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Otto von Habsburg

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Otto von Habsburg

Otto von Habsburg (* 20. November 1912 in der Villa Wartholz bei Reichenau an der Rax, Niederösterreich, als Franz Joseph Otto Robert Maria Anton Karl Max Heinrich Sixtus Xaver Felix Renatus Ludwig Gaetan Pius Ignatius Erzherzog von Österreich, war ein Publizist, EU-Abgeordneter der bayrischen CSU, Journalist und Schriftsteller.

Als ehemaliger Kronprinz der Kaisermonarchie Österreich-Ungarn war er seit 1922 bis zum 31.Dezember 2006 ? auch Chef des Hauses Habsburg. Aufgrund seiner Familiengeschichte besitzt er neben den Staatsbürgerschaften der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich auch die von Ungarn und von Kroatien. Sein offizieller Name in Österreich lautet seit 1919 (bestätigt 1957) allein Otto Habsburg-Lothringen[1]); in der Bundesrepublik Deutschland dagegen Otto von Habsburg.

Ausbildung und Beruf

Als erstgeborener Sohn des letzten österreichischen Kaisers Karl I. und Kaiserin Zita und Kronprinz ab 1916 wurde er auf seine zukünftige Herrscherrolle vorbereitet. Nach dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie 1918 wohnte er zusammen mit seinen Eltern bis zur Ausweisung 1919 im Schloss Eckartsau in Niederösterreich. Von 1919 bis 1921 lebte Otto von Habsburg mit seinen Eltern im Exil in der Schweiz, später auf Madeira und in Spanien.

Seine Ausbildung stand unter strenger Aufsicht seiner Mutter, welche ihn zu einem katholischen Monarchen zu erziehen versuchte. So wurde er in den Sprachen der Völker der österreichisch-ungarischen Monarchie unterrichtet und musste den alt-österreichischen und alt-ungarischen Stundenplan eines Gymnasiums nebeneinander absolvieren. Seine Reifeprüfung (Matura) absolvierte er 1930 in Lequeitio (Baskenland) mit Auszeichnung. Die Großjährigkeitserklärung und damit das Ende der Vormundschaft seiner Mutter Zita erfolgte am 20. November 1930. Damit wurde Otto Oberhaupt der Adelsfamilie Habsburg und Souverän des Ordens vom Goldenen Vlies. 1935 schloss er das Studium der politischen und sozialen Wissenschaften an der Universität Löwen (Belgien) mit Auszeichnung ab. Die Einreise nach Österreich war ihm durch das Habsburgergesetz von 1919 untersagt.

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Otto von Habsburg in ungarischer Magnatentracht (um 1932)

Vor allem ab ungefähr 1930 gab es in Österreich ernsthafte Bestrebungen von Teilen der österreichischen Konservativen (so auch von Engelbert Dollfuß und dem ausgewiesenen Legitimisten Kurt Schuschnigg), Otto von Habsburg in Form eines konstitutionellen Monarchen als Kaiser von Österreich einzusetzen. Diese hofften damit die Gräben zwischen Links und Rechts zu überwinden aber auch in Rückbesinnung auf die k.u.k. Monarchie ein starkes "Österreichbewusstsein" und damit ein Gegengewicht zum erstarkenden Nationalsozialismus in Deutschland zu bieten. Parallel dazu gab es seit ungefähr 1922 zahlreiche kleine traditionalistische Vereinigungen (z.B. in Wien "Ö.StV. Ottonia" vormals Corps Ottonen), die eine konstitutionelle Monarchie mit Otto von Habsburg an der Spitze zum Ziel hatten. Im Zuge dieser nur von geringen Teilen der Sozialistischen Partei mitgetragenen bzw. von dieser bekämpften Bewegung (Legitimisten) wurde bis 1938 dem "Emigranten" Otto von Habsburg in 1.603 österreichischen Gemeinden die Ehrenbürgerschaft verliehen (erstes Ehrenbürgerrecht in der Gemeinde Ampass in Tirol am 7. Dezember 1931). Noch am 11. Februar 1938, kurze Zeit vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, gab es monarchistische Massenveranstaltungen mit etwa 80.000 Teilnehmern in Wien und den Landeshauptstädten. Allerdings erhielten monarchistisch ausgerichtete Parteien bei allen freien Wahlen der 1. Republik nur geringen Zuspruch und verfehlten den Einzug ins Parlament. Ähnliche monarchische Bestrebungen gab es in Ungarn, wo Miklós Horthy als Reichsverweser regierte. In Ungarn wurde die Republik erst am 2. Februar 1946 ausgerufen. Außer dem Zeitraum vom 16. November 1918 (Proklamation der Republik) bis zum 23. März 1920 (Proklamation Ungarns als Monarchie mit vakantem Thron durch Horthy) war Ungarn Königreich.

