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Niesen

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Niesen (lat. Sternutatio) ist das aufgrund eines Niesreizes über den Niesreflex ausgelöste unwillkürliche, explosionsartige Ausstoßen von Luft durch die Nase. Durch das Niesen sollen Staub- und andere Fremdkörper aus der Nase entfernt und somit deren Eindringen in die Lunge verhindert werden.

Ein Niesreiz kann durch jede Reizung der Nasenschleimhaut erfolgen. Durch die Verbindung der Gesichtsnerven kann auch zu helles Licht zum Niesen führen (photischer Niesreflex). So kann bei der Reizung der Augenschleimhaut die Nase anfangen „zu laufen“, was wiederum zum Niesreiz führt.

Beim Niesen können durch Tröpfcheninfektion Krankheitserreger übertragen werden.

Das Niesen läuft in zwei Phasen ab. In der ersten Phase wird Luft tief eingeatmet. Da die Luft dabei die Stimmbänder umfließt, kommt es zum charakteristischen Haa-Geräusch. Nachdem der Atem kurz angehalten worden ist, ziehen sich in der zweiten Phase die Ausatmungsmuskeln des Bauches und der Brust schlagartig zusammen. Dabei wird die eingeatmete Luft durch die Nase oder den Mund wieder ausgestoßen. Die Luft kann dabei eine Geschwindigkeit bis zu 172 km/h erreichen.

Niesen eines Kindes als Comic dargestellt

Brauchtum

In einigen Kulturen wird es als Form der Höflichkeit erwartet, dass entweder der Niesende oder andere Anwesende eine Spruchformel aufsagen. Der Ursprung dieses Brauches ist bis heute nicht ganz geklärt. Eine Theorie besagt, dass zu Zeiten der Pest die Menschen glaubten, die damals todbringende Krankheit beginne mit einem Niesen. Der Aberglaube führte dann dazu, dass man dem Niesenden mit einer Wunschformel vor dem möglichen Unheil bewahren wollte. Andere sehen die Wunschformel in einem indoeuropäischen Glauben begründet, dass der Mensch eine Art Luft- oder Atemseele (vgl. auch Atman) besitze; beim Niesen könne es nun passieren, dass die Seele aus dem Körper hinausgeschleudert werde, was mit einer Zauberformel verhindert werden sollte. Ein anderes Gerücht besagt, dass dieser Brauch ursprünglich dazu dienen sollte, denjenigen, der einen Wunsch wie Gesundheit ausspricht, vor Krankheit durch Ansteckung beim Niesenden zu schützen. Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass in der Tat gewünscht wird, dass der Niesende keine ernsthafte Krankheit erleidet, so wie es heute auch üblicherweise verstanden wird. Dieses Ritual kann jedoch auch als indiskret empfunden werden, weil dabei direkt auf das Niesen hingewiesen wird.

Im Deutschen wünschen Anwesende dem Niesenden heutzutage üblicherweise Gesundheit!. In der Literatur ist dies erst seit der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts belegt [1]. In früheren Zeiten lautete der Spruch auch Gott helfe! bzw. helf Gott!.

Eine Entsprechung des „Gesundheit“-Sagens gibt es in der im Englischen üblichen Formel God bless you! (meist kurz Bless you! ausgesprochen), was wörtlich übersetzt „Gott segne dich!“ bedeutet. Zuweilen hört man in den englischsprachigen Ländern auch das deutsche „Gesundheit!“. Der christliche Hintergrund lässt daher einen Zusammenhang in der Entstehung vermuten, welche auf Papst Gregor I. zurückgehen soll.

In Lateinamerika ergeht bei wiederholtem Niesen eine Kaskade von guten Wünschen: Salud („Gesundheit“) beim ersten, Dinero („Geld“) beim zweiten und Amor („Liebe“) beim dritten Mal.

In Frankreich sind solche Spruchformeln weniger üblich; immerhin kann man bisweilen ein à vos/tes souhaits „wünschen Sie sich was/wünsch dir was“ hören. Auch wird in einigen französischen Regionen erwartet, dass der Niesende selbst pardon („Entschuldigung“) nach dem Niesen sagt. In der Romandie ist nach deutschem Vorbild santé! („Gesundheit!“) recht verbreitet.

Im alten Rom lautete der Spruch Jupiter schütze dich, der auch auf sich selbst, also im Sinne von Jupiter schütze mich, angewendet werden konnte.

In Ostasien ist der Glaube verbreitet, dass zum Zeitpunkt des Niesens gerade an einem anderen Ort über den Niesenden gesprochen oder an ihn gedacht wird. Auf Chinesisch lautet die Spruchformel daher yǒu rén xiǎng nǐ (有人想你), was soviel heißt wie: „Jemand spricht über dich“. Dieser Glaube ist ein beliebtes Stilmittel in ostasiatischen Filmproduktionen geworden und begleitet meist humorvoll einen Szenenwechsel vom Sprechenden zum Niesenden.

Niesreflex unterdrücken

Da das Niesen immer unerwartet und oft in unerwünschten Situationen vorkommt, kann es durch folgende Tricks unterbunden werden:

  • Wenn man merkt, dass man niesen muss, kann man die Zunge fest in den Gaumen drücken. In den meisten Fällen verschwindet dann der Niesreiz.
  • Man kann auch die Nasenspitze leicht nach oben drücken, was nahezu immer den Niesreflex verschwinden lässt.
  • Sofort beim ersten Bemerken des Niesreflexes einfach den Zeigefinger horizontal direkt unter der Nase gegen den Bereich über der Oberlippe drücken. Das Niesen wird somit zuverlässig unterdrückt.

Ontogenese

Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass der Nies-Reflex nicht auf höhere Säugetiere, wie den Menschen, beschränkt ist, sondern schon zu Urzeiten dazu diente, die Kiemen der im Wasser lebenden Tiere frei von Fremdkörpern zu halten. So scheint der Nies-Reflex eine sehr alte Überlieferung unserer Vorfahren zu sein, welcher auch im Wandel der Zeit seine ursprüngliche Funktion, dem Freihalten der Atemwege, beibehalten hat.

Siehe auch: Schnupfen

Sonstiges

Es trifft nicht zu, dass man nur mit geschlossenen Augen niesen kann. Der Reflex, beim Niesen die Augen zu schließen, kann unterdrückt werden. Ebensowenig stimmt, dass der Schließreflex dazu dient, zu verhindern, dass die Augen durch zu hohen Druck aus dem Kopf gedrückt werden können - hierbei handelt es sich vielmehr um eine moderne Legende. Das Schließen der Augen ist aber trotzdem nicht ohne offensichtlichen Nutzen: Wir schließen beim Niesen die Augen, damit eventuelle Krankeitserreger nicht in die Augen geschleudert werden. Die Augen werden also zum Schutz geschlossen.

Quellen

  1. http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GG12203
Wiktionary: niesen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen