Cyclophosphamid
Steckbrief Cyclophosphamid | |||||
Strukturformel | |||||
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Cyclophosphamid Struktur | |||||
Allgemeine Informationen | |||||
Name (INN) | Cyclophosphamid | ||||
Andere Namen | CYC, CPM, CPA, CTX, CYT | ||||
Hauptgruppe | Zytostatikum | ||||
1. Untergruppe | Alkylantien | ||||
2. Untergruppe | Stickstoff-Lost Derivat | ||||
3. Untergruppe | Oxazaphosphorin | ||||
Handelsname(n) | Deutschland | Endoxan® | |||
USA | Cytoxan®, Procytox®, Neosyn® | ||||
EU (EMEA) | Endoxan® Cytoxan® | ||||
Hersteller | diverse (Baxter, BristolMyersSquibb u. a.) | ||||
Chemische Informationen | |||||
Name IUPAC | N,N-bis(2-chloroethyl)-1,3,2-oxazaphosphinan-2-amine 2-oxid | ||||
Summenformel | C7H15Cl2N2O2P | ||||
Molmasse | 279,1 g/mol | Schmelzpunkt | - °C | ||
Siedepunkt | - °C | Gasübergang | - °C | ||
Aggregatzustand | - | ||||
Löslichkeit | Wasser | gut löslich | |||
Ethanol | gut löslich | ||||
Kochsalz-Lösung | gut löslich | ||||
Datenbankrefenzen (Codes & IDs) | |||||
CAS-Nummer | 50-18-0 | ATC | L01AA01 | ||
PubChem | 2907 (Compound) 148529 (Substance) |
ChemBank | - | ||
Rote Liste 2006 | - | - | |||
Pharmakologische Informationen | |||||
Verabreichungsart | peroral (p.o.); intravenös (i.v.) | ||||
Bioverfügbarkeit | >75% nach peroraler Gabe. Eliminationshalbwertzeit 3-12 Stunden. | ||||
Metabolismus | Hepatische Aktivierung zu 4-OH-Cyclophosphamid. Abbau durch Aldehyddehydrogenase (lokal) zu Carboxyphosphamid. | ||||
Wechselwirkungen | Phenobarbital | Leukopenie ![]() | |||
Succinylcholin | Succinylcholin-Wirkung ![]() | ||||
Ausscheidung | Urin: unverändert 5-25%, Metabolite 75-95%. | ||||
Inkompatibilität | |||||
Klinische Informationen | |||||
Indikation(en) | Krebserkrankungen | Akute lymphoblastische Leukämie, Ewing-Sarkom, Mammakarzinom, Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin Lymphom inkl. Burkitt-Lymphom, Mycosis fungoides, Neuroblastom, Osteosarkom, Weichteilsarkome inkl. Rhabdomyosarkom, Ovarialkarzinom, Retinoblastom | |||
Autoimmunerkrankungen | Nephrotisches Syndrom (therapieresistent, Kinder), Multiple Sklerose (keine Zulassung), Systemischer Lupus Erythematodes, Systemische Sklerose | ||||
Stammzelltransplantation | Konditionierungschemotherapie. | ||||
Nebenwirkungen | Übelkeit, Erbrechen. Leukopenie. Anämie. Thrombopenie. Appetitlosigkeit. Infektionen. Hämorrhagische Zystitis. Nierenschädigung. Sterilität. Amenorrhoe. Azoospermie. Kardiotoxizität (hohe Dosis). Infektionen. Wundheilungsstörung. | ||||
Kontraindikation(en) | Schwangerschaft. Stillzeit. Impfungen (Lebendimpfstoffe). | ||||
Sicherheitshinweise | |||||
Gefahrensymbole | - | ||||
Karzinogen. Mutagen. Embryotoxisch. | |||||
R- und S-Sätze | R-Sätze | - | |||
S-Sätze | - | ||||
MAK | - | ||||
Zulassungsstatus | |||||
Deutschland | USA | EU | |||
Zulassungsdatum | --.--.---- | 16.11.1959 | --.--.---- | ||
Status | Apothekenpflichtig. Rezeptpflichtig. |
Cyclophosphamid (Handelsname Endoxan®) gehört zu der Gruppe der Stickstoff-Lost-Verbindungen mit alkylierender Wirkung. Außer für die Krebstherapie wird es auch zur Behandlung besonders schwer verlaufender Multiple Sklerose sowie zur immunsuppressiven Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie Systemischer Lupus Erythematodes (SLE) eingesetzt. Da Cyclophosphamid erst nach einer Aktivierung in der Leber zytotoxisch wirkt, ist es ein Prodrug.
