Tensid
Tenside, [vom lateinischen tensus (von tendere - spannen, straff anziehen)], sind Substanzen, die die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit oder die Grenzflächenspannung zwischen zwei Phasen herabsetzen und die Bildung von Dispersionen ermöglichen oder unterstützen.
Tenside bewirken, dass zwei eigentlich nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Öl und Wasser, fein vermengt werden können. Unter Tensiden versteht man in der Regel waschaktive Substanzen (Detergentien), die in Waschmitteln, Spülmitteln, und Shampoos enthalten sind. Sie wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt und haben das traditionelle Tensid Seife weitgehend verdrängt. Beim Einsatz in der Lebensmitteltechnik werden Tenside als Emulgatoren bezeichnet.
Struktur der Tenside
Alle Tenside sind aus einem unpolaren und einem polaren Teil (Funktionelle Gruppen) aufgebaut. (-> Polarität) Als unpolarer Teil dient immer eine Alkylgruppe. Der polare Teil kann verschieden aufgebaut sein und ist in der Tabelle zusammengefasst.
Tenside | polare Gruppe(n) | ![]() |
---|---|---|
nichtionische Tenside | -OH (Alkohol) und -O- (Ether) | |
anionische Tenside | -COO- (Carboxylat), -SO3- (Sulfonat) und -SO42- (Sulfat) | |
kationische Tenside | immer eine quarternäre Ammonium-Einheit | |
amphotere Tenside (zwitterionische Tenside) |
meist -COO- (Carboxylat) und ein quarternäre Ammonium-Einheit |
Häufig wird versucht zwischen natürlichen und synthetischen Tensiden zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist nicht einfach und nicht immer sinnvoll. Ein natürlich vorkommendes Tensid ist beispielsweise Lecithin. Tenside natürlichen Ursprungs sind zum Beispiel Seifen, die aus natürlichen Rohstoffen (zum Beispiel Tierfetten) durch Verseifung hergestellt werden. Die Herstellung erfordert jedoch eine tief greifende chemische Reaktion. Synthetische Tenside werden aus dem Rohstoff wie Erdöl, aber auch Sonnenblumenöl durch zahlreiche chemische Reaktionen hergestellt. Wichtiger als der Ursprung eines Tensides ist jedoch seine biologische Abbaubarkeit.
Anwendung von Tensiden
Tenside in der Lebensmittelindustrie
Tenside werden in der Lebensmittelindustrie vor allem für Fertigbackmischungen eingesetzt. Außerdem finden sie Anwendung in Chremes, da sie schaumbildend wirken können.
Tenside in Waschmittel und Kosmetik
In Waschmitteln, Spülmitteln, Shampoos, Duschgels usw. finden Tenside Verwendung, um die "Löslichkeit" von Fett- und Schmutzpartikeln, die in der Wäsche oder am Körper haften, in Wasser zu erhöhen. Sie bilden die wichtigste Komponente in Kosmetika, um fetthaltige Hautcreme zu erstellen.
Tenside in der Technik
Kunststofftechnik: Eine Spezialanwendung finden Tenside in der Kunststofftechnik. Dabei werden wässrige Tensidlösungen eingesetzt, um die Anfälligkeit von polymeren Werkstoffen für Spannungsrissbildung zu prüfen. Weiterhin werden Tenside eingesetzt, um die Versagenszeit von Langzeitversuchen zu verkürzen; insbesondere bei Risswachstumsversuchen an Polyethylen findet dies Anwendung (z. B.: Full Notch Creep Test für die Prüfung von PE-Typen die für Rohrleitungen eingesetzt werden).
In der Kunststofftechnik sind vor allem die folgenden Netzmittel gebräuchlich:
- Arkopal N100, N110 und N150
- Igepal CO630
- Teepol
Metallbearbeitung: Bestandteil in wassergemischten Kühlschmiermitteln
Fotografie: Verhinderung von Trocknungsflecken und Schlieren bei der Filmentwicklung
Papierrecycling: Ablösung der Druckfarbenteilchen von den Papierfasern und Transport der Druckfarbe an die Oberfläche beim Deinking
Tenside in der Brandbekämpfung
Eine Methode zur Brandbekämpfung ist das Löschen mit "entspanntem Wasser", d. h. Wasser mit einer stark verringerten Oberflächenspannung. Dies bringt zum einen den Vorteil mit sich, dass das Löschwasser besser in brennende Materialien wie Holz oder Stoff eindringen kann und somit eine noch besseren Kühleffekt nach sich zieht. Zum anderen kann mit oberflächenaktiven Substanzen versetztes Löschwasser infolge deren Wirkung als Fließverbesserer bei gleicher Pumpleistung das Wasser über eine größere Distanz gespritzt werden. Letzterer Effekt wird jedoch nicht bewusst genutzt. Spezielle Schaummittel (AFFF) zur Bekämpfung von Flüssigkeitsbränden enthalten perfluorierte Tenside, die zwischen Brandgut und Schaum einen gasdichten Flüssigkeitsfilm ausbilden, der dem Schaumteppich gleichzeitig bessere Gleiteigenschaften verleiht und so ein Löschen von größeren Flüssigkeitsbränden u. U. überhaupt erst ermöglicht.