Von Seiten Adolf Hitlers, der im Deutschen Reich an die Macht gekommen war, Ungarns und der Tschechoslowakei wurde die demonstrative Eigenständigkeit Österreichs mit Einmarschplänen beantwortet und die österreichische Ständestaats-Regierung unter Dollfuß und später Schuschnigg begnügte sich vorerst mit inoffiziellen Kontakten, der Rückstufung der Habsburgergesetze vom Verfassungsrang in den einfachen Gesetzesrang, der Rückgabe von enteignetem Vermögen und der zeitweisen Auszahlung einer Apanage. Diese von 1936 bis zum Einmarsch dt. Truppen im März 1938 ausgezahlte Apanage wurde zur Finanzierung des Widerstandes gegen Hitler-Deutschland während des 2. Weltkrieges aufgebraucht. Im Zuge der Rückbesinnung auf das k.u.k. Erbe wurde auch der Doppeladler im Staatswappen wieder eingeführt und beim österreichischen Bundesheer die monarchische Tradition betont, etwa durch die teilweise Wiedereinführung der alten k.u.k. Armeeuniformen. Otto von Habsburg wurde allerdings mehrfach von Bundeskanzler Schuschnigg ersucht, nicht in Österreich einzureisen, um damit anderen Staaten keinen Angriffsgrund zu geben.

Als Adolf Hitler versuchte, Otto von Habsburg unter Vorspielung vermeintlicher Unterstützung der monarchischen Idee in seine Bewegung einzubeziehen und ihn für seine Zwecke zu missbrauchen, lehnte dieser das Ansinnen allerdings strikt ab. Habsburg war als Verfechter der alten monarchischen Herrschaftsordnung und als konservativ-christlicher Europäer ein Gegner Hitlers und des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich. Während des Zweiten Weltkrieges setzte sich Otto von Habsburg erfolgreich für eine schonende Behandlung Österreichs bei US-Präsident Roosevelt ein, der ihn sehr schätzte. Der spanische Diktator Franco favorisierte Habsburg als möglichen Nachfolger auf dem spanischen Königsthron. In späteren Jahren erst setzte er sich für die Einigung Europas ein, aber bereits 1936 wurde er Mitglied der Paneuropa-Union (PEU).

Nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 begann Otto von Habsburg eine Tätigkeit als Vortragsreisender bzw. wurde Schriftsteller.

Familie

Otto von Habsburg war bis zum 31.12.2006 Oberhaupt der Familie Habsburg-Lothringen, bis im Jahr 2000 Souverän des Ordens vom Goldenen Vlies und Mitglied der Mont Pèlerin Society. Sein Sohn Karl ist heute Oberhaupt der Familie Habsburg-Lothringen und des Ordens vom Goldenen Vlies.

Mit dem Tod seines Vaters Karl I. im Jahr 1922 hat er auch dessen Titel geerbt. Im Einzelfall ist dazu von Titel zu Titel zu unterscheiden ob dieser noch existiert bzw. übergehen kann. Bei der Kaiserproklamation von Kaiser Franz I. am 11. August 1804 wurde beispielsweise angeführt, dass das Oberhaupt des Hauses Österreich den Titel eines Kaisers unabhängig von der Verfassung der Erbländer führt. Auch wurde ausdrücklich in der Republik Österreich, jedoch nicht im Burgenland, der Adel abgeschafft. In der Bundesrepublik Deutschland (1918) und Italien (1945) sind die Adelstitel Bestandteil des Namens geworden. In Ungarn ist die Monarchie erst 1945 abgeschafft worden.

Als Staatsbürger der neu gegründeten Republik Deutschösterreich bzw. der Republik Österreich nach der Auflösung der Donaumonarchie am Ende des Ersten Weltkrieges entstanden war - fiel er 1919 unter das neue von der republikanischen Regierung erlassene "Adelsaufhebungsgesetz", durch das sein bisheriger Adelsname in Österreich verbürgerlicht wurde und er sich nach einer ministeriellen Entscheidung aus dem Jahr 1957 bis heute in Österreich nur noch als Otto Habsburg-Lothringen benennen darf.