Entwicklung & Zulassungsstatus
Für Multiple Sklerose liegt derzeit keine Zulassung vor.
Pharmakologie
Cyclophosphamid an sich ist eine nicht-zytostatisch wirksame Substanz. Bei Aufnahme in den Körper und Passage mittels Blutkreislaufes durch die Leber wird es in dieser aktiviert. Durch Enzyme des Cytochrom P450-Systems wird Cyclophosphamid durch Hydroxylierung zu 4-Hydroxycyclophosphamid (4-OH-Cyclophosphamid). 4-OH Cyclophosphamid liegt mit dem Tautomer Aldophosphamid in einem Gleichgewicht vor. Aldophosphamid spaltet spontan Acrolein ab und wird zu Phosphoramid-Mustard. Das Phosphoramid-Mustard ist ein aktives bifunktionales Alkylans und ein Zwitterion bei physiologischem pH (7,4): Die Form Phosphoramid-Mustard gelangt nur schwerlich über die Zellmembran in Zellen, die Form 4-OH-Cyclophosphamid-Aldophosphamid gelangt recht leicht durch die Zellmembran in die Zellen. 4-OH-Cyclophosphamid-Aldophosphamid dient somit als Transportmittel von Phosphoramid-Mustard in die Zellen; letzteres ist deutlich zytotoxischer als 4-OH-Cyclophosphamid-Aldophosphamid. Analog der Substanz Mechlorethamin bewirkt Phosphoramid-Mustard in Zellen Vernetzungsverbindungen (cross links) zwischen den einzelnen DNA-Strängen.
Aldehyddehydrogenasen bauen 4-OH-Cyclophosphamid ab, in dem sie es zu Carboxyphosphamid oxidieren. Zellen, die reich an Aldehyddehyrogenasen sind wie beispielsweise frühe hämatopoietische Stammzellen und Megakaryozyten wie auch Stammzellen in den Schleimhäuten sind gegenüber den toxischen Wirkungen von 4-OH-Cyclophosphamid und Phosphoramid-Mustard unempfindlicher als Zellen ohne reichliche Ausstattung mit Aldehyddehydrogenasen. Dieser Unterschied in der Metabolisierungsfähigkeit erklärt die relativ kurze Dauer der Knochenmarktoxizität mit Anämie, Thrombopenie und Leukopenie. Sie erklärt auch die im Vergleich zu anderen alkylierenden Substanzen geringere Schleimhauttoxizität (Mukositis).
Wirksamkeit
Krebserkrankungen
Cyclophosphamid wird bei einer Reihe von bösartigen Erkrankungen (Krebserkrankungen) als Zytostatikum eingesetzt. Zumeist erfolgt der Einsatz in Kombination mit anderen Zytostatika.
Erwachsene
- Mammakarzinom - CMF-Schema (Cyclophosphamid, Methotrexat, 5-Fluorouracil)
- Weichteilsarkome
- Hodgkin-Lymphom
- Non-Hodgkin-Lymphom
- Ewing-Sarkom
- Konditionierungsbehandlung vor Stammzelltransplantation
- Mobilisierung von Stammzellen zur Stammzellapherese
Kinder und Jugendliche
- Weichteilsarkome wie Rhabdomyosarkom, Leiomyosarkom
- Akute lymphoblastische Leukämie - in Kombination mit Cytarabin oder Methotrexat und Asparaginase
- Hodgkin-Lymphom
- Non-Hodgkin-Lymphom
- Neuroblastom
- Retinoblastom
- Ewing-Sarkom
- Konditionierungsbehandlung vor Stammzelltransplantation
- Mobilisierung von Stammzellen zur Stammzellapherese
Multiple Sklerose
Für die Behandlung der Multiple Sklerose steht leider keine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie zur Verfügung. In den vorliegenden Untersuchungen konnte aber eine Reduzierung der Progression beobachtet werden. Dabei waren Auffrischinfusionen besser wirksam als eine einmalige Induktionstherapie.
