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Schmelzsicherung

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Eine elektrische Sicherung, auch Schmelzsicherung, ist eine Überstromschutzeinrichtung, die einen Stromkreis bei zu hoher Stromstärke durch die thermische Wirkung des Stroms unterbricht und dadurch selbst zerstört wird.

Umgangssprachlich werden auch Leitungsschutzschalter und als Schutzelement verwendete Kaltleiter und Temperaturschalter als Sicherung bezeichnet.

Aufbau

Sicherungen bestehen aus einem isolierenden Körper, der zwei durch einen Schmelzleiter verbundene Kontakte aufnimmt. Der Schmelzleiter wird durch den ihn durchfließenden Strom erwärmt und schmilzt, wenn der Bemessungsstrom der Sicherung deutlich überschritten wird. In diesem Fall wird die Sicherung unbrauchbar und muss durch eine neue ersetzt werden.

Der Schmelzleiter, in der Regel aus Elektrolytkupfer (E-CU) oder Feinsilber (Ag 1000/1000) hergestellt, ist von Luft oder Quarzsand als Lichtbogenlöschmittel umgeben. Quarzsand ist erforderlich, um den Lichtbogen zu löschen, der beim Unterbrechen eines definierten Überstromes entsteht. Der Schmelzleiter durchläuft während seiner Funktion die drei Aggregatzustände (fest, flüssig, gasförmig). Im gasförmigen Zustand des Schmelzleiters, dem Plasma, erfolgt die Stromführung über diesen Lichtbogen. Dabei schlägt sich der Metalldampf des Schmelzleiters auf der Oberfläche der Quarzsand-Körner nieder und kühlt dadurch den Lichtbogen stark ab. Die Folge davon ist, dass der Widerstand im Inneren des Sicherungseinsatzes so groß wird, dass die Höhe der wiederkehrenden Spannung nicht ausreicht, den Stromfluss erneut herzustellen. Der Lichtbogen verlischt, und die zu schützende Leitung ist damit von der versorgenden Stromquelle getrennt.

Die korrekte Funktion der Lichtbogenlöschung ist im Wesentlichen abhängig von der Körnung, der Reinheit und der Packungsdichte des verwendeten Quarzsandes. Das Löschmittel muss absolut frei von organischen Verbindungen sein. Die dem Quarzsand vom Vorkommen her oft beigemischten Bestandteile von Feldspat müssen strikt entfernt werden, da Feldspat den Glasfluss des Sandes fördert. Die oft gehörte Behauptung, der Quarzsand würde unter der Einwirkung der Lichtbogentemperatur einen Glasfluss erzeugen und dadurch die Lichtbogenlöschung einleiten, ist absolut falsch. Glasfluss im Inneren eines Sicherungseinsatzes darf nicht eintreten. Bekanntermaßen wird Glas im rotwarmen Zustand elektrisch leitend. Dadurch stellt sich der gegenteilige Effekt dessen ein, was man erreichen will, nämlich dass im Inneren des Sicherungseinsatzes ein sehr hoher Widerstand sich einstellt, der ein erneutes Fließen des Stromes verhindert. Sicherungseinsätze werden in entsprechenden Sockeln eingesetzt. Auf Leiterplatten wird teilweise auf Sockel verzichtet und Sicherungen durch Löten befestigt.

Bauformen

Schraubsicherung

Datei:Sicherung 1.png
Schraubsicherung mit Gehäuse

Eine Schraubsicherung (D-Sicherung) besteht aus den Teilen: Sicherungsunterteil, Passelement, Schraubkappe, Betriebszustandsanzeiger (Kennmelder) und Sicherungseinsatz. Der Sicherungseinsatz ist der reaktive Teil einer Sicherung. Der wesentliche Unterschied bei D-Sicherungen ist neben ihren Dimensionen die Nennspannung. Während Dz-Sicherungen für eine Bemessungsspannung von 500 V Gleich- und Wechselspannung vorgesehen sind, ist das D0-System nur bis zu einer Bemessungsspannung von 400 V Wechselspannung bestimmt.

Schraubsicherungen der Betriebsklasse gL werden heute in der Regel eingesetzt, um Leitungen zu Verteilern zu schützen (Leitungsschutzsicherungen). Vereinzelt werden sie auch noch in Verbindung mit Motorschutzschaltern zum Schutz von Motoren eingesetzt, wenn Maschinen mit besonders hohem Einschaltstrom betrieben werden.