1951 heiratete er in Nancy Regina Prinzessin von Sachsen-Meiningen (* 1925). Mit ihr hat er sieben Kinder und 22 Enkelkinder:

Partei

Seit 1982 ist von Habsburg Mitglied der CSU. Er hat keine Parteiämter übernommen.

Abgeordneter

Von 1979 bis 1999 war er, nachdem er neben der österreichischen Staatsbürgerschaft auch die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hatte, für die bayerische CSU Mitglied des Europäischen Parlaments und zweimal dessen Alterspräsident. So war er Obmann der Europäischen Volkspartei im Politischen Ausschuss von 1981 bis 1999, Vorsitzender der Delegation im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU - Ungarn, Mitglied im Politischen Ausschuss für Recht und Bürgerrechte und Stellvertretendes Mitglied im Entwicklungsausschuss und im Ausschuss für Haushaltskontrolle.

Otto von Habsburg spricht Deutsch, Ungarisch, Kroatisch, Englisch, Spanisch, Französisch und Latein. Durch seine Sprachkenntnisse konnte er hier die Sitzungen fast immer ohne Dolmetscher bestreiten, mit einem italienischen Professor und einem Mitglied der Fraktion der Grünen führte er im Parlament sogar Stegreif-Debatten auf Latein, die mangels Dolmetscher aber nicht protokolliert werden konnten. Auch seine Bücher schrieb er in deutscher, ungarischer und französischer Sprache.

1979 initiierte Otto von Habsburg gegen großen Widerstand jene Resolution, welche durch einen leeren Stuhl im Europäischen Parlament medienwirksam auf die Völker hinter dem Eisernen Vorhang aufmerksam machte.

Sonstige biografische Details

Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg

Aufgrund der entschiedenen Gegnerschaft Habsburgs zum Nationalsozialismus und weil zeitweilig vom Deutschen Reich eine Habsburg-Restauration in Österreich durch das austrofaschistische Regime Schuschniggs befürchtet wurde, liefen die Vorbereitungen des Diktators Hitler zum Anschluss seiner österreichischen Heimat an das Deutsche Reich unter dem Decknamen Operation Otto.

Kurz bevor Hitler die Wehrmacht in Österreich einmarschieren ließ, ersuchte Otto von Habsburg den damaligen Bundeskanzler Schuschnigg, ihm die Kanzlerschaft der Republik zu übertragen, um militärischen Widerstand zu organisieren und zu leisten. Das Angebot zur Übernahme der Kanzlerschaft ist eine indirekte Anerkennung der "Republik" und zeigt, dass ab der Machtergreifung Hitlers in Deutschland mit seinen erkennbaren Auswirkungen Habsburgs Bemühungen zu allererst der Abwehr Hitlers galten.

In seinem Schreiben vom 17. Februar 1938 an Schuschnigg forderte Habsburg neben einer aktiven Verteidigung und strikten Ablehnung des Nationalsozialismus weiters „Vorerst muss die Befriedung nach links aktiv betrieben werden. Die Arbeiter haben in den letzten Tagen bewiesen, dass sie Patrioten sind. Diese Gruppe kann durch den Nationalsozialismus nicht vergiftet werden, wird daher stets am sichersten für Österreich eintreten, wogegen die Regierung ihr die Möglichkeit geben muss, an der Gestaltung des Vaterlandes - für welches sie sich einzusetzen bereit ist - aktiv mitzuwirken.“ Schuschnigg lehnte jedoch ab.

Als die nationalsozialistische Ära begann wurde Otto von Habsburg steckbrieflich wegen Hochverrats zur Fahndung ausgeschrieben und sein persönliches Vermögen und das von ihm verwaltete Familienvermögen der Familie Habsburg auf persönlichen Befehl von Hitler enteignet. Die Spitzen der legitimistischen Bewegung wurden sofort verhaftet und großteils hingerichtet. Zwischen 1938 und 1942 dürften 4000 bis 4500 österreichische Monarchisten verhaftet worden sein; etwa 800 bis 1000 von ihnen wurden hingerichtet oder in Konzentrationslagern umgebracht. Otto von Habsburg, seiner Mutter und Geschwistern wurde auf persönlichen Befehl von Hitler die deutsche Reichsbürgerschaft entzogen. Das enteignete Vermögen fiel an das Großdeutsche Reich und wurde nach dessen Untergang nach dem Krieg von der neuen 2. Republik Österreich übernommen.

