Pfarrkirche Leoben-St. Xaver
St. Xaver zu Leoben ist die heutige römisch-katholische Stadtpfarrkirche in Leoben.
Jesuitenkirche bis 1773 - Stadtpfarrkirche bis heute


Die heutige Stadtpfarrkirche zum hl. Franz Xaver (auch Francisco de Xavier y Jassu genannt) überragt mit ihrem mächtigen Baukörper seit mehr als drei Jahrhunderten alle anderen Gebäude der Leobener Altstadt. Ihr strenges und imposantes Äußeres öffnet sich nach innen zu einem der eindruckvollsten Kirchenräume Österreichs, der seine prachtvolle Ausstattung an Altären, Skulpturen und Gemälden seit dem 17. Jahrhundert nahezu ungeschmälert bewahrt hat.
Diese Kirche wurde erst 1811 Stadtpfarrsitz, als man sich nach jahrhundertelangem Zögern dazu entschloss, die Pfarre St. Jakob vor den Toren der Stadt in diese hereinzuverlegen. Zuvor war sie bis 1773, was auch die Wahl des Kirchenpatrons verdeutlicht, das Ordensgotteshaus der Jesuiten, der Gesellschaft Jesu, die sich seit 1613 in Leoben, der wichtigsten Eisenhandelsstadt des alten Herzogtums Steiermark mit fürstlicher Förderung von Seiten des steirischen Herzogs zur Vollendung und Festigung der Rekatholisierung niedergelassen hatte.
Die Anlage der neuen Kirche erfolgte erst ein gutes halbes Jahrhundert nach der Gründung des Leobener Jesuitenkollegs. Umfangreiche Mittel dazu wurden von dem Vordernberger Radmeister Christoph Jantschitsch (gestorben 1640) zur Verfügung gestellt. Dieser Bau schloss die Ansiedlungstätigkeit des Ordens in architektonsicher Hinsicht ab und setzte einen krönenden Abschluss der Repäsentation über die geistig-religiösen, aber auch wirtschaftlichen Grundlagen, die in Leoben zu einer enormen Belebung der lokalen Kultur geführt hatten.
Dass er in seiner ursprünglichen frühbarocken Gestalt und mit der gleichzeitigen Einrichtung erhalten geblieben ist, mag daran liegen, dass seine prunkvolle Auslegung und Größe eine Modernisierung sowohl im Spätbarock, als auch im puristischen 19. Jahrhundert aus finanziellen Gründen verhinderte. Der Leobener Bürgermeister Joseph Graf sagt ein seinem 1824 erschienen "Nachrichten über Leoben und die Umgegend" noch voller Lokalpatriotismus, dass die Xaver-Kirche 'ganz das Gepräge einer soliden Baukunst' trage und dem Stifter, dem Erbauer und der Stadt zur Ehre gereiche. Ein Dokument des Zeitgeschmacks selbst in den Kreisen der Denkmalpfleger ist hingegen das Urteil, das Albert Ilg in den "Mittheilungen der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale" 1878 fällt.
Gründung, Ausstattung und Tätigkeit des Leobener Jesuitenkollegs
Die Gründung der Leobener Jesuitenniederlassung geht auf den prominentesten steirischen Habsburger und nachmaligen römisch-deutschen Kaiser Ferdinand II., den Sohn Karls II. von Innerösterreich zurück. Noch vor der Verlegung des Hofes nach Wien im Jahre 1619 schenkte der Herzog seine Leobener Stadtburg, den alten landesfürstlichen Besitz an der Nordwestecke der mittelalterlichen Stadtanlage, dem Orden. Anlass dazu war der Jesuitenprovinzial, der auf einer Reise durch Leoben gekommen war, das ihm geeignet erschien, ein weiterer Stützpunkt der Gesellschaft Jesu in der Steiermark zu werden. Mit Unterstützung des fürstlichen Beichtvaters Pater Viller brachte man Ferdinand II. bald dazu, dass dieser seinen Leobener Besitz als Schenkung den Jesuiten überantwortete. Dabei wurde außer der eigentlichen Burg, deren Reste heute das Museum der Stadt Leoben beherbergen, auch die alte Johanniskapellkirche mit ihren Benefizien und Grundbesitz auf dem heutigen Josefee übergeben.