Schraubsicherungen besitzen an ihrem Fußkontakt nennstromabhängige, unterschiedliche Durchmesser. Je höher die Nennstromstärke ist, desto größer ist der Durchmesser. Im Sicherungsunterteil befindet sich ein entsprechendes Passelement (in der Skizze [PE]), das verhindern soll, dass Sicherungen mit höherem Bemessungsstrom, als vorgesehen, eingesetzt werden. Als besonders Merkmal für D-Sicherungen gilt, dass es von Laien bedient werden darf.

In der Mitte des Kopfkontakts des Sicherungseinsatzes befindet sich ein farbiges Plättchen aus Aluminium, der Kennmelder (in der Skizze [KM]). Er ist mit einer Feder unterlegt und wird von einem Draht mit hohem Widerstand gehalten, der am Fußkontakt des Sicherungseinsatzes befestigt ist. Nach Abschmelzen des Schmelzleiters schmilzt auch der Haltedraht des Kennmelders, worauf der Kennmelder ausgeworfen wird. Durch ein Fenster in der Schraubkappe kann man dann erkennen, dass diese Sicherung den Stromkreis unterbrochen hat.

Kennmelder und Passeinsätze sind abhängig vom Bemessungsstrom farblich gekennzeichnet:

2 A 4 A 6 A 10 A 13 A 16 A 20 A 25 A 32 A 35 A 40 A 50 A 63 A 80 A 100 A
rosa braun grün rot schwarz grau blau gelb schwarz schwarz schwarz weiß kupfer silber rot

Als Faustregel für Sicherungen mit dem Reaktionsverhalten gl-Gg (der Standardtyp) gilt: Bei fünffacher Überschreitung des Bemessungsstromes reagiert die Sicherung innerhalb von 5 Sekunden, bei zehnfacher Überschreitung beträgt die Reaktionszeit 0,2 Sekunden.

Schraubsicherungen werden in zwei verschiedenen Bauformen hergestellt:

D-System (DIAZED)

Sicherungen der Bauform DIAZED (von diametral abgestufte zweiteilige Edison-Gewinde-Patrone) werden in fünf Baugrößen unterteilt. Die Bezeichnung einer Baugröße setzt sich aus dem Buchstaben D und einer römischen Ziffer zusammen.

Größe Bemessungsstrom Gewinde
D I 2 A, 4 A, 6 A, 10 A, 16 A E 16
D II 6 A, 10 A, 16 A, 20 A, 25 A E 27
D III 35 A, 50 A, 63 A E 33
D IV 80 A, 100 A R 11/4 Zoll
D V 125 A, 160 A, 200 A R 2 Zoll

Die Baugrößen D IV und D V werden selten verwendet. D III kam früher häufig in Hausanschlusskästen zum Einsatz.

NEOZED-Sicherungseinsätze
Neozed-Sicherungsblock für Dreiphasenwechelstrom

D0-System (NEOZED)

Sicherungen des Systems D0 (sprich D Null) oder NEOZED sind kleiner als DIAZED-Sicherungen und haben eine kleinere Verlustleistung, erwärmen sich also weniger. Werden sie aber in längeren Zeiträumen knapp an der Nennstromstärke genutzt, so werden sie sehr warm und können die Wärme aufgrund der geringen Grundfläche schlecht abgeben. Dies kann Schäden und Verbrennungen am Sicherungsblock hervorrufen. Sie werden in drei Baugrößen unterteilt. Die Bezeichnung einer Baugröße setzt sich aus dem Buchstaben D, der Ziffer 0 und einer weiteren arabischen Ziffer zusammen.

Größe Bemessungsstrom Gewinde
D01 2 A, 4 A, 6 A, 10 A, 16 A E 14
D02 20 A, 25 A, 32 A, 35 A, 40 A, 50 A, 63 A E 18
D03 80 A, 100 A M 30 x 2

Die Bauform D03 wird sehr selten verwendet, weil sich bei diesen hohen Bemessungsströmen NH-Sicherungen als zuverlässiger erwiesen haben.

NH-Sicherung

NH-Sicherung, 250 A
Datei:Nh-sicherung.jpg
zerlegte NH-Sicherung, 200 A

Niederspannungs-Hochleistungs-Sicherungen, kurz NH-Sicherungen, sind auch unter den Namen Messersicherung, Schwertsicherung und Panzersicherung bekannt. Sie haben ein größeres Volumen als Schraubsicherungen und massive Kontaktmesser an beiden Enden. Daher können sie größere Ströme führen und trennen.