Nach der Flucht aus Belgien - nach dem Einmarsch der Wehrmacht, über Paris nach Spanien (Otto von Habsburgs Name befand sich auf der "Wiesbadener Liste", einer Liste jener Personen, die Frankreich im Falle der Kapitulation sofort zu verhaften und an das Deutsche Reich auszuliefern hatte), wirkte er bei der Flucht von ca. 15.000 Menschen nach Spanien mit und organisierte Visa nach Übersee.

In den USA und Großbritannien versuchte er neben seinen intensiven persönlichen Kontakten zu Präsident Franklin Roosevelt bzw. Sir Winston Churchill durch diverse Maßnahmen (Initiierung des "Austrian Day", Aufnahme Österreichs in die Briefmarkenserie "Occupied Nations", Versuch der Bildung einer Exilregierung und eines "Austrian Batallion" (beides scheiterte am mangelnden Willen der Sozialisten mit Otto von Habsburg zu kooperieren), Teilnahme an der 2. Konferenz von Quebec, etc.) die (nicht selbstverständliche) staatliche Eigenständigkeit Österreichs nach dem Krieg zu erreichen, die Zonenplanung der Alliierten im Nachkriegsösterreich zugunsten der Westmächte zu verändern bzw. Ungarn aus der Allianz mit „Hitlerdeutschland” herauszubrechen. Hinsichtlich Ungarns wurden die westalliierten Pläne einer ungarischen Kapitulation gegenüber den Westmächten, einer Luftlandung alliierter Truppen in Ungarn bzw. Landung in Jugoslawien zur Unterstützung und einer beabsichtigten Einsetzung Otto von Habsburgs im Rahmen bzw. an der Spitze der ungarischen Regierung durch die dem zuvorkommende überraschende deutsche Besetzung Ungarns zunichte gemacht. Gerade Churchill war ein Verfechter dieser Pläne, um dem bevorstehenden Vormarsch der Sowjets nach Mitteleuropa Einhalt zu gebieten.

Eine weitere realistische Restaurationsmöglichkeit für Otto von Habsburg bestand während des Zweiten Weltkrieges, indem er Winston Churchill für das Konzept einer Donauföderation gewann bzw. Otto von Habsburg in Plänen der britischen Diplomatie für solche Überlegungen geführt wurde: Auf dem vormaligen Gebiet Österreichs und Ungarns sollte nach seinen Vorstellungen ein neuer Staat "Österreich-Ungarn" nach dem Vorbild der Verfassung Belgiens entstehen, das ebenfalls zwei große Bevölkerungsgruppen vereinigte, während die Länder Bayern, Baden, Württemberg und Hohenzollern-Sigmaringen ebenfalls als Monarchien wiederhergestellt werden und in einem so genannten ”Süddeutschen Bund” vereinigt werden sollten. Es gab von Churchill auch einen Vorschlag zur Isolierung Preußens und zur Schaffung eines erweiterten Donaubundes.

Churchill wollte als Gegengewicht zum Deutschen Reich eine modernisierte Auflage des alten Österreich-Ungarn schaffen, wobei er hinsichtlich letzterem meinte: "Wenn es nicht existierte, müsste man es erfinden" (dieses Bonmot wird ursprünglich dem tschechischen Historiker und Politiker František Palacký [1798-1876] zugeschrieben). Churchills diesbezügliche Konzepte scheiterten jedoch an der Ablehnung durch Josef Stalin auf der Konferenz von Teheran. Franklin D. Roosevelt schätzte die realistische Chance zur Durchsetzung dieses Projektes infolge des weiten Vordringens der Roten Armee als gering ein und vertrat daher dieses Projekt nicht in gleicher Weise wie Churchill. Amerikaner und Briten verbanden mit dieser Föderation allerdings nicht das Ziel der erneuten Inthronisierung des Hauses Habsburg.

In einer Unterredung unter vier Augen des Erzbischof von New York Francis Spellman mit Präsident Roosevelt am 3. September 1943 antwortete der Präsident auf Spellmans ausdrückliches Befragen ob Österreich, Ungarn und Kroatien unter irgendeine Art russisches Protektorat fallen würde, mit einem eindeutigen Ja. Zu Österreich meinte Roosevelt es werde keine Opposition gegen ein kommunistisch beherrschtes österreichisches Regime geben. Die einzige Möglichkeit wäre es, wenn Otto von Österreich mit Hilfe Ungarns den Thron gewinnen könnte - aber selbst er müsste sich mit den Russen zu arangieren haben.