Am 10. Dezember 1613 kamen zwei Ordenspriester mit zwei Gehilfen aus dem Grazer Kolleg nach Leoben und bezogen hier Quartier. Erstmals war der Orden ein Jahr zuvor hier mit Predigern aufgetreten. Geldspenden von Seiten des Admonter Abtes Johann von Hoffmann (10.000 Gulden) und des Obersthofmeisters Erzherzog Ferdinands, Baltasar von Schrottenbach (3000 Gulden) ermöglichten die Adaptierung und Einrichtung des neuen Kollegs, dessen Insassenanzahl rasch wuchs.
Mit der Gründung war auch die Übergabe der erwähnten Johanniskirche verbunden, auf der mehrere gutdotierte Benefizien als Seelgerät zum ewigen Heil einiger Leobener Geschlechter lagen. Erbauer war das Ministerialengeschlecht der Timmersdorfer, die als landesfürstliche Ritter auch die nordwestliche Stadtburg des Herzogs, das nachmalige Kolleg, bewohnt hatten. Gegen den erbitterten Widerstand der Bürgerschaft erfolgte nach langem Streit die Übergabe des kleinen gotischen, heute nicht mehr existierenden Sakralbaues, der einst an der Stelle der heutigen Stadtpfarrkirche und des Pfarrhofes auf dem Kirchplatz gestanden war.
Bis zur Erbauung der neuen großen Ordenskirche, 1660 bis 1665, wurde die Kirche für liturgie Zwecke genutzt. Zur Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert war sie auch zeitweise Sitz eines evangelischen Prädikanten gewesen. Ihre Übernahme durch die Jesuiten bedeutete deshalb auch einen späten Triumph über die Lehre Luthers, der hier bis zur gewaltsamen Rekatholisierung im Jahre 1599/1600 nahezu die gesamte Bürgerschaft angehangen war. Mit der Übergabe war aber auch der Grund für lange und erbittert geführte Kämpfe zwischen Orden und Stadt Leoben gelegt, die mehr als ein Jahrhundert andauern sollten.
Bereits kurze Zeit nach der Gründung beginnt das Leobener Kolleg eine Rolle in der im Orden üblichen Rotationspolitik zu spielen. Die Jesuiten kannten im Gegensatz zu den alten Orden für ihre Mitglieder keine Ortsfestigkeit oder lebenslange Bindung an ein Kloster (stabilitas loci).
Jeder Jesuit war jederzeit bereit, seinen Fähigkeiten nach und wie es die Ordensarbeit verlangte, überallhin gerufen zu werden, wohin es seine Oberen wünschten. Selbst die Rektoren der Kollegien waren davon nicht ausgenommen. In den Niederlassungen war also ein stetes Kommen und Gehen, was zur Verbreitung von Ideen und Kenntnissen, zur geistigen Mobilität wesentlich beitrug. 1615 werden von Brünn her 29 Novizen und Patres nach Leoben versetzt und die Stellung des hiesigen Kollegs in der Ausbildung des Ordensnachwuchses verstärkt. Bis 1634 befand sich hier das Novizitat für ganz Österreich, dann wurde es nach Wien verlegt und dem Standort eine neue Aufgabe zugewiesen, die für die jungen Anwärter ebenfalls wichtig war.
Von großer Bedeutung für die geistig-wissenschaftliche Entwicklung der Stadt und des Umlandes waren die Bestrebungen des Ordens zur Gründung höherer Schulen.
