Drittes Reich
Der Begriff Drittes Reich ist ein zunächst propagandistisch und später dann umgangssprachlich benutzter Begriff für Deutschland zwischen 1933 und 1945, während der Zeit des Nationalsozialismus. Staatsrechtlich war die Diktatur des NS-Regimes die letzte Staatsform und historische Phase des 1871 gegründeten ersten deutschen Nationalstaats, dem Deutschen Reich – nach der Monarchie (Deutsches Kaiserreich) und der Republik (Weimarer Republik) – das mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs von den vier alliierten Siegermächte besetzt ist.
Herkunft des Begriffes
Joachim von Floris (ca. 1135–1202) schrieb im Hochmittelalter schon über das Dritte Reich als das Zeitalter der Erlösung, nach den zweitausend Jahren des Reich Gottes und den ("gegenwärtigen") tausend Jahren des Sohnes. Er berief sich auf die Offenbarung des Johannes, 20, 1–10, und nannte es das Zeitalter des Heiligen Geistes.
Mit dem Begriff Drittes Reich wurde von Nationalisten ursprünglich die Vision eines neuen, mächtigen Deutschlands umschrieben, das die Nachfolge der beiden zuvor existierenden deutschen Reiche antreten sollte. Hiermit waren zum einen das im 10. Jahrhundert entstandene und 1806 untergegangene Heilige Römische Reich (Deutscher Nation) gemeint und zum anderen das 1871 gegründete Deutsche Kaiserreich, welches 1918 in der Novemberrevolution unterging und von der von den Nationalisten geschmähten Weimarer Republik abgelöst wurde.
Der Begriff geriet in den Nazi-Kontext durch Dietrich Eckart. Dieser prägte 1919 als Gründungsmitglied der NSDAP den Begriff „Drittes Reich“ als einen Kampfbegriff, womit vor allem eine Verbindung von chiliastischer Esoterik und politischem Ziel gemeint war. Zitat: „Im deutschen Wesen ist Christ zu Gast – drum ist es dem Antichristen verhaßt.“ (ein Anklang an die Offenbarung des Johannes).
In seinem Buch Das dritte Reich (1923) beschrieb Arthur Moeller van den Bruck unter bewußter Anlehnung an Joachim von Floris eine Verbindung aus Nationalismus und Sozialismus, die als so genanntes „Drittes Reich“ die Nachfolge des Kaiserreichs antreten sollte, das mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg zu Ende gegangen war. Moeller ließ sich dabei insbesondere von Fjodor Michailowitsch Dostojewski anregen.
Die Weimarer Republik wurde von den Nazis als Zwischenreich bezeichnet, um deutlich zu machen, dass sie in der offiziellen Zählung keinen Platz hat. Außerdem wurde der Begriff Systemzeit für die Jahre zwischen dem „Zweiten Reich“ und dem „Dritten Reich“ verwendet.
Verwendung in der Nazi-Zeit
Das NS-Regime benutzte den Begriff nur kurze Zeit. 1939 wies das Reichspropagandaministerium die reichsdeutsche Presse mehrfach an, den Begriff Drittes Reich zukünftig zu meiden, weil Gegner des nationalsozialistischen Regimes dessen Ewigkeitsanspruch mit dem Begriff Viertes Reich persifliert hatten. Wörtlich hieß es in der Begründung: „Die tiefgreifende Entwicklung, die seitdem stattgefunden hat, wird dieser historisch abgeleiteten Bezeichnung nicht mehr gerecht.“ Am 10. Juli 1939 wurde der Wunsch des Führers wiederholt, „den Begriff ‚Drittes Reich‘ nicht mehr zu verwenden.“
In der 29. Auflage der "Geflügelten Worte" von Büchmann aus dem Jahre 1943 heißt es dazu: „Es waren weniger die nationalen Kreise selbst als ihre Gegner, die das Wort häufiger, und zwar mit einem hämischen Unterton gebrauchten. Adolf Hitler und die N.S.D.A.P. haben ausdrücklich nie von sich behauptet, sie würden das Dritte Reich herbeiführen, auch amtlich ist nur selten davon gesprochen worden. Trotzdem spricht man volkstümlich im In- und Auslande bis heute von der Zeit seit der Machtergreifung (30. Januar 1933) nur vom Dritten Reich.“
Verwendung nach 1945
Nach 1945 setzte sich der Begriff weiter in der Umgangssprache und selbst unter Historikern durch, da mit ihm prägnant Bezug auf das Deutschland während der Zeit der NS-Diktatur genommen werden konnte, das selbst keine neue offizielle Staatsbezeichnung etablierte. Die nicht distanzierte Verwendung des Begriffs ist jedoch aufgrund seines Ursprungs umstritten.
Völkerrechtlicher Hintergrund
Völkerrechtlich stellte das „Dritte Reich“ kein neues Staatsgebilde dar, sondern setzte (wie auch die Weimarer Republik) das Deutsche Reich fort.
Weitere Selbstbezeichnungen
Die Nationalsozialisten adaptierten auch den Begriff „Tausendjähriges Reich“, um nach der wechselvollen deutschen Geschichte eine Zeit der Kontinuität (unter NS-Herrschaft) zu propagieren. Tatsächlich dauerte die Herrschaft der Nationalsozialisten zwölf Jahre.
Am 21. März 1943 verlangte das Reichspropagandaministerium von der Presse die Verwendung der generischen Bezeichnung das Reich analog zur Verwendung des Ausdrucks Empire im Britischen Imperium.
Nach dem Anschluss Österreichs 1938 wurde auch der Begriff „Großdeutsches Reich“ offiziell verwendet.
Literatur
- Jean Frederic Neurohr: Der Mythos vom Dritten Reich. Cotta (1957), ASIN B0000BLZ4H
- Burchard Brentjes: Der Mythos im dritten Reich. Drei Jahrtausende Traum von der Erlösung. Fackelträger, Hannover 1999, ISBN 3771621127
- Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus., Berlin 1998, ISBN 3-11-013379-2 (Seite 157–160)