Reibung
Reibung ist eine physikalische Kraft, die einer Relativbewegung zwischen zwei einander berührenden Körpern entgegenwirkt.
Reibungskräfte werden zunächst praktisch beschrieben.

Beispiel: Ein Mensch sitzt auf einem Holzbrett auf dem Boden. Das Holzbrett soll seitlich gezogen werden:
- Eine senkrechte Kraft (Gewicht von Mensch und Holz) hat eine entsprechende maximale waagerechte Reibungs-Kraft, die den Klotz in seiner Position festhält („Haftreibung“). Diese Halte-Kraft wird ins Verhältnis gesetzt zur Gewichtskraft. Dieses Verhältnis nennt man „Reibungsbeiwert“ oder „Reibungskoeffizient“. Z. B. bedeutet "μ = 0,2", dass eine Gewichtskraft von 1000 N (Masse 100kg) eine Kraft von 200 N zum Ziehen erfordert. Bei weniger als 200 N seitlichem Zug bewegt sich das Holzbrett auf dem Fussboden nicht, aufgrund der Haftreibung. Geht nun der Klotz bei 200 N Zugkraft ins Gleiten über, so wird in aller Regel die Reibungskraft geringer, die zum Aufrechterhalten der Bewegung erforderlich ist: die Gleitreibung hat einen niedrigeren Reibungs-Koeffizienten als die Haftreibung. Jetzt genügen z.B. 150 N Zugkraft, damit das Brett samt Last (Mensch) in Bewegung bleibt: μ gleich 0,15.
Diese Verhältniszahlen oder Koeffizienten μ sind abhängig von den beiden Reibpartnern (Material), deren Oberflächenbeschaffenheiten (insbesondere Rauigkeit), Temperaturen, Feuchte, von eventuellen Stoffen zwischen den beiden Körpern (Schmierwirkung oder Reibungsverstärkung), etc.,
Meist nur in geringem Maße hängt die Reibung ab von der Grösse der Kontaktflächen, der Relativgeschwindigkeit und vom Druck, den die Reibungspartner aufeinander ausüben.
„Asphalt / Gummi“ ist eine bekannte Paarung bei Fahrzeugen. „Reibrad / Feuerstein“ ist eine andere Reibungspaarung. „Kurbelwelle / Gleitlager / mit Öl dazwischen“ ist z. B. in der Motorentechnik ein Reibungssystem.
Im weiteren Sinne erfahren auch bewegte Flüssigkeiten und Gase Reibungskräfte.
Reibung gehört zu den unzähligen physikalischen Begriffen, die metaphorisch auch in der Alltagssprache gebraucht werden (es hat eine Reiberei zwischen ihnen gegeben; die Verwaltungsabläufe bringen Reibungsverluste mit sich).
Das technische Fachgebiet im Maschinenbau, das sich wissenschaftlich mit der Schmierung verschiedener Maschinenelemente beschäftigt, deren Ziel die Verringerung der Reibung und damit die Minimierung von Verschleiß und von Energieverlust ist, bezeichnet man als Tribologie. Sie befasst sich u. a. mit der Schmierung von Lagern, Führungen, Getrieben und Motoren.
Überblick
Reibung hängt - wie oben erwähnt - von mehreren Parametern u. a. von den Materialeigenschaften der aneinander reibenden Körper ab; physikalische Aussagen über Reibung sind deshalb weniger allgemein und ungenauer, als man es von anderen physikalischen Gesetzmäßigkeiten gewohnt ist. Die Herleitung der Grundgesetze der Mechanik ist überhaupt nur möglich gewesen, indem man Reibung vernachlässigt hat.
Nichtsdestoweniger ist Reibung eine Grundtatsache unserer Welt: ohne Reibung könnte man sich weder die Schuhe zuknoten, noch Gegenstände mit Nägeln oder Schrauben befestigen oder mit dem Auto um eine Kurve fahren.
Aussagen zur Reibung können nie für einen Körper oder Stoff allein gemacht werden, dazu betrachtet die Tribologie immer ein sog. Tribosystem, bestehend aus Grundkörper, Gegenkörper, Zwischenstoff und Umgebungsmedium. Bei einem Kugellager ist die Lagerschale der Grundkörper, die Kugeln sind Gegenkörper, das Öl ist der Zwischenstoff und Luft ist das Umgebungsmedium. Es werden die Stoffeigenschaften der Medien, die Stoff- und Formeigenschaften der Körper und die Oberflächeneigenschaften der Körper betrachtet.
Grundlegend ist die Unterscheidung zwischen der Haftreibung und allen übrigen Formen der Reibung; es wird die Meinung vertreten, dass Haftreibung besser gar nicht Reibung genannt werden sollte. Mit Ausnahme der Haftreibung bewirkt jede Reibung Dissipation: sie bremst die Relativbewegung der beteiligten Körper, wandelt mechanische Energie in Wärme um und erzeugt dadurch Entropie. Reibung kann auch elektrische Spannung erzeugen (Reibungselektrizität).