Bisher hatte in Leoben der Schulunterricht nur auf der Grundlage der von der Stadt besoldeten Schulmeister stattgefunden. 1619 urgierten die Leobener Jesuiten beim Kaiser die Einrichtung einer Lateinschule und setzen diese gegen den Willen der Bürgerschaft, die wirtschaftliche Bedenken vorschützt, durch.
[[== St. Xaver als Stadtpfarrkirche ==
Als nach der Mitte des 13. Jahrhunderts die Marktsiedlung Leoben durch Herzog Ottokar II. von Böhmen von der Gegend unter dem Massenberg nach Norden in die Murschleife verlegt und systematisch aufgebaut wurde, blieb die 1188 erstmals genannte Pfarrkirche St. Jakob davon unberührt. Sie existierte weiter an ihrem alten Platz zwischen Berg und Murübergang. In der gegen Ende des 13. Jahrhunderts zur Stadt reifenden neuen Siedlung (1298 Straußenwappen im Stadtsiegel) befand sich im Mittelalter und in der frühen Neuzeit kein Pfarrsitz. Die Bürgerschaft musste zum Pfarrgottesdienst, zur Taufe, Hochzeit und Begräbnis die Hut der Stadt verlassen und empfand diese Tatsache auch als argen Missstand. Innerhalb der Stadtmauern befanden sich damals nur klösterliche Niederlassungen (Dominikanerkloster samt Kirche, gegründet kurz vor 1280; später auch seit 1613 die Jesuiten) bzw. die privat gestiftete Johanneskapelle, die kirchenrechtlich eine Filialkirche darstellte.
Erst die Aufhebung des Jesuitenordens 1773 konnte hier Abhilfe in Aussicht stellen. Trotzdem dauerte es noch Jahrzehnte, ehe der Wunsch des Volkes nach einem bequemer gelegenen und räumlich größeren Pfarrsitz in der Stadt verwirklicht wurde. Dabei war nicht nur die Verlegung des Gottesdienstes zu bewerkstelligen, sondern auch für die Unterbringung der Geistlichkeit und des Dienstpersonals in der Nähe der Kirche Sorge zu tragen. Kollegien- und Seminargebäude der Jesuiten waren dafür nicht verfügbar, weil man sie nach 1773 in Kasernen verwandelt hatte.
Kaiser Franz I. von Österreich war persönlich mit den Mißständen konfrontiert worden, als er am 21. September 1810 in Leoben genächtigt hatte. Mit seiner Erlaubnis wurde der Pfarrgottesdienst am 18. November 1810 in die ehemalige, nun schon lange nicht mehr genutzte Jesuitenkirche übertragen. Dies geschah unter Pfarrer Mathias Penker, der mit seiner Amtszeit von 1800-1819 somit an der alten und neuen Stelle der Stadtpfarre gewirkt hat.
Damals lag das Leobener Dominikanerkloster aus personellen und wirtschaftlichen Gründen in den letzten Zügen. Als es 1811 aufgelöst wurde, standen seine Bauten für Pfarrzwecke und anderes zur Verfügung. Die Kirche St. Florian am nordöstlichen Wehreck der mittelalterlichen Stadtanlage wurde profaniert und zu einem Salzmagazin umgestaltet. In die nunmehr leerstehenden Klostertrakte (heute Altes Kreisgericht und Gefangenenhaus) konnten Schule und Geistlichkeit einziehen. Der Pfarrhof verblieb hier bis 1853. Dann wurde auf dem Kirchplatz der nordöstlich an das Gotteshaus anstoßende Pfarrhof als ein stattliches Gebäude errichtet, das noch heute dem ursprünglichen Zwecke dient.
Der Klerus von St. Xaver fühlte sich nach der Übersiedlung in die Stadt hier so wohl, daß Pfarrer Burger (1819-1827) den alten Jakobipfarrhof draußen vor der Stadt abreißen ließ, weil er fürchtete, vielleicht wieder einmal hinausziehen zu müssen.
Literatur
Günther Jontes und Kurt Woisetschläger, Stadtpfarrkirche St. Xaver, Club 41 Leoben