) = 80 °Ré | René-Antoine Ferchault de Réaumur | 1730 | Westeuropa bis Ende 19. Jhd. | |
Grad Newton | °N | TSchm(H2O) = 0 °N | TSied(H2O) = 33 °N | Isaac Newton | ≈ 1700 | keines | |
Grad Rømer | °Rø | TSchm(Lake) = 0 °Rø[Anm 3] | TSied(H2O) = 60 °Rø | Ole Rømer | 1701 | keines | |
Anmerkungen zur Tabelle:
|
Kelvin | °Celsius | °Fahrenheit | °Rankine | |
---|---|---|---|---|
Siedepunkt des Wassers bei Normaldruck | 373,150 K | 100,000 °C | 212,000 °F | 671,670 °Ra |
„Körpertemperatur des Menschen“ nach Fahrenheit | 308,705 K | 35,555 °C | 96,000 °F | 555,670 °Ra |
Tripelpunkt des Wassers | 273,160 K | 0,010 °C | 32,018 °F | 491,688 °Ra |
Gefrierpunkt des Wassers bei Normaldruck | 273,150 K | 0,000 °C | 32,000 °F | 491,670 °Ra |
Kältemischung aus Wasser, Eis und NH4Cl | 255,372 K | −17,777 °C | 0,000 °F | 459,670 °Ra |
absoluter Nullpunkt | 0 K | −273,150 °C | −459,670 °F | 0 °Ra |
Die Fixpunkte, mit denen die Skalen ursprünglich definiert wurden, sind farblich hervorgehoben und exakt in die anderen Skalen umgerechnet. Heute haben sie ihre Rolle als Fixpunkte verloren und gelten nur noch näherungsweise. Allein der absolute Nullpunkt hat weiterhin exakt die angegebenen Werte.
Präfixe
Bei Temperaturangaben sind Präfixe relativ unüblich. Für kleine Werte können mK und µK verwendet werden, andere Ableitungen kommen nicht vor.