Zum Inhalt springen

Raubgrabung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. Januar 2007 um 00:18 Uhr durch Marcus Cyron (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Raubgrabung bezeichnet man in der Archäologie Ausgrabungen, die durch nicht vom Staat autorisierte Personen durchgeführt werden. Ziel der illegalen Bodeneingriffe ist vornehmlich die Gewinnung sammelwürdiger und repräsentativer historischer Artefakte.

Geschichte der Raubgräberei

Raubgrabungen sind durchaus ein historisches Phänomen, denn Schatzsucher haben sich stets über Vorgaben des Gemeinwesens hinweggesetzt. In Rom z.B. sollten schon früh päpstliche Erlasse die antiken Kulturgüter schützen. Über diese Erlasse setzte man sich jedoch häufig hinweg. Stand auch bei den ersten wissenschaftlichen Ausgrabungen sicherlich die Gewinnung von Sammelgut im Vordergrund, so ging dies dennoch mit einer Dokumentation der Befundsituation oder wenigstens der Zusammenfunde einher. Ein frühes Beispiel für eine solche befundorientierte Ausgrabung gab z.B. Thomas Jefferson 1784 mit der Ausgrabung eines indianischen Mounds auf seinem Landsitz in Virginia. Er gilt eben deshalb als einer der Väter der modernen Archäologie. Erste Ansätze der modernen Archäologie erfolgten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Pompeji. Während der offizielle Grabungsleiter Rocque Joaquín de Alcubierre kaum mehr als ein staatlich sanktionierter Raubgräber war, führten sein Assistent Karl Weber und seine Nachfolger erste wissenschaftlich-methodische Ansätze ein. Dennoch brauchte es noch fast ein Jahrhundert, bis man Pompeji nicht mehr als „Steinbruch“ für Schätze und Artefakte betrachtete.

Besonders fatal ist bei Raubgrabungen nicht nur, dass wichtige Funde für die Allgemeinheit verloren gehen, sondern dass außerdem durch rücksichtslose Methoden für wertlos gehaltene Artefakte und Grabungsbefunde zerstört werden. Des weiteren gehen so gut wie immer Fundzusammenhänge verloren. Schmuckstücke, um nur ein Beispiel zu nennen, in einem vorgeschichtlichen Grab am Skelett gefunden, können wichtige Hinweise auf Tragesitte dieser Objekte liefern, ohne Fundzusammenhang lassen sich diese nicht mehr rekonstuieren. Bei manchen Objekten lässt sich die Echtheit zweifelsfrei nur durch die Fundumstände feststellen, da manche Werkstoffe noch nicht durch technische Untersuchungen datiert werden können. In Deutschland wirkt sich besonders die Verwendung von Metallsuchgeräten verheerend aus, durch deren Einsatz systematisch Metallgegenstände entfernt werden, die für alle metallzeitlichen Fundstellen, also ab der Bronzezeit, für die Datierung entscheidend sind (z.B. römische Münzen oder Fibeln). Viele deutsche Bodendenkmäler sind mittlerweile nahezu metallfrei und durch die illegalen Bodeneingriffe archäologisch weitgehend wertlos.

Besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit machte der durch eine Raubgrabung zu Tage gebrachte Fund der Himmelsscheibe von Nebra. Aktuell (Stand 2006) sind Raubgräber besonders aktiv im Irak, wo große archäologische Fundplätze zerstört werden, aber auch schon seit Jahrzehnten in Süd- und Mittelamerika, wo durch organisierte Raubgräber z.B. ganze Nekropolen in Trichterfelder verwandelt wurden und werden.

Siehe auch

Literatur

  • Daniel Graepler: Fundort unbekannt. Raubgrabungen zerstören das archäologische Erbe. Eine Dokumentation, Biering, München 1993
  • Peter Fasold, Dagmar Stutzinger (Hgg.): Raubgrabungen zerstören das archäologische Erbe. Begleitheft zur Ausstellung Fundort: Unbekannt - Raubgrabungen in Hessen, Wiesbaden 1995 (Archäologische Denkmäler in Hessen 127)
  • Hans Georg Niemeyer (Hg.): Archäologie, Raubgrabungen und Kunsthandel. Podiumsdiskussionen auf der 23. Mitgliederversammlung des Deutschen Archäologen-Verbandes in Münster, 26. Juni 1993, Hannover 1995 (Schriften des Deutschen Archäologen-Verbandes, 13)
  • Günther Stockinger: Plünderung vor der Haustür, Der Spiegel, Nr. 28, 10. Juli 2006, S. 108 - 110 [1], Fotostrecke
  • Jörg Häntzschel: Archäologie des Bulldozers. Sammler und Museen im Westen finanzieren die Zerstörung der antiken Welt. In: Süddeutsche Zeitung 202/59/2003, S. 13, Mittwoch, 3. September 2003
  • Stefan Koldehoff: „Museen vernichten die Geschichte unserer Erde“. In: Welt am Sonntag, Sonntag, 29. Januar 2006, Interview mit Met-Kurator Oscar W. Muscarella

Film

Allgemein
Deutschland
Italien
Irak