Zum Inhalt springen

Hans Henny Jahnn

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. September 2004 um 14:36 Uhr durch 80.141.31.70 (Diskussion) (Prosa). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Hans Henny Jahnn (* 17. Dezember 1894 in Stellingen/heute Teil Hamburgs; † 29. November 1959 in Hamburg) war ein deutscher Schriftsteller, bedeutender Orgelbauer, Musikverleger (er pflegte insbesondere die Werke Dietrich Buxtehudes und Carlo Gesualdos), Hormonforscher, Pferdezüchter und Landwirt.

Biographie

Der Sohn eines Schiffbauers emigrierte 1915 nach seinem Schulabschluss nach Norwegen, da er als überzeugter Pazifist dem 1. Weltkrieg entgehen wollte. Nach seiner Rückkehr nach Hamburg 1918 versucht er 1919 gemeinsam mit seinem Lebensgefährten Gottlieb Friedrich Harms eine quasi-religiöse Agrarkommune namens UGRINO zu gründen, die Pläne scheitern allerdings. Im gleichen Jahr veröffentlicht er sein erstes Drama, Pastor Ephraim Magnus, für das er 1920 mit dem in der Weimarer Republik renommierten Kleist-Preis ausgezeichnet wird. Von 1922 bis zum Verlust seines Amtes 1933 bestritt Jahnn seinen Lebensunterhalt hauptsächlich als amtlicher Orgelsachverständiger und Orgelbauer und verfasste parallel dazu sowohl den größten Teil seines dramatischen Werkes als auch den (unvollendet gebliebenen) Roman Perrudja.

Obwohl sein Verhältnis zum Nationalsozialismus von Ambivalenz auf Gegenseitigkeit geprägt war (er war u.a. Mitglied der Reichsschrifttumskammer, konnte ungestört veröffentlichen und blieb von den Nationalsozialisten unbehelligt), emigrierte er 1933 in die Schweiz und erwarb 1934 den Bauernhof Bondegaard auf Bornholm in Dänemark, den er bis 1950 bewirtschaftete. Auf Bornholm verfasste er auch den größten Teil seines Hauptwerkes Fluß ohne Ufer, einer gewaltigen Trilogie von über 2000 Seiten, deren letzten Band Epilog er nicht abschloss. 1950 kehrte er zurück nach Hamburg und setzte sich vor allem gegen die Entwicklung von Atombomben und die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik ein. 1956 reiste er nach Moskau, 1959 verstarb er in Hamburg an einem Herzinfarkt. Sein letzter, wiederum unvollendeter Roman Jeden ereilt es erschien erst posthum 1968, die Erzählung Die Nacht aus Blei, ein Auszug daraus, erschien schon im Jahr 1956.

Im Zentrum von Jahnns Werk steht durchgehend die existentielle Angst vor dem Dasein, die dem Menschen unauflöslich bleibt und nur vom Eros und der Liebe konterkariert werden kann. Der Verlust von Liebe und Sexualität ist daher immer ein tragischer Sturz in fundamentale Qualen über die reine Trauer hinaus. Diesen Pessimismus ergänzt Jahnn durch eine antichristliche, fast heidnische Ästhetik, welche sich gegen die Zivilisation zugunsten eines archaischen Mythos erhebt.

Mit seinem Werk ist Jahnn eine singuläre Erscheinung in der deutschen Literatur und lässt sich keiner Bewegung zuordnen. Die spätexpressionistischen Elemente in seinem Frühwerk überwand er schnell zugunsten eines originären Stil in der Art eines "magischen Realismus".

Werke

Prosa

  • Perrudja, Roman, 1929, (unvollendet)
  • Fluß ohne Ufer, Romantrilogie, 1949-1951, (unvollendet)
  • Dreizehn nicht geheure Geschichten, Erzählungen, 1954
  • Die Nacht aus Blei, Erzählung, 1956
  • Jeden ereilt es, Roman, 1968, (unvollendet)
  • Ugrino und Igrabanien, Romanfragment, aus dem Nachlass veröffentlicht, 1968

Dramen

  • Pastor Ephraim Magnus, 1919
  • Die Krönung Richards III., 1921
  • Der Arzt, sein Weib, sein Sohn, 1922
  • Der gestohlene Gott, 1924
  • Medea (Tragödie), 1926, 2. Fassung 1959
  • Neuer Lübecker Totentanz, 1931
  • Straßenecke, 1931
  • Armut, Reichtum, Mensch und Tier, 1933, 2. Fassung 1948
  • Spur des dunklen Engels, 1952
  • Thomas Chatterton (Tragödie), 1955
  • Die Trümmer des Gewissens, 1961

Sonstiges