Wirkmechanismus
Cyclophosphamid führt zu Einzel- und Doppelstrangbrüchen in sich schnell teilenden Zellen. Daraus resultierend finden sich im Blut von behandelten Patienten mehr CD8-Supressorzellen und weniger CD4-Helferzellen.
Nebenwirkungen
Es kommt häufig zu einer verminderten Leukozytenzahl (Dosislimitierende Knochenmarkdepression), Übelkeit, Haarausfall. Besonders bei hohen kumulierten Dosen ist das Krebsrisiko, speziell für Leukämie und Blasentumore erhöht.
Außerdem kann es im Rahmen einer Chemotherapie mit Cyclophosphamid zu einer hämorrhagischen Zystitis kommen. Dagegen wird eine protektive Substanz parallel zur Cyclophosphamid Gabe verabreicht: MESNA (Mercapto-ethansulfonat-Natrium).
Impfungen mit Totimpfstoffen sind unter Cyclophosphamid-Behandlung aufgrund dessen immunsuppressiver und zytostatischer Wirkung nicht wirksam.
Gegenanzeigen (Kontraindikationen)
- Schwangerschaft. Eine Schwangerschaft sollte vor der Cyclophosphamid-Therapie ausgeschlossen werden, eine bestehende Schwangerschaft ist eine Gegenanzeige (Kontraindikation) gegen den Einsatz von Cyclophosphamid. Während der Therapie sollte ein ausreichende Verhütungsmaßnahmen angewendet werden, um eine Schwangerschaft zu verhindern.
- Impfungen mit Lebendimpfstoffen. Infolge der zytostatischen und immunsuppressiven Wirkung sind Impfungen mit Lebendimpfstoffen während einer Behandlung mit Cyclophosphamid potentiell gefährlich und sollten daher unterlassen werden.
Bedeutung für die Psychneuroimmunologie
Die Konditionierbarkeit des Immunsystems wurde erstmals von Ader (z.B. Ader & Cohen, 1975) mit Cyclophosphamid als unkonditionertem Stimulus nachgewiesen. Er konnte in Rattenexperimenten eine klassisch-konditionierte immunsuppressive Wirkung der Substanz nachweisen. Zuerst wurde eine Saccharin-Lösung (neutraler Stimulus) gepaart mit Cyclophosphamid dargeboten. Nach Gabe von gesüßtem Wasser wurde den Tieren das Übelkeit auslösende Immunsuppressivum injiziert. In der Folge wurde neben einer konditionierten Geschmacksaversion gegen die Saccharin-Lösung eine verringerte Antikörperproduktion und eine erhöhte Mortalität bei den konditionierten Versuchstieren festgestellt. D.h. der Süßstoff, der ursprünglich keinen Einfluß auf die Immunfunktion hatte, löste nach dem Konditionierungslernen vergleichbare immunsuppressive Wirkungen wie Cyclophosphamid aus. Mit diesen Befunden begründete Ader die sogenannte Psychoneuroimmunologie, die sich mit den Einflüssen psychischer und neuronaler Mechanismen auf das Immunsystem (im Besonderen auf die Immunabwehr) beschäftigt.
Quellen und Weblinks
- Monograph Cyclophosphamid British Columbia Cancer Agency Frei zugänglich. Stand 09/2005.
- US-amerikanische Fachinformation Cyclophosphamid Stand: 07/2000. Frei zugänglich.