Bei der Reibung zwischen Festkörperoberflächen unterscheidet man je nach Geometrie zwischen Gleitreibung, Rollreibung, Wälzreibung und Bohrreibung (siehe unten im Artikel). In der Technik verwendet man Schmierung, um die Reibung herabzusetzen; je nachdem, ob die gegeneinander bewegten Flächen durch einen vollständigen oder unvollständigen Flüssigkeitsfilm getrennt sind, kann Flüssigkeitsreibung oder Mischreibung vorliegen.
Wenn ein Schmierstofffilm, eine andere Flüssigkeit oder ein Gas (verallgemeinert: ein Fluid) an einer Festkörperoberfläche entlang strömt, wird diese Strömung durch Reibung behindert: das Fluid wird abgebremst, sofern die Strömung nicht durch eine Druckdifferenz aufrecht erhalten wird. Diese Reibung hängt weniger von der Beschaffenheit der Wand, als vielmehr vom Querschnitt der Strömung ab, denn die Dissipation ist nicht auf die Grenzfläche zwischen Fluid und Wand beschränkt, sondern erfolgt als innere Reibung (Rheologie) zwischen verschiedenen Schichten des Fluids, die je nach Nähe zur Wand unterschiedlich schnell strömen.
Ein relativ zu einem Fluid bewegter Körper erfährt diese Reibung als Strömungswiderstand (eigener Artikel; für Formeln und ausführlichere Information siehe dort). Er erfährt eine Kraft, die seiner Geschwindigkeit v entgegengerichtet ist und die bei laminarer Strömung (Stokesreibung) proportional zu v, bei turbulenter Strömung (Newtonreibung) proportional zu v2 ist. Ein Körper kann gleichzeitig Strömungswiderstand und Festkörperreibung erfahren: zum Energieverbrauch von Autos tragen sowohl die Luftverwirbelung als auch die Rollreibung der Reifen bei.
Durch Reibung entsteht Verschleiß. Es wirken die Verschleißmechanismen Adhäsion, Abrasion, Deformation und Triboxidation.
Reibung zwischen Festkörpern
Das Gleiten eines Festkörpers entlang einem anderen kann einerseits durch molekulare Anziehungskräfte (Adhäsion) der Kontaktflächen oder ihre mechanische Verklammerung (ähnlich dem Feilen) behindert werden.
Allgemeines
Coulombsche Reibung
Wenn die Relativgeschwindigkeit zwischen Körper 1 und Körper 2 am Kontaktpunkt ungleich Null ist, reiben die Körper an diesem Kontaktpunkt.
Für die auf Körper 1 wirkende Reibkraft gilt nach Coulomb
wobei die Normalkraft (senkrecht zur Berührebene am Kontaktpunkt) ist und als Reibbeiwert oder Reibungskoeffizient bezeichnet wird.
Für die auf Körper 2 wirkende Reibkraft gilt entsprechend
Die Modellierung der Reibung nach diesem Gesetz ist eine grobe Näherung, wird aber bei technischen Problemen häufig verwendet.
Während das Gesetz in der angegebenen Form nur auf Ebenen zutrifft, lässt es sich auf runde Körper verallgemeinern und führt dann zur Euler-Eytelwein-Formel.
Amontonssche Gesetze
Weiterhin gelten für die Reibung zwischen Festkörpern die zwei Amontonsschen Gesetze (benannt nach Guillaume Amontons, obwohl auch schon Leonardo da Vinci bekannt):
- Die Reibungskraft ist von der Ausdehnung der Reibfläche unabhängig.
- Die Reibungskraft ist der Normalkraft zwischen den Reibflächen (Presskraft) direkt proportional.
Haftreibung
Siehe auch Hauptartikel Haftreibung.
Rollreibung
Rollreibung (oder Rollwiderstand) entsteht, wenn ein Körper auf einer Unterlage rollt. Wenn die Haftreibung zwischen Körper und Unterlage größer ist als die Summe der übrigen im Auflagepunkt auf den Körper wirkenden Kräfte, dann rollt der Körper ohne Schlupf, und es wirkt auf ihn reine Rollreibung; bei Gleitschlupf kommen Gleitreibungsanteile dazu.
Näheres im Artikel Rollwiderstand.
Wälzreibung
Treten Gleit- und Rollreibung gleichzeitig auf, bezeichnet man diese Mischform als Wälzreibung. Die Gleitreibung bietet einen geringeren Widerstand als die Haftreibung, jedoch einen größeren als die Rollreibung. Es gilt also: "Rollreibung<Gleitreibung<Haftreibung".
Seilreibung
Wird ein Seil um einen runden Gegenstand geschlungen, wie beispielsweise einen Baum oder Poller, entsteht zwischen Seil und Gegenstand Reibung. Diese wird als Seilreibung bezeichnet.
Die Seilreibung kann mit der Euler-Eytelwein-Formel berechnet werden. Dazu wird der Reibungskoeffizient und der Umschlingungs-Winkel benötigt, nicht aber der Radius des runden Gegenstands.