Bei Präsident Truman scheint es in der Vorbereitungsphase der Potsdamer Konferenz von 1945 Überlegungen gegeben zu haben, einen Süddeutschen Bund mit Ungarn und Wien als Hauptstadt zu bilden.

Durch persönliche Kontakte zum "Bomb Target Command" erreichte Otto von Habsburg bis Mitte 1943 eine Verschiebung bzw. Unterlassung der Luftangriffe auf die „Alpen- und Donaureichsgaue“.

Nachkriegszeit

1940 bis 1944 lebte Habsburg in den USA, 1944 bis 1951 hauptsächlich in Frankreich, später wieder in Spanien und seit 1954 in Pöcking in Bayern.

Das wiedergegründete Österreich wies den nach Kriegsende nach Innsbruck (französische Zone) eingereisten Otto von Habsburg 1946 aus dem Land und untersagte ihm die Wiedereinreise - trotz seines positiven Eintretens für Österreich während des Krieges. Dies geschah einerseits aus verfassungsrechtlichen Gründen, da 1945 die gesamte österreichische Verfassung aus dem Jahr 1929 wieder inkraftgesetzt worden war und damit automatisch das Habsburgergesetz von 1919, das einen Landesverweis für Mitglieder des Hauses Habsburg vorsah, die nicht ausdrücklich auf die Mitgliedschaft im Haus Habsburg und ihre Herrschaftsansprüche in Österreich verzichteten und sich als getreue Staatsbürger der Republik bekannten. Aus realpolitischen Gründen erfolgte die für Otto von Habsburg bittere Ausweisung trotz Widerstand der Franzosen wohl zur Besänftigung der Sowjets, welche 1955 zur Zustimmung zum österreichischen Staatsvertrag auch die völkerrechtliche Verankerung der Geltung der Habsburgergesetze verlangten. Wahrscheinlich fürchtete die UdSSR eine allfällige von Österreich und Otto von Habsburg ausgehende Habsburgerrenaissance in ihrer Einflusssphäre.

Hinsichtlich des Habsburgergesetzes von 1919 ist zu ergänzen, dass die Republik Österreich zu dessen Aufrechterhaltung nach 1945 bei internationalen Übereinkommen wie bei der Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Durchführung des internationalen Übereinkommens zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (öst. BGBl. 1973/390) und dergleichen Vorbehalte gemacht hat und daher das Habsburgergesetz weiter bestehen und anwendbar bleibt. Ob diese auch hinsichtlich der im "Dritten Reich" erfolgten Enteignungen anwendbar sind ist unklar und diesbezüglich steht eine in die Sache gehende Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes aus (vgl. Bericht der Historikerkommission - Univ. Prof. Dr. Graf). Auch ist zu erwähnen, dass in der Republik Österreich gemäß seiner Bundesverfassung Mitglieder regierender Häuser oder solcher Familien, die ehemals regiert haben von der Wählbarkeit zum Bundespräsidenten ausdrücklich ausgeschlossen sind (Art. 60 Abs. 3 B-VG) und die Aufhebung dieser Passage im Hinblick auf Otto von Habsburg schon öfters Gegenstand politischer Auseinandersetzungen war.

In der Zeit nach seiner Ausweisung 1946 behielt Otto von Habsburg seine österreichische Staatsbürgerschaft. Da er keinen gültigen Reisepass hatte, erhielt er über Vermittlung von Charles de Gaulle einen monegassischen Reisepass, bzw. einen Pass des Malteserordens. Später erhielt er weiters einen spanischen Diplomatenpass.

1957 bis 1973 war er Vizepräsident, 1973 bis 2004 war er als Nachfolger des Gründers Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi Präsident der internationalen Paneuropa-Union; seit 2004 ist er deren Ehrenpräsident.

1961 erklärte er nach langwierigen Verhandlungen mit der österreichischen Bundesregierung den Verzicht auf sämtliche Erbfolgeansprüche und sonstige Vorrechte seines Hauses. Über die rechtliche Bewertung dieser Erklärung entstand in der Bundesregierung ein Streit bzw. eine Koalitionskrise, da die Sozialistische Partei die Ernsthaftigkeit der Erklärung in Frage stellte. Erst seit 1966 darf er wieder nach Österreich einreisen, da der österreichische Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit und die Einreise erlaubte. Bis dahin verwehrte der sozialistische Innenminister Franz Olah die Einreise Otto von Habsburgs und die österreichische Polizei rückte mehrmals zur Verhaftung des vermeintlich in Österreich eingereisten "Staatsfeindes" aus. Die österreichische Linke sprach hinsichtlich der VwGH-Entscheidung von einem Juristenputsch und organisierte in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund Anti-Habsburg-Demonstrationen.

