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Amok

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Amok (malaiisch meng-âmok, in blinder Wut angreifen und töten) ist eine psychische Extremsituation, die durch Unzurechnungsfähigkeit und absolute Gewaltbereitschaft gekennzeichnet ist.

Die Täter, die in einer solchen Ausnahmesituation Straftaten begehen, nennt man Amokläufer oder auch Amokschützen, falls sie Schusswaffen gebrauchen, oder Amokfahrer, falls sie Fahrzeuge einsetzen.

Differenzierung

In der US-amerikanischen Kriminologie gibt es eine weitere sprachliche Differenzierung, den so genannten Spreekiller (abgeleitet von killing spree). Während der als Spreekiller bezeichnete Täter sein Wirkungsgebiet sehr weit ausdehnen kann, beschränkt sich der klassische Amokläufer auf ein relativ kleines Gebiet. Im deutschen Sprachgebrauch gibt es diese Unterteilung nicht. Im Gegensatz zu einem Serienmörder sind die Taten von Amokläufern auf einen eher kurzen Zeitraum beschränkt und unterliegen äußerst selten sexualpathologischen Motiven.

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Geschichte

Ursprünglich war Amok keine private Einzeltat, sondern das genaue Gegenteil. Es handelte sich im indonesischen Kulturkreis um eine kriegerische Aktion, bei der einige wenige Krieger eine Schlacht dadurch zu wenden versuchten, dass sie ohne jegliche Rücksicht auf Gefahr den Feind blindwütig attackierten.

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts glaubte man, dass Amokläufer nur im Opiumrausch ihre Tat begingen. Im renommierten Lexikon von Meyers aus dem Jahre 1888 heißt es dazu:

  • Zitat aus Meyers: Amucklaufen (Amoklaufen, vom javan. Wort amoak, töten), eine barbarische Sitte unter mehreren malaiischen Volksstämmen, z. B. auf Java, besteht darin, dass durch Genuss von Opium bis zur Raserei Berauschte, mit einem Kris (Dolch) bewaffnet, sich auf die Straßen stürzen und jeden, dem sie begegnen, verwunden oder töten, bis sie selbst getötet oder doch überwältigt werden.

Inzwischen hat das Amok-Phänomen längst die Industrienationen erreicht und die Soziologie führt den Amoklauf nicht mehr auf Rauschgiftgebrauch zurück.

Auslöser

Als den Amoklauf auslösende Faktoren sind inzwischen hauptsächlich vier Ursachen ausgemacht worden:

  • die mehr oder weniger fortgeschrittene psychosoziale Entwurzelung des potentiellen Täters
  • der Verlust beruflicher Integration, sei es durch Arbeitslosigkeit, Rückstufung oder Versetzung
  • zunehmend erfahrene Kränkungen unterschiedlicher Art und durch unterschiedliche Personen und
  • Konflikte mit Liebespartnern.

Oft spielen vor einem Amoklauf mehrere dieser Faktoren eine Rolle. Dabei sind sie nicht unmittelbar direkt vor dem Ereignis gelegen, sondern können bereits längere Zeit bestehen.

Ablauf

Untersuchungen haben ergeben, dass sich der typische Amoklauf nach folgendem Muster abspielt:

Vorstadium

Zunächst erfolgt das Vorstadium eines mehr oder weniger langen Brütens und Grübelns. Dem potenziellen Täter erscheint sein Umfeld zusehends undurchdringlich, seine Sichtweise der Welt verdunkelt sich mehr und mehr, er isoliert sich selbst, vor allem bezüglich seiner sozialen Kontakte und zieht sich weitgehend aus der Welt zurück, die für ihn immer bedrohlichere Züge annimmt. Die erlernten Anpassungsmechanismen zerfallen allmählich, soziale und psychische Desintegration vermischen sich und setzen einen Regressions­prozess in Gang.

Wutanfall

Unmittelbar vor der Tat erfolgt ein Wutanfall, der sich in einer Reihe von Tötungshandlungen ohne ersichtliches Motiv entlädt. Dabei wird der Blick des Amokläufers starr, er reagiert kaum auf andere Reize, ist nicht mehr ansprechbar.

Suizid

Der Amoklauf endet oft, aber nicht zwingend, im Suizid des Täters. Dem Amoklauf wohnt also neben den Tötungsabsichten auch oft eine selbstmörderische Komponente bei, da ihm erst nach der Tat bewusst wird, was er getan hat.

Bekannte Amokläufe

1913, Vaihingen an der Enz, 17 Tote, siehe Ernst August Wagner

1927, Michigan/USA, 45 Tote, siehe Schulmassaker von Bath

1964, Köln, 10 Tote, siehe Attentat von Volkhoven

1966, Austin/Texas, 17 Tote, siehe Charles Whitman

1996, Dunblane/Schottland, 17 Tote, siehe Thomas Hamilton

1996, Port Arthur/Tasmanien, 35 Tote, siehe Martin Bryant

1999, Littleton/Colorado, 13 Tote, siehe Schulmassaker von Littleton

2001, Zug/Schweiz, 14 Tote, siehe Zuger Attentat

2002, Erfurt, 16 Tote, siehe Amoklauf von Erfurt

2006, Emsdetten, 1 Toter, 37 Verletzte, siehe Amoklauf von Emsdetten

Siehe auch

Literatur

  • Stefan Zweig: Amok (1922); Neuausgabe: Der Amokläufer. Erzählungen. Frankfurt/Main 1989 (Fischertaschenbuch)
  • Götz Eisenberg: Amok - Kinder der Kälte: über die Wurzeln von Wut und Haß . Reinbek bei Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch 2000
  • Richard Albrecht: Nur ein "Amokläufer"? - Sozialpsychologische Zeitdiagnose nach "Erfurt"; in: Recht und Politik, 38 (2002) 3, 143-152 [1]
  • Manfred Wolfersdorf und Hans Wedler (Hrsg.): Terroristen-Suizide und Amok. Regensburg 2002

Quellen

  1. (online-Version: [[1]])