NH-Sicherungen werden im Hausanschlusskasten von Einfamilienhäusern für den Anschluss ans Stromnetz, vergleichbare und alle höheren Leistungen bei Niederspannung verwendet.

NH-Sicherungseinsätze sind zur Handhabung mit Grifflaschen ausgestattet, die spannungsführend (sfü) oder spannungsfrei (SGL) ausgeführt sein können. Um die Sicherungseinsätze einpolig in ein Sicherungsunterteil einzusetzen oder aus diesem herauszuziehen, ist ein Sicherungsausziehgriff notwendig. Sogenannte NH-Trenner sind Sockel mit einem Klappdeckel, der die Grifflaschen aufnimmt und den Sicherungshaltegriff ersetzt. Diese Trenner gibt es in zwei Bauformen:

Die dreipolig schaltende Ausführung, bei der alle drei Sicherungselemente horizontal in einem Klappeinsatz untergebracht werden, und die einpolig schaltende Ausführung, die in modernen Trafostationen sehr verbreitet ist. Hier befinden sich für die drei Phasen horizontal übereinander drei einzelne Klappeinsätze.

NH-Sicherungseinsätze dürfen nur von einer Fachkraft mit geeignetem Werkzeug (Ausziehgriff) und notwendiger Schutzausrüstung (in der Regel Helm mit Gesichtsschutz, Isolierschutzmatte und isolierende Handschuhe) ausgetauscht werden. Die Stromkreise, die bearbeitet werden sollen, müssen vor Beginn der Arbeiten freigeschaltet, d.h. spannungsfrei gemacht werden. Beim Ziehen eines Sicherungseinsatzes in einer Verteilung kann unter Umständen durch Berühren eines nicht freigeschalteten Nachbarstromkreises einen Querkurzschlusses mit Zünden eines Lichtbogens erfolgen. Dadurch kann sehr heißes, flüssiges Kontaktmetall verspritzt werden. Das kann schwere bis tödliche Verletzungen zur Folge haben.

Größe Bemessungsstrom
C 00 6 A bis 100 A
00 6 A bis 160 A
1 63 A bis 250 A
2 125 A bis 400 A
3 315 A bis 630 A
4 500 A bis 1250 A

HH-Sicherung

Ältere Hochspannungssicherung für 20-kV-Netze

Hochspannungs-Hochleistungs-Sicherungen, kurz HH-Sicherungen, sind selbstständig schaltende Schutzgeräte im Spannungsbereich bis 36 kV. Sie werden in Netzen der Energieversorgung und -verteilung verwendet, um die Auswirkungen von Überströmen (Kurzschlüssen) zu begrenzen. Die häufigste Anwendung findet sie in Transformatorstromkreisen, weitere Verwendungen sind in Motorstromkreisen und Kondensatorbänken.

Kommt es zu einem Kurzschluss, schmilzt der (oder die) im Innern der Sicherung befindliche(n) Schmelzleiter und unterbricht dadurch den Fehlerstrom. Meist sind die Sicherungen mit einem Anzeigesystem, dem Schlagstift ausgerüstet. Dieser Schlagstift wirkt auf eine Auslösemechanik in einem ggf. vorhandenen Lastschalter, welcher dann den fehlerhaften Stromkreis 3polig abschaltet.

„Hochleistungssicherung“ bedeutet, dass diese Sicherungen Ströme von mehreren tausend Ampere abschalten können, da sie strombegrenzend wirken. Manche Hersteller haben ihre Sicherungen bis 63 kA geprüft.

Ein typisches Typenspektrum ist:

  • 3–7,2 kV mit Nennströmen bis 500 A;
  • 6–12 kV mit Nennströmen bis 355 A;
  • 10–24 kV mit Nennströmen bis 200 A sowie
  • 20–36 kV mit Nennströmen bis 100 A.

Zum Schutz von Mittelspannungs-Transformatoren und -Leitungen werden bei größeren Nennströmen Netzschutzgeräte eingesetzt.

Die Abmessungen sind in DIN 43625 festgelegt, deshalb wird weltweit auch von der "DIN-Fuse" gesprochen. IEC 60282-1 bzw. die deutsche Übersetzung VDE 0670 Teil 4 sind die relevanten Normen, in denen die elektrischen Parameter und die Typenprüfung beschrieben sind. Das Zusammenspiel von Lastschaltern und Sicherungen ist in der IEC 62271-105 (entspricht VDE 0671-Teil 105) geregelt. Für die Zuordnung von Sicherung und Transformator ist auf deutscher Ebene die VDE 0670 Teil 402 maßgebend.