Immer wieder wurde Otto von Habsburg innerösterreichisch die Verfassung eines Briefes an den amerikanischen Präsidenten Truman vorgeworfen, in dem er im Sommer 1945 diesen vor einer vorschnellen Anerkennung der Regierung Renner zu warnen versuchte. Der Verlauf der Geschichte hinsichtlich Österreichs hat Habsburg diesbezüglich nicht recht gegeben, doch der Blick auf die Geschichte der östlichen Nachbarländer Österreichs zeigt, dass Vorsicht angebracht war, insbesondere weil die Regierung Renner von der UdSSR einseitig eingesetzt war. Auch war Renner, obwohl er rückblickend die Republik Österreich geschickt durch die Wirren nach 1918 und nach 1945 schiffte, durch sein "Ja" zum Anschluss von 1938 und einen Brief an Stalin im Frühjahr 1945 diskreditiert.

Die erste Einreise in Österreich seit 1919 erfolgte am 31. Oktober 1966. Hinsichtlich der Restituierung von enteignetem Habsburgervermögen, aber vor allem hinsichtlich der Bewertung des Habsburgergesetzes in Bezug auf die Verzichtserklärung gab es bis 1966 diverse heftige Regierungskrisen zwischen der Volkspartei und der Sozialistischen Partei (heute: Sozialdemokraten). Erst nach persönlichen Kontakten und einem offiziellen Handschlag zwischen Otto von Habsburg und Bundeskanzler Bruno Kreisky 1972 anlässlich eines Paneuropakongresses entspannte sich das Verhältnis zwischen der österreichischen Sozialdemokratie und der Familie Habsburg.

1961 hat es von Seiten des spanischen Diktators und Staatschefs Franco Überlegungen gegeben nach seinem Tod Otto von Habsburg als König von Spanien einzusetzen, da die Habsburger das Land fast 200 Jahre lang regiert hatten. Otto von Habsburg lehnte dies nach langen Gesprächen mit Franco wegen der langen Abwesenheit der Habsburger Dynastie aus Spanien ab und empfahl Franco die Einsetzung des nunmehrigen Königs Juan Carlos I., des Enkels von Alfons XIII. aus der Dynastie der Bourbonen.

Am 13. Juli 1988 reiste Otto von Habsburg erstmalig seit 1918 in das noch kommunistische Ungarn nach Budapest.

Am 19. August 1989 war er Mitinitiator und Schirmherr des Paneuropäischen Picknicks, bei dem an der ungarisch-österreichischen Grenze erstmals für drei Stunden der Eiserne Vorhang zunächst symbolisch geöffnet wurde, was 661 DDR-Bürger zur Flucht in den freien Westen nutzten und als Schlüsselereignis den friedlichen Fall des Eisernen Vorhanges mitbewirkte.

Sein erster Besuch in Sarajevo erfolgte am 5. April 1997.

Heute lebt Otto von Habsburg in seiner "Villa Austria" in Pöcking am Starnberger See (Deutschland) und arbeitet dort als Publizist. Zudem ist er trotz seines hohen Alters viel auf Reisen durch Europa.

Neben zahlreichen inner- und außereuropäischen Auszeichnungen, Ehrenbürgerschaften und Ehrendoktoraten ehrten ihn zahlreiche europäische Staatsoberhäupter bzw. Regierungschefs in einem großen Festakt in der Wiener Hofburg zu seinem 90. Geburtstag für sein Lebenswerk für Europa, gegen den Nationalsozialismus und den Kommunismus. Bei dieser Veranstaltung erwähnte der ehemalige französische Staatspräsident und spätere Präsident des Europäischen Konvents, Valéry Giscard d’Estaing, die heute in Österreich weitgehend in Vergessenheit geratene bzw. infolge des historisch belasteten Verhältnisses der Republik Österreich zur Familie Habsburg unbeachtete Tatsache, dass Otto von Habsburg durch verschiedene Interventionen der heimischen Bevölkerung die Qualen des Bombardements im Zweiten Weltkrieg zu ersparen versuchte.

Als Oberhaupt der Familie Habsburg-Lothringen war er von 1922 bis 2002 auch Oberster Bandinhaber des Akademischen Bundes der Katholisch-Österreichischen Landsmannschaften. Dieses Amt übergab er zu seinem 90. Geburtstag in einem feierlichen Akt in der Wiener Augustinerkirche an seinen Sohn und präsumtiven Erben Karl.

