Michael Kohlhaas
Michael Kohlhaas ist eine Erzählung Heinrich von Kleists. Sie wurde 1810 erstmals in vollständiger Form veröffentlicht. Erste Fragmente erschienen bereits in der Juniausgabe 1808 in Kleists Literaturzeitschrift Phöbus.
Hintergrund
Die historische Vorlage für Michael Kohlhaas ist eine Chronik, die aus dem 16. Jahrhundert stammte: Hans Kohlhase wollte mit einem Feldzug sein erlittenes Unrecht sühnen und somit den Konflikt mit der Obrigkeit für sich entscheiden. Diese Vorlage gestaltete Kleist zu einer Erzählung, in der es auch um die Konfrontation zwischen Idealwelt und Wirklichkeit geht: Kohlhaas sieht sich Gegensätzen ausgeliefert, die zum Teil heute noch Bestand haben.
- Idealwelt vs. Wirklichkeit
- Freiheit vs. Unterdrückung durch Herrschende
- Rechtsstaat / Gewaltenteilung vs. absolutistische Fürstenhäuser
- Moral vs. unrühmliches Verhalten
- Niedrige soziale Schichten vs. einflussreiche Oberschicht
- soziale Aufgabe des Staates vs. Machtmissbrauch von Staatsämtern
- Rechtsrichtigkeit, Rechtsdurchsetzung vs. Rechtsfrieden - (Kohlhaas handelt nach der Devise "Fiat iustitia et pereat mundus", frei übersetzt: "Ich muss Recht bekommen, mag darüber auch die Welt zugrunde gehen")
Ernst Bloch nennt Michael Kohlhaas den "Don Quijote rigoroser bürgerlicher Moralität" (Abschnitt Unverworrene Idee, Übereinstimmung des Willens mit dem Endzweck im Aufsatz Über den Begriff Weisheit, 1953, Gesamtausgabe in 16 Bänden (Suhrkamp), Band 10, S. 355-395, S. 376).
Politischer Hintergrund
Um 1800 sorgten sowohl die außenpolitischen Misserfolge (Niederlage im Krieg gegen Napoleon), als auch die unklaren innenpolitischen Verhältnisse (unterschiedliches Verhalten deutscher Fürsten gegenüber Napoleon) für Unzufriedenheit in Preußen.
Kleist stellt sich klar gegen Frankreich und seine Haltung war reformbestimmt.
Seine rechtlich-politischen Forderungen drückt er durch die Person Kohlhaas aus und äußert seine Meinung, ohne dabei aufgrund politischer Agitation verdächtig zu werden.
Inhalt

Der im brandenburgischen ansässige Rosshändler Michael Kohlhaas ist mit einer Koppel Pferde in Richtung Sachsen unterwegs, als er vom Burgvogt des Junkers Wenzel von Tronka, mit der Begründung, dass er keinen Pass habe, widerrechtlich aufgehalten wird. Der Burgvogt nötigt Kohlhaas zwei Pferde als Pfand zurückzulassen.
In Dresden erfährt Kohlhaas, dass die Passforderung völlig willkürlich gewesen sei, woraufhin er seine Pferde wieder zurückholen will. Als er auf der Burg ankommt, muss er feststellen, dass die Pferde durch harte Feldarbeit völlig heruntergekommen sind und sein Knecht, der gegen die missbräuchliche Verwendung der Pferde protestiert hatte, übel zugerichtet worden ist.
Kohlhaas verklagt den Junker auf Erstattung der Krankenkosten für seinen Knecht und auf Wiederauffütterung der Rappen. Nach einem Jahr erfährt er, dass seine Klage durch einflussreiche Verwandte des Junkers niedergeschlagen wurde.
Kohlhaas will nichts unversucht lassen, um auf ordentlichem Wege Recht zu bekommen. Doch weder die Unterstützung eines befreundeten Stadthauptmanns, noch der persönliche Einsatz seiner Frau Lisbeth, die beim Versuch dem Kurfürsten eine Petition zu überreichen, von einem Wachsoldaten niedergeschlagen wird und daraufhin an ihren schweren Verletzungen stirbt, bringen Kohlhaas weiter.
Da es ihm - bedingt durch Vetternwirtschaft und Willkür der Obrigkeit - nicht möglich ist, seine Rechtssache gesetzmäßig zu lösen, wird aus dem rechtschaffenen Kohlhaas der Verbrecher Kohlhaas. Er beginnt eine private Auseinandersetzung mit dem Junker Wenzel von Tronka.
Er zerstört mit sieben Knechten die Burg des Junkers, der nach Wittenberg geflohen ist. Mit seinem ständig anwachsenden Kriegshaufen zieht er nach Wittenberg, wo er die Auslieferung seines Feindes verlangt. Mehrmals fällt er brandschatzend in Wittenberg ein, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, selbst ein 500 Mann starkes Heer schafft es nicht, Kohlhaas' Kriegshaufen zu schlagen.
Während man in Dresden über das weitere Vorgehen gegenüber Kohlhaas berät, kommt es zu einem heimlichen Gespräch zwischen Kohlhaas und Martin Luther, der eine Amnestie beim Kurfürsten für Kohlhaas erwirkt. Daraufhin entlässt Kohlhaas seine Mitstreiter und geht nach Dresden, wo nun seiner Klage gegen den Junker stattgegeben werden soll.
Doch erneut wird der Junker durch einflussreiche Freunde geschützt und Kohlhaas wird in den Kerker geworfen.
Zwar setzt der Kurfürst von Brandenburg seine Auslieferung durch, doch da der sächsische Hof inzwischen den Kaiser in Wien angerufen hat, erhält der Fall Kohlhaas auch für die Obrigkeit in Berlin die Bedeutung eines mit Strenge zu statuierenden Exempels. Obwohl der Kurfürst von Sachsen plötzlich überraschend alle Hebel in Bewegung setzt, um das Leben von Kohlhaas zu retten, wird dieser zum Tode verurteilt. Der Kurfürst hatte herausgefunden, dass Kohlhaas eine Kapsel bei sich trägt, in der sich ein für die Geschichte seines Hauses hochbedeutsamer Zettel befindet.
Als Kohlhaas in Berlin zum Schafott geführt wird, erfährt er, dass der Junker von Tronka zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt wurde und seine Rappen dickgefüttert wurden. Diese schenkt er seinen beiden Söhnen. Er erkennt in der Menge den verkleideten Kurfürsten. Er verschlingt den für den Kurfürsten so wichtigen Zettel und lässt sich widerstandslos enthaupten.
Seine Söhne werden anschließend zu Rittern geschlagen.
Verfilmungen
- 1969 - Michael Kohlhaas - der Rebell – Regie: Volker Schlöndorff
- 1999 - The Jack Bull - Reiter auf verbrannter Erde(The jack bull) – Regie: John Badham - nach Motiven der Novelle