Bohrreibung
Bohrreibung entsteht, wenn sich eine Kugel um die vertikale Achse auf einer horizontalen Ebene dreht. Sie ist - wenn die Drehgeschwindigkeit der Kugel konstant bleibt - ein Gleichgewichtszustand zwischen Reibungswiderstand und Drehmoment T.
Koeffizient der Bohrreibung :
- in cm
Reibung in der Schmierungstechnik
Festkörperreibung
Bei der Festkörperreibung berühren sich die aufeinander gleitenden Flächen. Dabei werden Oberflächenerhöhungen eingeebnet (Abrieb oder Verschleiß). Bei ungünstiger Werkstoffpaarung und großer Flächenpressung verschweißen die Oberflächen miteinander (Adhäsion). Festkörperreibung tritt beispielsweise auf, wenn kein Schmierstoff verwendet wird oder die Schmierung versagt.
Mischreibung
Die Mischreibung kann bei unzureichender Schmierung oder zu Beginn der Bewegung zweier Reibpartner mit Schmierung auftreten. Dabei berühren sich die Gleitflächen punktuell. Die Reibungskraft ist geringer als sowohl bei Festkörper- als auch Flüssigkeitsreibung. Der Verschleiß ist jedoch höher, als bei reiner Flüssigkeitsreibung. Dieser Zustand ist daher im Dauerbetrieb stets unerwünscht, ist aber manchmal unvermeidlich oder seine Vermeidung ist so aufwändig, dass die Kosten für Verschleißreparaturen in Kauf genommen werden.
Flüssigkeitsreibung
Die Flüssigkeitsreibung tritt dann auf, wenn sich zwischen den Gleitflächen ein permanenter Schmierfilm bildet. Typische Schmierstoffe sind Öle, Wasser aber auch Gase (siehe Luftlager). Die Gleitflächen sind vollständig voneinander getrennt. Die entstehende Reibung beruht darauf, dass die Schmierstoffmoleküle aufeinander gleiten. Damit diese Scherkräfte nur zu einer tragbaren Temperaturerhöhung des Schmierstoffes führen, muss die entstehende Wärme auf geeignete Weise abgeführt werden.
Flüssigkeitsreibung ist der gewünschte Zustand in Lagern und Führungen, wenn Dauerhaltbarkeit, hohe Gleitgeschwindigkeit und hohe Belastung benötigt werden.
Der Übergang von der Mischreibung zur Flüssigkeitsreibung wird durch die Stribeck-Kurve dargestellt. Die Flüssigkeitsreibung ist bei laminarer Strömung proportional zur Geschwindigkeit v, bei turbulenter Strömung proportional zu v2.
Innere Reibung
Innere Reibung ist ein Energieverzehr bei Bewegung der Atome bzw. Moleküle eines Stoffes gegeneinander, zum Beispiel bei Strömungen innerhalb eines Öles. Es können äußere Kräfte wie die Schwerkraft auf jedes Flüssigkeitsteilchen wirken und Druckdifferenzen können Beschleunigungen hervorrufen. Innere Reibung bewirkt die Zähigkeit von Materialien bzw. die Viskosität in Flüssigkeiten. Für jedes Flüssigkeitsteilchen müssen sich die äußeren Kräfte, die Druckkräfte, die Reibungskräfte und die Trägheitskräfte das Gleichgewicht halten, wenn das Tribosystem nicht beschleunigt wird.
Die innere Reibung ist mit den Mitteln der statistischen Physik einer ganz anderen und ungleich präziseren Beschreibung zugänglich, als die Reibung zwischen unsauberen Festkörperoberflächen. Anders als in der Mechanik, in der Reibung so lange wie möglich vernachlässigt wird, ist innere Reibung in der Standardtheorie der Hydrodynamik – den Navier-Stokes-Gleichungen – fest enthalten.
Die Rheologie befasst sich mit Reibung in komplexen Flüssigkeiten, zum Beispiel Polymeren und Dispersionen, zu deren Beschreibung die linearen Navier-Stokes-Gleichungen nicht ausreichen. Nichtlinear ist auch die Reibung, die bei Verformung in Festkörpern auftritt.
Auch zur Beschreibung von umformtechnischen Prozessen werden Stoffgesetze verwendet, die die innere Reibung berücksichtigen. Diese Stoffgesetze werden in der Plastomechanik verwendet.
Gasreibung
Bei der Gasreibung handelt es sich beispielsweise um den Luftwiderstand eines Fahrzeuges. Gasreibung wird in einigen Fällen speziell genutzt:
- Fallschirme, damit aus dem freien Fall ein kontrolliertes Sinken wird
- Luftbremsen am Flugzeug, um den Abriss der Strömung zu erzwingen
- Drosseln in Gasleitungen zur Begrenzung der Durchflussmenge
- Erzeugen von Verdichtungswärme, z. B. zur Selbstzündung in Dieselmotoren und Turbinen (untergeordneter Effekt, da die Temperaturerhöhung bei Verdichtung durch Verringerung der Wärmekapazität des Gases entsteht.)
Die Gasreibung ist annähernd proportional zum Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit v des Gases.
Siehe auch
Literatur
- Gerd Fleischer (Hsg.): Grundlagen zu Reibung und Verschleiß. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1983