G-Sicherungen (Gerätesicherungen, Feinsicherungen)

Feinsicherung 5 x 20 mm

G-Sicherungen bestehen aus einem kleinen Glas- oder Keramikrohr mit Metallkappen an beiden Enden, zwischen denen sich der Schmelzleiter befindet. Dieser Schmelzdraht ist freiliegend oder in Quarzsand eingebettet. Sie werden oft auch als Flimmrohrsicherungen oder Glasrohrsicherungen bezeichnet.

Einsatzgebiet: Geräteschutz und Kfz-Elektrik.

Auf den Metallkontakten ist neben der Nennstromstärke und der maximalen Spannung auch eingeprägt, wie schnell die Sicherung auf Überstrom reagiert:

Prägung Übersetzung (Deutsch) Beschreibung (Englisch)
FF sehr flink very fast acting
F flink fast acting
M mittelträge medium time lag
T träge time lag
TT sehr träge long time lag

Kenngrößen für Geräteschutzsicherungen sind Nennstrom und Nennspannung, Abschaltverhalten und Abschaltvermögen. Das Abschaltverhalten ist durch Kennlinien festgelegt und unterscheidet flinke, mittelträge und träge Sicherungen. Beim 10-fachen Nennstrom schalten ab:

  • flinke Sicherungen in weniger als 20  ms
  • mittelträge Sicherungen zwischen 5 und 90 ms
  • träge Sicherungen zwischen 10 und 300 ms

G-Sicherungen werden für Nennstromstärken von 0,032 ... 20 A eingesetzt.

Es gibt diese Sicherungen in verschiedenen Längen und Durchmessern. In Europa am gebräuchlichsten ist das Format 5 x 20 mm, in den USA ¼ × 1¼ Zoll, das entspricht in etwa 6,3 × 32 mm.

Standard-Flachsicherungen

Flachstecksicherung

Die Flachstecksicherung wird hauptsächlich in aktuellen Personenkraftwagen und Motorrädern verwendet. Gängige Ausführungen sind Standard-Flachsicherung und Mini-Flachsicherung.

Die Bemessungsstromstärke von Flachstecksicherungen wird durch die Farbe ihres Kunststoffkörpers gekennzeichnet. Folgende Übersicht zeigt die Farbcodierung:

1 A 2 A 3 A 4 A 5 A 7,5 A 10 A 15 A 20 A 25 A 30 A 35 A 40 A
schwarz grau violett rosa hellbraun braun rot hellblau gelb weiß/farblos hellgrün blaugrün orange

Sicherheit

Eine "durchgebrannte" Sicherung kann nicht repariert oder "geflickt" werden. Sie darf auf keinen Fall überbrückt werden. Dadurch würde nicht nur der Schutz von Leitungen und Geräten außer Kraft gesetzt, sondern auch ein Brand wahrscheinlich, durch den Lebensgefahr besteht. Versicherungen lehnen in diesem Fall die Zahlung aller daraus folgenden Schäden ab.

Begriffsdefinition für Niederspannungssicherungen

Eine Niederspannungssicherung ist laut EN 60269 ein, Zitat: Gerät, das durch das Abschmelzen eines oder mehrerer seiner besonders ausgelegten und bemessenen Bauteile den Stromkreis, in dem es eingesetzt ist, durch Unterbrechen des Stromkreises öffnet, wenn dieser einen bestimmten Wert während einer ausreichenden Zeit überschreitet.

Siehe auch

Literatur

  • Niederspannungssicherungen - Teil 1: Allgemeine Anforderungen. DIN EN 60269-1:2005-11. VDE Verlag, Berlin 2005.
  • Geräteschutzsicherungen - Teil 1: Begriffe für Geräteschutzsicherungen und allgemeine Anforderungen an G-Sicherungseinsätze. DIN EN 60127-1:2003-08. VDE Verlag, Berlin 2003.
  • Hochspannungssicherungen - Teil 1: Strombegrenzende Sicherungen. DIN EN 60282-1:2004-03. VDE Verlag, Berlin 2004.
  • Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V - Schutz von Kabeln und Leitungen bei Überstrom. DIN VDE 0100-430:1991-11. VDE Verlag, Berlin 1991.