2002 gab Habsburg ein vielkritisiertes Interview mit der FPÖ-nahen rechten Wochenzeitung "Zur Zeit". Dort äußerte sich Habsburg u. a. folgendermaßen: "Wenn man die US-Innenpolitik betrachtet, dann ist sie in zwei Hälften gespalten. Auf der einen Seite das Verteidigungsministerium, in dem die Schlüsselpositionen mit Juden besetzt sind, das Pentagon ist heute eine jüdische Institution. Auf der anderen Seite, im State Department, sind die Schwarzen - zum Beispiel Colin Powell oder besonders Condoleeza Rice. Im Moment spielen dabei die Angelsachsen, also die weißen Amerikaner, eine relativ geringe Rolle."

2005 wurde Otto von Habsburg mehrfach in den österreichischen Medien genannt, nachdem eine internationale Schiedskommission ihre Zuständigkeit aus verfassungsrechtlichen (Habsburgergesetz) und völkerrechtlichen (Staatsvertrag) Gründen zurückwies hinsichtlich der Rückgabe von vom nationalsozialistischen Deutschland enteigneten und von der Republik Österreich übernommenen Habsburgervermögen zu entscheiden, da das die Kommission ermächtigende Gesetz nicht, wie das Habsburgergesetz bzw. der Staatsvertrag, in Verfassungsrang steht.

Schriften

  • Coutumes et droits successoraux paysans en Autriche (1935; Dissertation)
  • Entscheidung für Europa (1953)
  • Probleme des Atomzeitalters (1955)
  • Soziale Ordnung von morgen (1957)
  • Bernhard von Baden (1958)
  • Im Frühling der Geschichte (1961)
  • Der Ferne Osten ist nicht verloren (1963)
  • Européens et Africains — L’entente nécessaire (1963)
  • Europa, Großmacht oder Schlachtfeld? (1963)
  • Afrika ist nicht verloren (1964)
  • Gottes Hand in der Geschichte (1966)
  • Karl V. (1967), ISBN
  • Politik für das Jahr 2000 (1968)
  • Les Transports et l´Europe (1969)
  • Bis hierher und weiter (1974)
  • Die Heilige Hedwig von Schlesien und unsere Zeit (1974), ISBN
  • La Naissance d’un continent (1975)
  • Idee Europa, Angebot der Freiheit. (1976)
  • Jalta és ami utána Következett (1979)
  • Europa - Garant der Freiheit (1980)
  • Die Reichsidee - Geschichte und Zukunft einer übernationalen Ordnung (1986), ISBN
  • Macht jenseits des Marktes. Europa 1992. (1988), ISBN
  • Igy láttam ... (1992)
  • Európáért (1992)
  • Nicht geschossen ist auch verfehlt (1992)
  • Úvahy o Evrope (1993)
  • Friedensmacht Europa - Sternstunden und Finsternis (1995), ISBN
  • Die Paneuropäische Idee - Eine Vision wird Wirklichkeit (1999), ISBN
  • Ein Kampf um Österreich (2001), ISBN
  • Unsere Welt ist klein geworden - Die Globalisierung der Politik (2006)

Literatur

  • Stephan Baier, Eva Demmerle: Otto von Habsburg, Die Biografie. (2002) ISBN
  • Gordon Brook-Shepherd: Uncrowned Emperor: The Life and Times of Otto von Habsburg. (2002) ISBN
  • Peter Broucek mit "Der österreichische Widerstand in Beispielen und Dokumenten" in: Tyrannenmord. Der 20. Juli 1944 und Österreich (2004), Hg. Manfred Rauchensteiner, Publikation des Heeresgeschichtlichen Museums/Militärhistorischen Instituts Wien, ISBN
  • Winston S. Churchill: Der Zweite Weltkrieg (2003), S. 860 ff ISBN

Auszeichnungen

  • Orden vom Goldenen Vlies (1916), Großkreuz des Ordens Carlos III. von Spanien (1951), Bailli-Ehren und Devotionskreuz mit dem Profeßkreuz ad honorem des Souveränen Malteser Ritterordens (1959), Großkreuz des Päpstlichen Gregorius-Ordens mit Band und Stern (1980), Großes Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (1987), Bayerischer Verdienstorden (1978), Großkreuz des Bayerischen St. Hubertus-Ordens, Großkreuz Lion d'Or von Luxemburg, Orden de Africa, Orden Hilal i Quaid i Azam von Pakistan (1993), Großkreuz des König Zvonimir-Ordens von Kroatien (1996), Maarjaa Maa-Orden der Republik Estland (1996), Großkreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn (1999), Commandeur de l'Ordre de la Legion d'Honneur von Frankreich, Großkreuz des St. Agathe- Ordens der Republik San Marino (2002), Großkreuz des Drei-Stern-Ordens der Republik Lettland, Ehrenritter des Deutschen Ordens
  • Ehrenbürger zahlreicher Gemeinden in Österreich, Ungarn, Spanien, Frankreich, Tschechien, der Slowakei, Kroatien
  • Professor h.c. der Universität von Bogotá, Ehrenmitglied des Instituto de Estudios da Marinha (Portugal), Honorary Fellowship der Universität Jerusalem, Ehrensenator der Universität Maribor, Master of Law and Economics h. c. der Imadec University Wien
  • Dr.h.c. der Universitäten von Milwaukee, Nancy, Tampa, Cincinnati, Jerusalem, Ferrara, Pecs, Veszprem, Budapest, Turku, Osijek, Skopje
  • akademische Ehrungen und Mitgliedschaften der Academie des Sciences Morales et Politiques (Institut de France in Paris), des Centre Europeen de Documentation et d'Information (CEDI - Madrid), der Real Academia de Ciencias Morales y Politicas (Madrid), der Academia da Cultura Portuguesa (Lissabon), der Academis Mejicana de Derecho International (Mexiko), Academie du Royaume du Maroc
  • 1963: Literaturpreis der Französischen Akademie
  • 1970: Europäischer Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft
  • 1970: Literaturpreis der Französischen Akademie
  • 1976: Bayerischer Verdienstorden
  • 1977: Robert Schuman-Goldmedaille
  • 1977: Konrad-Adenauer-Preis
  • 1982: Internationaler Benediktspreis der Stadt Mönchengladbach
  • 1987: Louise-Weiss-Preis
  • 1987: Großes Bundesverdienstkreuz
  • 1990: Europa-Medaille des Freistaates Bayern
  • 1990: Ehrenteller des Vereins heimattreuer Kuhländler
  • 1991: Schlesierschild der Landsmannschaft Schlesien
  • 1994: Sonderpreis-Europapreis der Coudenhove-Kalergi-Stiftung zum Coudenhove-Kalergi Jahrhundert (gleichzeitig mit Alois Mock
  • 1997: Sankt-Nikolaus-Friedenspreis
  • 1997: Ehrenmitglied im kroatischen Drachen-Orden
  • 1998: Gary G. Schlarbaum-Preis
  • 1999: Robert Schuman-Medaille der EVP-Fraktion des Europa-Parlaments
  • 2000: Goldene Ehrennadel der Österreichischen Widerstandbewegung Ö5
  • 2002: Verdienstmedaille des Vereins heimattreuer Kuhländler
  • 2002: Ehrenpreis des "Euro Crystal Globe" des Europäischen Wirtschaftsinstituts EWI International
  • 2002: St. Liborius-Medaille für Einheit und Frieden des Erzbistums Paderborn
  • 2002: Hans-Klein-Medaille der Jungen Union Bayern
  • 2002: Ehrenmitglied der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament
  • 2003: Steuerzahlerpreis der Taxpayers Association of Europe
  • 2003: Deutsch-Französischer Paneuropa-Preis für europäische Einigung
  • 2004: Große Freiheitsmedaille des Kosovo
  • 2004: Ehrenpräsident der IMADEC University
  • 2004: Ehrenpräsident der Internationalen Paneuropa-Union
  • 2005: Europamedaille Karls IV. der Fördergesellschaft für Europäische Kommunikation
  • Ehrenplakette für Verdienste um das Volkstumsrecht und den deutschen Osten des Bundes der Vertriebenen
  • Médaille du Mérite Européen von Luxemburg
  • Goldmedaille der Stadt Paris
  • International Humanitarian Award der jüdischen Anti-Defamation League
  • Publizistik-Preis der Deutschland-Stiftung
  • Sonderstufe der Europa-Medaille der Paneuropa-Union Deutschland
  • Ehrenteller des Europäischen Militär-Fallschirmsprungverbandes e.V. AEPM Assiette d'Honneur en Etain


VorgängerAmtNachfolger
Karl I.Chef des Hauses Habsburg
seit 1922

Quellen

  1. Siehe http://www.kfunigraz.ac.at/sozwww/agsoe/soz/oes/oes_h.htm